systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

1. September 2007
von Tom Levold
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neue Wege der Terrorabwehr


Bundesinnenminister Schäuble, der in den letzten Tagen unter heftige Kritik geraten war, hat seine Pläne zur Online-Durchsuchung fallen gelassen. Stattdessen hat er gestern auf einer Pressekonferenz eine wesentlich ausgereiftere Alternative vorgestellt. Ab heute, dem 1.9.2007 werden per Erlass des Innenministeriums bei allen Bürgern, die terroristischer Aktivitäten oder der Zugehörigkeit zu verbrecherischen Organisationen verdächtig sind, vorhandene Computer beschlagnahmt und durch ein eigens entwickeltes Rechnermodell ausgetauscht, das den Verdächtigen kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Diese Rechner (s. Abb.) sind mit moderner Apfel-Software ausgerüstet, beherrschen die vier Grundrechenarten und verfügen, so Schäuble, über ein einfaches Deutschlernprogramm, was die Kommunikation mit den Verdächtigen erleichtern soll, die in der Regel einen Migrationshintergrund haben. Der Rechner ist mit dem Internet verbunden, allerdings ist das eingebaute E-Mail-Programm auf den Empfang von Behörden-E-Mails des Innenministeriums beschränkt, die zukünft nicht mehr eigens gefälscht werden müssen. Wird eine beliebige Internet- oder E-Mail-Adresse eingegeben, wird automatisch die extra für diesen Kundenkreis neu eingerichtete Vermittlungsstelle des Innenministeriums angewählt, die mit altbewährten Fachkräften besetzt worden ist (s. Foto). Diese so einfachen wie genialen Maßnahmen machen den Einsatz von gefälschten E-Mails oder die komplizierte Entwicklung von Spionage-Software ab sofort überflüssig. Entsprechend groß ist die positive Resonanz auf diese neue Vorgehensweise in der Verbrechensbekämpfung bei den Regierungsparteien wie in der Opposition. Der erste Rechner dieser Baureihe wurde übrigens dem Bundesinnenminister persönlich ausgehändigt, der die einfache Bedienbarkeit gelobt hat:„Ich freue mich, dass ich jetzt jederzeit sofort mit meinem Amt verbunden werde und Bedienungsfehler kaum noch möglich sind!“

31. August 2007
von Tom Levold
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The Deconstructive and Reconstructive Faces of Social Construction

In der allerneuesten Ausgabe von FQS, dem unbedingt lesenswerten (und dem Konzept der konstenfreien Open-Source-Bewegung aktiv verpflichteten) Online-Magazin„Forum Qualitative Sozialforschung“ erschien gestern (aber schon unter dem Datum Januar 2008) ein interessantes Interview mit einem der bedeutsamsten Begründer des Sozialen Konstruktionismus, Kenneth Gergen. Das Interview führte César A. Cisneros-Puebla im Oktober 2005 während eines Psychologie-Kongresses in Mexiko in angenehmer Atmosphäre:„Our interview took place in the lobby of the hotel where Kenneth and his wife Mary were staying. During the interview Kenneth and I sipped our drinks while a pianist provided pleasant background music“ Zum Interview selbst, das in englischer Sprache zu lesen und mit einer Einführung von Robert B. Faux versehen ist, heißt es im abstract:„In his eloquent and unambiguous style Gergen speaks out about critical realism, rationality, truth claims, grounding and other scientific and human beliefs. Firmly based in the constructionist perspective of ethics, Gergen leads us to examine relevant epistemological questions such as solipsism and the value of prediction, the searching for foundations, and the radical and retro pendulum in the sociology of knowledge. The ‚conversational reality‘ performed in this piece is just a small part of our cultural complexity“
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30. August 2007
von Tom Levold
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Da lacht der Taliban

Lieber Wolfgang Schäuble,
Ihre Idee, mit Hilfe gefälschter Behörden-E-Mails Schnüffel-Software auf die Rechner des organisierten Verbrechens zu installieren, finden wir hinreißend. Auf so etwas muss man erst einmal kommen. In den USA nennt man so etwas wohl„intelligence“. Immerhin. Allerdings finden wir es nicht ganz so schlau, diese Idee auch noch in der Öffentlichkeit auszuposaunen. Wo doch ohnehin schon ein gewisser Anteil der Bevölkerung öffentliche Verlautbarungen für irgendwie gefälscht hält. Das fördert sicherlich nicht das Vertrauen in Behörden-E-Mails. Deshalb möchten wir Ihnen dringend empfehlen, besonders gute Betreffzeilen zu erfinden, um Terroristen und andere Verbrecher dazu zu bringen, die von Ihnen versandten E-Mails trotz des verdächtigen Absenders zu öffnen.„Ficken wie ein Weltmeister“,„Legal Software Sales“ oder„60 minutes and $500, keep your winnings“ haben ohnehin keine Chancen mehr, dem Daten-Papierkorb zu entrinnen. Wir möchten Ihnen und Ihrer Fälscherwerkstatt daher ein paar Tipps geben, wie Sie Ihre Zielgruppe dazu bringen können, Ihre Mails trotzdem zu öffnen. Wie wär‘ es mit„In’s Paradies mit Selbstmordattentaten in 3 Sekunden“,„Neues Handbuch der Schutzgelderpressung“,„Wie bombe ich mich ins Innenministerium?“ oder„Da lacht der Taliban“?

29. August 2007
von Tom Levold
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Kurz(zeit)coaching mit Langzeitwirkung

Insoo Kim Berg, die am 10. Januar dieses Jahres verstarb, hat im Jahre 2005 gemeinsam mit dem Baseler Coach Peter Szabó ein kompaktes Buch über„Brief Coaching for Lasting Solutions“ verfasst, das im Jahre 2006, von Brigitte und Hartwig Eckert ins Deutsche übersetzt, im verlag modernes lernen unter dem Titel„Kurz(zeit)coaching mit Langzeitwirkung“ erschien. Thomas Webers hat es rezensiert und stellt fest:„Wirksames Coaching muss weder lang noch kompliziert sein. Die Wirksamkeit des Coaching zeigt sich schließlich einfach darin, dass die Kunden ihre Ziele so rasch wie möglich erreichen und sie sich dabei selber weiter entwickeln können. Genau dies zeigen Szabó und Berg in ihrem Buch auf. Sie geleiten die Leser Schritt für Schritt durch den Coaching-Prozess, beschreiben die einzelnen Phasen, zeigen auf, was es zu beachten gilt, demonstrieren an Fallbeispielen, wie es funktioniert und wie Kurz(zeit)coaching und Langzeitwirkung zusammengehen. … Die Darstellung ist sehr praxisnah und pragmatisch orientiert. Wissenschaftliche Tieferlegungen fehlen, dafür wird Schritt für Schritt – auch an Auszügen von Gesprächsprotokollen – gezeigt, wie der Coach lösungsorientiert vorgeht. Kleine Vignetten mit Sprichwörtern oder Zitaten sowie Textkästen mit Tipps, Fallbeispielen oder Reflexionsfragen lockern den Text auf und machen das Buch angenehm lesbar“
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28. August 2007
von Tom Levold
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Die „Wirklichkeit der Person“. Über ein radikales Ausschöpfen des personenzentrierten Ansatzes

Unter diesem Titel hat Christiane Geiser 1999 eine Arbeit veröffentlicht, die auf einem Vortrag basiert und in der sie konstruktivistische und systemische Konzepte mit dem personenzentrierten Ansatz von Carl Rogers in Beziehung setzt. Der Aufsatz erschien in den GFK-Texten und ist auch online zu lesen. Im abstract schreibt sie:„Die Frage, was denn nun ‚wirklich‘ sei, würde der Konstruktivist Heinz von Foerster als eine der ‚unentscheidbaren Fragen‘ bezeichnen, mit deren Beantwortung wir nichts über ‚die Wirklichkeit‘ aussagen, aber viel über unsere grundlegenden Annahmen und Glaubenssysteme und deren Einfluss auf unsere Praxis. Carl Rogers, der Begründer des personzentrierten Ansatzes, hat sich eindeutig für eine Antwort entschieden. Er plädiert in seinem Lebenswerk unermüdlich für diesen allerersten Schritt der radikalen Toleranz: immer zuerst zu akzeptieren und zu verstehen versuchen, wie die individuelle Wirklichkeitskonstruktion und das Selbst- und Weltverständnis des anderen aussehen. Dann ebenso sorgfältig zu beobachten, wie ich selber meine ‚Wirklichkeiten‘ hervorbringe. Dann – erst dann! -‚weitergehen‘: sich in einem dialogischen Akt zueinander in Beziehung setzen, zum Zweck von Veränderung, Heilung und Wachstum in der Psychotherapie, zum Zweck von Konsensfindung und Kreativität im politischen und sozialen Feld. Ich plädiere in diesem Vortrag dafür, diese verschiedenen Wirklichkeiten ganz auszuschöpfen (vor allem auch ihre körperliche Dimension) und darüber hinaus den traditionell individuumzentrierten Charakter des personzentrierten Ansatzes auszudehnen: eine Blickwinkel-Korrektur von der Egozentrik zur Relationalität und eine Revision des Selbst-Begriffs können der ‚Wirklichkeit‘, in der wir im ausgehenden 20. Jahrhundert leben, dienlich sein“
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26. August 2007
von Tom Levold
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Frauenkörper – Männerblicke

Wie oft hatten Sie eigentlich diesen Sommer Gelegenheit, sich in der Sonne zu bräunen? Oder sich Bräunende zu beobachten? Oder dabei beobachtet zu werden? Wenn die Antwort„häufig“ lautet, wird es nicht gerade hierzulande gewesen sein. Die irreführende Geschlechtsneutralität der einleitenden Fragen täuscht übrigens darüber hinweg, dass das Oben-ohne in der Sonne liegen und das Betrachten dieser Tatsache durchaus ein Gender-Phänomen ist, was den Titel des Buches„Frauenkörper – Männerblicke“ rechtfertigt (auch wenn es natürlich auch einen Gegenpart„Männerkörper – Frauenblicke“ geben dürfte). Der brillante französische Soziologe Jean-Claude Kaufmann, der auch schon wunderbare mikrosoziologische Studien über die schmutzige Wäsche im Haushalt, das Kochen und „den Morgen danach“ verfasst hat, hat über„die Soziologie des Oben-ohne“ ein Buch verfasst, das wie seine anderen Werke im Universitätsverlag Konstanz erschienen ist, mittlerweile in der zweiten Auflage. Oliver König, der selbst ein soziologisches Werk über Nacktheit veröffentlicht hat (das man bei ihm selbst übrigens noch beziehen kann), hat das Buch rezensiert:„’Aber das Oben-Ohne, also wirklich‘ …, das fanden nicht nur viele der Befragten, sondern das werden auch viele aus der akademischen Zunft denken, während sie aus maximaler Entfernung vom Strand, Ort der besagten Handlung, durch die Fenster ihrer tristen Büros schauen. Denn darum geht es, oberflächlich betrachtet: Um den Körper der Frau, genauer um ihren nackten Busen, sein Volumen, seine Höhe und Beweglichkeit, und um die Kunst, vor allem der Männer, zu sehen, ohne zu sehen. Kaufmann zog mit fünf seiner MitarbeiterInnen aus, um an den Stränden der Bretagne und der Normandie sowie auf den Liegewiesen einiger städtischer Parks ca. 300 Frauen und Männer zu befragen, einzeln oder in Gruppen, geschlechtshomogen oder -heterogen, als Paare, als Familien mit Kindern und Großeltern. (…) Zwar sei es nicht das Ziel dieser Arbeit gewesen, ‚die Befragten zu entlarven‘, zugleich wird, ähnlich wie in ‚Schmutzige Wäsche‘, der Leser schon in der Einleitung gewarnt: ‚Ob Mann oder Frau, sein Blick auf das andere Geschlecht könnte sich weit über den Strand hinaus verändern‘. Allerdings wird die Praxis wahrscheinlich beharrlicher sein, als hier angenommen. Und wäre sie es nicht, so würde Kaufmann damit seine eigene Theorie widerlegen. Dennoch: Das Lesevergnügen war ungebrochen und der Strand war auch nicht weit“
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25. August 2007
von Tom Levold
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Depressionsbarometer

Im Jahre 2005 startete Fritz B. Simon eine Initiative des Management Zentrums Witten MZW mit dem Ziel, eine Art Gemütsklima-Index für Deutschland zu erstellen. Dafür wurde eine Internetseite eingerichtet, auf der man seine eigene Gemütslage einschätzen konnte, das Ergebnis war dann ein persönlicher Index sowie ein Gesamtindex für alle Teilnehmer. Nun, zwei Jahre und ein Aufschwung später, geht das Depressionsbarometer in eine neue Runde. Seit dieser Woche wird der deutschlandweite Depressionsindex wieder angezeigt. Auf der nur geringfügig überarbeiteten Website versprechen die Initiatoren:„Das Team von idalab und der MZW Gmbh wird die aktuellen Daten auswerten, um herauszufinden ob der konjunkturelle Aufschwung die Stimmung im Lande nachweislich verbessert. Dazu in Kürze mehr“ Schon jetzt wird deutlich, dass die Stimmung der website-Besucher nicht nicht allzu depressiv ist. Lassen wir uns überraschen.
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24. August 2007
von Tom Levold
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Organisationsberatung

„Die Beratungsbranche steht unter Druck. Klischeehaft werden die aus einer betriebswirtschaftlichen Richtung stammenden Strategie- und Organisationsberater als «Nieten in Nadelstreifen» oder «Versager im Dreiteiler» bezeichnet. Die eher aus der Arbeits- und Organisationspsychologie, der Gruppendynamik und der Arbeits- wissenschaft kommenden Prozessberater werden dagegen als «Psychotherapeuten im Unternehmen» diskriminiert“ Diese Einschätzung ist Ausgangspunkt eines Aufsatzes des Organisations- und Beratungswissenschaftlers Stephan Kühl, der in Heft 3/2005 der Zeitschrift„Organisationsentwicklung“ erschienen ist. Kühl geht es darum,„Konturen eines dritten Weges jenseits von betriebswirtschaftlicher Beratung und systemischer Prozessberatung“ aufzuzeigen.
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23. August 2007
von Tom Levold
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Gentrification! Prekarisierung!

Liebes BKA,

schon zu Zeiten Deines großen Horst„Rasterfahnder“ Herold warst Du immer gut für die Einführung neuer Fahndungsmethoden. Gestern konnten wir aus der Presse erfahren, dass Du jetzt mit einem genialen Fahndungstrick einen Berliner Stadtsoziologen der Mitarbeit in der„militanten gruppe“ überführen konntest – weshalb der Mensch auch schon seit 1. August in Einzelhaft sitzt. Mit diesem Fahndungstrick, der in der Bevölkerung auch als Googeln bekannt ist, hast Du herausgefunden, dass der Soziologe in seinen Texten Wörter wie Gentrification und Prekarisierung benutzt hat! Wörter, die eigentlich nur Terroristen oder solche, die es noch werden wollen, gebrauchen. In der Tat, welcher normale Mensch hätte schon Verwendung für solche Wörter. Niemals z.B. würden wir vom systemagazin Wörter wie Gentrification und Prekarisierung in den Mund nehmen geschweige denn aufschreiben. Und schon gar nicht im Internet veröffentlichen. Da wären wir ja blöd bei Euren modernen Fahndungsmethoden. Wir stellen also an dieser Stelle klar: Gentrification und Prekarisierung sagt uns nichts. Kennen wir überhaupt nicht!
Dass sich aber sofort zahlreiche als Wissenschaftler verkleidete Sympathisanten über diese modernen Fahndungsmethoden beschweren – sogar ein Ausländer namens Richard Sennet ist dabei – und auch noch Unterschriften dagegen sammeln, sieht ihnen mal wieder ähnlich. systemagazin distanziert sich nachdrücklich von solchen unpatriotischen Aktivitäten.
Wir sehen natürlich ein gewisses Problem darin, dass dem Inhaftierten vorgeworfen wird,„als Mitarbeiter eines Forschungszentrums Bibliotheken zur Verfügung (zu haben), die er unauffällig nutzen kann, um die zur Erstellung der Texte der militanten Gruppe erforderlichen Recherchen durchzuführen“. Wir haben daraufhin in unserer eigenen Bibliothek unauffällig nach allen Büchern gesucht, in denen solche Unworte vorkommen könnten, und schon ziemlich viele weggeworfen.
Dennoch hätten wir eine Bitte an Euch: könntet Ihr nicht mal einen Index von Wörtern anlegen, die zukünftig von Wissenschaftlern nicht mehr benutzt werden sollen, damit sie nicht in Verdacht geraten, Texte für militante Gruppen zu verfassen? Das würde es doch vielen von uns viel leichter machen. Wie wäre es mit„Exklusion“,„Unterschicht“,„Heuschrecken“ oder „Grundrechte“, nur so für den Anfang?
Weiterhin viel Erfolg beim googeln wünscht

systemagazin

22. August 2007
von Tom Levold
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Hinter den Kulissen der Organisation

Bei diesem Band handelt es sich um eines der ersten systemischen Bücher zur Organisationsberatung, verfasst haben es Mara Selvini Palazzoli und eine Reihe anderer Autoren. Selvini hat hierbei erstmals versucht, die Prinzipien ihrer therapeutischen Arbeit auf die Arbeit mit Organisationen zu übertragen. Leider ist das Buch derzeit nicht mehr vom Verlag erhältlich, man muss sich also auf die Suche nach einer antiquarischen Quelle machen. Dass es sich lohnt, macht Heidi Neumann-Wirsig in ihrer anregenden Klassiker-Rezension deutlich:„Für mich sind es vor allem die Analysen der jeweiligen Beratungskontexte, die das Buch interessant und lesenwert machen. Kontext ist eben nicht nur DIE Organisation, sondern das feine Gespinst von Vorannahmen, Vermutungen, Zuschreibungen, Landkarten usw. Lesenswert finde ich auch die detaillierten Beschreibungen von Kommunikationsabläufen und ihre Interpretationen, die positiven Konnotationen als Interventionen, die Versuche, Muster und Spiele zu erkennen, und das gelungene Beispiel (der 4. Fall), wie Berater vertrauensvoll und zielorientiert mit einem System zusammenarbeiten können, dem sehr viele Mitglieder unterschiedlicher Hierarchien und unterschiedlichen Interessen angehören. Auch die Ehrlichkeit des Buches, Misslungenes einem breiten Publikum vorzustellen, zu weiteren Experimenten anzuregen und zu ermutigen, die eigenen Erfahrungen zu reflektieren und für das eigene Lernen zu nutzen, hebt es von anderen Büchern ab. Nicht empfehlen würde ich die Lektüre Kolleginnen und Kollegen, die ohnehin der Kybernetik I. Ordnung treu geblieben sind; es wäre vermutlich nichts wirklich Neues für sie. Das Buch sollte immer in seinem zeitlichen Entstehungskontext gesehen werden. Die Beratungsfälle ereigneten sich in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Gesundheitswesen waren auf einem gänzlich anderen Stand als heute. Auch gerade deshalb markiert das Buch von Mara Selvini Palazzoli u.a. „Hinter den Kulissen der Organisation“ einen Meilenstein in der Entwicklung systemischer Beratung“
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20. August 2007
von Tom Levold
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Instruieren oder dialogisieren – was wirkt wie?

1999 veröffentlichten Dankwart Helmes, Manfred von von Bebenburg und Linde von Keyserlingk in der„System Familie“ eine katamnestische Untersuchung, bei der in einer schriftlichen Nachbefragung die Therapien von 28 Familien (67 Antworten) ausgewertet wurden, von denen zumindest ein Mitglied eine psychiatrische Diagnose hatte.„Etwa die Hälfte wurde in Anlehnung an die Mailänder Schule (mit psychoanalytischen und psychoedukativen Anteilen) behandelt, die andere Hälfte nach einer Methode des Reflektierenden Teams. Neben objektiven Variablen (Familienstruktur, Therapiedauer etc.) wurden subjektive Einschätzungen der Klienten zur Wirksamkeit der Therapie erfasst. Die Ergebnisse betonen die Bedeutung der Faktoren ,Zeit‘, ,Atmosphäre‘ und ,Struktur des therapeutischen Settings‘ für unterschiedliche Diagnosen. Jeder der beteiligten Therapeuten teilt seine persönliche Schlussfolgerung mit“ In der Systemischen Bibliothek von systemagazin ist dieser Aufsatz nachzulesen.
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18. August 2007
von Tom Levold
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Die professionelle Begegnung. Nachdenken aus einer systemischen Perspektive

1991 hat Bernd Schmid in der„Transaktionsanalyse“ diesen Aufsatz veröffentlicht, der die Frage der Gestaltung der therapeutischen Beziehungen auf prägnante und klare Weise behandelt:„Die Wirklichkeit und Selbstorganisation des Therapeuten-Systems werden völlig von der Wirklichkeit und der Selbstorganisation des Klienten-Systems unterschieden. Dementsprechend wird die professionelle Aneinanderkopplung beider Wirklichkeiten als grundsätzliches Problem diskutiert. Dann werden die Organisation und die Komplexitätssteuerung in der professionellen Begegnung aus der Sicht des Therapeuten-Systems beschrieben. Hierbei sind drei Perspektiven wichtig: 1. Das Klienten-System und Klientenrollen. 2. Problemdefinition und Fokuswahl. 3. Das professionelle Handeln. Das Hervorbringen stimmiger professioneller Figuren wird als Problem der Komplexitätssteuerung und des Aneinanderkoppelns von Therapeuten- und Klienten-System beschrieben“

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17. August 2007
von Tom Levold
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Was ist Selbstregulation?

Im Versuch einer Antwort auf diese Frage und einer„Standortbestimmung“ hat der österreichische Arzt und Körperpsychotherapeut Peter Geißler ein Buch beim Psychosozial-Verlag herausgegeben, das die unterschiedlichsten Aspekte zum Thema vereint. Christiane Geiser schreibt in ihrer Rezension über diese Vielfalt:„Peter Geißler, bekannt als mutiger und unkonventioneller Theoretiker und Praktiker, der sich selber seit langem für die Einbeziehung des Körpers in die Psychoanalyse einsetzt, findet im Epilog des Buches zum Thema „Die Selbstregulation des Psycho-Marktes“ deutliche Worte: Der ständig wachsenden Zahl an Möglichkeiten, menschliches Erleben zu verstehen, entspreche eine Vielfalt an therapeutischen Verfahren und Modellen, keine Einheitstherapie. Um Dialog gehe es in der heutigen Landschaft, um die Bewahrung von Komplexität und um gleichzeitige Komplexitätsreduktion beim Vermitteln der Inhalte, um Zugehörigkeit zu einem Ansatz, aber nachher um offenen Austausch, um eine sich öffnende Diskussionskultur und nicht um Schulenhermeneutik. Die „alten Hasen“ würden ja, so meint er augenzwinkernd, als Zeichen menschlicher Reife heute auch manchmal auf Positionen verzichten, die sie früher als unantastbar eingeschätzt hätten. Und tatsächlich: einige Beispiele davon finden sich in diesem Sammelband, und es ist durchaus vorstellbar, sich die Schreibenden vorzustellen auf einem gemeinsamen Panel sitzend, die Stühle einander zugekehrt und dann mit einem Dialog beginnend – eine nicht alltägliche Vision innerhalb unserer Zunft. Und so können wir vielleicht mit dem Herausgeber getrost der Selbstregulierung unseres Fachgebiets entgegensehen im Vertrauen darauf, dass Dialogbereitschaft und Qualität sich durchsetzen“
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