Dass Therapie (wie auch Beratung oder andere Hilfen) nicht im luftleeren Raum stattfinden ist eine Binsenweisheit. Spätestens seit Michael Lamberts berühmtem Verteilungskuchen gilt die herausragende Bedeutung von KlientInnen- und Beziehungsvariablen für den Erfolg von Therapien als Richtschnur. Die Plausibilität solcher Ergebnisse sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit ihnen auch eine Vertrauensfrage im Spiel ist. Vieles von dem, was in solchen Studien publiziert wird, dürfte für PraktikerInnen augenscheinlich und stimmig sein, sie finden sich darin wieder. Wie solche Studien zu ihren Ergebnissen kommen, dürfte PraktikerInnen jedoch meist nicht wirklich interessant erscheinen. Muss es im Effekt wohl auch nicht, doch könnte das eine wenn vermutlich auch ungewollte Tendenz unterstützen, die aus Forschungsdaten gewonnenen Interpretationen mit objektiven Gegebenheiten zu verwechseln. Das wäre normal statistisch gesehen. Dennoch besteht die Möglichkeit, sich zu informieren. Ein gutes Beispiel dafür bietet eine Dissertation von Markus Zillgens (2009) zum Einfluss emotionaler Unterstützung in Beziehungen und deren Fluktuation auf den Erfolg einer Psychotherapie, an der Medizinischen Fakultät der TH Aachen unter der Betreuung von G. Schiepek und E. Petzold erstellt. Die Arbeit untersucht die Gültigkeit einiger aus der Synergetik abgeleiteter Hypothesen für die Psychotherapie. Die Identifikation von Rahmenbedingungen, die für einen Therapieerfolg von Bedeutung sind, ist dabei das Kernmotiv. In verschiedenen Varianten untersucht Zillgens nun, in welcher Weise das Erleben von wahrgenommener sozialer Unterstützung zum Erfolg von Psychotherapien beiträgt. Während die dabei geleistete differenzierte Erörterung spezifischer forscherischer und statistischer Fragen für PraktikerInnen tatsächlich nicht übermäßig anschlussfähig wirken dürfte, ergeben sich zwischendurch immer wieder interessante Gesichtspunkte, auch solche, mit denen man nicht gerechnet hätte. Allgemein, so Zillgens, konnte gezeigt werden, dass emotionale Unterstützung in Beziehungen zu erfolgreicheren Therapien führt. Des Weiteren heißt es: Emotionale Unterstützung in Beziehungen während einer Phase kritischer Instabilität bedingt hohen Therapieerfolg. Gering ausgeprägte soziale Ressourcen als Ausdruck ungünstiger Rahmenbedingungen gehen mit einer weniger erfolgreichen Therapie einher. In der Zusammenschau unterstreichen [die ermittelten Daten] wieder die herausragende Bedeutung der Patient-Therapeuten-Beziehung. Andererseits scheint es jedoch so zu sein, dass die wahrgenommene emotionale Unterstützung in Beziehungen für einen positiven Ausgang einer Krise nicht speziell zur Zeit einer kritischen Instabilität hoch sein muss, sondern eher im Mittel. Letztlich relativiert dieser Schluss die Forderung, in Zeiten kritischer Instabilität konzentriert Unterstützung anzubieten spricht andersherum aber auch für die Notwendigkeit, über einen als signifikant erlebten Zeitraum als unterstützend wahrgenommen zu werden. Wie auch immer, deutlich wird auch, dass therapeutische Maßnahmen stets kontextspezifische Überlegungen einbeziehen sollten, denn, so ein Ergebnis, bei schlechten Rahmenbedingungen [können] Destabilisierungen in einigen Fällen auch kontraproduktiv sein. Dies wäre dann etwas, was PraktikerInnen auch aus eigenem Augenschein vertraut ist schön dass private und forscherische Empirie hier wie von selbst zusammenkommen.
Die Dissertation von M. Zillgens lässt sich hier im Volltext lesen.
Therapie und das Erleben von sozialer Unterstützung
9. April 2010 | Keine Kommentare