systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

2. Februar 2010
von Tom Levold
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Oettinger strikes back!

Oder wer? Häh? Jedenfalls ist das schöne Bewerbungs-Video von Günther Oettinger für die Stelle eines Europa-Kommissars („Englisch ist Arbeitssprache“), dessen atemraubende Performance auch im systemagazin zu bestaunen war, wegen einer angeblichen Urheberrechtsverletzung nicht mehr zu sehen. Urheberrechtsinhaber ist offensichtlich das„Center On Capitalism and Society“. Womöglich wollte es sich seine Arbeitssprache nicht so zertrümmern lassen. Andererseits ist das Video auf der website des CCS noch zu sehen (etwa ab 6:50 Min.) Und für alle, die an ihrer Arbeitssprache Englisch noch etwas feilen wollen, gibt es hier ein wunderschönes Lehrvideo:

2. Februar 2010
von Tom Levold
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Familienunternehmen (historisch)

Auf einer interessanten englischsprachigen Seite werden die ältesten Unternehmen der Welt vorgestellt – kein Wunder, dass es sich hier ausnahmlos um Familienunternehmen handelt. Aktueller Rekordinhaber ist das Hotelunternehmen Hoshi Ryokan in Japan, das im Jahre 718 gegründet wurde und mittlerweile in der 46. Generation betrieben wird. Dieser Rekord wurde von der ebenfalls japanischen Baufirma Kongo Gumi übertroffen, die bereits im Jahre 578 gegründet wurde und 2007 geschlossen wurde (in der 40. Generation – offenbar hält einen das Bauwesen länger im Berufsleben). Insgesamt findet man auf der Liste die angeblich 100 ältesten Firmen der Welt, die bis ins Gründungsjahr 1780 reicht. Allerdings sind Zweifel angebracht, ob das wirklich hinreichend recherchiert ist, denn der Verlag Vandenhoeck & Ruprecht z.B. (gegründet 1735) findet sich nicht auf der Liste,
die Sie hier nachlesen können…   

2. Februar 2010
von Tom Levold
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Noch mal Baecker…

Vor kurzem habe ich an dieser Stelle auf ein (schon länger zurückliegendes) Fernsehinterview mit Dirk Baecker hingewiesen, jetzt bin ich noch über ein interessantes Gespräch gestolpert, das Karin Fischer, meine Lieblingsredakteurin beim Deutschland-Radio, mit ihm über die Bedeutung der Medien und den gesellschaftlichen Wandel, der sich über den Gebrauch der Sprache über Schrift über den Buchdruck hin zur Computergesellschaft vollzogen hat und jeweils eigene soziale Möglichkeiten hervorbringt.
Zum Interview… 

1. Februar 2010
von Tom Levold
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Ruth Cohn gestorben

Am Samstag ist Ruth Cohn (Foto: Ruth-Cohn-Archiv Hamburg), die bedeutende Vertreterin der Humanistischen Psychologie und Begründerin des TZI-Ansatzes, im Alter von 97 Jahren in Düsseldorf gestorben. Eine Würdigung ihres Werkes, die Friedo Schulz von Thun anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde durch den Fachbereich Psychologie der Universität Hamburg vorgetragen hat, findet sich auf den Seiten des Ruth-Cohn-Archivs der Universität Hamburg. Ich habe zwei„Zitate des Tages“ ihr zu Ehren ebendort gefunden, beide aus dem Band„Es geht ums Anteilnehmen“ (Herder-Verlag, Freiburg 1993):
„Anteilnehmen gehört zu uns als Teilhabende an dieser Welt. An was und wie wir anteilnehmen, beruht auf unseren Fähigkeiten und unserer persönlichen Geschichte. Wir nehmen wahr, wir sind motiviert und wir handeln durch unsere Gefühle, Gedanken, Werte. Als Anteilnehmende antworten wir auf Geschehnisse – sind wir ver-antwort-lich. Nachrichten gibt es im Überfluß. Sie können uns bis zur Resignation überschwemmen, zum Abstellen bringen, zur Wählerapathie. Zuviel wollen oder zuwenig wollen macht ohnmächtig. Wenn ich zuviel oder zuwenig anteilnehme an zuvielen oder zuwenigen Botschaften aus meinem Körper, an Nachrichten aus der Familie oder von Freunden oder aus der großen Welt, erschlafft etwas in mir; ich kann zum Gegner meines eigenen Lebens werden. Doch ich kann mich auch als unendlich kleiner Teil der Welt ernst nehmen, wenn ich bewußt anteilnehme. Denn ich bin nicht ohnmächtig; ich kann nicht gar nichts. Ich bin nicht allmächtig, ich kann nicht alles. – Auch im Anteilnehmen und im Tun geht es ums menschliche Maß.” (S. 8 )

„Der Begriff Lebendiges Lernen impliziert den Gegensatz zum Toten Lernen, das wir aushalten müssen, weil du und ich – unsere Gesellschaft – es zulassen, daß Leben in Stunden toten Lernens oder toten Arbeitens und Stunden der Freiheit und Lebendigkeit aufgesplittert wird. Schüler werden aufgefordert, für„später im Leben“ zu lernen, um ihre Lebensberechtigung und ihren Lebensunterhalt zu verdienen, während ihr Hier-und-Jetzt-Dasein dieser Zukunft geopfert wird. Diese Trennung von Leben und Lernen ist ein grausiger kultureller Tatbestand und keine biologische Notwendigkeit. Das Baby greift nach seinen Zehen, betrachtet ein surrendes buntes Windrädchen, gibt gurgelnde Laute von sich und formt sie zu artikulierten Wörtern: es strampelt, es zappelt, es lallt – und wird wütend und schreit, wenn ihm etwas nicht gelingt. Lernen und leben sind noch ungeteilt. Dann zwingt unsere Zivilisation Kinder in ungemäße Lern- und Verhaltensformen. Wir bieten ihnen aggressive und rivalisierende, statt individuierende und kooperative Verhaltensweisen an. Was ein lebendiger Lern- und Wachstumsprozeß sein sollte, wird zu einem„Ich bin besser (schlechter) als Du“-Unternehmen, das entfremdende Motivationen einimpft und echte Lebenswerte zerstört.” (S. 13)

1. Februar 2010
von Tom Levold
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The Genesis of Complexity

Der amerikanische Mathematiker Ralph Abraham (Foto: www.ralph-abraham.org), seit 1958 Professor an der kalifornischen Universität von Santa Cruz, hat auf seiner website eine kurze und knappe Geschichte der Theorie der Komplexität in den unterschiedlichen miteinander vernetzten Disziplinen seit dem Ende des 2. Weltkrieges veröffentlicht:„The theories of complexity comprise a system of great breadth. But what is included under this umbrella? Here we attempt a portrait of complexity theory, seen through the lens of complexity theory itself. That is, we portray the subject as an evolving complex dynamical system, or social network, with bifurcations, emergent properties, and so on. This is a capsule history covering the 20th century“
Zum vollständigen Text…

31. Januar 2010
von Tom Levold
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Zitat des Tages: Stefan Weidner

„Auf die Gefahr hin, dass Sie mich für einen Übertreiber halten, muss ich Ihnen sagen, dass ich es als einen totalitären Charakterzug unserer Zeit empfinde, dass wir das Nichtverstehen nicht ertragen, dass wir ihm gegenüber keine Toleranz aufbringen, dass wir es übertünchen, verschleiern, ausrotten, wo wir nur können. Dass wir – und da sind wir Übersetzer noch die harmlosesten – aus dem Verstanden-werden-wollen, Verstanden-werden-müssen die Ideologie unserer Zeit gemacht haben, deren krasseste Auswirkung der Raubbau an allem ist, was im medialen Diskurs eventuell schwierig und nicht allgemeinverständlich daherkommt. Dass, sobald uns einer etwas mitteilt oder vorführt, was wir nicht gleich verstehen, wir dies als Affront zu deuten geneigt sind. Schalten wir den Fernseher an, und wir bekommen die ganze Welt als verstandene präsentiert. Und wenn wir das oft genug machen, wenn uns ständig alles als bereits Verstandenes vorgeführt wird, werden wir naturgemäß unleidlich gegenüber allem Unverstandenen, sei es ein Wort in einem alten Text, sei es eine Frau, die eine Kleidung trägt, die uns befremdet. Das Diktat des Verstehens reicht bis in die zwischenmenschlichen Beziehungen. Wer sein Verhalten nicht erklären kann, steht gesellschaftlich auf verlorenem Posten, und ein Freund, dem wir sagen, wir verstünden ihn einfach nicht, wird bald keiner mehr sein. Haben wir nicht, so die herrschende Logik, einen Anspruch darauf, alles zu verstehen, nachdem wir bereits so unglaublich viel verstanden haben, vom Atom bis zum Gen, vom Unbewussten bis zur Entstehung der Sterne?“ (In:„Wir wollen sofort verstehen. Zur Übersetzbarkeit des Islam“, FR vom 10.12.2009)

31. Januar 2010
von Tom Levold
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Liebe Mutti,

wir gratulieren Dir herzlich zur Verleihung des Deutschen Medienpreises 2009 (Foto: coinag.blogspot.com)! Als Menschen freuen wir uns natürlich besonders darüber, dass Du den Medienpreis bekommen hast, weil der Mensch bei Dir immer im Mittelpunkt des Denkens und Handelns steht. Und das auch noch berechenbar und verlässlich (auch wenn Du in den Medien nicht immer so gut rüberkommst). Schöner hätten wir es auch nicht formulieren können. Und Stefan Aust als Chef der Jury muss es schließlich wissen, weil er Dich so gut kennt. Wir kennen Dich ja nur aus dem Fernsehen, und deshalb können wir das ja nicht wissen (weil Du in den Medien nicht immer so gut rüberkommst). Trotzdem würden wir Dir natürlich auch den Medienpreis verleihen, denn Du hast einen echten Rekord gebrochen. 1980 hat nämlich der Gerhard Polt den Deutschen Kleinkunstpreis bekommen und einen Medienrekord aufgestellt, weil er in der ganzen Sendung nix inhaltliches gesagt hat. Das fanden damals alle total sensationell! Dabei waren das nur 10 oder 20 Minuten. Das ist ja lachhaft! Schließlich sagt Du schon 10 oder 20 Monate lang gar nichts – und das ist (bei 30 Tagen pro Monat gerechnet) immerhin das 43.200fache der Zeit. Das soll Dir erst einmal jemand nachmachen. Natürlich kommt Dir da Dein DDR-Training zugute, da hat man ja 40 Jahre lang nichts sagen dürfen, trotzdem ist an Deinem Rekord nicht zu wackeln. Eigentlich hättest Du ja, wenn es sich nicht um große Kunst handeln würde, den Kleinkunstpreis 2010 verdient. Weil es aber keinen Großkunstpreis gibt, finden wir den Medienpreis voll in Ordnung. Allerdings nur unter einer Bedingung: Wenn Du bei der Preisverleihung auch nichts sagst.
Deine Menschenskinder in diesem unseren Lande…

30. Januar 2010
von Tom Levold
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Im Getümmel der Welt. Alexander Mitscherlich – Ein Porträt

2008 wäre der bedeutendste Psychoanalytiker der jungen Bundesrepublik, Alexander Mitscherlich, 100 Jahre alt geworden. Ein guter Zeitpunkt, um eine große Biografie herauszugeben. Timo Hoyer hat das Leben Mitscherlichs auf eindrucksvolle Weise in einem wirklich großen Entwurf nachgezeichnet – ohne die ausgetretenen Pfade chronologischer Erzählanlage dabei nachzuwandern. Das Buch, das im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht erschienen ist, ist hilfreich zum Verständnis sowohl der Entwicklung Mitscherlichs als auch der unseres Landes. Wolfgang Loth hat es rezensiert und macht deutlich, warum sich die Lektüre auch für diejenigen lohnt, die sich eher auf Abstand zur Psychoanalyse halten:„manchmal habe ich beim Lesen das Wort „psychoanalytisch“ durch „systemisch“ ersetzt – und siehe da, die Schlachten von damals scheinen in neuem Gewand geschlagen zu werden, man glaubt es kaum. Beim Lesen dachte ich, wieviel Kraft es kostet, immer wieder von Neuem zu beginnen, dem Wirken des Bestehenden das Wirken des noch Vorgedachten zur Seite zur Stellen, beim Verzweifeln die „zwei“ nicht zu vergessen und daraus Spielraum zu gewinnen, also weiterzumachen, und wie notwendig das ist. Ich denke, solche Lektüre wäre sinnvoll und notwendig auch im systemischen Terrain – die Bezüge sind keine direkten, aber indirekt ungemein“
Zur vollständigen Rezension…

29. Januar 2010
von Tom Levold
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„systemisch“ am Wendepunkt?

Der Herausgeberwechsel bei der Zeitschrift für systemische Therapie von Klaus Deissler zu Cornelia Tsirigotis ist vollzogen und Anlass für eine Rückbetrachtung und Aussicht auf die Zukunft. Neben einem Interview mit dem scheidenden Herausgeber, das bereits in systemagazin zu lesen war, gibt es eine spannende Arbeit zur Frage, inwiefern der Begriff„systemisch“ überhaupt noch zur Markierung der aktuellen Diskurse um Störungswissen und Handlungsoptionen im systemischen Feld taugt oder ob es nicht an der Zeit sei, über ein wie auch immer gefasstes„systemisch-plus“ nachzudenken. Eher auf die vergangenen Diskurse bezogen ist ein Beitrag von Kurt Ludewig, der – als Brief eines„Rentners“ an die nächste Generation systemischer TherapeutInnen getarnt – seinen Entwicklungsweg reflektiert und die auf diesem Weg erarbeiteten Positionen zusammenfasst. Auch Jürgen Hargens als allererster Herausgeber der ZSTB steuert einen Beitrag bei. Neben Rezensionen wird das nun großformatige, aber auch schmale Heft von einem Tagungsbericht von Andreas Manteufel abgeschlossen.
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