systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

19. Februar 2009
von Tom Levold
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DB – Neue Spitzelaffäre um Mehdorn

Wie heute aus gut informierten Kreisen zu erfahren war, hat die Deutsche Bahn eine neue Spitzeläffäre. Neben den mittlerweile bekannt gewordenen 17 Späh-Projekten zur angeblichen Korruptionsbekämpfung, die von der Detektei Network im Auftrag der Deutschen Bahn durchgeführt worden sind, ist nun ein weiteres Projekt bekannt geworden, das der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn vor fast drei Jahren selbst in Auftrag gegeben hat. Aus den dem systemagazin vorliegenden Projektunterlagen geht hervor, dass die Detektei bei der Suche nach Elementen, die das Image und den Unternehmenswert der Deutschen Bahn massiv reduziert haben, schon früh auf eine verdächtige Person namens Hartmut Mehdorn gestoßen ist. Auf Verlangen des Vorstandsvorsitzenden wurden damals umgehend massive und vollständige Überwachungsmaßnahmen in Gang gesetzt, die unter dem Projektnamen„Achsen des Bösen“ firmierten. Da der verdächtigte Mehdorn in der Öffentlichkeit einen gewissen Ruf geltend machen und sich auch lange auf politische Verbindungen stützen konnte, soll der Vorstandsvorsitzende lange gezögert haben, Mehdorn zu entlassen, obwohl die Beweislast immer drückender wurde. Zuletzt soll Hartmut Mehdorn sogar den Vorstandsvorsitzenden mit intimen Dokumenten und Fotos erpresst haben, an ihm festzuhalten. Unter dem gegenwärtigen Druck der Öffentlichkeit zeichnet sich aber ab, dass sich der Vorsitzende der Deutschen Bahn in den nächsten Tagen von Hartmut Mehdorn trennen wird. Kritiker warnen aber bereits davor, das Amt des Vorstandsvorsitzenden eines solch bedeutsamen Unternehmens wie der Deutschen Bahn in die Hände einer Teilpersönlichkeit zu legen.

18. Februar 2009
von Tom Levold
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Helm Stierlin im Interview

Für das neue Heft der Familiendynamik hat Hans Rudi Fischer ein Gespräch mit Helm Stierlin geführt, das dankenswerterweise auch online verfügbar ist. Helm Stierlin berichtet hier von den Wurzeln der Familientherapie, die viel damit zu tun haben, dass„freche“ Menschen wie Jay Haley, John Weakland oder Paul Watzlawick relativ unbekümmert die psychoanalytischen Dogmen der Zeit ignoriert haben und damit neue Akzente setzen konnten, warnt aber auch davor, dass der Begriff„systemisch“ heute nicht mehr viel aussagt, da er inflationär eingesetzt werde. Der„Familiendynamik“ (und eigentlich uns allen) schreibt er dementsprechend ins Stammbuch:„Es sollten gerade traditionell schwierige Felder wie Psychosentherapie oder Psychosomatik auch sehr kontrovers diskutiert werden können. Dazu sollte man auch Analytiker zu Worte kommen lassen, auch gerade bei der Frage, wieviele Sitzungen in alternativen Therapieansätzen nötig erscheinen. Ich finde es wichtig, gerade konfliktbesetzte Themen von unterschiedlichen Seiten her zu beleuchten und dadurch Spannung und Kontroverse hineinzubringen. Die ‚Familiendynamik‘ sollte nicht eine Art Lehrbuch werden“.
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16. Februar 2009
von Tom Levold
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Lebendige Freiheit für eine lebendige Schule

„Machen wir uns nichts vor: Das authentische, bis zum Tode sich selbst treu bleibende Subjekt, dem Authentizität aus der heiligen Stille autonomen Entscheidens zuwächst – das gibt es nicht mehr. Die Heterogenität unserer Zeit wäre von ihm nicht mehr ausbalancierbar. Es hat sich aufgeben müssen. Die biologischen Systeme, die Bewusstseinsmaschinen und die Teilnehmer an der endlos scheinenden Kommunikation, aus der Gesellschaft besteht, oder kurz: wir Menschen – werden in Zukunft anders navigieren. Wir werden mit Unterscheidungen arbeiten, mit variablen Beobachterrollen, wir werden darum bemüht sein, Anschlüsse nicht zu verpassen und uns im Schema Variation, Selektion, Reorganisation bewegen. Die Orte, an denen wir dies tun, müssen da mithalten. Denn wer möchte sein Kind schon statt in eine Schule in ein Museum schicken, wo es gelangweilt ihm seltsam und weltfremd erscheinende Bildungsmirakel bestaunen darf, wo es Lehrer/innen aus Fleisch und Blut erlebt, deren Idealismus zwar zu häufig mit Füßen getreten wurde und deshalb längst begonnen hat, sich selbst leid zu tun, die dem Glauben an die prinzipiell mögliche Vernunftautonomie ihrer Schüler/innen jedoch irgendwann einmal Unerschütterlichkeit verordnet und ihn damit ein- für allemal blind gestellt haben – wider jede bessere Praxiserfahrung? Wenn der Schulstress jene Lehrer/innen mal eine Zeit lang in Ruhe lässt, flammt ihre Begeisterung für jenen Menschen, der in der metaphysisch angehauchten Aura erhabener Wesentlichkeit schwebt, immer wieder neu auf und ihre durch Diskrepanz dieser Vorstellung mit der Wirklichkeit nicht ausbleibende Verbitterung kann zwar immer wieder weg geschoben werden, nagt aber trotzdem insgeheim an ihren Kräften, die sie so dringend benötigten für die konstruktive Arbeit an den tatsächlich reichhaltig vorhandenen Problemen ihrer Schüler/innen“ So lautet das Fazit eines lesenwerten – weil gedankenreichen und gut geschriebenen – Artikels in der Systemischen Bibliothek von Stefan Braun, Oberstudienrat an einem Aachener Gymnasium. Er schlägt vor, darüber nachzudenken, wie eine handhabbare Idee von Freiheit unseren Schulen gut tun kann, wie lebendige Freiheit Schulen lebendiger machen kann und nähert sich dieser Aufgabe auf mäandernden Umwegen, die der Vertracktheit des Freiheitsbegriffs Rechnung tragen.
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13. Februar 2009
von Tom Levold
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Eine Psychiatrie-Erfahrene und eine Psychotherapeutin im Gespräch

Im Paranus-Verlag Neumünster erscheint dieser Tage ein Buch mit dem Titel„Wir sind weit miteinander gegangen. Eine Psychiatrie-Erfahrene und eine Psychotherapeutin im Gespräch“, in dem sich, moderiert von Fritz Bremer, Sibylle Prins, eine Psychiatrie-Erfahrene und Renate Schernus, ihre ehemalige Psychotherapeutin, über ihre gemeinsame Arbeit im Kontext der Sozialpsychiatrie unterhalten. Dabei sind aufschlussreiche Dialoge herausgekommen, die ein nachdrückliches Plädoyer für eine dialogische, partizipationsorientierte Haltung in der psychiatrischen Arbeit darstellen. systemagazin veröffentlicht als„Vorabdruck“ das dritte Kapitel, ein„Gespräch, bei dem unter anderem über Gesundheit geredet wird“.
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12. Februar 2009
von Tom Levold
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Familiendynamik 2009

33 Jahre lang hat sich das äußere Erscheinungsbild des Flaggschiffs der familientherapeutischen Zeitschriften, die „Familiendynamik“ aus dem Klett-Cotta-Verlag, nicht sonderlich verändert. Irgendwann kam ein bisschen Farbe ins Spiel, das Druckbild wurde ein wenig aufgelockert, ansonsten blieb das Layout – ähnlich wie das ihrer Schwesterzeitschrift „Psyche“ sehr stabil. Nun wurde ein „Relaunch“ der Zeitschrift schon im Herbst von den Herausgebern Ulrike Borst, Hans Rudi Fischer und Arist von Schlippe angekündigt, seit Mitte Januar ist das Heft auf dem Markt – und es hat sich eine Menge verändert. Der Nachteil zuerst: das Heft lässt sich nicht mehr so schön wie zuvor ins Regal stellen, weil die „Familiendynamik“ wie die „Psychotherapie im Dialog“, „Psychotherapeut“ und „Psychotherapie-Forum“ auf das schlankere Großformat umgestellt wurde. Das ist aber auch schon der einzige Nachteil, der als Preis für die Zunahme an Gestaltungsmöglichkeiten, Spaltensatz und besserer Lesbarkeit zu bezahlen war. Das Heft hat trotz der Formatvergrößerung einen Umfang von 120 Seiten, und wenn das zukünftig so bleibt, ist damit auch eine inhaltliche Erweiterung des Umfanges verbunden, die auch eine Herausforderung für die HerausgeberInnen darstellt.
Das Titelblatt hat erstmals einen Blickfang erhalten – zum vorliegenden Heft über „Erzählen, Erinnern, Vergessen“ ist das ein Gemälde von (na? Jawohl!) Edward Hopper, verbunden wohl mit dem Versprechen, dass die „Familiendynamik“ zukünftig mehr „für‘s Auge“ bieten möchte. Das Layout gefällt, die angestrebte Verbesserung von Übersicht und Orientierung beim Leser erweist sich als erfolgreich. Mit einer neuen Rubrik „Seiten-Blicke“ sollen über den thematischen Fokus hinaus auch Ergebnisse anderer Disziplinen daraufhin überprüft werden, ob sie den therapeutischen Blickwinkel zu erweitern in der Lage sind. In einer neuen Rubrik „Interview“ sollen Persönlichkeiten aus dem systemischen Feld portraitiert werden (das gibt es seit einem Jahr auch schon im „Kontext“), in einer weiteren neuen Rubrik („Zurück-Geschaut“) sollen systemische AutorInnen von Büchern schreiben, deren Lektüre ihre Denkweise auf eine bestimmte Art und Weise verändert hat (auch hier liegen Bezüge auf die Kontext-Rubrik „Klassiker wiedergelesen“ nahe). Weiterhin gibt es Platz für Karikaturen, „vermischte Fundstücke“ und kurze Präsentationen von Filmen, die für Systemiker von Interesse sein können. Zum gelungenen Neu-Start an dieser Stelle einen herzlichen Glückwunsch an Verlag und Herausgeber!
Was findet sich inhaltlich im neuen Heft? Konrad Grossmann, immerhin einer der wichtigsten Vertreter des narrativen Ansatzes, formuliert einen „Abschied von narrativer Therapie“, Lesley Anne Bleakney und Harald Welzer schreiben über den „Strukturwandel des Familiengedächtnisses“ und der Organisationsforscher Yiannis Gabriel nimmt zu „Geschichten und Geschichtenerzählen in Organisationen“ Stellung. „Die Geburt der Psyche in elterlichen Erzählen“ wird von B. Boothe thematisiert. Außerhalb des Themenschwerpunktes wirft Hans Rudi Fischer einen kritischen Blick auf die Hirnforschung, die Entdecker des „Bereitschaftspotentials“ Hans Helmut Kornhuber und Lüder Deecke sprechen sich als Hirnforscher engagiert für die Idee der Willensfreiheit aus, Hans Lieb schlägt vor, auf das Konstrukt der „Persönlichkeitsstörung“ zu verzichten und Alain Schmitt und Martin F. Weckenmann aus Wien präsentieren eine „Über-Sicht“ auf das Setting-Design in der systemischen Therapie mit Kindern. Darüber hinaus viele weitere interessante Kleinigkeiten.
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10. Februar 2009
von Tom Levold
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Papst: Gründung einer „Bad Church“ nicht nötig – wir sind schon eine!

Der Aktienkurs der Katholischen Kirche wird offenbar weiterhin durch Papiere, Positionen und Personen belastet, durch die die letzten Reste ihres symbolischen Kapitals entwertet werden. Um eine Abschreibungswelle zu vermeiden, fordern interne Kreise des Vatikan nun die Gründung eines kirchlichen Institutes, das die Giftanlagen übernehmen soll. Die interne Gruppe warnt vor möglichen Milliarden-Abschreibungen an Gläubigen, die der Weltkirche drohen, heißt es in mehreren Presseberichten. Deswegen wurde der Vorschlag erarbeitet, eine sogenannte Bad Church zu gründen, die der Kirche diejenigen Personen abnehmen soll, deren Aktivitäten ihren Wert in der gegenwärtigen Krise stark gedrückt haben, berichten die„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) und die„Financial Times Deutschland“ („FTD“). Die Arbeitsgruppe im Vatikan wollte sich mit Verweis auf die Vertraulichkeit ihrer Gespräche nicht äußern. Das Prinzip hinter ihrem Vorschlag: Die Kirche gibt ausfallgefährdete Problempositionen und -personen, die schwer auf den Bilanzen lasten und potentielle Gläubige abschrecken, in eine eigene Unterkirche – die„Bad Church“. Dazu könnten z.B. die Leugner des Holocaust, Anti-Semiten, Päderasten und alle diejenigen kirchlichen Würdenträger gehören, die öffentlich gegen Schwule und Lesben hetzen oder die die Abtreibung mit dem Holocaust vergleichen. Eine solche Gründung hat keinen anderen Zweck, als dafür zu sorgen, dass die auch als Gift-Assets bezeichneten Anlagen noch so viel wie möglich am Glaubensmarkt abwerfen, ohne aber die Legitimität der Mutterkirche in Frage zu stellen. Bereits in den vergangenen Wochen hatte es Diskussionen um ein solches Verwertungsinstituts gegeben, angeschoben von den angeschlagenen Landeskirchen. Der Vorschlag einer Bad Church stieß internen Informationen zufolge beim Papst allerdings auf wenig Gegenliebe. Von seinen Beratern sei argumentiert worden, durch die immerhin unfehlbaren päpstlichen Garantien für die zweifelhaften Positionen sei der Glaubenshandel bereits hinreichend abgesichert. Die Ausgliederung entwerteter Positionen und Personen in eine Bad Church sei deshalb unnötig. Auch bestehe eigentlich kein Risiko, weil der Papst mit dem Rettungsschirm bei Ausfällen immer einspringe. Doch das Misstrauen im Kirchenensektor ist geblieben. Es wird befürchtet, dass viele Bistümer noch„Giftpapiere“ in ihren Bilanzen verstecken und längst nicht alle Risiken offengelegt haben.
Mit Spannung blicken Beobachter der katholischen Kirche in diesen Tagen nach Rom. Der Papst wird den „credo“-Leitzins für Glaubenskapital nach Einschätzung von Experten erneut deutlich senken müssen. Lediglich der Umfang des Zinsschritts gilt als unsicher. Als möglich werden Zinssenkungen von 0,5 Punkten bis hin zu einem ganzen Prozentpunkt erachtet. Viele Fachleute sind überzeugt, dass in nächster Zukunft die Kirche nicht mehr in der Lage sein wird, Einnahmen von Gläubigen zu beziehen, sondern für Glaubensbekenntnisse jeder Art Bonus-Auszahlungen ausschütten muss. Auch das wäre zu verkraften, wenn nur nicht zuviele Gläubige gleichzeitig ihre angesparten Glaubenswerte auf einmal bei der Kirche auslösen wollen.

9. Februar 2009
von Tom Levold
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Personenzentrierter Ansatz und die Systemtheorie

Jürgen Kriz, einer der wichtigsten systemisch orientierten Wissenschaftler hierzulande, ist durch zahlreiche Bücher und Aufsätze bekannt geworden. Sein englisches Buch„Self-Actualization“ ist auch im systemagazin besprochen worden. Nun ist im Internet ein interessantes Interview mit ihm zu hören und zu lesen, das David Van Nuys und Charles Merrill für den„Wise Counsel Podcast“ im mentalhelp.net mit ihm geführt haben. Hier geht es ausführlich um die Erfahrungen, die Kriz mit dem personenzentrierten Ansatz nach Rogers gemacht hat, die Verbindungen, die er zwischen diesem Ansatz und den systemischen Konzepten knüpft und die Bedeutung, die systemisches Denken implizit und explizit für die Entstehung des personenzentrierten Ansatzes gehabt hat. Das Gespräch wurde über Skype aufgezeichnet und mitgeschnitten und ist in voller Länge hier zu hören. Darüber hinaus wurde das gesamte Gespräch aber auch noch transkribiert, und wer lieber liest als hört, kann das auf dieser Seite tun.

8. Februar 2009
von Tom Levold
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Darwin und die Schönheit

in der gestrigen Ausgabe der TAZ ist zum 200. Geburtsttag von Charles Darwin ein interessanter Artikel des Biologen und Philosophen Cord Riechelmann (Foto: Paul Blickle, Flickr) erschienen, der sich damit auseinandersetzt, dass sich die Selektion – und gerade die sexuelle Selektion – im Evolutionsprozess nicht zwangsläufig nach Kriterien der Fitness oder Stärke ausrichtet, sondern einem Wahlprozess verdankt, bei dem auch„ästhetische“ Momente eine Rolle spielen können:„Wenn sich nämlich die sexuellen Ornamente und ihre Träger wie auch ihre Bewerter über die Nachkommen in der Population ausbreiten können, dann liegt darin immer auch die Möglichkeit, dass das als schön Empfundene in„irgendeiner Weise zugleich ,gut‘ sei“. Und genau das ist in der aktuellen Evolutionsbiologie auch geschehen. Das Handikap der langen Federn wird als Qualitätsmerkmal interpretiert. Der Pfau sagt damit, schaut her, ich hab so gute Gene, dass ich mir selbst solche Federn leisten kann, die schwächere Kollegen reihenweise im Fuchsmagen enden lassen. Oder besonders ebenmäßige, symmetrische Gesichtszüge bei Menschen werden mit herausragender Gesundheit und Fruchtbarkeit der Träger assoziiert. Bei Darwin aber findet sich noch nichts dergleichen. Die Wahl ist bei ihm nur eine Wahl, und ein Merkmal breitet sich in der Population dann aus, wenn viele Individuen ein ähnliches Merkmal wählen und Nachkommen zur Welt bringen. Mit Stärke oder Gesundheit sind diese Merkmale bei Darwin nicht konnotiert. Und wenn man sich an seine Bemerkung über die Plan- und Regellosigkeit des Evolutionsprozesses erinnert, dann kann man aus seinen Gedanken nicht einmal schließen, dass Weibchen immer Männchen wählen müssen oder umgekehrt. Möglich bleibt alles, was sich zur Wahl anbietet. Und die Wahl trifft ein Individuum, keine Art, keine Rasse und auch kein Naturgesetz. In Darwins Konzeption kennt das Vermögen zur Wahl im sexuellen Geschehen keine normativen Vorgaben wie das Gute oder Gesunde. Die Natur verfährt ungeregelter, freier in ihrem Evolutionsprozess, als es die Gesetze der menschlichen Gesellschaften tun. Einfach auch deshalb, weil die sexuelle Selektion kein Naturgesetz ist. Sie kann, muss aber nicht stattfinden. Damit kann man auch verstehen, was Darwin für Michel Foucault so interessant machte: Aus der Evolution, wie Darwin sie dachte, lässt sich nichts anderes als eine dauernde Bewegung ableiten, kein Höher und auch kein Ziel. Entwickeln kann sich alles, und nichts bleibt, wie es ist. Das Sein der Lebewesen ist in ein Werden überführt worden, in dem Hermaphroditen genauso agieren wie Hirsche oder Pfauenhennen. Und ob sie gewählt werden oder nicht, hängt einzig vom„Geschmack“ der wählenden Individuen ab“
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7. Februar 2009
von Tom Levold
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Resilienz – Gedeihen trotz widriger Umstände

So lautete der Titel des letzten großen Kongresses, der von Rosmarie Welter-Enderlin und ihrer Gruppe aus Meilen bei Zürich an der ETH Zürich veranstaltet wurde. Corinna A. Hermann aus Bern schrieb für systemagazin einen Kongress-Bericht und im Carl-Auer-Verlag erschien (2008 bereits in 2. Auflage) ein Band mit den wichtigsten Konferenzbeträgen, herausgegeben von Rosmarie Welter-Enderlin und Bruno Hildenbrand. Rezensentin Cornelia Tsirigotis:„Das Buch und der Ansatz beinhaltet für mich sehr ermutigende Zugangswege in einer Zeit, die immer noch von der Betonung von Mängeln und Defiziten geprägt ist. Darüber hinaus hat mich der ganze Band wegen der ihm innewohnenden Wertschätzung der Kraft von Menschen, wie sie in den Fallbeispielen der AutorInnen zum Ausdruck kommen, sehr beeindruckt. Ich empfehle das Buch uneingeschränkt!“
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6. Februar 2009
von Tom Levold
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Nie wieder Vernunft

Dirk Baecker ist ein vielseitiger Mann. Er führt nicht nur als Autor auf virtuose Weise in der Zirkuskuppel – ohne Netz und doppelten Boden – Theorie-Artistik bei der Weiterentwicklung der Systemtheorie vor, sondern sorgt auch als Herausgeber in unterschiedlichen Funktionen dafür, dass die historischen Quellen der Systemtheorie zugänglich bleiben (bzw. wieder werden) und dass aktuelle systemische Debatten nicht in der kanonischen Auslegung Luhmannscher Ideen erstarren. Darüber hinaus hat er aber seit 15 Jahren immer wieder auch mit zahlreichen Beiträgen und Kolumnen für Tageszeitungen und Zeitschriften in aktuelle, tages- und kulturpolitische Diskurse eingegriffen. Die Rubrik„Sozialkunde“, unter der in der TAZ seine Bemerkungen zu den verschiedensten öffentlich verhandelten Themen erschienen, gibt seinem Sammelband„Nie wieder Vernunft“ einen passenden Untertitel. In 123 kurzen Texten erweist sich Baecker als ein Meister auch der kleinen Form, die immer für eine Überraschung oder einen plötzlichen Perspektivenwechsel gut ist. Für Rezensent Wolfgang Loth wird deutlich,„wie lebendig der Umgang mit diesem Nach-Denken sein kann, wie spannend, wie überraschend und auf eine wundersame Art nährend und kräftigend. Die Alternative zu Vernunft ist eben nicht Unvernunft, sondern das Anerkennen des Unvertrauten als Frag-Würdiges“
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5. Februar 2009
von Tom Levold
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Psychotherapie in Kuba – Eine Bitte um Spenden


Wie bekannt ist, gab es in sozialistischen Ländern die Auffassung, dass dort keine psychischen Probleme auftreten würden, da die sozialistische Grundordnung die Bedingungen für die Entstehung psychischer Probleme beseitigt habe. Diese Auffassung erschwerte es auch in Kuba, dass psychotherapeutische Verfahren Fuß fassen konnten. So gesehen ist bereits die Organisation eines internationalen psychotherapeutischen Kongresses auf Kuba ein Novum. Seit 1999 besteht eine Zusammenarbeit zwischen dem Marburger Institut für systemische Arbeitsformen, viisa, Mitgliedsinstitut der Systemischen Gesellschaft, und der psychiatrischen Abteilung des «Joaquin Albarran»-Universitätskrankenhauses in Havanna. Diese Zusammenarbeit sieht u.a. vor, dass Besuche von LehrtherapeutInnen des Marburger Instituts in Havanna und seitens der MitarbeiterInnen des «Joaquin Albarran»-Universitätskrankenhauses die Teilnahme an Tagungen in Deutschland stattfinden.
Des Weiteren sind alle 2 Jahre in Havanna gemeinsame Foren vorgesehen, die systemische Arbeitsformen zum Inhalt haben. Innerhalb dieser Foren werden auch die wissenschaftlichen Ergebnisse der Untersuchungen bekannt gemacht, die in der psychiatrischen Abteilung in Havanna durchgeführt wurden. Innerhalb der Internationalen Psychotherapietagung in Havanna findet daher auch das II. «Deutsch-Kubanische Forum für systemische Arbeitsformen» statt.
Schließlich ist bekannt, dass Kuba von den ökonomischen Verhältnissen her gesehen als 3. Welt-Land gilt (ein Arbeitnehmer verdient im Schnitt ca. 12 $/Monat, ein Universitätsprofessor ca. 36 $/Monat). Das heißt, dass die kubanischen KollegInnen die Tagung unter schwierigen finanzielle Bedingungen organisieren – so bereitet bereits die Beschaffung von Schreibutensilien große Schwierigkeiten.
systemagazin möchte die kubanischen KollegInnen unterstützen und bittet daher um Spenden auf das Sonderkonto der Familientherapeutischen Arbeitsgemeinschaft Marburg (fam) e.V. (gemeinnützig-wissenschaftlicher Verein) – Volksbank Mittelhessen Kto. BLZ 513 900 00 Kto 47393914 unter dem Stichwort: Tagung Havanna. Die gespendeten Beträge werden den Organisatoren in Havanna zugestellt und durch eine Spendenbescheinigung der (fam) e.V. bescheinigt.

4. Februar 2009
von Tom Levold
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Gefühle – wozu?

Am 19.1. wurde an dieser Stelle ein kurzer Beitrag von Jürgen Hargens zum Thema„wie geht es in lösungsorientierter Beratung/Therapie mit Gefühlen?“ in der Systemischen Bibliothek veröffentlicht, verbunden mit einer Einladung zur Diskussion. Stephan Baerwolff vom Hamburger Institut für Systemische Studien ist dieser Einladung gefolgt und schreibt u.a.:„(ich) finde, dass die systemische „Szene“ nicht allzu schnell in ein (Paul Feyerabend zugeschriebenes, von ihm aber nie so intendiertes) gleichgültiges „anything goes“ verfallen sollte. Ein respektvolles, Unterschiede anerkennendes Ringen und sich aneinander Reiben finde ich sehr anregend und hilft vielleicht, die unterschiedlichen Aspekte deutlich konturierter hervorzuheben! So möchte ich auch mein Eintreten für „etwas mehr Thematisierung von Gefühl“ und die Würdigung der Seite des Problems (gegenüber einer allzu schnellen Lösungs-Suche) verstanden wissen“ Um den Kommentar direkt auf den Ausgangstext beziehen zu können, sind nun beide Texte in einer Datei zusammengefasst.
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