WIESBADEN – Im Jahr 2016 führten die Jugendämter in Deutschland 84 200 vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen durch (Inobhutnahmen). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren das 6 600 Inobhutnahmen mehr als 2015 (+ 8,5 %). Auch wenn das Plus deutlich geringer als im Vorjahr ausfiel (2015 zu 2014: + 61,6 %), hat sich damit die Zahl vorläufiger Schutzmaßnahmen seit 2013 fast verdoppelt (2013: 42 100 Inobhutnahmen). Hauptgrund für das anhaltend hohe Niveau der Inobhutnahmen sind unbegleitete Einreisen aus dem Ausland: 2016 wurden aus diesem Anlass 44 900 Schutzmaßnahmen durchgeführt, 2 600 mehr als 2015 (+ 6,2 %).
Die deutschen Jugendämter sind berechtigt und verpflichtet, vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen als sozialpädagogische Hilfe in akuten Krisen- oder Gefahrensituationen durchzuführen. Diese können auf Bitte der betroffenen Kinder, bei einer dringenden Gefahr für das Kindeswohl oder bei unbegleiteter Einreise aus dem Ausland eingeleitet werden. Bis eine Lösung für die Problemsituation gefunden ist, werden die Minderjährigen in Obhut genommen und gegebenenfalls fremduntergebracht, zum Beispiel in einem Heim oder bei einer Pflegefamilie.
21 700 Kinder, die im Jahr 2016 eine vorläufige Schutzmaßnahme durchliefen, waren jünger als 14 Jahre alt. In dieser Altersgruppe wurden die Kinder am häufigsten wegen Überforderung der Eltern beziehungsweise eines Elternteils (45 %) und zum Schutz vor Vernachlässigung (19 %) in Obhut genommen. Auch die unbegleitete Einreise (15 %) und der Schutz vor Misshandlung (13 %) spielten hier eine größere Rolle. Bei den 62 500 Jugendlichen von 14 bis 17 Jahren stand dagegen mit Abstand die unbegleitete Einreise aus dem Ausland im Vordergrund (67 %). Weitere Anlässe von Bedeutung waren in diesem Alter die Überforderung der Eltern beziehungsweise eines Elternteils (12 %) und Beziehungsprobleme (6 %). Auch bei der Dauer der vorläufigen Schutzmaßnahmen gab es altersspezifische Unterschiede: Während bei den unter 14-Jährigen 46 % der Inobhutnahmen nach spätestens zwei Wochen beendet werden konnten, traf dies nur auf 34 % der 14‑ bis 17-Jährigen zu.
Die meisten Inobhutnahmen endeten bei den Kindern unter 14 Jahren mit der Rückkehr zu den Sorgeberechtigten (41 %) oder der Einleitung einer erzieherischen Hilfe außerhalb des Elternhauses, also in einer Pflegefamilie oder einem Heim (28 %). Die Jugendlichen von 14 bis 17 Jahre kehrten dagegen deutlich seltener zu den Sorgeberechtigten zurück (13 %): Hier leitete das Jugendamt am häufigsten eine erzieherische Hilfe in einer Pflegefamilie, einem Heim beziehungsweise einer betreuten Wohnform ein (26 %) oder vermittelte den Jugendlichen eine sonstige stationäre Hilfe, zum Beispiel einen Aufenthalt in der Jugendpsychiatrie oder einem Krankenhaus (24 %).



In der Reihe „Kompendien der Sozialen Arbeit“ ist 2015 der von Tanja Hoff und Renate Zwicker-Pelzer herausgegebene Band zur „Beratung und Beratungswissenschaft“ erschienen. Tanja Hoff ist Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin und Professorin für Psychosoziale Prävention, Intervention & Beratung an der Katholischen Hochschule NRW und dortselbst Kollegin von Renate Zwicker-Pelzer, die als Sozialpädagogin Professorin für Beratung und Erziehungswissenschaften an der KFH ist und seit 2008 den Studiengang Master of Counseling, Ehe-Familien-Lebensberatung leitet. 2004 war sie Gründungs- und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Beratung. Im Vorwort ihres Sammelbandes schreiben sie: „Beratung befand sich über lange Zeit hinweg im Schatten von Psychotherapie, manchmal missverstanden als „Schmalspur“-Therapie oder als Angebotsmöglichkeiten für Berufseinsteiger und -einsteigerinnen ohne therapeutische Qualifikation. Mit dem Einbezug internationaler Entwicklungen und insbesondere des Counseling-Ansatzes gelang es um die Jahrtausendwende insbesondere Nestmann, Engel, Sickendiek (2004), der Beratung auch in Deutschland zu mehr fachlichem Format, Profil und Eigenständigkeit zu verhelfen. In dieser Linie verstehen wir unser nun vorgelegtes Kompendium der Beratung und Beratungswissenschaft. Beratung ist nicht nur eines eigenen Formates würdig, sondern sie ist auch längst aus dem Schatten einer einseitigen Disziplinzuordnung herausgetreten. Wir möchten diesen Prozess der Herausbildung einer Beratungswissenschaft unterstützen und die Anregungen der verschiedenen Disziplinen nutzen, das Eigene der Beratung herauszukristallisieren. Wir möchten die professionelle Beratung zur eigenen Profilbildung herausfordern (unabhängig davon, ob Fachkräfte formalisierte Beratung anbieten oder ob Beratung eine Teilleistung des eigenen professionellen Handelns darstellt).“ Mathias Berg aus Köln hat das Buch gelesen, seine Beurteilung lesen Sie hier:
Jürgen Kriz ist für die systemagazin-Leserschaft kein Unbekannter. Seit vielen Jahren betreibt er sein Projekt einer „Personzentrierten Systemtheorie“, deren Grundzüge er schon in vielen Aufsätzen und Vorträgen der systemischen Öffentlichkeit vorgestellt hat. Mit seinem neuen Buch „Subjekt und Lebenswelt. Personzentrierte Systemtheorie für Psychotherapie, Beratung und Coaching“ legt er nun erstmals eine Gesamtdarstellung seines Ansatzes vor, die vor wenigen Wochen im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht erschienen ist. Wie er in seinem Vorwort schreibt, geht es ihm um „eine Einladung, sich auf die Komplexität des Geschehens einzulassen, das nun einmal unser Leben als Subjekt in der heutigen Lebenswelt ausmacht. Ich bin überzeugt davon, dass eine größere Bereitschaft, sich auf diese Komplexität einzulassen, nicht nur die inhaltlichen und theoretischen Grabenkämpfe zwischen »Richtungen« befrieden könnte, weil die Würdigung für die Perspektiven der anderen dann leichter fällt. Aus einer solchen ganzheitlichen Sicht lässt sich zudem leichter jene Vorgehensweise im jeweils konkreten Fall entwickeln, die jenseits von »Schulengrenzen« der spezifischen Situation (aus Patient- bzw. Klienten-, Problem- bzw. Störungs- und Beschwerdelage, Entwicklungsmöglichkeiten, eigenen Vorlieben und Ressourcen usw.) gerecht wird. Es ist dies ein Buch, das der Informationsstruktur von 160-Zeichen-Einheiten (SMS) und dem Lernerfolg in Form von reproduzierbaren Sätzen, die sich zum Training in Tutorien für das Bestehen eines Multiple-Choice-Tests eignen, zuwiderläuft. Es ist vielmehr gedacht für Menschen, die wie ich das Anliegen haben, dem Geschehen in Psychotherapie, Beratung und Coaching tiefer auf den Grund zu gehen und die komplex verwobenen Teilaspekte in ihrem Zusammenwirken besser zu verstehen.“ Wolfgang Loth hat das Buch gelesen und resümiert: „Unbedingt empfehlenswerte Lektüre!“