Der aktuelle Jahrgang der Zeitschrift Organisationsberatung, Supervision, Coaching ist bislang gesellschaftlichen Themen gewidmet, die nicht nur die breite Öffentlichkeit bewegen, sondern zunehmend auch in Beratungskontexten auftauchen oder thematisiert werden, und in bezug auf die sich Berater aller Formate positionieren müssen. Im ersten Heft ging es um die Rolle der Beratung in der gesellschaftlichen Transformation zu mehr Nachhaltigkeit. Das aktuelle Heft ist der „Verschiebung des Sagbaren“ gewidmet, d.h. der Frage, wie und in welchen Kontexten über relevante Themen gesprochen werden kann, darf, soll – und in welcher Weise der Gebrauch von bestimmten Wörtern in diesen Diskursen als legitim oder illegitim markiert wird. Auch das ein Thema, dass zunehmend in Supervisions- und anderen Beratungskontexten Einzug hält – und die Beteiligten vor komplexe Herausforderungen im Umgang miteinander stellt.
In ihrem Editorial schreiben Heidi Möller und Stefan Busse:
„Aktuell scheinen wir vor allem unter Bedingungen der Aushandlung von Faktizität- und Sagbarkeitsbedingungen in Alltag und Gesellschaft zu leben. Es gibt eine Erschütterung und zugleich eine vehemente Verteidigung des Normalen. Der empfundene Normalitätsverlust zieht sich, wie es Stephan Lessenich (2022) unlängst in seinem Buch „Das ist doch nicht normal“ beschreibt, durch unterschiedliche politische Diskursarenen, die sich schneiden, überlappen und gegenseitig befeuern. In den politischen Krisen- und Konfliktdiskursen und den hochdifferenzierten identitätspolitischen und Antidiskriminierungsdiskursen macht sich eine „Verschiebung des Sagbaren“ bemerkbar. Die Beantwortung der metakommunikativen Fragen: „Was liegt vor (was ist wahr)?“, „Was kann ich authentisch noch sagen?“ und „Wie wollen wir miteinander reden?“ verletzt dabei zunehmend die Normen (Normalität) kommunikativer Vernunft.
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