systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

23. September 2008
von Tom Levold
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Hypnotherapie mit Kindern und Jugendlichen

Wer mit der hypnotherapeutischen Arbeit mit Erwachsenen vertraut ist, muss sich deshalb noch lange nicht auf die Anwendung der Hypnotherapie bei Kindern und Jugendlichen verstehen. Wer einmal einen Workshop mit Siegfried Mrochen, Professor an der Universität Siegen, erlebt hat, bekommt ein Gefühl für die Unterschiede – und für die unglaubliche Fähigkeit, mit der er in die Vorstellungswelt von Kindern eintauchen und ressourcenorientiert an sie anknüpfen kann. Gemeinsam mit Karl L. Holtz aus Heidelberg, dortselbst an der Pädagogischen Hochschule als Psychologie-Professor tätig, hat er in der Reihe Carl-Auer Compact eine„Einführung in die Hypnotherapie mit Kindern und Jugendlichen“ herausgebracht. Rezensent Thomas Lindner, Leiter einer Familien-Beratungsstelle:„Angenehm ist, dass die Autoren hypnotherapeutisches Vorgehen einbetten in ein multiperspektivisches Verstehen der zu behandelnden Problematik. Dabei greifen sie auf lerntheoretische, psychodynamische, überwiegend aber systemische Sichtweisen zurück. Niemals beschränkt sich ihr Ansatz auf reine Symptombeseitigung. Der systemisch orientierte Therapeut hätte sich das Kapitel über die Arbeit mit der Familie ausführlicher gewünscht – aber er hat ja kein Lehrbuch sondern eine preiswerte ,Einführung‘ gekauft. Und die ist rundum gelungen!“
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21. September 2008
von Tom Levold
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Psychoanalyse als Theorie autopoietischer Systeme

Am 6. September habe ich an dieser Stelle auf eine Arbeit von Harald Wasser zum Verhältnis von Systemtheorie und dem Unbewussten hingewiesen. Wasser hat eine weitere bemerkenswerte Arbeit über Psychoanalyse und Systemtheorie ins Netz gestellt, die eine Zusammenfassung seiner Dissertation darstellt, die unter dem Titel„„Sinn – Erfahrung – Subjektivität. Eine Untersuchung zur Evolution von Semantiken in der Systemtheorie, der Psychoanalyse und dem Szientismus“ 1995 verfasst wurde. Das Projekt skizziert Harald Wasser folgendermaßen:„Die folgende Erörterung stellt dem zum Trotz den Versuch dar, sich der Psychoanalyse nicht mit den bekannten hermeneutischen und noch weniger mit naturwissenschaftlichen beziehungsweise kritisch-rationalistischen Argumentationsfiguren zu nähern. Statt dessen soll hier in einer kurzen, aber hoffentlich prägnanten Erörterung der Versuch skizziert werden, die Psychoanalyse als eine Theorie autopoietischer Systeme zu rekonstruieren. Dies geschieht nicht nur, um eine neue Sichtweise der Psychoanalyse zu gewinnen, sondern auch, um herauszufinden, ob es möglich ist, eine leistungsfähige systemtheoretische Theorie psychischer Systeme anbieten zu können, die von den Erkenntnissen Freuds ausgeht. Um eine Anfangsplausibilität für die folgende Rekonstruktion der Psychoanalyse herzustellen, können hier andeutungsweise vier Berührungspunkte zwischen der Freudschen und der Luhmannschen Theorie des psychischen Systems angesprochen werden: Erstens hat Freud die Psyche stets als ein System angesehen und nicht
etwa als Erlebenssphäre eines (transzendentalen oder empirischen) Subjekts, zweitens tritt bei Freud der Erfahrungsbegriff in einer Weise auf, die den Gedanken einer Autopoiesis des Erlebens von sich aus nahelegt, drittens beschrieb Freud das psychische System stets als ein Sinnsystem und viertens hat er die von ihm entworfene Theorie der Differenzierung in Subsysteme mit einer Theorie der Codierung verbunden. Im Laufe der vorliegenden Untersuchung werden sich jedoch wesentlich weitergehende Gemeinsamkeiten ergeben, Gemeinsamkeiten, die rechtfertigen sollten, von der Freudschen Psychoanalyse als von einer systemtheoretischen Psychologie sprechen zu können“
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19. September 2008
von Tom Levold
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„Vorabdruck“: Triumph des Bewusstseins

Der systemagazin-„Vorabdruck“ steht heute in Anführungszeichen, weil das Buch von Merlin Donald, das sieben Jahre nach Erscheinen der amerikanischen Originalausgabe nun endlich auch in einer (von Christoph Trunk besorgten) deutschen Übersetzung bei Klett-Cotta erschienen ist, schon seit ein paar Tagen erhältlich ist. Donald ist Professor für Psychologie und Kognitionswissenschaften in Kingston, Kanada. Seine Arbeiten stellen ganz wesentliche Beiträge zu einem nicht-reduktionistischen Verständnis des menschlichen Geistes dar, das gerade in Zeiten des um sich greifenden Neuro-Imperialismus von besonderer Bedeutung ist.„Für den Autor ist der menschliche Geist ein hybrides Produkt, in dem Materie, nämlich unser Gehirn, mit einem unsichtbaren symbolischen Gewebe, nämlich der Kultur, verwoben ist, woraus ein weit verzweigtes kognitives Netzwerk entsteht. Allein dieser hybride Charakter unseres Geistes ermöglichte es der menschlichen Spezies, die Grenzen zu überschreiten, denen die übrigen Säugetiere unterworfen sind“, heißt es im Klappentext. systemagazin freut sich, einen kurzen Auszug aus dem Buch präsentieren zu können und empfiehlt unbedingt die Lektüre. Rezension folgt.
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17. September 2008
von Tom Levold
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Systemische Akutpsychiatrie als multiprofessionelle Praxis

(DGSF, 17.9.08): Dr. Julika Zwack, Universität Heidelberg, ist in diesem Jahr Preisträgerin des mit 3000 Euro dotierten Forschungspreises der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie (DGSF). Ausgezeichnet wurde ihre Promotionsarbeit„Systemische Akutpsychiatrie als multiprofessionelle Praxis“. Die Preisträgerin hat in drei großen psychiatrischen Kliniken des SYMPA-Projektes (Systemtherapeutische Methoden in der psychiatrischen Akutversorgung) untersucht, wie sich die Arbeitssituation auf den Stationen verändert, wenn ein systemtherapeutisches Behandlungskonzept mit gemeinsamer Weiterbildung ganzer Stationsteams eingeführt wird. Die Ergebnisse zeigen, dass die Burnout-Belastung der Klinikmitarbeiter sinkt, dass sich das Teamklima auf mehreren Skalen verbessert und dass sich die Pflege als eigenständige, auch therapeutisch tätige Berufsgruppe emanzipiert. Julika Zwacks Bestandsaufnahme der veränderten Arbeitsweisen nach Abschluss der systemischen Weiterbildung macht anschaulich: Eine familien- und systemorientierte Behandlungsweise ist in psychiatrischen Kliniken der Regelversorgung gut realisierbar. Sie erleichtert und verbessert die Zusammenarbeit der psychiatrischen Fachleute mit ihren Patienten und deren Angehörigen. Julika Zwack hat Teile ihrer Ergebnisse in renommierten Fachzeitschriften veröffentlicht, unter anderem in der Zeitschrift „Psychiatrische Praxis“, in „Familiendynamik“ und im britischen „Journal of Family Therapy“. Die Preisträgerin ist Diplom-Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medizinische Psychologie des Universitätsklinikums Heidelberg. systemagazin gratuliert Julika Zwack zum Forschungspreis!
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16. September 2008
von Wolfgang Loth
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„Buddha, Wittgenstein and postmodern Therapies“

„Ratkes“, was vielleicht mit„Weiter so!“,„Das isses!“ übersetzt werden kann, ist der Name einer finnischen Vereinigung Lösungs- und Ressourcenorientierter BeraterInnen und TherapeutInnen, sowie auch der Name der Zeitschrift, die sie herausgibt. Einer ihrer produktivsten Autoren ist Tapio Malinen, der unter anderem eine Reihe von Interviews publiziert hat, so mit Michael Hoyt (hier…) oder Yvonne Dolan (hier…). Vor Kurzem nun hat Tapio Malinen einen ebenso kurzweiligen wie ernsthaften Text veröffentlicht, in dem er verbindende Muster buddhistischer Lehren, Wittgensteinscher Philosophie und postmoderner Therapieansätze beschreibt. Nachdem der buddhistische Mönch Dharmapala im Jahr 1904 in Harvard einen Vortrag über das„Nicht-Selbst“ gehalten hatte, sagte William James dem Auditorium voraus, dies sei in einem Vierteljahrhundert der Mainstream der Psychologie. Auch wenn dies nicht der Fall war, so zeigen sich mittlerweile doch einige bemerkenswerte und nachhaltige Verbindungen. In Malinens Aufsatz werden diese Verbindungen verständlich skizziert. Inwieweit solche Überlegungen passen zu der Dynamik um eine fundamentale Einbindung unserer Profession in festschreibende Rahmenbedingungen ist eine andere Frage. Sie berührt vermutlich heftig jegliche vertiefende Idee darüber, wie wir unsere Profession überhaupt verstehen wollen oder sollen (oder auch: können?). Nicht auszuschließen, dass dabei auch konstruktive Kräfte frei werden. Wie auch immer: man muss wohl keine buddhistischen Bekenntnisse ablegen, um sich von den von Malinen angebotenen Überlegungen anregen zu lassen. Zum Aufsatz, der in Ratkes Nr.3/2008 erschien, geht es hier…

16. September 2008
von Tom Levold
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Intuition in der professionellen Begegnung

In der„Zeitschrift für systemische Therapie“ 3/1999 erschien ein Aufsatz von Bernd Schmid, Joachim Hipp und Sabine Caspari mit dem obigen Titel, in dem sie sich auf einem transaktionsanalytischen Hintergrund mit dem Phänomen der Intution auseinandersetzen:„Eric Berne entwickelte das Konzept der Intuition als Instrument für Therapeuten und Berater. Verknüpft mit wirklichkeitskonstruktiven Ideen bedeutet die Nutzung von Intuition eine reiche Quelle der Selbstorganisation und -steuerung in der Beratung von Menschen und Systemen. Besonders in hochkomplexen Situationen und bei knappen Ressourcen stellt sie ein unerläßliches Medium für„Inspiration“ dar und ist damit eine Möglichkeit, in professionellen Situationen Überschaubarkeit, Handlungsfähigkeit und wechselseitige Abstimmung herzustellen. In diesem Artikel werden einige Modellüberlegungen aufgezeigt, die sinnvolle Fragestellungen für die Professionalisierung von Beratern und Trainern ergeben“.

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14. September 2008
von Tom Levold
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Humberto Maturana wird 80!

Heute feiert Humberto R. Maturana seinen 80. Geburtstag. Als einer der Begründer des Radikalen Konstruktivismus hat er in den 80er Jahren mit seinen Arbeiten einen ungeheuren Einfluss auf die epistemologische Entwicklung des systemisch-konstruktivistischen Ansatzes – nicht nur, aber ganz besonders im deutschsprachigen Raum – ausgeübt. Wie in Wikipedia zu lesen ist,„studierte (Maturana) ab 1948 Medizin an der Universidad de Chile und ab 1954 mit einem Stipendium der Rockefeller-Stiftung Biologie/Anatomie am University College in London. Dort entstand erstmals eine Theorie zur Existenz lebendiger Systeme als autonome dynamische Einheiten. Ab 1956 absolvierte er ein Promotionsstudium an der Harvard University, USA, wo er 1958 das Doktorat in Biologie abschloss. Er arbeitete bis 1960 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge (Massachusetts), USA, in einer Postdoc-Stelle an Forschungen über das Auge (blinder Fleck) hin zu erkenntnistheoretischen Fragen. 1960 erhielt er den Ruf auf den Lehrstuhl für Biologie an der Fakultät für Medizin der Universidad de Chile, Santiago de Chile. Hier erstreckten sich seine Tätigkeiten über Fragen der visuellen Perzeption, insbesondere der Farbwahrnehmung und der Unterscheidung von lebenden und nicht-lebenden Systemen. 1968 reiste er auf Einladung Heinz von Foersters nach Urbana und nahm von 1969-1970 eine Gastprofessur an der University of Illinois wahr. Von 1970-73 arbeitete er in enger Kooperation mit Francisco J. Varela in Santiago de Chile. Ab 1970 widmete er sich vor allem der Weiterentwicklung der ‚Biologie der Erkenntnis‘ und beschäftigt sich als Neurophysiologe mit erkenntnistheoretischen Problemen über den Weg der ‚Biologie des Erkennens’“
Seine Theorie der strukturdeterminierten und operativ geschlossenen lebenden Systeme, die er mit dem früh verstorbenen Francisco Varela ausgearbeitet hat, hat die konstruktivistische Epistemologie nachhaltig geprägt, vor allem sein Begriff der Autopoiese, der von Niklas Luhmann (gegen den heftigen Einspruch Maturanas) auf die Theorie sozialer Systeme übertragen und damit in einen anderen konzeptuellen Rahmen gestellt wurde.
In Deutschland hat sich vor allem Jürgen Hargens als Herausgeber der„Zeitschrift für systemische Therapie“ in den 80er Jahren um die Verbreitung des Gedankengutes von Maturana verdient gemacht. Wolfram K. Köck, der lange an der Siegener Universität gelehrt hat, hat Maturana nicht nur übersetzt, sondern auch 1983 eine der ersten Arbeiten zum Thema Konstruktivismus mit dem Titel„Erkennen = (Über-)Leben. Bemerkungen zu einer radikalen Epistemologie“ in der Zeitschrift für systemische Therapie veröffentlicht. Diese Arbeit ist anlässlich des Geburtstages von Humberto Maturana mit freundlicher Zustimmung des Autors in der Systemischen Bibliothek wieder zu lesen.
Auch Kurt Ludewig, Landsmann Maturanas, hat einen wesentlichen Anteil an der Maturana-Rezeption hierzulande, nicht nur durch seine eigenen Arbeiten, in denen er das Konzept Maturanas auf vielfältige Weise im Rahmen einer klinischen Epistemologie nutzbar machte, sondern auch durch seine Übersetzung des„Baumes der Erkenntnis“ ins Deutsche, das Maturana und Varela für ein breiteres Publikum verfassten. Kurt Ludewig hat ebenfalls in den 80er Jahren lange Gespräche mit Maturana über sein Werk und sein Leben geführt, die aber lange nur einer spanischen Publikationsöffentlichkeit zugänglich waren. Irgendwann wurden sie auch ins Deutsche übersetzt, ohne jedoch einen Verlag gefunden zu haben. 2006 erschien die von Kurt Ludewig gründlich überarbeitete deutsche Übersetzung erstmals in Gänze online im systemagazin, worauf anlässlich des Geburtstages des Jubilars noch einmal hingewiesen sei.
Wir wünschen an dieser Stelle das Allerbeste zum Geburtstag und verneigen uns vor einem großen Inspirator unserer Zunft.

13. September 2008
von Tom Levold
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100. Geburtstag von George Devereux

Heute wäre der ungarische Psychoanalytiker und Mitbegründer der„Ethnopsychoanalyse“ George Devereux (gest. 1985) 100 Jahre alt geworden. Devereux, der einer bürgerlichen ungarischen jüdischen Familie entstammte, studierte ab 1926 in Paris Physik und Chemie und absolvierte eine Lehre als Verlagsbuchhändler in Leipzig. Anschließend kehrte er nach Paris zurück, um bei Marcel Mauss Ethnologie zu studieren. Von 1933 bis 1963 lebte er in den USA, wo er nicht nur ausgedehnte Feldforschungen bei den Mohave-Indianern durchführte, sondern auch eine Ausbildung zum Psychoanalytiker absolvierte. Ab 1963 bis 1981 lehrte er – auf Vermittlung von Claude Lévi-Strauss – an der École pratique des hautes études in Paris Ethnopsychiatrie. Seine Bücher„Angst und Methode in den Verhaltenswissenschaften“ und„Ethnopsychoanalyse: die komplementaristische Methode in der Wissenschaft vom Menschen“ haben auch in Deutschland zu Recht den Status eines Klassikers erlangt und u.a. Psychiater wie Erich Wulff beeinflusst. Das Konzept der„ethnopsychischen Störung“ postuliert, dass individuelle Konflikte oder Probleme sich regelmäßig vorgefertigter kultureller Ausdrucksmuster bedienen, die nur vor dem Hintergrund der jeweiligen kulturellen symbolischen Ordnungen verstanden werden können, eine universelle Symptomsprache also nicht existiert. Amoklauf, Kindesmißhandlung, Schizophrenie etc. können als solche„ethnopsychische Störung“ konstruiert werden. Devereux‘ wichtigster Schüler, der Pariser Ethnopsychoanalytiker Tobi Nathan, hat in einem umfangreichen Aufsatz, der auf Englisch übersetzt ist, nicht nur die Grundzüge der Ethnopsychiatrie dargestellt, sondern liefert auch einen Einblick in die komplexe Persönlichkeit von George Devereux. Dessen Geburtstag könnte ein Anlass sein, sich mal wieder mit seinem Werk zu beschäftigen.
Zum vollständigen Text von Tobi Nathan…

12. September 2008
von Tom Levold
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Wie ist nicht-ontologische Theorie möglich?

In einer interessanten Seminar-Arbeit„Wie ist nicht-ontologische Theorie möglich? Konsistenzprüfung der Luhmannschen Systemtheorie“ hat sich Andreas Kirchner mit der Frage beschäftigt, inwiefern Luhmann in seiner anti-ontologischen Theoriekonzeption doch selbst auch wieder zu ontologischen Theoriefiguren Zuflucht genommen hat. In seinem Resümee heißt es:„Weil jedes System fixe, nicht weiter hinterfragbare Bezugspunkte benötigt, produziert es, quasi als Nebenprodukt seines Operierens, Ontologien. Genauso die Systemtheorie. Das macht auch verständlich, warum Angriffe von Kritikern immunisiert, das heißt in Begriffe der Systemtheorie übersetzt und von dort aus relativiert, werden. Luhmanns Systemtheorie bestimmt sich selbst einerseits als Kontingent, andererseits aber muss sie, gemäß ihrer eigenen Beschreibungen über Systemverhalten, zwangsläufig ontologisieren, muss zwangsläufig alles von ihrer systemeigenen Logik aus betrachten (denn jede Beobachtung ist Beobachtung erster Ordnung). Die Systemtheorie lernt dadurch etwas über sich selbst, nämlich: dass Soziales nur dann als System beschrieben werden kann, wenn es als System beschrieben wird. Darüber hinaus geht die Systemtheorie nicht und kann sie – wenn sie ihren Universalitätsanspruch behalten will – auch nicht gehen“
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11. September 2008
von Tom Levold
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Kennen Sie Lennart Green?

Ich liebe Kartentricks – weil ich mich gerne täuschen lasse und mich niemals auch nur ansatzweise in der Lage fühle, sie zu kapieren. Ein Magier, der aber nicht nur wundervolle Tricks beherrscht, sondern seine Zuschauer gleichzeitig mit einer pseudo-dilettantischen Präsentation in die Irre führt, um dann seine unglaubliche Virtuosität umso effektvoller in Szene zu setzen, ist Lennart Green. Wer gerade mal 32 Minuten Zeit hat, sollte sich jetzt dieses Video auf TED.com anschauen, wer nicht, sollte sich die Zeit schnellstmöglich nehmen. Viel Vergnügen!

10. September 2008
von Tom Levold
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Virginia Satir

Heute vor 20 Jahren starb Virginia Satir (Foto: Wikipedia) im Alter von 72 Jahren. Sie gehörte zu den ganz frühen Pionieren der Familientherapie. In Wikipedia ist über sie zu lesen:„Bereits kurz nach dem Collegeabschluss als Lehrerin engagierte sie sich in der Eltern-Kind-Beratung und sammelte bei ihrer Arbeit im Sozialdienst viele Erfahrungen zum Thema Familie. Berufsbegleitend absolvierte sie an der University of Chicago ein Postgraduiertenstudium in Sozialer Arbeit. Da dieser Studiengang psychoanalytisch ausgerichtet war, unterzog sie sich auch einer Ausbildung in der Psychoanalyse, einschließlich einer Lehranalyse. Im Jahr 1951 kam ihr (im Rahmen der Arbeit mit einer schizophren erkrankten Patientin) erstmals die Idee, statt Einzelpersonen ganze Familien zu therapieren. Später bemühte sie sich bei ihrer therapeutischen Arbeit regelmäßig, den Mitgliedern einer Klienten-Familie im Rahmen sog. Familienrekonstruktionen die generationsübergreifenden Muster und die Problematik innerhalb des gesamten ‚Familiensystems‘ bewusst zu machen. Sie entwickelte weiter die gruppentherapeutische Methode der Familienskulptur. 1959 wurde sie von Don D. Jackson und Jules Ruskin in das Gründungsteam des Mental Research Institute in Palo Alto bei Stanford (USA) berufen und wurde mit der Leitung der Ausbildungsabteilung des Instituts betraut. Unter ihrer Leitung entstand das erste Familientherapeutische Ausbildungsprogramm der USA. Virginia Satir war über die Vereinnahmung Ihrer Arbeit durch die Integration in die Neurolinguistische Programmierung (NLP) nicht glücklich und setzte ihre Arbeiten eigenständig fort. Ihr Gesamtwerk kennt am besten Jerry Weinberg. Er entschloss sich, nach über zehn Jahren Beschäftigung mit NLP direkt mit Virginia Satir zu arbeiten. Die letzten Jahre bis zu ihrem Tod arbeitete sie intensiv mit Jerry Weinberg und Jean McLendon zusammen. Virginia Satir lehrte das Fach Familiendynamik am Illinois State Psychiatric Institute. Ihr wurde ein Ehrendoktorat der University of Wisconsin verliehen. Sie hielt bis zu ihrem Tod im Jahr 1988 weltweit Vorträge und Kurse“
In Deutschland hatte sie viele Anhänger und beeinflusste vor allem die Mitglieder des Instituts für Familientherapie in Weinheim, die zu ihrem 10jahrigen Todestag 1998 ein sehr persönliches Themenheft von„systhema“ zu ihrem Gedenken herausgebracht haben – darin sind u.a. Beiträge von Gerhard Lenz, Arist von Schlippe, Maria Solmsen, Heidi Salm, Cornelia Tsirigotis, Insa Sparrer & Matthias Varga von Khibéd, Hans Schindler, Haja Molter, Irene Wielpütz und Gesa Jürgens zu finden.
Zum gesamten Heft als PDF geht es hier…

9. September 2008
von Tom Levold
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Kontext 3/08: Hilfe, Amtshilfe!

Das aktuelle Heft des„Kontext“ ist einem spannenden Experiment gewidmet. Im Mittelpunkt steht ein langer und ausführlicher anonymer Bericht eines Adoptivvaters, der von Experten der Jugendhilfe, Familientherapie und sozialen Arbeit kommentiert wird. Die Geschichte dieses Experimentes war keine einfache, was sich schon daran zeigt, dass der zugrundeliegende Text bereits vor zwei Jahren bei der Redaktion eingegangen ist. Im Editorial heißt es:„Es ist ein ganz aus der Perspektive eines engagierten, fachlich versierten (der Adoptivvater ist selbst Psycho- und Familientherapeut), aber zugleich durch seine Tochter und das Jugendamt sich verletzt fühlenden Vaters geschrieben –theoretisch würde man sagen: eher linear als zirkulär. Aber hier geht es um tiefe Gefühle der Kränkung, Ohnmacht, Frustration und des sich von der Umwelt im Stich gelassen Fühlens; und wie sollten diese den Nerv der Existenz treffenden Erfahrungen anders als linear zum Ausdruck gebracht werden? Die Perspektiven der anderen beteiligten Personen und Institutionen kommen kaum ins Spiel, wenn aber, dann unter der Wahrnehmungs- und Beurteilungsperspektive des Vaters. Zugleich ist der Bericht sehr selbstreflexiv angelegt – denn es handelt sich bei dem Autor um einen Fachmann; doch auch diese Selbstreflexion bezieht die Perspektive der anderen kaum mit ein. Andererseits zeigt der Bericht, mit wie viel Liebe, Engagement und Verantwortungsbewusstsein sich die Adoptiveltern um die Beziehung zu »ihrem« Kind bemühten, das schon als Baby zu ihnen kam. Wir alle waren von dem Text sehr betroffen, ambivalent in der Reaktion und
unsicher im Bezug auf die Frage : Was sollen wir mit diesem Text anfangen? Ihn einfach in einer der nächsten Ausgaben zu veröffentlichen, war unmöglich. Von seiner Länge her hätte er alle anderen Beiträge in den Hintergrund gedrängt. Aber auch die konsequente Beibehaltung der eigenen Perspektive betrachteten wir als ein Problem : Das Jugendamt erschien als »Täter«, die Eltern, hier vor allem der Vater und letztlich auch die Adoptivtochter als dessen Opfer“
Wie weiter berichtet, erwies sich nicht nur aufgrund der Anonymität des Autors (die bis heute für die Herausgeber fortbesteht) die Kommunikation mit ihm als schwierig, es war auch nicht leicht, in Frage kommende Kommentatoren zu finden. Auch ein abschließender Text des Autors kam nicht zustande. Dennoch entschieden sich die Herausgeber zur Veröffentlichung, weil„endlich einmal die die andere Seite Sozialer Arbeit, Beratung und Therapie, nämlich die Adressatenseite, zum Zuge kommt – zumindest durch die Feder eines Betroffenen, der über genügend Mut, soziale und intellektuelle Kompetenzen verfügt, um sich öffentlich zu artikulieren. Diese Seite zu hören, ernst zu nehmen, wertzuschätzen und dialogisch für den weiteren Hilfeprozess zu nutzen, auch wenn sie uns kränkt, verletzt und in unserem professionellen Selbstwert trifft, ist ja eine wesentliche Forderung an die systemische Praxis (und nicht nur an diese)“
Zu den vollständigen abstracts