systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

28. Februar 2017
von Tom Levold
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Internationale systemische Forschungstagung in Heidelberg

DGSF-Presseinformation: „Mehr als 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus zahlreichen Ländern werden zur ersten internationalen systemischen Forschungstagung „Linking systemic research and practice“ vom 8. bis 11. März in der Heidelberger Universität erwartet. Teilnehmen werden Gäste aus Europa, den USA und Kanada, aber auch aus Australien, Südamerika, China, Singapur oder Armenien. Die von der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) unterstützte Tagung richtet sich an Forscher und Praktiker.

Susan McDaniel, Präsidentin der US-amerikanischen Psychologischen Vereinigung APA, wird die Konferenz eröffnen mit dem Vortrag: Charting Our Future By Using Systems Thinking To Address Global Health Problems. Weitere Hauptvorträge halten mit  Bruce Wampold und William Pinsof zwei  der weltweit renommiertesten Psychotherapieforscher, Sheila Mc Namee als internationale Protagonistin des Sozialen Konstruktionismus, Renos Papadopoulos als weltweit tätiger Berater und Forscher in Flüchtlingsangelegenheiten und Leslie Greenberg, Begründer der „emotionsfokussierten Therapie“. Den Abschlussvortrag halten mit dem Duo Peter Fonagy und Eia Asen der „Erfinder“ und der „systemtherapeutische Weiterentwickler“ des für Therapie und Beratung  einflussreichen Konzepts der Mentalisierung.

Darüber hinaus werden zahlreiche Workshops zu spezifisch systemischen Forschungsmethoden angeboten. Neben Forschungsfragen zur Systemischen Therapie und Beratung stehen auch neurobiologische Themen, systemisches Arbeiten in Schulen, mit Flüchtlingen oder im Kontext familiärer Gewalt, Traumatherapie nach kollektiven Katastrophen, „Mindfulness“ in Familien- und Paartherapie, „fluide Organisationen“ oder die Gesundheit am Arbeitsplatz auf dem Programm.

Die internationale Forschungstagung wird ausgerichtet vom Institut für Medizinische Psychologie im Zentrum Psychosoziale Medizin der Universität Heidelberg in Kooperation mit der European Family Therapy Association (EFTA), American Family Therapy Association (AFTA), International Family Therapy Association (IFTA), Chinese Mental Health Association und den deutschen systemischen Gesellschaften DGSF und SG. Weitere Unterstützer sind die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG), die Heidehof Stiftung GmbH und das Helm Stierlin Institut, Heidelberg.

Im Rahmen der Tagung wird auch der mit 3.000 Euro dotierte systemische Forschungspreis verliehen, der erstmals von DGSF und SG zusammen ausgeschrieben wurde. Die beiden systemischen Verbände werden das neu gestaltete Internet-Forschungsportal systemisch-forschen.de präsentieren.

Tagungsleitung: Prof. Dr. Jochen Schweitzer und Prof. Dr. Matthias Ochs. Tagungsort: Neue Universität, Heidelberg, Hörsaalgebäude, Universitätsplatz. Tagungsprogramm und alle Tagungsinformationen im Internet: www.isr2017.com.

27. Februar 2017
von Tom Levold
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Grüße aus Marokko 

systemagazin hatte in der letzten Zeit Pause. Das war zum Einen krankheitsbedingt, zum Anderen habe ich die letzten 14 Tage in Marokko verbracht, wo wir die vierte Trialogie-Tagung in Zagora abgehalten haben – tolle Tagung an einem Super-Ort (auch 2018 wieder vom 17.-24.2.: www.trialogie.com). Leider hat aufgrund einer schwachen Netzverbindung der Upload nicht geklappt, daher heute nachträglich Impressionen vom Tagungsort und von unserer wunderbaren Wüstentour!

13. Februar 2017
von Tom Levold
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Jay Haley (1923-2007)

Heute vor 10 Jahren starb Jay Haley (Foto: James Keim; Wikipedia) im Alter von 83 Jahren, eine Gelegenheit, an diesen Pionier der Familientherapie zu erinnern. Auf der website des Mental Research Institute in Palo Alto ist ein schöner Artikel zu lesen, der das Leben und Werk von Jay Haley ausführlich würdigt, allerdings ohne Angabe zur Autorin und Quelle zu machen. Geschrieben hat den Text Eileen Bobrow, Direktorin des Strategic Family Therapy Training Center am MRI, und erschienen ist er ursprünglich in der Herbstausgabe des „Family Psychologist“ 2007. Hier geht es zum Text…

10. Februar 2017
von Tom Levold
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In Erinnerung an John Shotter

Am 8. Dezember des vergangenen Jahres ist John Shotter an einer Krebserkrankung gestorben (siehe hier die Nachricht vom 21.12.2016). Das International Journal of Collaborative-Dialogic Practices hat schnell reagiert und in seinem 7. Jahrgang in Gedenken an John Shotter eine Sonderausgabe herausgebracht, an der sich viele bekannte Autorinnen und Autoren aus dem sozialkonstruktionistischen Feld beteiligt haben, unter anderem Harlene Anderson, Sheila McNamee, Mary und Ken Gergen, John Lannaman, Gail Simon und Jim Wilson. Herausgekommen ist ein Heft mit persönlichen Erinnerungen, Fotografien, aber auch Gedanken zur Bedeutung des Werkes von John Shotter für den sozialen Konstruktionismus und die Bedeutung von Sprache und Narrationen. Alle Beiträge sind auch online zu lesen, und zwar hier…

26. Januar 2017
von Tom Levold
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systeme 2016

Die Zeitschrift systeme erscheint zweimal jährlich – und es wird an der Zeit, den Jahrgang 2016 nachzutragen. Es sind zwei interessante Hefte herausgekommen. Während das erste Heft thematisch unterschiedliche Beiträge versammelt, ist die zweite Ausgabe ganz dem Thema Paartherapie gewidmet. Interessante Aufsätze zum Thema Migration (C. Oestereich), „Systemische Praxis lernen“ (G. Schiepek) und zum Wandel der Generationen (C. Koppetsch) prägen Heft 1, im Paartherapieheft ist vor allem die Arbeit von Patrick Fornaro zu erwähnen, der Mikroprozessforschung von Paartherapien durchführt und sich mit der Frage beschäftigt, wie TherapeutInnen von Augenblick für Augenblick ihre Entscheidungen über das Vorgehen im Sitzungsverlauf treffen können. Für seine Arbeit hat er den Forschungspreis der Systemischen Gesellschaft erhalten. Alle bibliografischen Angaben und abstracts zum Jahrganh 2016 gibt es wie immer hier…

24. Januar 2017
von Tom Levold
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Supershrinks: What is the secret of their success?

Mit Shrinks bezeichnet man in den USA die Zunft der Psychotherapeuten. Ein Zweig der Psychotherapieforschung beschäftigt sich seit einiger Zeit mit der Frage, was besonders gute PsychotherapeutInnen von schlechten oder eher durchschnittlichen TherapeutInnen unterscheidet. Schaut man auf die Ergebnisse ihrer Arbeit, so ist eindrucksvoll, dass die Spitzengruppe von 25 % sehr gute Ergebnisse aufweisen kann, während das untere Viertel nicht nur wesentlich weniger Verbesserungen im Empfinden ihrer Klientel zu verzeichnen hat, sondern es in ihren Therapien auch häufig zu deutlichen Verschlechterungen kommt. Schon 2014 habe ich auf ein Interview des Psychotherapieforschung Scott Miller hingewiesen, in dem er sich mit der Frage auseinandersetzt, wie Therapeutinnen ihre Fähigkeiten verbessern können. In einem Artikel, den er gemeinsam mit Mark Hubble und Barry Duncan für die Zeitschrift Psychotherapy in Australia bereits 2008 verfasst hat, beschäftigt er sich ebenfalls mit der Frage, was hinter dem Erfolg der sogenannten Supershrinks stehen könnte.

Im abstract heißt es: „Clients of the best therapists improve at a rate at least 50 per cent higher and drop out at a rate at least 50 per cent lower than those of average clinicians. What is the key to superior performance? Are ‘supershrinks’ made or born? Is it a matter of temperament or training? Have they discovered a secret unknown to other clinicians or are their superior results simply a  uke, more measurement error than reality? We know that who provides the therapy is a much more important determinant of success than what treatme nt approach is provided. The age, gender, and diagnosis of the client has no impact on the treatment success rate, nor does the experience, training, and theoretical orientation of the therapist. In attempting to answer these questions, MILLER, HUBBLE and DUNCAN, have found that the best of the best simply work harder at improving their performance than others and attentiveness to feedback is crucial. When a measure of the alliance is used with a standardized outcome scale, available evidence shows clients are less likely to deteriorate, more likely to stay longer, and twice as likely to achieve a change of clinical significance.“

Den vollständigen Text kann man hier lesen…

23. Januar 2017
von Tom Levold
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Praxisfelder ohne System oder Funktionssysteme ohne Praxis?

Grab von Pierre Bourdieu. Foto: Wikipedia, © Copyright, NYTECH Corp, 2004

Heute vor 15 Jahren, am 23.1.2002, starb der französische Soziologe Pierre Bourdieu in Paris. Neben Niklas Luhmann, Anthony Giddens und einigen anderen gehörte er zu den großen europäischen Soziologen der Nachkriegszeit. Das theoretische Spannungsfeld zwischen Luhmann und Bourdieu ist immer wieder Gegenstand von vergleichenden Analysen geworden, so auch in diesem Text von Frank Hillebrandt, Professor für Allgemeine Soziologie und Soziologische Theorie an der FernUniversität in Hagen, der 2006 in den Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2. (Frankfurt am Main : Campus Verl.) erschienen ist. Einleitend schreibt er: „Meine These ist: Dieser Unterschied in der Charakterisierung der Gegenwarts- gesellschaft ist nicht nur unterschiedlichen thematischen Vorlieben (Luhmann: funktionale Differenzierung; Bourdieu: soziale Ungleichheit) geschuldet, sondern vielmehr einer grundlegenden erkenntnistheoretischen Differenz zwischen der kultursoziologischen Ungleichheitsforschung Bourdieus, die den Praxisbegriff als Ausgangspunkt führt, und der Gesellschaftstheorie Luhmannscher Provenienz, die vom Kommunikationsbegriff ausgeht.1 Diese These möchte ich plausibilisieren, indem ich in zwei Schritten den Ausgangspunkt der Systemtheorie (I) mit dem Ausgangspunkt der Praxistheorie (II) vergleiche. Auf dieser Basis werde ich im dritten Schritt zeigen, warum die Praxistheorie Prozesse funktionaler Differenzie- rung nicht adäquat in den Blick nehmen kann und aus welchen Gründen der sys- temtheoretische Äquivalenzfunktionalismus keinen der Gegenwartsgesellschaft angemessenen Begriff sozialer Ungleichheit ermöglicht (III). Am Schluss steht ein kurzes Resümee (IV).“ Der Text ist auch online zu lesen, und zwar hier…

22. Januar 2017
von Tom Levold
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Systemische Streifzüge durch die Psychiatrie …

 

… unternimmt das erste Heft der Zeitschrift für systemische Therapie und Beratung im 35. Jahrgang bei 1017.  Es wird eröffnet von einem schönen Text von Andreas Manteufel über das Leben in der Psychiatrie und ihre „subjektive Seite“. Er schreibt dazu: „Dieser Artikel beleuchtet von verschiedenen Seiten die Bedeutung der Subjektivität für das Arbeitsfeld Psychiatrie. Dabei geht es um die alte konstruktivistische Debatte über das Fehlen objektiver Wahrheiten, um die Bedeutung der Sichtweisen von Angehörigen, um die wertungsfreie, trialogische Gesprächskultur, aber auch um die Pflege der eigenen, subjektiven Seite als Mitarbeiter im System Psychiatrie. Wir sprechen also, wenn wir so wollen, über das Überleben systemischer Basics in unserer Profession und Institution. Aber eigentlich sprechen wir nicht über Schulen oder Theorien, schon gar nicht über deren Wettbewerb untereinander, sondern über professionelle und menschliche Grundtugenden in einem besonders herausfordernden beruflichen Kontext.“ Das kann ein schönes Motto auch für die anderen Beiträge des Heftes sein. Elisabeth Nicolai zieht eine Bilanz des SYMPA-Projektes, Ingo Spitczok von Brisinski erörtert systemische Erklärungsmodelle für ADHS, eine Hamburger Autorengruppe bringt ein Positionspapier zum systemischen Umgang mit Störungen ein. Alle bibliografischen Angaben und Zusammenfassungen finden sich wie immer im systemagazin, und zwar hier….

20. Januar 2017
von Tom Levold
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Brauchen wir die Liebe noch?

Die Liebe ist ein heißes Eisen. In der Entwicklungsgeschichte der Ehe- und Paartherapie hat sie wechselnde Konjunkturen. In langen Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts wurde der Schwerpunkt eher auf die partnerschaftliche Dimension von Zweierbeziehungen gelegt, d. h. es wurde eher auf die Dynamik von Geben und Nehmen, auf das Verhandeln  und auf gleichberechtigte Arbeitsteilung fokussiert als auf emotionale Liebes- und Glückserwartungen.  In den letzten Jahrzehnten hat sich das geändert und die Bedeutung der Liebe wurde zunehmend in der Praxis der Paartherapie beachtet und zum Thema gemacht. Immerhin waren die Glückserwartungen an Paarbeziehungen niemals so hoch wie heute. Frank Natho  hat sich in seinem 2014 erschienenen Buch „Brauchen wir die Liebe noch? wieder bemüht, dieses Beziehungsideal zu „entzaubern“. Hierzu holt er u.a. weit aus mit einer kleinen Kulturgeschichte der Liebe und stellt neuzeitliche Konstruktion der Liebe auf den Prüfstand. Weiterlesen →

17. Januar 2017
von Tom Levold
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„Wir dürfen ‚Sinn‘ nicht medikalisieren“

Im Deutschen Ärzteblatt ist in Heft 1/2017  ein Interview mit mir zum Thema Diagnosen und Diagnostik erschienen, das auch online gelesen werden kann. Ein findiger Lektor oder Redakteur hat dabei in den Satz „dass wir als Therapeuten nicht nicht diagnostizieren können“ ein doppeltes „nicht“ gefunden und leider sinnentstellend entfernt. Es geht im weitesten Sinne um die Thematik des bevorstehenden Kongresses  „Was ist der Fall? Und was steckt dahinter? Diagnosen in systemischer Theorie und Praxis“, der vom 25. bis 27. Mai 2017 in der Heidelberger Stadthall stattfinden wird. Mittlerweile steht der größte Teil des Programms fest. Die Website der Tagung ist mittlerweile auch fertiggestellt, alle Informationen über den Kongress und den Programmablauf  sind hier im Überblick zu erhalten.  Im Verlag Vandenhoeck und Ruprecht erscheint übriges im April rechtzeitig vor dem Kongress ein Gesprächsband mit dem Titel „Für welche Probleme sind Diagnosen eigentlich eine Lösung?“, in dem Hans Lieb und ich mit Uwe Britten über das Thema Diagnostik diskutieren. In der Verlagsankündigung heißt es: „Bei inzwischen mehreren Hundert Diagnosen für psychische Störungen sind die internationalen Klassifikationssysteme DSM und ICD mittlerweile angekommen – ist das noch durch irgendetwas gerechtfertigt? Und: Wofür sind Diagnosen bei psychischen Beeinträchtigungen überhaupt sinnvoll? Tom Levold und Hans Lieb suchen im Gespräch nach Antworten. Gerade zu Beginn einer Psychotherapie kann eine standardisierte Diagnostik mit dem Erkennen von Symptomen und der Nennung einer Diagnose hilfreich sein, insbesondere für die Psychotherapeuten selbst. Das gibt ihnen Sicherheit. Doch mit dem Fortschreiten der Therapie ist es ratsam, sich von den allzu einengenden Schablonen heutiger Diagnosen zu distanzieren und den Blick zu weiten, um den Klienten in seiner menschlichen Tiefe besser zu verstehen. Tom Levold und Hans Lieb stehen der gängigen standardisierten Diagnostik mit Vorbehalten gegenüber, zumal so getan werde, als existierten psychische Erkrankungen »für sich« irgendwo. Das tun sie aber nicht, denn die Problemlagen der Klienten sind viel komplexer, als die Diagnosen es suggerieren, sodass die Vergabe einer Diagnose nichts anderes als eine Fremdbeobachtung ist, die oft wenig mit dem Erleben der Klienten zu tun hat. Zwar stehen Diagnosen stets im Raum, wenn es um psychische Erkrankungen geht, doch sie sollten mit kritischer Distanz reflektiert werden. »Wir können nicht nicht diagnostizieren«, meint Hans Lieb. »Ja«, ergänzt Tom Levold, »aber wir dürfen menschlichen ›Sinn‹ nicht medizinisieren«.“

10. Januar 2017
von Tom Levold
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Das Ende der MEGA-Maschine

Im Wiener Promedia Verlag ist 2015 das Buch „Das Ende der MEGA-Maschine. Geschichte einer scheiternden Zivilisation“ von Fabian Scheidler erschienen. Scheidler, der Geschichte, Philosophie und Theaterregie studiert hat, arbeitet als freier Autor für unterschiedliche Medien. Sein Buch wurde von der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen in die „TOP 10 der Zukunftsliteratur 2015“ gewählt. Jochen Schweitzer hat es gelesen und empfiehlt die Lektüre nachdrücklich. Lesen Sie selbst:

Jochen Schweitzer, Heidelberg:

Dies ist ein Buch, das mich ungewöhnlich stark begeistert hat und das ich daher vielen Menschen empfehlen möchte. Es hat mich begeistert, weil es

  • in knappestmöglicher Form eine Geschichte der Macht- und Ausbeutungsverhältnisse von circa 1350 bis heute schreibt,
  • Satz für Satz voll dichter Informationen und zugleich sehr verständlich geschrieben ist,
  • die Geschichte des Finanzkapitals, der Klassenkämpfe, der politisch-militärischen Repression und der Ideologieproduktion in einer systemischen, zirkulären Denkweise beschreibt und  deshalb als eine hervorragende kurze Lektüre auch für gesellschaftspolitisch interessierte SystemikerInnen dienen kann.

Viele Besucher der Frankfurter DGSF-Jahrestagung 2016 mögen den sympathischen Autor bei seinem dortigen gleichnamigen Vortrag gehört haben. Scheidlers Kernthese ist, dass in der Menschheitsgeschichte vier Tyranneien ständig eng zusammengearbeitet haben bei der Unterdrückung von Menschen durch Menschen: die physische Macht, besonders durch Waffengewalt; die strukturelle Gewalt als systematisch ungleiche Verteilung von Rechten, Besitz, Einkommen und Prestige; die ideologische Macht durch Priester, Journalisten und Experten, die die beiden anderen Formen der Macht legitimieren oder unsichtbar machen halfen; schließlich die Tyrannei des linearen Denkens als Versuch, durch Kommandos, Befehle und Kontrollpraktiken die Menschen wie die unbelebte Natur sich einseitig untertan zu machen. Keine dieser Tyranneien funktioniert ohne die andere: Waffengewalt braucht ideologische Begründung und den Glauben an die Möglichkeit der Kontrolle der Welt durch Waffen; starke Ungleichheit ist dauerhaft nicht durchsetzbar ohne ideologische Begründung oder (wenn diese nicht ausreicht) ohne Waffengewalt. Weiterlesen →

8. Januar 2017
von Tom Levold
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Diagnostik in der Sozialen Arbeit

Martin und Sabine Riesenhuber sowie Cornelia Schwaiger aus Österreich haben zum Thema „Diagnostik in der Sozialen Arbeit. Die Legende einer Debatte ohne Ende“ einen guten Überblick über den Stand der Diskussion gegeben, der 2009 in Social Paper. Online-Zeitschrift des Arbeitsbereichs Sozialpädagogik, Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft an der Karl-Franzens-Universität Graz erschienen ist. Im abstract heißt es: „Der vorliegende Beitrag entstand aus einer eingehenden Auseinandersetzung mit Sozialer Diagnose und der damit verbundenen Debatte. Dies führte uns zu einem gewissen Erstaunen darüber, wie lange und intensiv diese Diskussion bereits geführt wird, wie viele unterschiedlichste Diagnoseverfahren bereits entwickelt wurden, und wie wenig die Soziale Diagnose vergleichsweise dazu bisher den bewussten Eingang in die Praxis der Sozialen Arbeit gefunden hat. Wir diskutierten darüber, bildeten Hypothesen dazu und stellten uns Fragen, welche uns in diesem Zusammenhang naheliegend erschienen. Wir verglichen die unterschiedlichen Diagnosebegriffe, -modelle und -ansätze und brachten sie in einen Zusammenhang mit den Argumenten, welche sich in der Diagnosedebatte als Pros und Contras wiederfinden. Letztlich führte uns die Auseinandersetzung immer wieder in den Bereich grundlegender sozialpädagogischer Fragen, welche ethische und professionelle Haltungen betreffen. In diesem Umstand spiegelt sich genau der Verlauf der Debatte um Soziale Diagnose wider, welcher die DiskutantInnen ebenso immer wieder auf diese grundsätzlichen Fragen von Professionalität und der Beziehung zwischen den im Sozialen Feld Tätigen und deren Klientel zurückverweist. An dieser unserer Auseinandersetzung und unserer Perspektive auf dieses Thema teilhaben zu lassen und Anregung zu geben, um die Debatte hinter der Debatte weiterzuführen, ist Anliegen des Beitrages.“

Der Artikel kann auch online gelesen werden, und zwar hier…