1996 erschien unter diesem Titel im Sammelband„Pädagogische Professionalität“ (Hrsg. von Arno Combe und Werner Helsper) ein Aufsatz von Rudolf Stichweh, der für seine Untersuchungen zur Genese der Professionen in der modernen Gesellschaft berühmt geworden ist und derzeit einen Lehrstuhl für Soziologie an der Universität Luzern innehat. Sein Artikel befasst sich mit dem Schicksal der Professionen in einer funktional differenzierten Gesellschaft, die auf die Professionen und Professionalisierung als Strukturmerkmal gesellschaftlicher Entwicklungen zunehmend verzichten kann. Dieser Befund ist insofern interessant, als die Bestrebungen der interessierten Verbände, Psychotherapie oder Supervision als Profession im klassischen Sinne des Wortes zu etablieren, sich womöglich vor diesem Hintergrund als unzeitgemäß erweisen. Stichwehs äußerst lehrreicher Beitrag ist nun online mit einem Nachwort zu lesen, in dem u.a. dieser konzediert, dass„jetzt, wo die Soziologie der Professionen ihrem Ende vermutlich nähergekommen ist, sichtbar (wird), dass die Soziologie der Professionen den Gegenstand ihrer Beobachtung zu einem Teil miterzeugt hat“. Er macht weiter deutlich, dass die Professionen ihre Autonomie weitgehend verloren haben und„die formale Organisation jener Ort im Gesellschaftssystem ist, an dem die Arbeitsteilung zwischen den Berufen in einem Funktionssystem und auch zwischen den Funktionssystemen reorganisiert wird“, etwa in modernen Kliniken als„bürokratischen Grossorganisationen, die unter politischen und ökonomischen Gesichtspunkten rationalisiert werden und dann dem historischen Status der medizinischen Profession nicht mehr Rechnung zu tragen bereit sind“. Die nationalstaatlich organisierten Professionen werden Stichweh zufolge zunehmend von global vernetzten„epistemischen communities“ abgelöst:„Als ein globaler in Normen und Kognitionen fundierter Zusammenhang von Praktikern fast beliebiger Funktionszusammenhänge. Mit dem Wegfall nationaler regulatorischer Umwelten entfallen aber auch die Monopole und Privilegien, die diese Umwelten den von ihnen instituierten Berufsgruppen sicherten. Vieles spricht dafür, dass die Soziologie der Professionen ihre Fortsetzung und künftige Entwicklung in einer allgemeineren Theorie globaler epistemischer Communities finden wird“
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Professionen in einer funktional differenzierten Gesellschaft
23. Oktober 2006 | Keine Kommentare