
U. Borst (2013): Systemische Therapie
Auch wenn Systemische Therapie immer noch nicht als psychotherapeutisches Richtlinienverfahren anerkannt ist, steht ihr Platz im Spektrum der Psychotherapie-Ansätze außer Frage und ist mittlerweile auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Das schafft Bedarf nach guten Überblicken und zusammenfassenden Darstellungen, die eine erste Orientierung bieten können. Mittlerweile sind Lehrbücher und zahlreiche Einführungen auf dem Markt, mit dem 1. Band der Reihe Handwerk der Psychotherapie aus dem Tübinger Psychotherapieverlag ist schon 2013 ein weiterer Band dieser Kategorie erschienen, verfasst von Ulrike Borst, der 1. Vorsitzenden der Systemischen Gesellschaft, Mitherausgeberin der Zeitschrift Familiendynamik, Leiterin des Ausbildungsinstituts Meilen in Zürich und langjährig als Psychologin in leitender Funktion in der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen tätig. Ihr 136 Seiten starkes Buch heißt schlicht „Systemische Therapie“ – Wolfgang Loth hat es gelesen und empfiehlt die Lektüre:
Wolfgang Loth, Bergisch Gladbach:
Das vorliegende Buch ist das erste einer Reihe zum „Handwerk der Psychotherapie“, die von Steffen Fliegel, Arist von Schlippe und Ulrich Streeck herausgegeben wird. Wer dabei an die Zeitschrift „Psychotherapie im Dialog“ denkt, liegt richtig. Die drei Herausgeber gehörten zu deren Mitbegründern. Sie sind offensichtlich weiter daran interessiert, unterschiedliche Therapieverfahren für andere lesbar zu machen, nachvollziehbar, und auf diese Weise sowohl die Vielfalt des Feldes als auch dessen allgemeine, über das Individuelle hinausgehende Kraft zu verdeutlichen. Dass dies durch aus kniffelig zu sein vermag, ist gängige Erfahrung. Zwei motivationale Stränge sind gleichzeitig zu bedienen: sowohl der Wunsch nach einer eigenen Identität im Binnenverhältnis der Verfahren als auch die Absicht, im Gesamtgefüge des Gesundheitssystems als ausreichend große Kraft wahrgenommen zu werden, die „allgemein“ zu wirken versteht. Das macht es für Autorinnen dieser Reihe nicht unbedingt einfach. Die Fülle des jeweiligen Feldes kann im Prinzip nur skizziert werden und Querverbindungen sollten sowohl Anschlussfähigkeit als auch Eigenständigkeit vermitteln.
Um mit dem Gesamteindruck zu beginnen: Ich habe den Eindruck, dass es Ulrike Borst hervorragend gelungen ist, die angedeutete Gratwanderung zu bewältigen. Ihre einleitenden beiden Fallvignetten wirken sowohl inhaltlich interessant als auch sprachlich einladend. In aller Kürze lassen sie ein Konzept lebendig werden, das sich sowohl auf klinisch definierte Beschwerdebilder einlässt als auch auf die Besonderheiten der Protagonisten des einen „Fall“ repräsentierenden Geschehens. „Was ist der Fall?“ ist eine stets ernst gemeinte Frage, offen für unerwartete Wendungen, standhaft in dem, was Jürgen Hargens einmal „unerschrockenes Respektieren“ genannt hat. Weiterlesen →