systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

19. Juni 2010
von Tom Levold
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Systemische Werkstatt

Das aktuelle Heft des„Kontext“ ist Themen gewidmet, die der systemischen Arbeit in Bereichen des systemischen Feldes entstammen, die nicht so häufig im Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung stehen. Die Herausgeber schreiben im Editorial:„Mit diesem Heft verlassen wir Herausgeber erfreulicherweise wieder einmal die »klassischen« oder »traditionellen« Themenbereiche systemischer Therapie und Beratung und begegnen Autoren, die in Bereichen arbeiten, die sowohl in unserer Gesellschaft als auch in der systemischen Landschaft eher als Randgruppen auftauchen. Es ist ein Heft aus der vielfältigen systemischen Werkstatt. Erstaunlich ist, wie beispielsweise in der Arbeit mit Gehörlosen oder der Hebammentätigkeit neue Formen für die systemische Therapie und Beratung erfunden und Konzepte maßgeschneidert übersetzt werden. Die Konsequenzen daraus spiegeln sich dann manchmal darin wider, dass kreative methodische Eigenkreationen entstehen, wie das Kompetenzspiel oder die Idee des Familienwappens“
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17. Juni 2010
von Tom Levold
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Eleanor Rosch über Kategorienbildung

Eleanor Rosch (Foto: buddhiststudies.berkeley.edu), die mit ihrer„Prototypentheorie“ wesentliche Beiträge zum Verständnis der Kategorienbildung beim Menschen geleistet und dieses Thema damit aus den philosophischen Logik-Diskursen herausgeführt hat, ist hierzulande am ehesten über ihre Zusammenarbeit mit Francisco Varela („Der mittlere Weg der Erkenntnis„) bekannt geworden. C. Otto Scharmer hat sie 1999 über ihr Leben, ihre Arbeit und ihre Hinwendung zum Buddhismus in einem schönen Interview befragt, das auf der website dialogonleadership.org zu lesen ist. Rosch:„categorization is one of the most basic functions of living creatures. We live in a categorized world — table, chair, male, female, democracy, monarchy — every object and event is unique, but we act towards them as members of classes. Prior to my work, categories and concepts were simply assumed, from philosophy, to be something explicit and formal, that is, to be arbitrary logical sets with defining features and clear-cut boundaries. This is what is now called the classical view of categories, which comes down from Aristotle through Locke and the British empiricists. In a nutshell it’s the idea that categories and concepts are matters of logic; they are clearly bounded sets; something either is or is not in the category. It is in the category if it has certain defining features, and if it doesn’t, then it’s outside the category. When psychologists did research on concept learning, they used artificial concepts and sets of artificial stimuli that were constructed so that they formed little micro-worlds in which those prevailing beliefs about the nature of categories were already built in. Then they’d do their learning experiments. But what they found out in terms of the nature of categories was already a foregone conclusion because that was what they had already built into it. (…) For most categories nobody would argue that there’s a clear physiological basis, and you wouldn’t expect the content of the categories to be universal. What is universal, I argued, was the structure of categories and the processes by which category systems are formed. Categories have what I called a graded structure of better and worse examples, and many categories have unclear boundaries. Categories have prototypical best examples which get formed in various ways, but for any category, absolutely any category, and for people in all cultures where this has been done, if you ask them if X or Y is a better example of their concept of Z, they will cheerfully tell you which is better, just as you did for the color red“
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16. Juni 2010
von Tom Levold
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Was soll Psychotherapie? Ein Ausblick

Wer diese Frage stellt, stellt sie kritisch und wird schnell einmal in die Reihe politisch oder bio-medizinisch motivierter Hardliner gestellt. Sich diese Frage selber – als Psychotherapeut wohl verstanden – zu stellen, ist doch eher unüblich. Sie ist ja auch solange nicht von Bedeutung, als all das, was als „Psychotherapie“ angeboten wird, auch bezahlt wird und den Lebensunterhalt von Psychotherapeuten sichert. Alles, was aktuell im Rahmen der Krankenversicherung abgerechnet wird, so könnte man zumindest schlussfolgern, ist Psychotherapie. –
Tatsächlich ist es so, dass – ähnlich wie bei der Klimafrage – die Entscheidung darüber, was Sache ist und Not tut, eher eine wirtschaftlich-politische als eine wissenschaftliche ist. Wer sich also als Anbieter öffentlich Grundsatzfragen stellt, gerät schnell in den Verdacht des „Nestbeschmutzers“ oder aber eines Verteidigers oder Anklägers von Besitzstandswahrung einer Berufsgruppe. Auch wenn im therapeutischen Kontrakt nicht immer eindeutig ist, wer wen braucht, wird damit deutlich, dass die Frage nach dem „was“, gekoppelt ist mit der Frage nach dem „wer“: Wer (Psychiater, Psychologen, Kassen, Patienten, Klienten..) soll was (Support, Beratung, Coaching, Heilung…)?
Wenn ich mir als eigenständig praktizierender Psychologe und Psychotherapeut (ausserhalb der allgemeinen Versicherungsleistungen) diese Frage stelle, dann gerade darum, weil genau diese Frage von den Experten unseres Faches, d.h. von den Praktikern, den Psychiatern und Psychologen, der Wissenschaft – Neurowissenschaft und Psychotherapieforschung gleichermassen – kaum gestellt wird.
Vieles ist in den letzten Jahren zur Wirksamkeit von Psychotherapie, darüber was Psychotherapie kann, geschrieben und auch gut bewiesen worden. Die Diagnostik psychischer Störung wird laufend differenziert, störungsspezifische Interventionen unter kontrollierten Bedingungen (neurobiologisch) beforscht und entsprechend Therapiemanuale ausgearbeitet. Mit einem Seitenblick zur Bergsteigerei könnte man mit Reinhold Messner allerdings auch für die Psychotherapie resümieren: „Es wird zuviel genagelt und zuwenig geklettert“. Und – vielleicht zum Glück – kann uns die Forschung auch morgen die Frage nicht beantworten „wann und wie das Blatt vom Baume fällt“ und … „welche Bedeutung dabei den Gärtnern zukommt“ …
Weniger bildhaft, dafür ganz konkret müssen wir uns als Psychotherapeuten aber selber Fragen stellen (lassen) wie:

  • Soll Psychotherapie künftig die Schmierflüssigkeit (z.B. als Beziehungs- und Kommunikationskompetenz) für den Aufbau von Compliance für medizinisch-psychiatrische Interventionen (inkl. Medikation) von Ärzten sein?
  • Soll Psychotherapie solange ein diversifiziertes „Übergangsangebot“ sein, bis bessere Anwendungen aus bio-medizinischer (neurobiologischer) Forschung auf dem Markt sind?
  • Soll Psychotherapie künftig die Methode der Wahl für die „einfacheren“ (?) psychischen Störungen und Krankheiten sein, und die Psychologen als Anbieter, bzw. die Psychologie als Grundlagenwissenschaft gelten?
  • Soll Psychotherapie – sozusagen als „Wellnessangebot“ für Einzelne, Paare oder Familien – effektiv und präventiv das Beziehungsklima verbessern helfen oder bei der Beantwortung der Sinnfrage des Lebens behilflich sein, um Gesundheitsvorsorge nicht selbst ernannten „Heilern“ zu überlassen?
  • Soll Psychotherapie weiterhin ausschliesslich Teil eine obligatorischen, medizinisch definierten und geregelten Grundversorgung und/oder ein freiwilliges (privatrechtlich) nach psychologisch-wissenschaftlichen Regeln definiertes Angebot zur „Selbsthilfe“ sein.

Mit solchen und ähnlichen Fragen landen wir schnell in des „Teufels Küche“ …aber, wie wir von Meister Goethe wissen, auch Dr. Faustus hat den Weg hinaus gefunden…
Eines ist klar: Psychotherapie ist weder professionelle Praxis einer exakten Wissenschaft noch konfessionelle Praxis einer religiös verstandenen Spiritualität. Psychotherapie ist primär ein Handwerk an der Schnittstelle von Medizin und Psychologie. Und wie viele gute Handwerker sind gute Psychotherapeuten, z.B. als „Beziehungs- und Prozessgestalter“ auch Kunst-Handwerker, „Kommunikationskünstler“ zum Beispiel und wirken vielleicht sogar auch spiritueller als sie selber wahrhaben wollen.
Auf die Frage „Was soll Literatur?“ antwortete der Literaturnobelpreisträger Wole Solynka: „Literatur muss rein gar nichts. Sie ist eine freie, allen praktischen Zwecken enthobene Kunst.“ Dies unterscheidet Literatur offensichtlich von Psychotherapie genauso wie beispielsweise auch von Architektur. Psychotherapie muss also genauso wie Architektur einen Leistungsnachweis erbringen. Konkret heisst dies, dass das Leistungsangebot genau umschrieben und die Qualität gesichert, d.h. auch kontrolliert werden muss. Psychotherapien sollen sich an der „Wirksamkeit und Zweckmässigkeit“, insbesondere aber an der „Wirtschaftlichkeit“ messen lassen. Dies vor allem dann und darum, weil die öffentliche Hand und die Masse der Prämienzahler diese Leistungen berappen sollen, auch wenn sich die etablierten Anbieter (oft auch zu Recht) gerne gegen alle, die kontrollieren und reglementieren wollen, und gegen alles, was ihre Autonomie einschränken könnte, zur Wehr setzen.
Die zweckgebundene Sinnfrage „Was soll Psychotherapie?“ kann heute also nur innerhalb eines von verschiedensten Interessen (Kassen, Politiker, Anbieter, Patienten) geprägten Versorgungskontextes beantwortet werden. Ganz im Gegensatz etwa zu Kunst (auch Kletterkunst) oder Religion, die sich zweckfrei – wenn selbstverständlich auch eingebunden in eine entsprechenden Markt – verstehen darf.
Wie aber steht es bei genauerem Hinsehen tatsächlich mit dem Unterschied zu Kunst oder gar Religion? Werden doch heute immer mehr Stimmen laut und Psychotherapie-Angebote sichtbar, die „Heil und Heilen“ im „Psychomarkt“ gut aufgehoben sehen. Gerade neuere Therapiemethoden wie Achtsamkeitstrainings (bspw. MBSR) zeigen, dass die Grenzen zwischen spirituellem und psychologischem Wissen fliessend sind und auch für schwere psychische Störungen durchaus etwas taugen.
Literatur (als Kunst), so Wole Solynka, soll „den Horizont des Lesers erweitern und seine Vorstellungskraft beleben“. Könnte eine Psychotherapie, jenseits des (somatisch) medizinischen Standardmodells, aber auch jenseits einer Happiness- und Wellnesskultur, sich von dieser Offenheit und Vision in der Kunst nicht etwas inspirieren lassen?
Wagen wir also – an der Schwelle eines neuen Jahrzehnts – einen visionären Blick:
Auch künftig werden der gesellschaftliche Wandel, wirtschaftliche und andere Krisen vor der menschlichen Psyche nicht halt machen. Stress (als Distress), heute als eine der Ursachen von Burnout, wird Einzelne, Paare und Familien belasten. Die Belastungen werden sich verändern, Störungen und Störungsbilder werden zunehmen. Psychotherapie (nicht aber Psychopathologie/Psychiatrie) wird sich künftig vielleicht weniger störungsspezifisch differenzieren und definieren müssen, sondern sich zunehmend an allgemeinen Wirkprinzipien, Beziehungsvariablen, Veränderungstheorien orientieren. Salutogenetische, an der Selbstorganisationsforschung orientierte Theorien werden helfen, therapeutische Prozesse anzuregen und in enger Kooperation mit Klienten/Patienten zu gestalten. Diesem Wandel in der Psychotherapie muss auch die Rolle des Psychotherapeuten angepasst und neu definiert werden.
Vielleicht erhält Psychotherapie, sozusagen in alter Tradition, zunehmend ein neues Verständnis im Sinne von Lebenskunst. Medizinisches, vor allem aber psychologisches Wissen im Bereich Psychotherapie stellt sich damit, bewusst oder unbewusst, neu in einen (alten) Rahmen von Lebenserfahrung, Lebenskunst, Lebensweisheit. Dies wissen alle KollegInnen – welcher Th
erapieschule auch immer zugehörig – die über Jahre mit psychisch leidenden Menschen zusammenarbeiten, ihre eigene Arbeit mit Patienten und Klienten kritisch auswerten und ehrlich bilanzieren.
Psychotherapie als Profession würde sich künftig verstärkt jenseits des medizinischen Standardmodells und jenseits einer verkürzten evidence based Wissenschaftlichkeit neu positionieren können. Gerade Menschen in Krise, Einzelnen, Paaren und oft ganze Familien, die seit Jahren psychisch leiden, fehlt oft die (professionelle) Zuwendung. Innere Leere (Angst, Depression usw.) sucht Resonanz, d.h. ein kritisches und kompetentes „Gegenüber“ mit dem zusammen sich „der Horizont erweitert, die Vorstellungskraft belebt“ (W.Solynka) und oft auch letzte Fragen nach dem Sinn des Lebens konkretisiert werden können. Währenddem Gottesdienste neuerdings auch auf Skipisten stattfinden, haben Psychotherapien (und oft auch Psychotherapeuten) schon längst am Familientisch Platz genommen und in Schlafzimmern Einzug gehalten…
Psychotherapie müsste, in Abgrenzung zur Psychiatrie, neu definiert und finanziert werden. Neue Versicherungsmodelle müssten geschaffen werden. Dies nicht nur um die Prämienkosten zu senken, und die Psychologen auf gleicher Augenhöhe mit den Ärzten an den Futternapf zu lassen, sondern um die Selbstheilungskräfte der Patienten (nicht zuletzt durch ihre finanzielle Mitverantwortung) mit zu konzeptualisieren. Nicht das Gespenst einer „Unterversorgung oder Zweiklassenmedizin“ würde Realität, sondern Psychotherapien (wohl verstanden in Abgrenzung zur Psychiatrie) würden sich mit Bestimmtheit so wesentlich verkürzen. Ein bisher auch eher tabuisiertes Thema wie die „Übertherapierung“ könnte über die Psychotherapieforschung hinaus neu und kritisch diskutiert werden.
Psychotherapie würde damit ihren Status als Stiefkind der Familie Medizin nicht immer wieder verteidigen müssen, sondern künftig in einer (modernen), gleichberechtigten Patchworkfamilie (Psychologen und Psychiater) weiter wachsen können, oder um es abschliessend ganz pragmatisch-praktisch mit den Worten eines lieben Kollegen, systemisch orientierter Arzt und Psychologe, zu sagen:
„Der systemische Psychotherapeut ist nicht länger Archäologe, der nach dem vermeintlich vorhandenen aber gut zugeschütteten Schatz sucht, mit dem Ziel echtes Gold zu finden. Er ist eher ein Erfinder, ein Tüftler, der versucht, mit unscheinbaren Kupferdrähten, Röhren und allerlei anderem, mehr unedlem als edlem Metall, einen halbwegs brauchbaren Radioempfänger zu basteln.“ (A.Retzer, Passagen, 2002) …und wenn es daraus dann (neu) zu tönen oder gar zu klingen beginnt, lässt sich die Frage, was Psychotherapie soll – wenn auch nicht erklären – so doch erfahren.

Martin Rufer, lic.phil, Psychologe und Psychotherapeut FSP, in freier Praxis in Bern (CH) seit 1990, Jahrgang 1949, Geschäftsleitung des Zentrums für Systemische Therapie und Beratung (ZSB)

15. Juni 2010
von Tom Levold
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Gisal Wnuk-Gette zum 70.

Bereits im Januar ist Gisal Wnuk-Gette 70 Jahre alt geworden. Am letzten Wochenende feierte sie ihren Geburtstag mit einer schönen Tagung im oberschwäbischen Rot and der Rot zwischen Biberach und Memmingen, zu der unter dem Motto„Das Leben systemisch leben“ als Gratulanten und Mitwirkende u.a. Kurt Ludewig, Wilhelm Rotthaus, Friedebert Kröger, Jochen Schweitzer, Eia Asen, Anni Michelmann, Eva Strasser, Kathrin Löschner, Annette Quentin und Tom Levold erschienen waren. systemagazin wünscht nachträglich zum Geburtstag alles Gute…

14. Juni 2010
von Tom Levold
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systeme 1/2010

Fabian Ramseyer hat im Juni 2009 auf der Mitgliederversammlung der Systemischen Gesellschaft den Forschungspreis der SG erhalten. Über seine brillante Forschungsarbeit zur„Nonverbalen Synchronisation in der Psychotherapie“, die er an der Universität Bern durchführte, kann man (und sollte man!) sich im aktuellen Heft der systeme ein Bild machen, weil sie zeigt, wie man auf intelligente Weise qalitative und quantitative Konzepte in der Psychotherapieforschung vereinigen kann und zu hochrelevanten Ergebnissen kommt:„Sowohl in einer randomisierten Stichprobe als auch auf der Ebene eines Einzelfalls war nonverbale Synchronisation mit diversen Ergebnismaßen der Psychotherapien positiv assoziiert: Sitzungen, die von den Beteiligten eine positive Einschätzung bezüglich der Beziehungsqualität erhielten, zeichneten sich durch hohe Synchronisation aus. Dasselbe galt für Therapien mit einer erfolgreichen Symptomreduktion“. Darüber hinaus findet sich ein Beitrag von Matthias Vogt über„Mächtige Jugendliche – ohnmächtige Eltern?“ sowie ein Praxisbericht aus Österreich (RobertKoch, Annette Gehart & Christine Karrer) über ein systemisch orientiertes Ausbildungsverfahren der Bodenarbeit mit Pferden.
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11. Juni 2010
von Tom Levold
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Fußball als angewandte Lösungsorientierung

Heute beginnt in Südafrika die Fußball-WM. Schon im vergangenen Jahr ist im Carl-Auer-Verlag das Buch zum Film erschienen, herausgegeben von Fritz B. Simon:„Vor dem Spiel ist nach dem Spiel. Systemische Aspekte des Fußballs“. Darin findet sich ein Gespräch zwischen dem ehemaligen deutschen Nationaltorhüter, Oliver Kahn, und Thomas Hegemann, Münchener Psychiater und Systemischer Therapeut, der das„Ich schaff’s“-Programm von Ben Furman in Deutschland eingeführt hat und der mit Oliver Kahn gemeinsame Erfahrungen in der Arbeit mit Jugendlichen gemacht hat. Das Gespräch kann mit freundlicher Zustimmung des Verlages in der Systemischen Bibliothek des systemagazin gelesen werden,
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10. Juni 2010
von Tom Levold
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Story Dealer – ein Vorschlag zur Selbstbeschreibung von Psychotherapeut/inn/en

Im Jahr 2001 hat Peter Kaimer vom Lehrstuhl für klinische Psychologie an der Universität Bamberg einen Aufsatz über Psychotherapie als Story Dealing verfasst:„Ich habe mich beim Titel für diesen Aufsatz von Hans Geißlingers ‘Story Dealer AG’ (Geißlinger, 1992) anregen lassen. Diese Gruppe konnte im Rahmen ihrer Kinder- und Jugendlichenfreizeiten aber auch im Rahmen von Aktionen mit Erwachsenen anschaulich zeigen, dass Wirklichkeit in hohem Maße ein sozial erzeugtes – oder erfundenes – Produkt ist, an dem wir alle schöpfend oder erzählend – und damit auch wieder individuell konstruierend – teilhaben. Bei einer organisierten Freizeit sind wir üblicherweise gewohnt, diese als eine Veranstaltung zu sehen, welche von Leuten geplant und Schritt für Schritt “durchgeführt” wird. Aktive Planer auf der einen Seite – mehr oder minder passive Konsumenten auf der anderen. Die Beschreibungen der ‘Story Dealer’ verhindern schon durch die Art der Darstellung eine solche Perspektive. Nicht nur stellen sie den Charakter der sich entfaltenden Wirklichkeit des Abenteuerurlaubs als einen kooperativen (wenngleich oft recht unbewussten) Prozess zwischen Anbietern und Konsumenten heraus. Sie arbeiten zusätzlich typische Muster dieser Entfaltung sorgfältig heraus und lassen so ein griffiges Bild davon entstehen, was planbar und was nicht planbar ist: Dieser Prozess wird von ihnen als Wechselspiel zwischen Deutungsangeboten und gezielten Irritationen einerseits, Reaktionen auf Zufälligkeiten und Verstärkung einmal eingetretener Eigendynamiken andererseits gesehen und beschrieben (…). Ich sehe Therapie als einen ähnlichen Prozess: als eine Entwicklung des gemeinsamen Findens, Erfindens, Irritierens und Bedeutung-Zuweisens; als ein Phänomen, für welches eine Beschreibung, die das Moment der Kontrolle der Therapeut/inn/en betont, eher unangemessen ist, sondern welches in hohem Maße als kollaborativ anzusehen ist, auch wenn die Lesegewohnheiten vermittelt über unsere Lehrbücher ein anderes Bild suggerieren. Welche Faktoren und Wendepunkte dabei bedeutsam sind, will ich im Folgenden darstellen. Allerdings erhebe ich nicht den Anspruch einer hinreichenden Systematik. Mein Anspruch geht eher – wie übrigens u.a. auch in meinen Therapien – in Richtung einer in sich stimmigen, im besten Falle gut erzählten Geschichte. Mit all den Folgen, welche solche Geschichten wiederum haben können…“
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9. Juni 2010
von Tom Levold
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Zitat des Tages: Philippe Rochat

„Both shame and guilt are oriented toward how others perceive us, how others might form negative impressions and judgments that could lead to rejection and ostracism. However, at a psychological level, shame and guilt are associated with different mental constructs regarding what causes the ill feeling, the actual locus of control of such feelings. In guilt, the locus is the self. Ills and wrongs are perceived and represented as being caused by and originating from within. In shame, the causes are construed as entering from ‚without‘, outside the individual. Typically, we experience shame as ‚befalling‘ us. It is inflicted by a situation we are placed in, not because we committed a specific act causing the situation“ (In: Others in Mind. Social Origins of Self-Consciousness. Cambridge University Press, 2009, S. 125).

8. Juni 2010
von Tom Levold
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Posttraumatisches Stress-Syndrom und narrativ-konstruktive Therapie

Der folgende Beitrag ist die Zusammenfassung eines Gesprächs zwischen Donald Meichenbaum und Michael F. Hoyt, das am 4. Mai 1994 in San Francisco stattfand, wo Meichenbaum im Auftrag des Instituts für Behavioral Healthcare ein zwei-tägiges Seminar mit dem Thema „Die Behandlung von Patienten mit PTSD (Posttraumatisches Streßsyndrom)” leitete. Das ganze Gespräch ist in dem Buch„Constructive Therapies“, Band 2, herausgegeben von Michael F. Hoyt, abgedruckt (Guilford, New York). Die hier vorliegende Fassung wurde dem behavior.net/ im Internet entnommen und erschien in systhema 2/1996, S. 6-19. Seinen Ansatz beschreibt Meichenbaum folgendermaßen:„ Die Metaphern, die meinen therapeutischen Ansatz beschreiben, beinhalten z.B. ‚neu-schreiben‘ (rescripting), ‚die Geschichte neu erfinden‘ (reauthoring) und den Klienten dabei behilflich zu sein, quasi wie ein Coach. Ich nehme ihre Geschichten nicht nur einfach auf, sondern ich helfe ihnen, ihre persönlichen Geschichten zu ändern. Eine zweite Methode ist, ihnen zu helfen, kleine ‚persönliche Experimente‘ in der Gegen- wart auszuprobieren, die ihnen ‚Daten‘ liefern, die sie wiederum nutzen können, um ihre feste Meinung über sich selbst und die Welt etwas aufzulockern. Die Ergebnisse dieser fortlaufenden Experimente, die sowohl in der Therapie als auch außerhalb stattfinden, geben dann die Basis, auf der die Klientin eine neue Geschichte entwickeln kann. Dieser co-konstruktive Prozeß entwickelt sich aus diesen bedeutsamen neuen Erfahrungen der Klientin. Was den Blick auf die ‚Stärken‘ angeht, helfe ich Menschen mit PTSD, wertzu- schätzen, daß ihre intrusiven Gedanken, Überaufmerksamkeit, Verleugnung, Dissoziation, dichotomes Denken, Wutanfälle, alles Bewältigungsversuche sind. Metaphorisch gesagt spiegeln sie die ‚Weisheit ihres Körpers‘. Intrusive Gedanken können zum Beispiel einen Versuch darstellen, verstehen zu wollen, was passiert ist, und so die ‚Geschichte abzu- schließen‘ und die ‚Warum-Frage‘ zu beantworten. Das Verleugnen könnte eine Methode sein, den Streß in kleinere Portionen aufzuteilen, damit Stück für Stück klarzukommen und sich selbst dabei ‚time-out‘ zu geben. Überaufmerksamkeit kann man als eine Art ständiger Wache betrachten, auch wenn dieser Wächter nicht mehr nötig ist. In anderen Worten, das Problem ist nicht buchstäblich, daß die Menschen nervös, wütend oder depressiv werden, das sind ja natürliche menschliche Gefühle. Es ist das, was der Mensch sich selber über diese Zustände sagt, was problematisch ist“
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6. Juni 2010
von Tom Levold
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Zitat des Tages: Dietrich Dörner

„Die Unterscheidung von positiven und negativen Zielen mag akademisch klingen, sie ist aber wichtig. In dem einen Fall, nämlich beim positiven Ziel, will ich etwas Bestimmtes erreichen. In dem anderen Fall will ich, daß etwas nicht mehr der Fall ist. Damit aber ist das, was ich eigentlich will, zunächst einmal weniger genau festgelegt als im Fall des positiven Ziels. Vermeidungsziele (also negative Ziele) sind daher oft recht global definiert: «irgendwie» soll es anders werden; auf alle Fälle ist der jetzige Zustand unerträglich. Auch positive Ziele können global definiert sein: «Ich brauch irgendwas zu essen» zum Beispiel. Aber es liegt in der Logik des «nicht», daß dies bei negativen Zielen häufiger der Fall ist. Ein «Nicht-Ofen» oder ein «Nicht-Stuhl» ist als Objekt weniger genau festgelegt als ein «Ofen» oder ein «Stuhl». Und so ist auch das, was man anstreben sollte, um einen unerwünschten Zustand nicht zu haben, zu vermeiden oder zu verhindern, gewöhnlich globaler als das, was man anstrebt, wenn man etwas Bestimmtes haben will. «Ob es besser wird, wenn es anders wird, weiß ich nicht, daß es aber anders werden muß, wenn es besser werden soll, weiß ich!» – Dieser Ausspruch Lichtenbergs enthält den Hinweis auf die Unbestimmtheit eines negativen Zielzustandes und zugleich eine Mahnung zur Vorsicht beim Umgang mit solchen Zielen“ („Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen, Rowohlt Taschenbuch [rororo science], Reinbek b. Hamburg 1992, S. 75f.)

5. Juni 2010
von Tom Levold
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Die Öffentlichkeit der Beratung – Zur Prominenz des Unternehmensberaters Roland Berger

In einem Beitrag für den von Ronald Hitzler und Stefan Hornbostel herausgegebenen Band„Elitenmacht“ (Leske + Budrich, 2004) hat Achim Brosziewski, Soziologie-Professor an der Universität St. Gallen, die Wirkung untersucht, die ein Unternehmensberater wie z.B. Roland Berger entfachen kann. Seine These:„Das Geheimnis der Beratung ist ihre Öffentlichkeit. Die Prominenz eines Unternehmensberaters wie die des Roland Berger ist dabei weder notwendige Bedingung noch zwangsläufiges Resultat einer erfolgreichen Beratungspraxis. Sie ist vielmehr Symptom und Symbol für die Bedeutung, die die Kommunikationsform der Beratung in der modernen Gesellschaft gewonnen hat, und die durch einen sehr merkwürdigen Zusammenhang von intensiver, vertrauensabhängiger Kommunikation im Einzelfall sowie ihrer extensiven, allgemeinverbindlichen Präsenz in der Öffentlichkeit beeindruckt. Dieser Zusammenhang, in dem Roland Berger als Person wie als Unternehmensleiter sehr erfolgreich wirkt, soll in der nachfolgenden Studie ein wenig ausgeleuchtet werden“ Der Text ist auf der Seite sozialarbeit.ch nachzulesen – und hier geht es
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3. Juni 2010
von Tom Levold
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Ulrike Brandenburg (17.4.1954 – 24.5.2010) – Ein Nachruf

Ulrich Clement, den eine lange Arbeits- und Freundschaftsbeziehung mit Ulrike Brandenburg verbandt, hat für das systemagazin einen Nachruf verfasst:„Es gibt nur wenige Menschen, die all das in einer Person vereinen, was sie ausgemacht hat. Ulrike Brandenburg war so ein Mensch. Klugheit, Empathie, Schönheit und Menschlichkeit verband sie mit einer ungeheuren Lebensfreude. … Sie hat sich bis zuletzt gefreut, ein gutes Leben zu haben – und das Leben hat sich an ihr gefreut“
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2. Juni 2010
von Tom Levold
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Scham- und Schuldgefühle im Schwangerschaftskonflikt

Andreas Rothkegel ist Gestalttherapeut mit systemischer Ausbildung und arbeitet als Berater in der ProFamilia-Beratungsstelle Köln. Für den Jahresbericht der Stelle hat er einen sehr lesenswerten Aufsatz über Scham- und Schuldgefühle im Schwangerschaftskonflikt verfasst, der in der Systemischen Bibliothek des systemagazin einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wird:„In einem Schwangerschaftskonflikt nehmen Scham- und Schuldgefühle für viele Frauen und Paare eine zentrale Rolle ein. Für die Konfliktberatung ist es deshalb von Bedeutung, diese Gefühle und ihre Hintergründe zu thematisieren. Das Ansprechen dieser eher unangenehmen Themen erleichtert es Klientinnen jedoch letztlich, in einem Schwangerschaftskonflikt eine Entscheidung zu treffen, mit der sie auch in Zukunft leben können“
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