Unter diesem Artikel hat Thomas Fuchs, Karl Jaspers-Professor für Philosophische Grundlagen der Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsklinik in Heidelberg (Foto: Uni-Klinik Heidelberg), 2011 einen sehr lesenswerten Artikel in der Deutschen Zeitschrift für Philosophie veröffentlicht, der sich kritisch mit der Vorstellung auseinandersetzt, dass sich alles, was wir wahrnehmen und empfinden, nur im Gehirn abspielt. Bewusstsein ist für ihn keine Hirntätigkeit, sondern eine organismische Eigenschaft, die den subjektiven Leib wie den organischen Körper umfasst: „So gesehen ist die Koextension von subjektivem Leib und organischem Körper nicht mehr verwunderlich. Sie ist aber auch funktionell sinnvoll: Das Bewusstsein ist dort, wo die ent scheidenden Interaktionen mit der Umwelt stattfinden – in der Peripherie, nicht im Gehirn. Schließlich ist der Körper der eigentliche „Spieler im Feld“; daher ist es sinnvoll, dass seine Grenzen, Stellungen und Bewegungen in der Umwelt leibräumlich erlebt und nicht nur kognitiv registriert werden. Theoretisch wäre es zwar auch denkbar, dass Schmerzen uns ebenso ortlos zu Bewusstsein kämen wie Gedanken oder Erinnerungen. Doch ohne die Koinzidenz der beiden Räume hätten wir unseren Körper nur als ein äußerlich zu hantierendes Werkzeug und wären nicht in ihm „inkarniert“. Nur weil das Bewusstsein in der schmerzenden Hand ist, zieht man sie unwillkürlich vor der Nadel zurück.14 Nur weil die Empfindung des Töpfers in seiner tastenden Hand sitzt, und er dort den Widerstand und die Struktur des Tones spürt, kann er ihn auch geschickt formen. Eine bloße „zentrale Verrechnung“ im Gehirn könnte niemals leisten, was die unmittelbare Präsenz des Subjekts in seiner Hand ermöglicht, nämlich die Verknüpfung von Leib, Wahrnehmung, Bewegung und Objekt in einem sensomotorischen Aktionsraum: „Mein Leib ist da, wo er etwas zu tun hat.“
29. Oktober 2014
von Tom Levold
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