„Seit Ende der 1970er Jahre ist die Sozialarbeit Bestandteil der »systemischen Bewegung«. Durch die Offenheit der Ausbildungsgänge in Familientherapie bzw. später Systemischer Therapie und Beratung konnten viele SozialarbeiterInnen teilnehmen, auch wenn ihr Setting keine Therapie im engeren Sinne erlaubte. Dennoch ließen sich systemische Modelle und Methoden auf ihre Arbeitsfelder – die häufig viel mehr umfassten als Beratung – übertragen. Heute hat der systemische Ansatz innerhalb der Sozialen Arbeit einen großen Stellenwert und ist aus der Praxis nicht mehr wegzudenken. Zeit also, den Fokus auf dieses gesellschaftlich wichtige Praxisfeld zu richten.“ So beginnt Hans Rudi Fischer sein Editorial von Heft 3/2016 der Familiendynamik, die die Frage nach Freiheit und Verantwortung im Individualismus? ins Zentrum des Themenschwerpunktes rückt, eine Frage also, die automatisch Diskussionsstoff liefert. Hierzu tragen Artikel von Björn Kraus (Systemisch-konstruktivistische Lebensweltorientierung. Lebenswelt versus Lebenslage – vom Nutzen einer Unterscheidung für die Gestaltung professioneller Interaktion), Wolf Ritscher (Kinderschutz und Jugendhilfe heute – Was ist möglich, was ist nötig, was ist hilfreich?) und Heiko Kleve mit einer überraschenden und nicht unproblematischen Verteidigung des Neoliberalismus bei, dem er eine Nähe zur soziologischen Systemtheorie attestiert: „ Neoliberalismus und soziologische Systemtheorie verbindet sowohl das Konzept der Selbstorganisation als auch die Konsequenzen, die aus diesem Konzept gezogen werden“ (Systemische Sozialarbeit und Liberalismus. Plädoyer für soziale Selbstorganisation und individuelle Autonomie – eine Diskussionsanregung; 209). Außerdem rekapituliert Heiner Keupp in einem lesenswerten Aufsatz (Von der Re-Sozialisierung von Normalität und Abweichung) die Geschichte der „intensive fachlichen Kontroversen zu den Fragen von Normalität und Devianz“ und kritisiert die aktuelle Tendenz zur Medikalisierung der Psychotherapie und die damit verbundene „Sozialen Anamnese“ hinsichtlich einer »gesellschaftsdiagnostischen« Perspektive. Also Diskussionsstoff zur Genüge. Alle bibliografischen Angaben und abstracts gibt es hier…
13. August 2016
von Tom Levold
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