„Es lebe der Unterschied!“ – Dies ist mein Leitsatz, seitdem ich systemisch denken kann (habe ich bei Haja Molter und Gisela Osterhold ab 1990 gelernt).
Im Beruf als Berater, Therapeut, Supervisor und Coach öffnet der Satz vom Unterschied die Tür zu einer Welt der Kreativität und Möglichkeiten.
Zurücklassen können wir die Welt der gefundenen und auch verkündeten Wahrheit.
Im Unterschied liegen die Farben und Formen.
Zurück bleibt das Starre.
Der Unterschied macht klar, dass jeder von uns Einzigartig ist. Allein diese Tatsache hilft, immer weiter nach Lösungen zu suchen und diese auch zu finden.
Aktuell in unsere Zeit gedacht: Unterschiede betonen und die anderen achten, könnte den Frieden bringen.
(Foto: C. Lücke: gesehen auf dem Kristberg im Montafon)
Lieber Clemens,
möge der letzte Satz Deines Beitrags nicht ungehört verhallen! Ich denke allerdings, dass sich „der Frieden“ nicht bringen lässt. Doch dürfte der Weg, den Du vorschlägst ein wichtiger und guter Ausgangspunkt in der Arbeit für friedlichere Verhältnisse sein. Möge es gelingen.
Und einen Augenblick innehalten, dieses betörende Bild auf sich wirken zu lassen.
Herzlichen Gruß: W.
Das erste Mal in meinem 40- jährigen systemischen Leben, frage ich mich:
– was ist mit den wissenschaftlichen Wahrheiten – nicht alles an der 1. linearen Ordnung ist verkehrt, ja ja das Klempnerbeispiel meine ich hier nicht…?
– Unterschiede, die keinen Unterschied mehr machen, warum ist das so?
– wie können Putin, die Idee Hamas und Konsorten geachtet werden (ich kann das nicht), außer in einem thrapeutischen Setting, wo Neutralität eine punktuelle Aufgabe ist?
– Wertschätzung – Werteausverkauf überall, das geht doch direkt in die Klimakatastrophe?
– Überdiffrenzierungen, was bringt das noch, was schadet das?
– mehr desselben Systemischen, wozu?
– die Erkenntnis, dass wir alle Individuen sind und es individuelle Lösungen gibt hat sich in den Auswirkungen überholt bzw. ist als Unterscheidung unerheblich geworden?- ich sage dies absichtlich nicht im systemisch erforderlichen Konjungtiv.
Ich höre leider nirgendwo Systemisches in der Presse, warum nicht?
Ich fürchte ich könnte diese Liste noch weiter führen.
… das hätte ich niemals gedacht, das mein systemisches Refugium nicht mehr hält…wie seht Ihr/Sie das in der systemischen Community, was denkt ihr dazu, habe ich mich verstrickt, fühlt,erlebt Ihr auch so etwas ähnliches?
Tja, systemisches macht nicht emhr den Unterschied
In meiner Arbeit erlebe ich das sehr kurios: die soziale Bürokrate hat alle schönen systemischen Wörter übernommen – ich bin erstaunt und sehe wir verlieren das Menschliche, die Natur aus dem Auge, das Gute wie das Schreckliche in uns, so ungefähr.
Weihnachten und Kalender wie immer, what else?
… besinnlich soll es sein? was macht wirklich wirklich Sinn?
Evelyn Schwirkus
Liebe Frau Schwirkus,
Ihre Zweifel sprechen mich an, sie sind mir nicht fremd. Ich denke, dass sie auch notwendig sind, da Systemisches zum Refugium wohl nicht taugt. Dafür ist Systemisches viel zu herausfordernd. Kein Refugium also, aber möglicherweise brauchbares Biwak auf nicht so einfachen Wegen. Ich denke, „systemische Wörter“ oder „systemischer Konjunktiv“ sind Geschwister „Potemkin’scher Dörfer“, solange sie nicht mit Leben gefüllt sind. Ein weites Feld. Und „mit Leben gefüllt“ ist meist nicht so eindeutig, wie man es gerne hätte. Praktisch dienen Unterschiede dem Wahrnehmen. Unpraktisch kann auch nicht Wahrgenommenes Unterschiede „machen“. Insofern finde ich „wissenschaftliche Wahrheiten“ brauchbar, wenn sie tatsächlich im Plural vorkommen und sich ihrer Vorläufigkeit bewusst sind, bereit, sich selbst in Frage zu stellen. Insofern: Biwak ja, Refugium nein. Ich danke Ihnen für Ihren Impuls, möge er nachwirken und wenn es geht: ermutigen. In diesem Sinn: ein gutes Weihnachtsbiwak!
WL
Lieber Wolfgang, ich finde das Bild sehr schön, das Du einführst: Biwak vs. Refugium. Können eine Theorie, ein Paradigma oder eine Philosophie ein „Refugium“ sein?- diese Frage finde ich interessant.
Ich würde sie, da stimme ich dir zu, mit nein beantworten. Seit Philosophie (iS einer „Freundschaft mit der Weisheit“) und Lebenskunst im Gegensatz zur antiken Tradition getrennte Wege gehen, haben Theorien aufgehört, eine Zuflucht zu sein.
Systemische Sichtweisen, die auf strukturelle und funktionale Aspekte fokussieren und jede Modalität ausblenden, wie z.B. diejenige Luhmanns, führen tatsächlich in Kältezonen, in denen man ein Biwak benötigt.
Der Systemgedanke aber ist bei weitem älter als die Systemtheorie und beinhaltet „warme“ Aspekte.
Wenn man die selbstorgansierende Fähigkeit lebender Systeme nimmt, ihre Strukturen immer wieder neu herzustellen, dann finde ich das einen sehr heimeligen und tröstlichen Gedanken. Denn nichts anderes ist mit „Gesundheit“ und „Selbstheilungskräften“ gemeint. Helm Stierlin hat sich diesen Fragen sehr ausführlich und nutzbringend gewidmet (z.B. in „Selbstregulation und Wohlbefinden“ (Fam.Dyn 2000).
herzliche Grüße, Lothar
Ein Refugium erscheint mir mental und auch tatsächlich wärmer als ein Biwak.
Ob Systemisches philosophisch oder/und als Lebenskunst einsortierbar ist, würde ich mit Luhmann als wichtiges nahesUmfeld betrachten…
Also ja .. für mich taugte und taugt und taugte das Wort und die Sache selbst „Refugium“ – eher intuitiv geählt – ich habe den/die Pradigmenwechsel erlebt und gelebt, intuitiv mit all meinem systemischen Wissen – ja, ein Refugium, ja sehr herausfordernd… wieso nicht?
Wieso Biwak – ein Kriegsbegriff????
Wenn ich weiter überlege, brauchen wir viel viel mehr (systemische) Refugien, weil das ja genau den Blick erweitert und aus dieser Distanz handelnd und reflektierend ja erst den Unterschied zur Nähe macht. Da ist Biwak am Straßenrand ja doch ungeigneter.
In diesem Sinn ein gutes Weihnachtsrefugium!!
Evelyn Schwirkus