systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

28. Februar 2008
von Tom Levold
Keine Kommentare

Vorabdruck – Reinhard Sieder: Patchworks – das Familienleben getrennter Eltern und ihrer Kinder

systemagazin freut sich, heute mit einer Neuigkeit aufwarten zu können: erstmals wird an dieser Stelle ein„Vorabdruck“ aus einem Buch zu lesen sein, das noch nicht erschienen ist, und zwar in Kooperation mit dem Klett-Cotta-Verlag, dem an dieser Stelle ausdrücklich gedankt sei! Zu lesen ist das zweite Kapitel aus Reinhard Sieders Untersuchung über die Entwicklung unterschiedlicher Muster von Patchworkfamilien nach einer Trennung der Paarbeziehung. Dieses Kapitel zeichnet als„eine kurze Geschichte der Liebe in der Moderne“ die Karriere des Codes der„romantischen Liebe“ im 20. Jahrhundert nach, immer kontrastiert mit empirischen Befunden zur tatsächlichen Liebes- bzw. Beziehungs“praxis“. Das Unternehmen einer theoretisch fruchtbaren Gegenüberstellung von symbolischem bzw. semantischem„Liebescode“ einerseits und einer„Praxis“ andererseits, die sich sowohl spezifischer sozialhistorischer Konstellationen (Klassenlage etc.) als auch lokaler und regionaler Traditionen verdankt, gelingt Sieder hier auf elegante und spannend zu lesende Weise. Hier zeigt sich, dass Reinhard Sieder, einer der renommiertesten Sozialhistoriker im deutschsprachigen Raum, nicht nur ein breites historisches, sondern auch soziologisches und kulturwissenschaftliches Wissensspektrum eröffnet, das die Lektüre – über die literarischen Qualitäten des Buches hinaus – lohnenswert macht. Im Zentrum des Buches steht die ausführliche Analyse von sechs Fallstudien, die die Vielfalt von Patchwork-Lebenslagen demonstrieren. Vielfältige familiensoziologische, familiendynamische und familientherapeutische Gesichtspunkte, auf die sich die Fallanalysen stützen, machen das Buch zu einer wichtigen Quelle für BeraterInnen und TherapeutInnen, die mit Patchwork-Familien zu tun haben. Es ist für April 2008 angekündigt, kann aber jetzt schon bestellt werden.
Zum Vorabdruck…

27. Februar 2008
von Tom Levold
Keine Kommentare

Antidepressiva so gut wie Placebos

„Millionen von Menschen werden mit Antidepressiva behandelt. Neue Medikamente sollen besser wirken, weil sie neu sind und dem fortgeschrittenen Stand der Forschung enstpringen. Eine Studie hat sich die Wirkung der neuen Selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI), die auch meisten verschrieben werden, einmal näher mittels einer statistischen Auswertung vieler Studien angeschaut und kam zu dem Ergebnis, dass sie kaum besser als Placebos sind. Die Untersuchung und deren Veröffentlichung ist mutig, denn sie offenbart nicht nur eine Hilflosigkeit der modernen Medizin gegenüber der häufigsten psychischen Erkrankung, sondern könnte auch einen Markt untergraben, der den Herstellern viele Milliarden Euro eingebracht hat“ So beginnt ein interessanter Artikel im Online-Journal„Telepolis“ über eine aktuelle englische Meta-Studie zur Wirksamkeit von Anti-Depressiva, die zu dem Schluss kommt, dass SSRIs, die neuen Antidepressiva der dritten Generation, so gut wie wirkungslos sind.
Zum vollständigen Artikel…

26. Februar 2008
von Tom Levold
Keine Kommentare

Deutscher Idealismus, Autopoiese und Radikaler Konstruktivismus

Dass sich der Radikale Konstruktivismus keinem theoretischen Urknall verdankt, sondern sich ideengeschichtlich weit zurückverfolgen lässt, dürfte klar sein. Stefan Schweizer hat 2007 die philosophischen Wurzeln des Konstruktivismus bis in den deutschen Idealismus hinein (Kant, Fichte und Schelling) in einem Beitrag für die elektronische Zeitschrift„Electroneurobiología“ verfolgt:„Diese historisch-genetische Einordnung entlastet die Autopoieseaxiomatik zunächst einmal vom Vorwurf der Beliebigkeit, zugleich legt sie aber ideologisch-weltanschauliche Zusammenhänge offen. Es wird im Folgenden ausführlich belegt, dass die relevanten Axiome und Prämissen der Selbstorganisationstheorien im Deutschen Idealismus fundiert und vom Radikalen Konstruktivismus spezifiziert werden. Insofern kommt den biologisch-systemtheoretischen Selbstorganisationskonzepten von Maturana und Varela eine Scharnierstellung zu: Einerseits bauen sie auf der (v.a. erkenntnistheoretischen) Theorie und den Erkenntnissen des Deutschen Idealismus auf, andererseits bieten sie durch ihre Erkenntnisse die Grundlage für weitere philosophisch-erkenntnistheoretische Erörterungen des radikalen Konstruktivismus. In diesem Aufsatz wird nicht alleine bei dem biologisch-systemtheoretischen Modell von Maturana und Varela stehen geblieben. Vielmehr wird zugleich auf eine sozialwissenschaftliche Verwendungsweise des Modells eingegangen, welche den Anspruch erhebt theoretisch anleitend zur praktischen Gesellschaftsgestaltung zu sein“ (Abb.: Wikipedia)
Zum vollständigen Text…

25. Februar 2008
von Tom Levold
Keine Kommentare

Qualität systemisch gesehen!

Im Januar veranstaltete die Systemische Gesellschaft in Berlin eine außerordentliche Mitgliederversammlung zum Thema„Qualität“ in der systemischen Arbeit und Weiterbildung, um die Einführung von Qualitätsarbeit in die Verbandarbeit zu überprüfen. Im Anschluss an diesen gewinnbringenden Tag, der mithilfe eines Open Space eine Vielzahl von Ideen und Perspektiven hervorbrachte, haben Hans-Joachim Görges & Jürgen Hargens ein Papier zum Thema systemischer Qualität erstellt, den sie als Diskussionsbeitrag, d.h. als Einladung zur Diskussion, im systemagazin veröffentlichen.

Weiterlesen →

24. Februar 2008
von Tom Levold
Keine Kommentare

Einführung in die Systemische Paartherapie

Heute feiert in Meilen bei Zürich Rosmarie Welter-Enderlin ihren Geburtstag. Dazu sei ihr von dieser Stelle mit ganzem Herzen gratuliert! Aus gegebenem Anlass erscheint im systemagazin die Rezensionen von Tom Levold und Rudolf Sanders über ihr jüngstes Buches im Carl-Auer-Verlag, die„Einführung in die systemische Paartherapie“ am heutigen Tage: Tom Levold:„Während der Lektüre wird einem deutlich, dass es hier zwar immer um Paartherapie geht, aber immer auch noch um etwas mehr, nämlich um den Themenzyklus, für den die Person von Rosmarie Welter-Enderlin steht, und der sich auch in der Wahl der Themen für die bereits erwähnten wichtigen Kongresse in den letzten 20 Jahren niedergeschlagen hat: nämlich der Bedeutung von Lebensgeschichte und Biografie, der Chronifizierung von Problemlagen, von Ritualen und Resilienz sowie des herausragenden Stellenwerts der affektiven Kommunikation. Insofern spiegelt sich in diesem Buch nicht nur die Arbeit der Paartherapeutin Rosmarie Welter-Enderlin wieder, sondern es scheint auch in verschiedenen Facetten ihr gesamtes veröffentlichtes Lebenswerk auf, was nicht zuletzt aus diesem Grund die Lektüre dieses Buches absolut lesenswert macht, das sich aufs vorzüglichste in die augezeichnete Einführungreihe des Carl-Auer-Verlages einreiht“
Zu den vollständigen Rezensionen…

22. Februar 2008
von Tom Levold
Keine Kommentare

„… und mir hat geholfen…“

Schon vor einiger Zeit hat Jürgen Hargens einen Band im verlag modernes leben herausgegeben, der zur Aufhebung des„Schweigens der KlientInnen in der therapeutischen Literatur“ beitragen soll. In zahlreichen Beiträgen steuern systemische TherapeutInnen und ihre KlientInnen ihre Einschätzungen dazu bei, was in ihrer gemeinsamen therapeutischen Arbeit gewirkt hat. Rezensent Wolfgang Loth bemerkt:„Mit diesem Buch nun hat Hargens ein Projekt auf den Weg gebracht, in dem TherapeutInnen/BeraterInnen und die Personen, die um Hilfe nachgefragt hatten, zu Wort kommen und jeweils aus ihrer Sicht den Rahmen, den Verlauf und das Ergebnis der Arbeit beschreiben und kommentieren. Das bringt teilweise überraschende, teilweise amüsante, stets jedoch mit Sympathie und Respekt einher gehende Wendungen mit sich. (…) Das Buch trägt nicht nur dazu bei, eine Lücke in der Literatur zur Wirkung professioneller psychosozialer Hilfen zu schließen, sondern überzeugt auch durch seine durchgängig respektvolle und frische Art. Wer einen möglichst unverstellten Blick auf das Praxisgeschehen für hilfreich hält, in dem die Sicht der Hilfesuchenden und deren Bedeutung für den Erfolg der Zusammenarbeit kenntlich wird, dürfte sich mit diesem Buch sehr gut bedient fühlen“. Und Jan Mensching pflichtet bei:„Ein spannendes Buch! Ein anregendes Buch! Eine „Pflichtlektüre“ für jeden Berater und Therapeuten, da es den Respekt vor der KundIn, KlientIn oder wie auch immer stärkt!“
Zu den vollständigen Rezensionen…

21. Februar 2008
von Tom Levold
Keine Kommentare

Ludwig Reiter zum 70. Geburstag

Ludwig Reiter habe ich auf dem Zürcher Kongress 1981 kennengelernt, ganz am Rande der Tagung übrigens, beim Abendessen auf dem Zürichberg, wo das Kongressfest stattfand. Christa Hoffmann-zur Verth und Eberhard Künzel, PsychoanalytikerInnen und meine damaligen Lehrer und familientherapeutischen Teamkollegen, kannten ihn von gruppenanalytischen Seminaren und machten uns miteinander bekannt. Ich war blutiger Anfänger im familientherapeutischen Feld und konnte viele namhafte Kolleginnen und Kollegen erstmals aus der Nähe beobachten, ohne das Gefühl, selbst etwas beisteuern zu können. Gerade deswegen erinnere ich mich an ein interessantes Gespräch mit Ludwig Reiter über meine soziologische Herkunft und Perspektive – ich hatte in den 70er Jahren meine Diplom-Arbeit über Niklas Luhmann geschrieben. Von da an habe ich aufmerksam verfolgt, was Ludwig Reiter veröffentlichte – jedenfalls das, was in den deutschsprachigen Fachzeitschriften und einschlägigen Buchpublikationen zu lesen war. Und das war gewiss nicht wenig. Überrascht und erfreut war ich später, als ich bemerkte, dass auch er meine vorsichtigen publizistischen Aktivitäten registrierte, mit denen ich mich Mitte bis Ende der 80er Jahre in die Öffentlichkeit wagte. Er hatte Interesse an meinen Arbeiten über„Gewaltfamilien“, Zwangskontexte und Hilfesysteme und wir freuten uns, wenn wir uns bei Tagungen trafen, nutzten manchmal die Gelegenheit, um miteinander essen zu gehen, korrespondierten gelegentlich (bis heute) und hielten uns auf dem Laufenden, wenngleich immer mit einem gewissen Abstand, der wohl für ihn typisch ist. Als er für mich einen Vortrag in Wien über meine Kinderschutz-Arbeit organisierte, lud er mich anschließend zu einem Besuch in das Institut für Ehe- und Familientherapie in der Praterstraße ein, wo ich einige Mitglieder seines Teams (und der ÖAS) kennenlernte, mit denen ich auch heute noch freundschaftlich sehr verbunden bin. Ich habe sehr viel von Ludwig Reiter gelernt, vor allem durch Lektüre: es gibt wohl wenige Menschen mit einem solch breiten klinischen, theoretischen und praxeologischen Horizont, einer solchen Leselust und Belesenheit. Ihm verdanke ich den Zugang zu zahlreichen (eben auch internationalen) Quellen, die ich mir sonst wohl kaum erschlossen hätte. Mit zahlreichen Beiträgen haben er und seine MitarbeiterInnen ganz wesentlich zu der Weiterentwicklung„Von der Familientherapie zur Systemischen Perspektive“ beigetragen (u.a. auch durch den Sammelband mit diesem Titel). 1998 hat er sich gänzlich aus der beruflichen Arbeit zurückgezogen, wofür nicht nur gesundheitliche Gründe eine Rolle spielten und der Wunsch, sich stärker der Familie und den Künsten zu widmen, sondern auch die Tatsache, dass seine Beiträge – nicht nur in der akademischen Welt – nicht immer die Würdigung erfuhren, die ihrer Bedeutung angemessen gewesen wären: eine schon sicher erscheinende Professur in Deutschland wurde ihm unter bis heute nicht transparenten Umständen versagt. Diese Enttäuschungen leicht zu nehmen, war nicht seine Art, was wiederum in der Folge auch zu manchen Enttäuschungen und Irritationen in der systemischen Szene geführt haben mag. Leicht war der Umgang mit ihm nicht immer, da man selten wusste, was ihn wirklich bewegte. Die Ausnahmen bleiben umso besser im Gedächtnis.
Wie auch immer, Ludwig Reiter ist und bleibt ein Pionier der ersten Stunde der Familientherapie in der deutschsprachigen Region (er war Mitbegründer der 1971 gegründeten legendären„Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Familienforschung und Familientherapie AGF), der den Wandel von einem psychoanalytischen Paradigma hin zu einem systemtheoretisch fundierten Therapieansatz nicht nur gefördert, sondern auch selbst konsequent betrieben hat, ohne seine Wurzeln in der Psychoanalyse und seine schulenübergreifenden Kenntnisse zu verleugnen. Sein Beitrag für die Geschichte der Systemischen Therapie dürfte heute weithin unterschätzt sein, was sich in Zukunft hoffentlich noch einmal ändern wird.
Zu seinem Geburtstag, den er – der nicht mehr gut reisen kann – zuhause im Südschwarzwald verbringt, sei ihm herzlich an dieser Stelle gratuliert. Zu seinen Ehren bringt systemagazin in der Systemischen Bibliothek eine ausführliche Würdigung Ludwig Reiters von Kurt Ludewig, die dieser vor 10 Jahren, also 1998, anlässlich des beruflichen Abschiedes von Ludwig Reiter verfasste, die aber heute nicht weniger aktuell ist, sowie einen Aufsatz von Egbert Steiner (der mit Ludwig Reiter zahlreiche bedeutsame theoretische Texte verfasst hat) und Ludwig Reiter von 1986 über das„Verhältnis von Individuum und sozialem System“ aus der Zeitschrift„Familiendynamik“, in dem die Autoren als eine der ersten für eine Übernahme des Luhmann’schen Konzeptes sozialer Systeme in die theoretische Konzeption systemischer Therapie plädieren.

20. Februar 2008
von Tom Levold
Keine Kommentare

Deutschland wieder zweigeteilt


Nachdem die niedersächsische Abgeordnete Christel Wegner (DKP) von ihrer Fraktion „Die Linke“ ausgeschlossen worden ist, hat sich die Lage im Landtag dramatisch zugespitzt. In den frühen Morgenstunden des 20.2.2008 hat Frau Wegner in ihrem Landtagsbüro die „Bundesdeuddsche Demmokradische Rebbublik“ (BDR) ausgerufen und um das Büro eine 2,5 m hohe Mauer mit einem Wachturm und Selbstschussanlagen errichten lassen. Da noch nicht feststeht, wer zur Bevölkerung gehören wird, übernimmt Christel Wegner vorläufig selbst die Aufgaben der Vorsitzenden des Zentralkomitees der Einheitspartei, der Staatsratsvorsitzenden und der Ministerpräsidentin der neuen Republik sowie alle Ressorts der neu eingesetzten Regierung der Nationalen Einheit. Sie hob in ihrer ersten Regierungserklärung hervor, dass die Bevölkerung nicht nur begeistert auf die ersten antimperialistischen Maßnahmen der neuen Republik reagiert habe und in unverbrüchlicher Freundschaft zur Partei und ihren zahlreichen Genossen und Bündnispartnern in aller Welt stünden, sondern bereits freiwillig in allen Bereichen die Produktionsnormen erhöht hätten. Wie aus gut informierten Kreisen zu erfahren war, wurde die Mauer errichtet, um die zahlreichen Westdeutschen davon abzuhalten, in das souveräne Territorium der BDR einzudringen, um dort billig einkaufen zu gehen. Auch soll bereits ein gut funktionierender Geheimdienst (Schdaasi) installiert worden sein, um den Schutz der Bevölkerung sicherzustellen. 192-mal setzte die Regierungschefin der BDR am Mittwoch früh ihre Unterschrift unter einen Brief, in dem sie jedes Land der Welt einzeln bittet, den neuen Staat anzuerkennen. Während der amerikanische Präsident George W. Bush bereits erklärte, „die BDRler sind nun unabhängig“, beantragten Russland und China für Mittwochabend eine Sitzung des Weltsicherheitsrats. Sie wollen erreichen, dass der Schritt von der Weltgemeinschaft verurteilt wird. Der Vorstoß gilt als chancenlos, da Großbritannien und Frankreich, die ebenfalls dem Sicherheitsrat angehören, die Unabhängigkeit unterstützen. Die deutsche Regierung reagierte vorerst gelassen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier betonte die humanitäre Seite des Problems und teilte mit, dass derzeit unter dem Motto „Wandel durch Annäherung“ an einer Lösung gearbeitet werde, wie Frau Wegner trotz der Mauer ausreichend mit frischen Lebensmitteln und Gebrauchsgütern des täglichen Bedarfs versorgt werden könne. Spekalationen gehen davon aus, dass entlang der neuen Staatsgrenze im Flur des niedersächsischen Landtages ein „Checkpoint Christel“ eingerichtet werde, der dem Austausch von Informationen, Lebensmitteln, Geiseln, frischer und gebrauchter Wäsche und Fünfjahresplänen dienen soll.

19. Februar 2008
von Tom Levold
Keine Kommentare

Marktlücke geschlossen

Unter diesem Titel erreichten das systemagazin die satirischen Bemerkungen eines bekannten, aber nicht namentlich genannt werden wollenden, Kollegen über die aktuelle Problematik von Steuerhinterziehern (finden Sie heraus?):

„Der Aufschrei der Empörung in der bundesrepublikanischen Bevölkerung wegen der Steuerhinterziehung reicher Manager ist groß. Das gilt auch für die Verluste, die Banker durch hochriskante Spekulationen an der Börse mit dem Geld der Bankkunden verursacht haben. Der Schaden bewegt sich in mindestens zweistelliger Milliardenhöhe.
Doch mit Empörung oder Strafen allein kann man diesem Phänomen nicht gerecht werden, wie Psychotherapeuten wissen. Schließlich sind diese armen Manager und Banker nicht Herr ihrer selbst, sondern einfach krank. Es handelt sich eben nicht um Raffgier oder Verantwortungslosigkeit, sondern um schwerwiegende psychische Störungen, die auch im ICD 10 als solche aufgelistet werden. Wie ein Kenner der Szene, der inzwischen für mehrere Großbanken arbeitet, indem er Therapien für diese Kranken anbietet, mitteilt, lehrt ein Blick in den ICD10, worum es sich wirklich dreht. So findet sich unter der Ziffer F63 die Krankheit „abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle“, wobei auf die Banker – so dieser ungenannt bleibende Fachmann – die Ziffer F63.0 zutrifft: pathologisches Spielen, eine Störung, so der ICD 10, der „die Lebensführung der betroffenen Personen beherrscht und zum Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Werte und Verpflichtungen führt.“
Inwieweit auch das Krankheitsbild der „wahnhaften Störung“ (ICD-10, Ziffer F22.0) zu bedenken ist, lässt sich noch nicht generell sagen.
Die therapeutische Arbeit, die dieser ungenannte Kollege seit Ende Januar unbemerkt für Großbanken ausübt, zeigt nicht nur Erfolge, sondern schafft den Banken zugleich eine hohe Rendite. Statt das Milliardenbeträge verzockt werden und abgeschrieben werden müssen, erhält der Kollege eine Jahrespauschale von 2,3 Millionen Euro – die dann selbstverständlich als Kosten (Verlust) ausgewiesen werden können“

19. Februar 2008
von Tom Levold
Keine Kommentare

Ausschreibung für wissenschaftlichen Förderpreis der Systemischen Gesellschaft bis 31. Oktober 2008 verlängert


Eine der Hauptaufgaben der Systemischen Gesellschaft ist es, die interdisziplinäre Weiterentwicklung systemischer Therapie, Beratung, Supervision und Coaching fachöffentlich und gesellschaftspolitisch zu fördern und zu fordern. Aus diesem Anliegen heraus stiftet die Systemische Gesellschaft regelmäßig im Wechsel mit der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie (DGFS) einen wissenschaftlichen Förderpreis.
Der wissenschaftliche Förderpreis ist mit 3.000,- Euro dotiert.
Ziel des wissenschaftlichen Förderpreises ist es, die Relevanz systemischen Denkens für die therapeutische und beraterische Praxis deutlich zu machen und die wissenschaftliche Forschung in diesem Bereich anzuregen.
Der Förderpreis wird bevorzugt für Arbeiten vergeben, in denen empirische Forschungsdesigns entwickelt wurden, die eine mit systemischen Modellen kompatible und innovative Methodik aufweisen und sich auf praxisrelevante Themenbereiche vor allem aus Therapie, Gesundheitsversorgung, Supervision, Beratung, institutionelle Innovationsprozesse beziehen.
Der Preis ist bewusst als Förderpreis konzipiert. Das bedeutet, dass gerade auch jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler angesprochen werden, die sich im Rahmen von Diplomarbeiten, Dissertationen, Habilitationen oder anderen Projekten qualifizieren – auch im Auftrag außeruniversitärer Institutionen.
Die Arbeit sollte noch nicht beziehungsweise nicht vor dem Termin der Preisvergabe im Frühjahr 2009 veröffentlicht sein.
Die Entscheidung für die Vergabe des Preises erfolgt auf der Basis der Begutachtung durch eine Jury, die sich aus zwei Mitgliedern der Systemischen Gesellschaft und vier unabhängigen externen Gutachterinnen und Gutachtern zusammensetzt.
Die Forschungsarbeiten reichen Sie bitte bis zum 31. Oktober 2008 in dreifacher Ausführung an:

Systemische Gesellschaft e.V.
c/o Frau Dr. Karin Martens-Schmid
Waldenserstraße 2-4, Aufgang D, D-10551 Berlin

fon: +49-30-53698504
fax: +49-30-53698505
mail: info@systemische-gesellschaft.de
web: http://www. systemische-gesellschaft.de

18. Februar 2008
von Tom Levold
Keine Kommentare

Die Hummel

Wer in seiner therapeutischen oder beraterischen Arbeit gerne auf Checklisten, Karteikarten usw. zurückgreift, wird hier vielleicht fündig. Christian Tschepp und Susanne Schinagl haben im Junfermann-Verlag eine Sammlung von 99 farbenfroh gestalteten Karteikarten mit„Metaphern, die dem Leben Flügel verleihen“ herausgebracht. Nadine Reiband, die die Kartensammlung für systemagazin rezensiert hat, schreibt:„Die Autoren bezeichnen alle Beiträge als Metapher. Ob man damit dem Begriff ,Metapher‘ gerecht wird, ist eine Frage, die sich Germanisten stellen dürfen. Für den Gebrauch in Therapie und Coaching kann der Begriff vermitteln, um was es gehen soll. Auch wenn es sich um Geschichten, Anekdoten und Sprüche handelt, der Sinn ist immer derselbe: Das Gelesene nicht wörtlich zu nehmen, sondern auf seine Situation, auf das eigene Problem zu übertragen. Die eigenen grauen Zellen anzuregen, neue Wege zu denken, neue Gedanken zu gehen“
Zur vollständigen Rezension…

17. Februar 2008
von Tom Levold
Keine Kommentare

Sex und relgiöse Rechte in den USA

Dagmar Herzog, Geschichtsprofessorin am Graduate Center der City University of New York, hat einen sehr aufschlussreichen und für gerade für Europäer sehr lesenswerten Beitrag für das europäische Magazin-Projekt verfasst:„Das illegitime Kind der sexuellen Revolution. Wie die religiöse Rechte in den USA mit Sex an die Macht gelangte“. In diesem Artikel beschreibt sie den Erfolg einer homophoben, abtreibungsfeindlichen, der Jungfräulichkeit verpflichteten evangelikalen Rechten in den USA, die allerdings keinesfalls lustfeindlich, sondern in Bezug auf Sexualität auf bizarre Weise höchst widersprüchlich ist, was zu ihrem Erfolg offenkundig beiträgt. Ein Keuschheitsgürtel scheint der Bible Belt jedenfalls nicht zu sein:
„Bleibt die Frage: Warum kommt die ’Sexarbeit‘ der religiösen Rechten so gut bei den Anhängern an, aber auch – und das ist vielleicht die schwierigere aber wesentlichere Frage – warum haben Liberale keine effektiven Gegendiskurse liefern können? Warum funktioniert die rechts-religiöse Sexualpolitik? Und warum mit solch überwältigender Wucht und so vielen konkreten Konsequenzen – ob in der schulischen Aufklärung, in den Wahlergebnissen, in den Gerichtsentscheidungen oder in der Erosion der globalen HIV-Bekämpfung?
Eine erste Antwort liegt im Phänomen der„neosexuellen Revolution“, wie der deutsche Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch sie benannt hat. Für den Fall der USA würde das bedeuten, dass die religiöse Rechte die dramatischen Veränderungen in der sexuellen Landschaft begriffen hat, was für die Demokraten und ihre liberalen Ratgeber nicht gilt. Das um sich greifende Gefühl des Libidoverlustes, das Probieren von Viagra und Antidepressiva, die Angst um emotionale Öde in den intimsten Beziehungen, das Gefühl von Langeweile und Entfremdung, die Sehnsucht danach, Intensität und Stetigkeit zu kombinieren und der Frust, dass das so schwer ist, das Ansteigen der Selbstbezüglichkeit in sexuellen Interaktionen (es geht oft mehr darum, begehrtes Objekt zu sein als körperliche Lust zu suchen oder zu erleben), die Angst vor Geschlechtskrankheiten aber auch die Angst davor, einen nicht perfekten und folglich nicht begehrenswerten Körper zu haben, der unausweichliche Druck zum permanenten Voyeurismus: all das sind Faktoren, die den Erfolg des neuen lustversprechenden konservativen Redens über Sex erklären können – vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die sexuelle Revolution der sechziger und siebziger Jahre ihre Verheißungen nicht hat einlösen können.[45] Die Menschen sind darob nicht so glücklich geworden, wie sie es sich erhofft hatten oder wie es ihnen vorgegaukelt wurde.
Eine zweite Antwort ist genauso wichtig, und das ist die von der religiösen Rechten geschürte Lust an Aggression und Überlegenheitsgefühl. Man darf sich tugendhaft dünken, gerade wenn man anderen – etwa reuelosen Homosexuellen – Leid zufügt. Man darf sich mindestens überlegen fühlen, wenn man selbst kein gleichgeschlechtliches Begehren spürt. Man darf auch für die Todesstrafe sein, für das uneingeschränkte Recht auf Besitz von Schusswaffen, für die Folter und für den unprovozierten Krieg. Man darf große Lust gerade am Antiliberalismus empfinden. Man kann gegen illegale Immigranten wettern und gegen den Gebrauch von Steuergeldern für Arbeitslose, und man kann sich immer wieder am Tabubruch ergötzen gegen die politische Korrektheit. Und man kann zugleich ganz sentimental werden beim Anblick von gefrorenen Embryos aus Fertilitätskliniken – die man nun durch das von George W. Bush geförderte„Schneeflockenprojekt“ adoptieren darf.
Eine dritte Antwort schließlich ergibt sich aus dem transatlantischen Kontrast. In den USA gibt es keine Tradition des affirmativen Redens über Sex. Damit ist ein Reden über Sex gemeint, das diesen nicht grandios überbewerten und/oder hygienisch-gesundheitlich normalisieren und/oder spiritualistisch mystifizieren muss, um sexuelle Rechte zu schützen, das aber trotzdem Sex eloquent verteidigen kann – in seiner ganzen Komplexität, seiner allzu oft langweiligen Banalität, aber eben Menschen auch des Öfteren tief bewegenden Macht und Intensität“
Zum vollständigen Artikel…

17. Februar 2008
von Tom Levold
Keine Kommentare

Journal of Family Therapy 1/2008

Das erste Heft des neuen Jahrgang des britischen Journals of Family Therapy präsentiert Beiträge über lösungsorientierte Ansätze u.a. in der Arbeit mit Familien mit intellektuell stark beeinträchtigten Kindern sowie mit Fällen familialer Gewalt. Darüberhinaus befasst sich ein Aufsatz mit den Bemühungen, paartherapeutische Angebote auch für Canadian First Nations couples, also Angehörige indianischer Völker in Kanada, zugänglich zu machen. Zwei weitere Forschungbeiträge sind den Themen der Bedeutung„romantischer Bindung“ für die Beziehungszufriedenheit sowie dem Stellenwert von Eltern-Eltern-Konsultation in familientherapeutischen Behandlungsprogrammen von Magersucht gewidmet. Herausgeber Ivan Eisler macht sich in seinem ausführlichen Editorial Gedanken, wie die Stimme der Familientherapie (was hier auch als Synonym für Systemische Therapie gelesen werden kann) gestärkt werden könne. Er beklagt, dass zahlreiche erfahrene Familientherapeuten im Publikationsbereich nur wenig präsent sind, weil ihnen die (universitären) Möglichkeiten des Forschens und Schreibens nicht ohne weiteres gegeben sind. Andererseits gäbe es zahlreiche Arbeiten junger AutorInnen (meistens Dissertationen), die nicht ohne weiteres im familientherapeutischen Diskurs wahrgenommen würden. Eisler schlägt daher vor, das Prinzip der Ko-Autorenschaft ernster zu nehmen als Beitrag für eine Erweiterung der familientherapeutischen Publikationsöffentlichkeit:„We teach trainees how to express their ideas clearly in writing, but the next step, helping them to publish, is somehow missing. By far the best way of learning such skills is to start writing with an experienced published author. If a trainee completes work that is worth publishing, the best way of helping that to happen is to become a co-author. This does not mean simply adding one’s name to a paper written by the student but requires taking an active part in developing the ideas for the paper so that it is suitable for publication, helping to redraft early versions and so on. I find it strange that that this seldom happens in family therapy contexts (although it is the norm in many other fields such as clinical psychology). I have heard people express their concern that this would be encroaching on the students’ authorship rights. Both students and teachers/supervisors should recognize that inviting a senior colleague(s) to co-author a paper is a recognition that they have probably had a significant role in developing the ideas already and that reshaping the student work for publication nearly always needs someone who is able to step back and give it a fresh focus. The issue of acknowledging the central contribution of the student is of course important but is dealt with by there being a clear expectation that the student will normally be the first author of any such joint publication (…). The co-authoring of papers is not just an effective way of increasing the chance of good work getting published. It is also an important way of marking the change from a student/teacher relationship to a collaborative colleague relationship which is crucial in encouraging newly qualified family therapists in pursuing academic interests“ Vielleicht wäre das auch eine spannende Perspektive für unsere deutsche Publikationsöffentlichkeit?
Zu den vollständigen abstracts des aktuellen Heftes (der Jahrgang 2002 des Journals ist jetzt auch in der Zeitschriftendatenbank erfasst)