22. Oktober 2009
von Tom Levold
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Das Zitat des Tages hat heute Hartwig Hansen beigesteuert:
„Für die 25. (Jubiläums)Ausgabe des Brückenschlag, der Zeitschrift für Sozialpsychiatrie, Literatur, Kunst, wählte die Redaktion den Titel Wahn Sinn Wirklichkeit, um noch einmal das Ursprungsthema dieser Jahreszeitschrift aufzugreifen und zu reflektieren, was sich im Bereich des Psychose-Verständnisses und der Behandlung von psychischen Erkrankungen in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten verändert hat. Traditionell wird dann den vielfältigen Beiträgen auch ein das Thema illustrierendes Motto vorangestellt. Diesmal entschieden sich die Herausgeber für ein Gegenüberstellung von Wahn und Vernunft:
Wahn
mittelhochdeutsch wãn ungewisse, unbegründete Ansicht, Vermutung, Meinung, Hoffnung, Erwartung, Vorstellung, Scheu. Als Ausgangsbedeutung ist (unbegründete) Erwartung, Hoffnung anzusetzen, eigentlich Gewünschtes, Ersehntes. Wahn wird seit mittelhochdeutscher Zeit in Gegensatz zu Wissen und Wahrheit gestellt. Im Frühniederhochdeutschen entwickelt sich der Sinn willkürlich zurechtgemachte, nicht der Wirklichkeit entsprechende Meinung, Vorstellung (16 Jh.), dann Selbsttäuschung, fixe Idee als krankhafte Erscheinung (18 Jh.), und Wahn gerät dadurch in die semantische Nähe von nicht verwandtem Wahn (in Wahnsinn, Wahnwitz). Aus: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, dtv, 8. Auflage, 2005
Vernunft
Ich fühlte mich bestärkt in meiner Auffassung, dass es nicht die Vernunft sein kann, von der eine Lösung für die Probleme der Menschheit zu erwarten ist. Denn schließlich ist gerade die Vernunft Ausgangspunkt eines Großteils dieser Probleme. Vielleicht sind wir selbst diese Lösung, wenn wir es nur schaffen, uns von den Fesseln vorgefertigter Gedanken zu lösen, von den Erfahrungen, von all dem, was wir zu wissen glauben, um so die Freiheit der Einbildungskraft wiederzugewinnen und unserer Fantasie Raum zur Entfaltung zu geben. Tiziano Terzani in: Noch eine Runde auf dem Karussell. Vom Leben und Sterben, S. 695/696