Peter Fuchs, Bad Sassendorf: Das Essayistische des Systemischen – ein Essay
„Würden wir uns anstrengen, das eigene Bewußtsein […]
in seinen Operationen von Gedanken zu Gedanken zu beobachten,
würden wir zwar eine eigentümliche Faszination durch Sprache
entdecken, aber zugleich auch den nichtkommunikativen, rein internen Gebrauch
der Sprachsymbole und eine eigentümlich-hintergründige Tiefe der
Bewußtseinsaktualität, auf der die Worte wie Schiffchen schwimmen,
aneinandergekettet, aber ohne selbst das Bewußtsein zu sein,
irgendwie beleuchtet, aber nicht das Licht selbst.“
Niklas Luhmann
Der Essay, den ich mir hier gönne, startet mit einer Kapriole, mit einem riskanten (zugleich amüsanten) Sprung, mit einem ‚Hakenschlagen‘, das sich in dem Satz findet: Dieser Text ist ein Essay und handelt auch von Essays, aber, wenn man so will, von in der Welt streuend-streunenden Essays, die Systeme genannt werden und demzufolge als systemisch gelten müssen. Sonderbar an dieser Formulierung ist, dass der Ausdruck ‚System‘ ursprünglich ‚Gestocktes, Erhärtetes, gar: Erbrochenes‘ meint, jedenfalls irgendwie durable Zusammenhänge, die sich wiedererkennen lassen, eine Wortbedeutung, die Verdinglichungen anspielt und so gar nicht passt zur Metaphorik des Streuens und Streunens, einer Vagabondage, in der der Geist (hier: das System und der Sinn) weht, wo er will.
Dieses ‚Vagare, Vagieren, Vagantentum‘, dieses vage ‚Umherschweifen‘, zu dem man, heiter gestimmt, Wanderstock, Wanderhut und ein Liedlein auf den Lippen hinzu assoziieren kann, wird ent-heitert, wenn man es umsetzt auf den leicht zu beobachtenden, bloßen Umstand, dass Ausdrücke wie System, Systemisches, Systemazität etc. ubiquitär aufgegriffen werden. Sie treiben sich überall herum – unter welchen theorischen Auspizien auch immer. Es ist nachgerade erstaunlich, wie sich diese Worte (beileibe nicht immer: Begriffe) Bahn gebrochen haben und brechen – in vielen mehr oder minder wissenschaftlichen Disziplinen, aber auch in anwendungsorientierten Kontexten wie Psychotherapie, Sozialarbeit, Pädagogik, Beratung … schließlich im Alltag: Die Welt ist, so scheint es, alles, was das System ist – für ernsthafte Leute, aber auch für Pierre et Paul (vulgo: Hinz und Kunz). Weiterlesen →