Heute feiert Klaus G. Deissler seinen 65. Geburtstag und systemagazin gratuliert von Herzen. Als wir uns kennen lernten, 1980 auf der DAF-Tagung in Erlangen, waren wir beide noch keine 30 Jahre alt. Als jemand, der von Beginn an den Wandel von der familientherapeutischen Bewegung zur Systemischen Therapie nicht nur miterlebt, sondern auch initiiert hat, hat Klaus Deissler einiges zur Geschichte der Systemischen Therapie in Deutschland beigetragen. Von 1979 bis 1982 war er Gründungs- und Mitherausgeber der Zeitschrift Kontext, die seit 2000 von der DGSF getragen wird. 1982 richtete er in Marburg die DAF-Tagung aus, bei der Helm Stierlin den Eröffnungsvortrag hielt und erstmals US-amerikanische KollegInnen ihre Konzepte auch einem deutschen Fachpublikum vorstellten. Mit dieser Tagung hat er Geschichte geschrieben, sie führte zu einem innerverbandlichen, notwendigen Eklat und polarisierte das familientherapeutische Feld – waren doch dazumal die Positionen der Richter-Gruppe in Gießen dominant: keine Professionalisierung, keine institutionalisierte Weiterbildung, stattdessen Regionalgruppen nach dem Selbsthilfegruppen-Prinzip. Klaus Deissler hat der anstehenden Professionalisierung des systemischen Feldes eine erste Tür geöffnet – und musste dafür jede Menge Gegenwind aushalten (Als blutjunges DAF-Mitglied wurde ich gewählt, um die nachfolgenden Konflikte zwischen Verband und Organisationsgruppe zu moderieren, was für ein Einstieg in die familientherapeutische Szene 🙂 ).
Aus der Ferne konnte ich immer nur einen Teil von Klaus‘ Aktivitäten verfolgen. Angepasst hat er sich nie, trotz seiner freundlichen und positiven Art war er immer auch für Konflikte und klare Positionierungen gut. In den 80er Jahren gehörte er zu den Mitbegründern der IGST in Heidelberg, von der er sich bald wieder trennte, um seiner eigenen Wege zu gehen. 1992 übernahm er von Jürgen Hargens die Herausgeberschaft der Zeitschrift für systemische Beratung und Therapie, die er bis 2009 innehatte, und leitete auch hier eine deutliche Wende ein, indem er ihr ein klares sozialkonstruktionistisches Profil verpasste – auch hier hat er weniger eine integrative Haltung eingenommen, sondern stattdessen einer wichtigen Position (unter anderen) im systemischen Feld eine deutliche Stimme gegeben. Wie nur wenige andere steht er hierzulande für eine dialogische sozialkonstruktionistische Perspektive ein, im Mainstream steht er dabei nicht – und kann das auch gut aushalten.
Was mich immer sehr beeindruckt hat, war sein systemisches Engagement (gerade vor seiner Geschichte als alter Linker) in den ehemaligen sozialistischen Ländern, bevor der Export systemischen Gedankenguts im systemischen Feld schick wurde. Schon sehr früh hat er sich intensiv (und praktisch ehrenamtlich) dem Austausch mit KollegInnen aus und der Weiterverbreitung systemischer Konzepte in diesen Ländern gewidmet, noch vor der Wende, als all das leichter wurde. Viele seiner Aktivitäten u.a. in Polen und Kuba haben dort KollegInnen inspiriert und ermutigt. 2015 erhielt er die Ehrenmitgliedschaft der Psychiatrischen Gesellschaft Kuba, wo er von 1999 bis 2014 in Havanna eine Gastprofessur an der Universitätsklinik ausübte.
1993 haben wir gemeinsam mit anderen Instituten in Köln die Systemische Gesellschaft gegründet, auch das ist mittlerweile schon ziemlich lange her.
Lieber Klaus, zum runden Geburtstag alles Gute, bleibe uns mit Deiner Perspektive erhalten, sie würde im systemischen Chor sehr fehlen. Alles Gute und viel Glück, Erfolg und Gesundheit für die folgenden Jahre wünscht Dir mit anderen Gratulanten
Tom Levold
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Eine Klientin erzieht ihr dreijähriges Kind alleine. Sie hat ziemlich aversive Gefühle gegenüber dessen Vater, von dem sie schon länger getrennt lebt. Dieser hat gerichtlich das Umgangsrecht mit seiner Tochter erstritten. Die Patientin sieht in der Begegnung zwischen Tochter und Vater eine Belastung und auch eine Beschädigung für das Kind. Nun übernachtet dieses – gerichtlich erzwungen – regelmäßig beim Vater.
Heute würde Milton Erickson seinen 115. Geburtstag feiern. Grund genug, an dieser Stelle auf einen Autor zu verweisen, der in der Tradition von Erickson steht und arbeitet: Bernhard Trenkle. Für sein neues Buch „3 Bonbons für 5 Jungs – strategische Hypnotherapie in Fallbeispielen und Geschichten“ hat ihn Margarethe Seul-McGee vom Carl-Auer-Verlag interviewt:
Zum Thema Ihres Adventskalenders „Fremd – Vertraut. Begegnungen mit der Fremdheit“ sende ich Ihnen ein Zitat von Franz Michael Felder (1839-1869), das fast so etwas wie eine paradoxe Intervention darstellt.
Ein Weg entsteht dadurch, dass ich ihn öfter beschreite. Wenn ich auf ihm unterwegs bin, brauche ich mich damit nicht mehr zu befassen und kann mich auf anderes konzentrieren. In einer bestimmten Gegend aufgewachsen zu sein, alle Wege dort zu kennen, mich mit Vertrautem zu umgeben vermittelt mir Sicherheit. Vor allem wenn ich gestresst oder ängstlich bin, suche ich nach dem Gewohnten und will mir eine Heimat erhalten, die mir gleichzeitig ständig entzogen wird. Die Lage, in der ich mich heutzutage befinde, verlangt mir nämlich ganz anderes ab. Die berufliche Umgebung fordert Flexibilität und Mobilität im Hinblick auf den Arbeits– bzw. Wohnort, alles verändert sich sehr schnell, ich muss mich ständig mit Neuem konfrontieren. Manchmal ärgere ich mich über das Befremdliche, darf es aber nicht zeigen, weil ich es nicht korrekt fände und den eigenen Auffassungen auch gar nicht entsprechend. Bestimmte politische Parteien schaffen mir mittels ihrer Parolen dann Erlaubnisräume für meinen Frust – in ihrem Schutz darf ich ungestört dagegen wüten und schäumen und mich an abgedroschenen Phrasen erfreuen.
Ins Museum für Ostasiatische Kunst gehe ich gerne, um mich befremden zu lassen. Wie beim Reisen in unbekannte Gegenden kann ich hinterher nicht sagen, ob ich mehr über das Fremde erfahren habe oder mehr über mich selbst. Oder mehr über etwas ganz anderes.

Weil ich so begeistert bin, dass es Leute gibt, die nicht SupervisorInnen und Coaches sind und sich mit genau diesen Fragen beschäftigen, hier zum Schluss ein Zitat und eine ausführliche Literaturangabe.
Hier mein Beitrag zum systemagazin-Adventskalender. In der Einladung wurde um Texte gebeten. Mein Beitrag ist allerdings kein Text und somit vielleicht auch fremd zwischen den vertrauten Formen von Text. Vielleicht kommt jedoch (nichtöffentlicher) Text im Betrachter auf und dann könnte der Beitrag etwas ins Vertraute rücken. Ich bin keine (studierte) Künstlerin und damit ist vielleicht auch meine Art zu zeichnen befremdlich. Dennoch kann vielleicht Fremdes gefallen und Vertrautes missfallen? Oder andersrum…
Liebe Leserinnen und Leser,



Heute würde Heinz von Foerster (Foto: Wikipedia) seinen 105. Geburtstag feiern. 1979 ist ein Artikel von Humberto R. Maturana im Cybernetics Forum erschienen, in dem er unter dem Titel „The wholeness of the unity: Conversations with Heinz von Foerster“ beschreibt, wie ihn die Gespräche mit Heinz von Foerster während seines 10omonatigen Aufenthaltes am Biological Computer Laboratory an der University of Illinois während der Jahre 1968 und 1969 zu seinen Überlegungen hinsichtlich der Begriffe Funktion, Zwecke und Ziele von lebenden Systemen inspiriert haben. Diese Begriffe sind keine Aspekte lebender Systeme (etwa Zellen oder Organismen) selbst, sondern erhalten nur Sinn aus der Perspektive eines Beobachters. Diese Ideen werden anhand von einigen Anekdoten Heinz von Foersters, der u.a. tatsächlich auch als Zauberer aufgetreten ist, verdeutlicht. Der Artikel ist im Konstruktivismus-Archiv der Universität Wien gespeichert und