Noch vor einem Jahr habe ich ihr an dieser Stelle zum 65. Geburtstag gratulieren können. Nun ist Dörte Foertsch am 6. August nach kurzer schwerer Krankheit in Berlin ganz unerwartet gestorben.
Einen Nachruf auf einen Menschen zu verfassen, mit dem mich so viele schöne, interessante und berührende Begegnungen verbinden, fällt mir nicht leicht. Es schwirren so viele Bilder und Erinnerungen in meinem Kopf herum! Und vor allem bin ich sehr traurig.
Dörte kam in der Nähe von Hamburg zur Welt, als Schwester von fünf weiteren Töchtern. Eine gewisse hanseatische Art hat sie sich immer bewahrt, sie redete wenig von und über sich selbst, bezog sich im Gespräch lieber auf ihr Gegenüber oder andere Themen. Womöglich hatte das auch mit ihrer ursprungsfamiliären Geschichte zu tun. Ihr Großvater väterlicherseits Hermann Foertsch war (ebenso wie sein Bruder) General der Wehrmacht und Oberbefehlshaber an der Balkan-Front, unter dessen Verantwortung tausende Menschen in Jugoslawien und Griechenland im Rahmen von Vergeltungsmaßnahmen hingerichtet wurden. Auch wenn er bei den Nürnberger Prozessen – auf Grund offenbar zweifelhafter Entlastungszeugen – freigesprochen wurde, hat Dörte die Geschichte deutscher Schuld – ein Thema, für das sie auch in vielen Familientherapien ein besonderes Gespür hatte – nicht nur in der eigenen Familie belastet. In einem – übrigens wunderbar geschriebenen – Tagungsbericht für den Kontext aus dem Jahre 2009 über eine Tagung in Slowenien, die sich mit politischen und Kriegstraumata beschäftige, lässt sich eine Andeutung hierzu finden. Sie hat sich immer dafür verantwortlich gefühlt, dazu beizutragen, dass sich die Geschichte nicht wiederholen kann. Ihr Bericht zeigt übrigens aufs schönste die Art und Weise, wie sie beobachtet hat und beschreiben konnte. Eine leichte, atmosphärisch treffende und pointierende Sprache, mit der sie ihre Aufmerksamkeit schnell wechselnd auf die unterschiedlichsten Dingen lenken konnte und dafür sorgte, dass man plötzlich auf Gedanken kam, auf die man sonst kaum gekommen wäre. Ein Text von oder ein Gespräch mit Dörte führte meist zu einem neuen Blick hinter die Kulissen des vermeintlich Gesicherten und Selbstverständlichen und bot immer Anregungen zu weiterem Nachdenken.
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