Arist von Schlippe, Osnabrück: Mit Rechten reden! Mit Rechten reden?
Eher zufällig fiel mir im Buchladen ein Buch in die Hand, das den Titel dieses Beitrags trägt (Leo et al., 2017). Geschrieben wurde es von drei Philosophen, das merkt man dem Text durchaus an. Der folgende Text soll keine Rezension sein, ich möchte das Buch jedoch zum Anlass nehmen, über ein Phänomen nachzudenken, das die Gesellschaft derzeit beschäftigt. Die Frage, wie es kommt, dass rechtes Gedankengut wieder salonfähig geworden ist, ist noch nicht befriedigend beantwortet. Und ganz offenbar tun sich viele gesellschaftliche Kräfte schwer, für den Umgang mit der „Alternative für Deutschland“ eine passende Form zu finden.
Beginnen wir mit einer Markierung: „Wir und Ihr“. Diese Markierung wird immer wieder von „Euch“, den Rechten angeboten, und ähnlich wie die Autoren des erwähnten Buchs möchte ich diese Differenz zum Ausgangspunkt nehmen, d.h. sie zunächst akzeptieren und verwenden. Es ist eine Differenz, die vom Gegensatz zur etablierten Gesellschaft lebt und der kaum zu entkommen ist. Je mehr die Unterschiede der bestehenden Parteien verschwimmen, je mehr sich Politik im Regulieren und Begrenzen, oft auch im Moralismus erschöpft, desto größer ist die Chance, im Aufbau einer krassen Differenz die eigene Identität und vor allem Sympathisanten zu finden, die sich in dem „das wird man jawohl noch sagen dürfen…“ wiederfinden. Das Dumme an der Sache ist allerdings, dass diese Differenz nicht als Einladung zu einer Diskussion dient, sondern dass sie etwas Totales hat, und um diese Totalität aufrechtzuerhalten, ist es nötig, diese Differenz immer wieder neu zu erzeugen. In dem Verhalten, in den Aussagen „der Rechten“ ist so viel, was es schwer macht, jenseits des gemeinsamen deutschen Passes noch irgendein „Wir“ zu erkennen, dass man nicht umhin kommt, das negative Beziehungsangebot anzunehmen: Ja, wir sind anders als Ihr! Die Negation kann nicht einfach negiert werden, und im Bejahen wird sie bestätigt und fortgeführt – sie erzeugt ihre eigene Paradoxie: „Der Widerspruch produziert das, woraus er besteht, nämlich das, was sich widerspricht, selbst“ (Luhmann, 1984, S. 495). Weiterlesen →