systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

22. April 2010
von Tom Levold
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„Wer rechnet schon mit Führung?““

In der Zeitschrift„Organisationsentwicklung“ hat Dirk Baecker 2005 einen Aufsatz veröffentlicht, in dem er über Form und Medium der Führung in Organisationen schreibt und die Verbindung zu neueren netzwerktheoretischen Ansätzen knüpft. Das Manuskript dieses Beitrages ist im Internet veröffentlicht:„Der Knoten, den die Führung einer Organisation zugleich schnüren und lösen muss, besteht darin, dass die externen Sachverhalte, auf die sie intern verweisen muss, um interne Anschlussfragen der Entscheidungs- und Strategiefragen zu klären, immer schon intern konstruierte Sachverhalte sind. Hinzu kommt, dass die interne Konstruktion der externen Sachverhalte sich nur in der Auseinandersetzung mit der Umwelt der Organisation bewähren kann, ohne dass man je wüsste, ob man diese Umwelt zutreffend beschrieben hat und ob das, was sich bewährt, irgendetwas mit den eigenen Konstruktionen zu tun hat. Deswegen oszilliert die Führung einer Organisation zwischen Willkür und Ungewissheit, genauer noch: Sie schafft die Ungewissheit, die sie nur dank eigener Willkür bearbeiten kann, indem ihre eigene Willkür die Frage aufwirft, ob intern (Folgebereitschaft) und extern (Gelegenheiten) eine hinreichende Rechtfertigung dieser Willkür gegeben ist oder, alternativ, geschaffen werden kann. Die allgemeinste Form der Führung lässt sich danach bestimmen als Wiedereintritt der Unterscheidung zwischen Bestimmtheit und Unbestimmtheit auf der Seite der Bestimmtheit. Führung wird damit zur re-entry-Formel von Kommunikation auf der Seite der Bestimmtheit, wenn Kommunikation heißen darf, das Informations- und Mitteilungsverhalten an der Relation von Bestimmtem und Unbestimmtem zu orientieren, und wenn die Festlegung der Kommunikation auf etwas Bestimmtes als allgemeinste Form der Führung gelten darf. Diese allgemeine Form der Führung noch vor ihrer Spezifikation für organisierte oder andere Sozialsysteme lebt entscheidend, um nicht zu sagen: führend, davon, dass sie ihre eigene Festlegung im Kontext des Unbestimmten, der dazu mitgeführt werden muss, mit vorführt. Nur das ist Führung. Das schnürt den Knoten und das löst ihn“
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21. April 2010
von Tom Levold
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Wer hat R(r)echt? Konflikte im Kontext der Familie

In einem aktuellen Beitrag für die„Zeitschrift für Kindschaftsrecht und Jugendhilfe“ (2/2010) macht sich Wilhelm Rotthaus Gedanken über„Kinderrechte als Ausdruck der Beziehung des Erwachsenen zum Kind“ und und reflektiert vor diesem Hintergrund die Geschichte der Erwachsenen-Kind-Beziehung und Möglichkeiten einer neuen Erwachsenen-Kind- Beziehung ohne Dominanzanspruch des Erwachsenen. Dieser Beitrag ist auch online zu lesen. systemagazin-Leserin Dorothee Meigen-Matthes aus Bad Wildungen hat dieser Aufsatz zu eigenen Überlegungen inspiriert. Sie schreibt dazu:„Ich habe ihn einfach aus der Lust heraus geschrieben, zu diesen überaus spannenden Themen„Beziehung/Erziehung“ einen eigenen Beitrag zu leisten. Ich bin zwar nicht direkt„vom Fach“, sondern führe zusammen mit meinem Mann eine Kleintierpraxis hier in Bad Wildungen, wodurch ich mit einer Menge Menschen zusammenkomme, aber ich als Ehefrau und Mutter zweier Kinder habe ich mit diesen Themen natürlich täglich zu tun und außerdem viele Freunde, die nach dem systemischen Ansatz arbeiten, so dass wir darüber immerzu im Gespräch sind…“
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20. April 2010
von Tom Levold
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Rosmarie Welter-Enderlin: Ein Nachruf

Zum Abschied von Rosmarie Welter-Enderlin hat Bruno Hildenbrand, der seit über 20 Jahren eng mit ihr als Forscher, Lehrer in der Weiterbildung, Herausgeber mehrerer gemeinsamer Bücher und Freund der Familie verbunden war, für das systemagazin einen berührenden Nachruf verfasst, der noch einmal verdeutlicht, wie sehr die von ihr geprägte und für sie charakteristische Metapher von der Verbindung von„Wurzeln und Flügeln“ auch einen Leitfaden für das Verständnis ihres eigenen Lebenslaufes darstellt, der sich aus einer tiefen Verwurzelung in familiären Bindungen gespeist hat und bei allen Aufbrüchen in neue Welten immer auch auf die Ursprünge zurück verwies.
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19. April 2010
von Tom Levold
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Zitat des Tages: Niklas Luhmann

„Das Risiko eines Forschungsprojektes liegt vor allem darin, daß die zugrundeliegenden Hypothesen sich als verfehlt erweisen oder nicht einmal diese Feststellung mit Sicherheit getroffen werden kann. Dieses Risiko spitzt sich dramatisch zu, weil von der Wissenschaft Erzeugung neuen Wissens erwartet wird und aus genau diesem Grunde die Einschätzung des Wahrheitswertes von Neuerungen stark divergiert. Dagegen schützt man sich im typischen Falle (aber eben nicht mit Sicherheit) durch ein Forschungsdesign, das mit hoher Wahrscheinlichkeit auf alle Fälle berichtenswerte (publizierbare, karrierewirksame) Daten erzeugt. Auch kann die Widerlegung (oder belegbare Anzweifelung) bisher unbestrittenen Wissens als Forschungserfolg gelten, vor allem wenn es sich um theoretisch folgenreiches Wissen handelt. Diese Überlegungen zum wissenschaftsinternen Risikomanagement modifizieren die These, daß das Risiko wissenschaftlicher Forschung im Verfehlen der Wahrheit liegt. Wenn man aber nicht das einzelne Projekt, sondern größere Forschungszusammenhänge vor Augen hat, kann Wissenschaft nicht gut von Selbstkritik oder Falsifikation allein leben, denn das würde die dafür geeigneten Wissensvorräte zu rasch aufzehren. Im Dauerbetrieb muß immer wieder bewährbare Wahrheit erzeugt werden, und das Risiko bestimmter Forschungskomplexe oder ganzer Fachgebiete liegt darin, daß dies nicht gelingt“ (In: Soziologie des Risikos, de Gruyter, Berlin – New York 1991, S. 218).

17. April 2010
von Tom Levold
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Übergänge, Identitäten, Rituale

Ein interessantes aktuelles Heft der Familiendynamik beschäftigt sich mit der Suche nach neuen Antworten auf die alte Frage:„Wer bin ich“ und präsentiert dafür u.a. Autoren wie Heiner Keupp, Jügen Straub, Manfred Vogt und Günther Emlein. Ein längerer Aufsatz stellt einen bindungsorientierten Behandlungsansatz für Kinder drogenkranker Eltern vor. Außerdem ist die Rede, die Ernst von Glasersfeld im November 2009 in Wien anlässlich der Verleihung der Ehrenmedaille in Gold der Stadt Wien gehalten hat, zu lesen. Neben den kontinuierlichen Rubriken ist diesmal auch ein bisschen – wie schön! – Kritik an früheren Beiträgen zu finden, so kommentieren Bruno Hildenbrand und Jochen Schweitzer Arbeiten von Manfred Cierpka (mit Replik) und Günter Schiepek (ohne Replik). Es wäre schön, wenn es zukünftig wieder mehr solcher Diskussionen zu lesen gäbe.
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15. April 2010
von Tom Levold
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Rosmarie Welter-Enderlin

Heute findet in Meilen die Trauerfeier für Rosmarie Welter-Enderlin statt, die am 4.4.2010 im Alter von 75 Jahren gestorben ist. Auf dem Kongress zum 20-jährigen Jubiläum der ÖAS in Wien hielt sie 2006 einen Vortrag zum Thema„Was wir hätten aufnehmen und vertiefen können“, der auch als eine Art von Resümé oder Bilanz über ihr Wirken gelesen werden kann und der in der Systemischen Bibliothek des systemagazin nachzulesen ist. Das Original ist auf der website der ÖAS erschienen.
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14. April 2010
von Tom Levold
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Was ist eigentlich „systemisch“?

Diese Fragestellung setzt Hans Schindler in seinem Vorwort zum neuen Heft von systhema als Motto über eine Reihe sehr unterschiedlicher Beiträge von Renate Semken und Bianca Weber, Haja Molter, Rudolf Klein sowie Ilke Crone, Petra Girolstein und Susanne Quistorp, die sich um Therapeutisches Einzelwohnen, Systemisches Denken und Handeln im Jugendhilfekontext, Suizidalen Handlungen und süchtigem Trinken sowie der Frage von Führung in unsicheren Zeiten drehen. Als Zugabe gibt es ein ausführliches Interview mit Arist von Schlippe (der übrigens vorgestern 59 Jahre alt wurde) über die Potsdamer Erklärung der Systemischen Gesellschaft zu Bert Hellinger…
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13. April 2010
von Tom Levold
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From Evidence-based Medicine to Marketing-based Medicine: Evidence from Internal Industry Documents

Einem Hinweis von Michael B. Buchholz folgend, bin ich auf einem Beitrag in forum-gesundheitspolitik.de gelandet, bei dem es um Interessenabhägigkeit wissenschaftlicher Pharmastudien geht. Berichtet wird über eine Studie von Glen Spielmans und Peter Parry aus dem Jahre 2009, die interne Dokumente der Firmen AstraZeneca, Pfizer, Smith Kline Beecham (heute GlaxoSmithKline) und Eli Lilly untersucht haben, die sich auf Studien zu Arzneimitteln gegen Depressionen und Psychosen und ihre Vermarktung beziehen. In den dargestellten Beispielen nutzen die pharmazeutischen Unternehmen die wissenschaftlichen Daten für das Marketing, indem sie die Daten aus Studien marketinggerecht selektieren und interpretieren, über Publikationsfirmen in die entsprechende Form bringen lassen und in hochrangigen Fachzeitschriften platzieren. Angeboten wird auch ein Link zu dem Originalartikel der beiden Autoren, in dessen abstract es heißt:„While much excitement has been generated surrounding evidence-based medicine, internal docu- ments from the pharmaceutical industry suggest that the publicly available evidence base may not accurately represent the underlying data regarding its products. The industry and its associated medical communication firms state that publications in the medical literature primarily serve marketing interests. Suppression and spinning of negative data and ghostwriting have emerged as tools to help manage medical journal publications to best suit product sales, while disease mongering and market segmentation of physicians are also used to efficiently maximize profits. We propose that while evidence-based medicine is a noble ideal, marketing-based medicine is the current reality“

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12. April 2010
von Tom Levold
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Selbständig als gesetzlicher Betreuer

„Seit einigen Jahren steht das Betreuungsrecht im Fokus des öffentlichen Interesses. Die Berufsgruppe der gesetzlichen Betreuer wird in den Medien häufig sehr kritisch betrachtet und als eher fragwürdig in der Qualität und Zuverlässigkeit ihrer Arbeit dargestellt, insbesondere die Gruppe der sogenannten freiberuflichen gesetzlichen Betreuer. Nicht zuletzt aus diesem Grund beschäftigen sich diverse Autoren wiederholt mit der Frage der Definition von Standards für dieses Berufsfeld. Eine objektivierte Darstellung von Qualität, einhergehend mit einer eindeutigen Definition des Berufsbildes, wird in der Fachpresse und der Fachliteratur regelmäßig diskutiert. Seitens der politischen Gremien sowie der berufsständischen Organisationen beauftragte Rechtstatsachenforschungen befassen sich ebenfalls neben dem Versuch, den ständig wachsenden Betreuungsbedarf ursächlich zu erklären, immer wieder mit Standard- und Qualitätsfragen. Basierend auf diesen Gegebenheiten und der persönlichen Motivation entstand die Idee, den Beratungsbedarf von gesetzlichen Betreuern mithilfe einer empirischen Untersuchung wissenschaftlich zu erforschen“, schreibt der Autor Jens Hick in seiner Einleitung. Jürgen Wessel hat das Buch gelesen und ein Vorwort verfasst: „Das gut strukturierte und eingängig formulierte Fachbuch schließt somit eine Lücke in der langen Reihe der Fachliteratur zur gesetzlichen Betreuung. Hick liefert einer Reihe von Berufsgruppen – Betreuern, Sozialarbeitern, Beratern, Supervisoren, Coaches – in Berufsausübung und Berufsausbildung bzw. Studium ein empirisch fundiertes Grundlagenwerk, das aufgrund seiner Leitziffernsystematik, präziser Zusammenfassungen jeweils am Kapitelende und eines umfassenden Stichwortverzeichnisses ebenso als Lehr- und Lernbuch eingesetzt werden kann“
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