(Köln) – Die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) appelliert an eine neue Bundesregierung, die gesetzlichen Vorgaben für den Kinderschutz auch künftig hilfe- und kooperationsorientiert zu gestalten. Derzeit vorgesehene – bislang allerdings nur vom Bundestag verabschiedete – Neuregelungen zum Jugendhilferecht hebelten hingegen die bewährte Haltung „Schutz durch Hilfe“ aus. Es bestehe so die Gefahr, Kinderschutz zu einer neuen „Meldekultur“ zu verkürzen.
„Familien, in denen die Jugendämter eine Notwendigkeit zum Eingreifen aus Kinderschutzgründen sehen, befinden sich in den allermeisten Fällen in einer lang andauernden Überforderungssituation“, schreibt der systemische Fachverband in seinem „Plädoyer für die gesetzliche Verankerung eines hilfeorientierten und kooperativen Kinderschutzes“. Die Notwendigkeit von Inobhutnahmen entstehe in der Regel aus „biographischen Belastungssituationen“, aus eigenen Traumata von Eltern sowie aktuell schwierigen Lebenssituationen, zum Beispiel ein Leben in Armut.
Ein systemischer Kinderschutz sei hilfeorientiert und setze in diesem Zusammenhang insbesondere auch bei den Eltern an, „damit sie die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und die Grenzen in der Familie neu gesetzt sowie die verloren gegangenen Ressourcen wieder aufgebaut werden können“. Hilfreich sei ein „respektvoller, würdigender und achtsamer Blick auf die Potentiale aller Familienmitglieder“. Sollte eine Trennung der Kinder von ihren Eltern notwendig werden, müsse es darum gehen, mit den Eltern daran zu arbeiten, dass die Kinder die „Erlaubnis“ bekommen, sich an einem anderen Lebensort gut entwickeln zu dürfen.
„Ein systemisch-hilfeorientierter Kinderschutz, der auch Berufsgeheimnisträger wie beispielsweise Ärztinnen und Ärzte mit einschließt, gelingt nur über persönliche Kontakte zu Eltern und Kindern, mit dem Angebot von Hilfen und mit einer transparenten Kommunikation. Um Vertrauen in Helfersysteme zu erhalten, müssen Eltern wissen, wenn Informationen über ihre Familiensituation weitergeben werden“, betont DGSF-Vorsitzender Dr. Björn Enno Hermans.
Die DGSF plädiert dafür, „einen verbindlichen, interdisziplinären und systemübergreifenden Netzwerkaufbau für den Kinderschutz für Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen gesetzlich zu verankern und diesen analog zu den ‚Frühen Hilfen‘ über einen Bundesfonds entsprechend finanziell auszustatten.“ So könnten ein präventiver Ansatz und ein wirksamer Kinderschutz in den Organisationsstrukturen der Jugendhilfe altersunabhängig sichergestellt werden.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e. V. (DGSF)
Bernhard Schorn, Geschäftsführer
Jakordenstr. 23, 50668 Köln
Telefon: (0221) 613133, Fax: (0221) 9772194



Arist
Heute feiert Kurt Ludewig, einer der wichtigsten Wegbereiter der systemischen Therapie im deutschen Sprachraum, seinen 75. Geburtstag, zu dem systemagazin von Herzen gratuliert. Auch wenn er sich schon seit einiger Zeit in das Privatleben zurückgezogen hat, gehört er doch mit seinen zahlreichen Publikationen nach wie vor zu einem der meistzitierten Autoren des systemischen Feldes. 2012 hielt er auf dem Heidelberger Kongress „Wie kommt Neues in die Welt?” einen Vortrag über das das „Regelwerk der systemischen Therapie“, das er auf die Frage hin untersuchte, inwiefern darin eine Anleitung zur „Verhinderung von Neuem“ enthalten sei. Er schreibt darin: „Die Überschrift dieses Heidelberger Symposiums lautet: ,Wie kommt Neues in die Welt?… systemisch weiter denken’. Im Begleitschreiben zur Einladung stand unter anderem, dass neue, ,revolutionäre Ansätze’ besonders dann gefährdet seien, dogmatisch zu erstarren, wenn sie zum Standard geworden sind. Der Hintergrund dieser Frage war nicht zuletzt die Sorge um die Einschränkungen, die mit der anerkannten Etablierung der Systemischen Therapie einhergehen könnten. Es sollte erkundet werden, wie unser Denken lebendig gehalten und vor dogmatischer Erstarrung bewahrt werden kann. Die vielfältigen Praxisfelder, die durch das ,Blühen systemischer Praxis’ entstanden seien, sollten aufs Neue angeschaut und kritisch hinterfragt werden.“
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