systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

1. September 2010
von Tom Levold
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Coaching Magazin 3/2010

Die Ausgabe 3/2010 des Coaching-Magazins ist nun vollständig als PDF im Internet zu erhalten. U.a. finden sich in dieser Ausgabe ein Artikel von Christoph Schlachte„über den Gebrauch von [Software-]Werkzeugen zur Unterstützung des systemischen Denkens“ und ein Aufsatz von Bernd Schmid über Marketing von Coaches als Kulturfrage.
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31. August 2010
von Tom Levold
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Resilienz und Krisenkompetenz: Kommentierte Fallgeschichten

Das letzte Buch, das Rosmarie Welter-Enderlin schreiben konnte, handelt von Fallgeschichten. Geschichten von Menschen, die versuchten und versuchen, ihr Leben unter schwierigen Umständen zu meistern: ein Thema, mit dem sich Rosmarie Welter-Enderlin immer wieder beschäftigt hat. Cornelia Tsirigotis hat dieses Buch besprochen und resümiert:„Ich denke, wer sich mit diesem Buch beschäftigt, wird eine andere Haltung zum Blick auf Ressourcen und Stärken entwickeln, die gebraucht werden, um das Leben mit all seinen Facetten zu meistern oder zu ertragen. Der Gewinn scheint mir eher in Bescheidenheit und Demut zu liegen und zugleich in der Möglichkeit, einer großartigen Therapeutin ein letztes Mal über die Schulter zu schauen“.
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30. August 2010
von Tom Levold
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Interkulturelles Coaching

Ute und Ulrich Clement haben für den von K. Götz 1999 herausgegebenen Band „Interkulturelles Lernen/Interkulturelles Training“ (Managementkonzepte Band 8 im Rainer Hampp Verlag) einen Beitrag über Interkulturelles Coaching verfasst, der auch im Internet zu lesen ist:„Wer im Management auf internationaler Ebene handelt und verhandelt, tut dies auf dem Hintergrund seiner eigenen Kultur, deren Werte, Verhaltensstile und interaktiven Erwartungen. Interkulturelles Management wird von kulturabhängigen Managern betrieben. Auslandserfahrene Führungskräfte wissen, daß weder sie selbst noch ihre Geschäftspartner keiner Kultur angehören können und daß bei internationalen Geschäftsbeziehungen die Berücksichtigung des kulturellen Hintergrundes ihrer Partner entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg der Kooperation ist. Interkulturelle Kompetenz ist also keine stilistische oder ästhetische Zugabe, sondern berührt den Kern der Kooperation sowohl bei internationalen Fusionen als auch bei befristeten Projekten. Trotz der zunehmenden Globalisierung von Verhandlungsstilen und Umgangsformen sind internationale Geschäftsbeziehungen anfällig für “Kulturfehler”, also ungewollte Kränkungen, Irrtümer, Peinlichkeiten, Ärgernisse oder Mißverständnisse, die zwischen den Partnern entstehen, wenn beide über ungeprüfte kulturbedingte Annahmen stolpern, ohne den Grund der Irritation zu erkennen. Interkulturelles Coaching hat diese Irritationen zum Thema. Unter interkulturellem Coaching verstehen wir die Unterstützung von Führungskräften bei der Lösung kommunikativer Probleme im interkulturellen Management. Wer die Begrenztheit und die Relativität der eigenen Kultur und der Kulturabhängigkeit des eigenen Handelns nicht einzuschätzen und damit zu arbeiten vermag, kann dort kaum Erfolg haben“
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29. August 2010
von Tom Levold
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Einzelunterricht bei Erickson

1985 im Original und bereits 1995 in der deutschen Übersetzung erschienen, ist das Buch von Jeffrey K. Zeig über seine persönlichen Lernerfahrungen mit und bei Milton H. Erickson ein Dauerbrenner und Backlist-Hit geworden. Im vergangenen Jahr ist die dritte Auflage der„Hypnotherapeutischen Lektionen“ erschienen, Dennis Bohlken hat für das systemagazin eine Rezension verfasst:„Wer sich für hypnotherapeutische Techniken, Interventionen und Theorien interessiert oder auch an der Person des „Lehrmeisters“ Milton H. Erickson interessiert ist, sollte von diesem Buch profitieren. Auch wenn es mittlerweile viele Bücher über Hypnotherapie und Hypnose nach Milton H. Erickson gibt, bietet der vorliegende Band meines Erachtens eine Menge an zusätzlichen Informationen, da viele Fälle und Beispiele zuvor nicht veröffentlicht wurden“
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28. August 2010
von Tom Levold
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LEBENSWANDEL ALS DIALOG – SOZIALE KONSTRUKTIONEN UND SYSTEMISCHE PRAXIS

Unter diesem Titel findet vom 2.-4.9.2010 in Marburg die 17. wissenschaftliche Jahrestagung der Systemischen Gesellschaft (SG) statt, ausgerichtet vom viisa-Institut in Marburg. Die Veranstalter schreiben zur Programmatik der Tagung:„Der Weg entsteht beim Gehen: Seit die Systemische Therapie sowohl für Erwachsene als auch für Kinder und Jugendliche in vielfacher Hinsicht offizielle und wissenschaftliche Anerkennung erfährt, rücken Fragen über die Gestaltung «systemischer Alltagspraxis» in den Vordergrund. Dass systemische Praktiker einen reichen Schatz an Erfahrungen haben und bewährte Vorgehensweisen kultivieren, ist unbestritten. Man kann sogar sagen, dass systemische Praxisformen unvergleichlich hinsichtlich ihrer Vielfalt und ihres Qualitätsniveaus sind. Nicht zuletzt aus diesem Grund, sondern weil auch systemische Praxisformen sich weiterentwickeln müssen, um lebendig zu bleiben, richten wir mit unserer Tagung die Aufmerksamkeit auf das, was in jeder Form der zwischenmenschlichen Kommunikation steht: das Gespräch bzw. die Dialoge zwischen den beteiligten Personen. Um diese dialogischen Prozesse in Beratung und Therapie besser verstehen zu lernen, versuchen wir, Reflexionsformen, Themen, ReferentInnen und TeilnehmerInnen so miteinander zu koordinieren, dass alle Beteiligten in einem gemeinsamen Prozess wechselseitig von ihrem Erfahrungsreichtum profitieren können“ Im Unterschied zu klassischen Vortrags- und Workshop-Programmen sollen zu Themen wie„Zukunft der Systemischen Therapie + Beratung“,„Qualität mediativer Gespräche“,„Dialog und Psychiatrie: ein Widerspruch?“,„Das Gehirn, ein soziales Organ?“,„Philosophie und Systemische Praxisformen“,„Dialogische Kinder- und Jugendlichentherapie“ usw. Dialogräume zwischen ReferentInnen und TeilnehmerInnen eröffnet werden. Als ReferentInnen sind u.a. anwesens: Volkmar Aderhold, Hamburg · Harlene Anderson, Houston · Maria Borcsa, Leipzig · Annette Chilla, Dillenburg · Klaus Deissler, Marburg · Joseph Duss-von Werdt, Zürich · Günter Emlein, Frankfurt Eugene Epstein, Oldenburg · Thomas Friedrich- Hett, Essen · Ulrike Gamm, Wien · Diane Gehart, Northridge · Nils Greve, Langenfeld · Kristina Hahn, Berlin · Gerald Hüther, Göttingen · Thomas Keller, Köln · Tom Levold, Köln · Anders Lindseth, Bodö · Wolfgang Loth, Bergisch Gladbach · Kurt Ludewig, Münster · Thomas Merz, Marburg · Cornelia Oestereich, Hannover · Mario Patera, Wien · Elsa Araujo Pradere, Havanna · Sylvia Roderburg, Berlin · Wilhelm Rotthaus, Bergheim · Regina Schröer, Duisburg · Jaakko Seikkula, Jyväskylä · Cornelia Tsirigotis, Aachen · Susanne Vogelgesang, Darmstadt · Manfred Wiesner, Oldenburg · Walter Zitterbarth, Marburg. Als Ehrengast ist Kenneth J. Gergen eingeladen.
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27. August 2010
von Tom Levold
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Die blinden Flecken der systemischen Beratung

In einem pointierten Text über die„Beobachtung der Beobachtungen durch systemische Berater“, der auf seiner website zu finden ist, hat der Soziologie Stefan Kühl drei blinde Flecke systemischer Beratung ausgemacht:„Jedes System schafft sich dadurch, dass es sich von der Umwelt unterscheidet, blinde Flecken. Glaubt man den neoliberalen und marxistischen Ideologien, dann unterscheidet sich ein Unternehmen von anderen Organisationen dadurch, dass es profitorientiert ist und vieles andere, an dem man sich auch orientieren könnte – man denke beispielsweise an Menschheitsbeglückung, Wohlfahrtspflege oder religiöse Verwirklichung – in den Bereich des (für das Unternehmen) Unvorstellbaren verschiebt. Die typische Verwaltung ist an einer gesetzeskonformen Prozessierung von Personalausweis-, Bau- und Sozialhilfeanträgen orientiert und – jedenfalls in ihrem operativen Kern – weitgehend blind für die Effekte, die durch die strikte Anwendung von „Wenn-dann-Regeln“ produziert werden. Die systemische Beratung parasitiert an den blinden Flecken ihrer in der Regel organisierten Klientensysteme. „Ein Beobachter“, so die Kurzformel Niklas Luhmanns, „kann nicht sehen, was er nicht sehen kann“, und die systemischen Berater – als Beobachter eines Beobachters – versprechen dem Beobachteten, etwas zu sehen, was der „beobachtete Beobachter nicht sehen kann“. Das machen sicherlich auch andere Beratungsansätze; die systemische Beratung zeichnet sich gegenüber anderen Beratungsansätzen aber dadurch aus, dass sie sich ihrer Rolle als „Parasit“ bewusst ist und sich hier – ganz in der Tradition der Systemtheorie – zur positiven Funktion dieses „Parasitentums“ bekennt. Aber was für die Klientensysteme gilt, gilt natürlich auch für die Beratersysteme. Auch die systemischen Berater produzieren durch ihre Unterscheidungen eigene blinde Flecken. Alles Beobachten – auch das Beobachten der Beobachtung durch die systemischen Berater (und natürlich auch die hier vorgenommene Beobachtung der Beobachtungen der systemischen Berater) – verfährt mit den eigenen Unterscheidungen naiv und produziert dadurch zwangsläufig eigene blinde Flecken. Welches sind die blinden Flecken der systemischen Beratung, die – natürlich dann auf Kosten eigener blinder Flecken – beobachtet werden können?“ Kühl verweist hier zumindest auf drei: 1. Macht, 2. Organisation, 3. Misserfolge.
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26. August 2010
von Tom Levold
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Zitat des Tages: Paul C. Rosenblatt

„Obliviousness can be defined as a state of being unmindful or unaware of something, of being ignorant of it or not conscious of its existence. When obliviousness is shared in a family, the family members will individually and collectively distance, avoid, lack interest in, be unaware of, or lack engagement with relevant information, perspectives, meanings, interactions, places, memories, and events. Almost always, shared family obliviousness does not represent a choice by anyone in the family or by the family collectively. Shared family obliviousness just happens. And in that obliviousness they are unconcerned about (in large part, or quite possibly entirely, because unaware of) whatever it is they are oblivious about. (…) Shared obliviousness is a property of social systems. All social systems tune out a great deal of available information as they function and work toward what seem to be their goals. Systems can do this through a summation of individual obliviousness and through organizing in such a way that the system and everyone who is part of it is oblivious. (…). That organization includes values about what counts as interesting and important. It includes education that focuses family members here and not there, walls (literal and metaphoric) that block off certain information sources, and system-wide rules that define only certain information sources as worthy of attention. General systems theories typically do not problematize inputs but assume that inputs are so obvious and can so be taken for granted that there is no reason for a system analyst to explore why it is that of all the potentially accessible inputs a system only detects and makes use of the ones it does. Similarly, in the information systems literature, information might be defined as any stimulus that has changed recipient knowledge (…). By contrast, the concept of shared obliviousness introduces the notion that systems at some level must always select and filter information. They must always have processes for separating what to attend to from what not to attend to. Understanding the bases for those processes would tell us a lot more than simply assuming that inputs are whatever they are or that they exist if something changes in the system in response to them. Inputs to systems should not be taken for granted. It is better instead to raise questions about how it is that the system takes in or reacts to this and not that. Shared family obliviousness does not necessarily involve a lack of focus or absorption. Indeed, an important process of achieving obliviousness about some matters is to be focused on and absorbed in other matters. Hence, an important reason for a family system to focus on this or that is that it is then much easier for it to be oblivious to other things.“ (In:„Shared Obliviousness in Family Systems“, State University of New York Press, New York 2009, S. 3f)

25. August 2010
von Tom Levold
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Gedanken zum 10-jährigen Bestehen der DGSF

(Der nachfolgende Text ist ursprünglich als Beitrag zum Jubiläum in der Verbandszeitschrift„DGSF-intern“ erschienen und wird hier mit freundlicher Genehmigung durch die DGSF veröffentlicht)

Auf die Einladung, ein paar Zeilen zum 10-jährigen Jubiläum der DGSF zu verfassen, habe ich mit Freude, aber auch mit einer gewissen Zurückhaltung reagiert. Welche Perspektive kann und soll ich einnehmen? Zum Zeitpunkt der Fusion von DAF und DFS im Jahre 2000 war ich schon – ziemlich genau – seit 20 Jahren DAF-Mitglied, wenngleich schon länger nicht mehr aktiv im Verband tätig. Ich fusionierte also mit und wurde auch Mitglied in der DGSF, der ich sehr gerne angehöre. Gleichzeitig gehöre ich als Mitbegründer und aktives Mitglied der Systemischen Gesellschaft seit 1993 aber auch zur „Konkurrenz“, die immerhin den Vorschlag von DAF und DFS, mit der SG einen gemeinsamen Verband zu gründen, 1998 abgelehnt hat. Als Mitherausgeber des „Kontext“ bin ich wiederum mit dem Verband auf besondere Weise verbunden, wenngleich aus einem gewissen Abstand heraus. Darüber hinaus verbinden mich freundschaftliche Beziehungen mit einer ganzen Reihe von Kolleginnen und Kollegen aus der DGSF, und das finde ich wunderbar.
Es gibt viele Gründe für mich, der DGSF zu gratulieren. Ihr ist es gelungen, zwei sehr verschiedene Vereine mit deutlich unterschiedlichen Organisationskulturen zu einem tatkräftigen und schlagkräftigen Verband zusammenzuführen und damals vorhandene Vorbehalte und Befürchtungen hinsichtlich möglicher Machtgefälle und Dominanzkonflikte (womit man bei Fusionen ja immer rechnen muss) weitestgehend aufzulösen. Respekt! Ein guter Schritt auf diesem Wege war sicherlich die Wahl eines Gründungs- bzw. Vereinigungsvorstandes, der mit Wilhelm Rotthaus und Friedebert Kröger an der Spitze nicht nur beträchtliche Außenwirkung erzielte (und damit interne Identifikationsgewinne ermöglichte), sondern auch im Binnenverhältnis über jeden Verdacht von Lagerbildung erhaben war und deshalb die Integrationsperspektive überzeugend vertreten konnte.
Auf diese Weise gelang es, nicht nur Verschiedenes zusammenzufügen und das Erreichte zu konsolidieren, sondern darüber hinaus in nur wenigen Jahren die Zahl der Mitglieder auf mittlerweile 3500 fast zu verdreifachen – und dies, obwohl die Systemische Gesellschaft (ursprünglich ein reiner Institute-Verband) ab 1999 ebenfalls eine Einzelmitgliedschaft erlaubte und mittlerweile selbst über 700 Einzelmitglieder hat. Diese Steigerung hat natürlich etwas mit dem Aufwind zu tun, in dem systemische Therapie und Beratung generell seit langem segeln. Andererseits sehe ich darin aber auch das Ergebnis einer intensiven inhaltlichen Profilierung, die es in dieser Klarheit bei den Gründungsverbänden zuvor nicht gegeben hatte. Auch wenn das Wort „Familientherapie“ immer noch den Verbandsnamen schmückt, ist mein Eindruck, dass die Idee der Familientherapie als eigenständiges Verfahren keine Rolle mehr spielt (Wenngleich im Zuge der Bemühungen um die Anerkennung des Wissenschaftlichen Beirates die Kunstfigur der „Systemischen Therapie/Familientherapie“ als Verfahren erfunden wurde). Die Systemische Therapie mit ihren mittlerweile zahlreichen Facetten ist der feste Grund, auf dem die inhaltliche Arbeit des Verbandes ruht. Das Patchwork-Muster sehr disparater Konzepte, Haltungen und berufspolitischer Orientierungen ihrer Mitglieder hatte die DAF gelegentlich fast zerrissen und oftmals gelähmt. Neben den Neuzugängen systemisch ausgebildeter Mitglieder hat auch u.a. der Auszug der psychoanalytischen Paar- und Familientherapeuten, die ihren eigenen Verband gegründet haben, eine inhaltliche Klärung der Grundsätze erleichtert und zu einer konzeptuellen Verdichtung beigetragen.
Dies alles war Im Juli 1998 schon zu wünschen, aber noch nicht abzusehen, als Marie-Luise Conen und Jochen Schweitzer (für die DAF), Anni Michelmann und Gisal Wnuk-Gette (für den DFS) sowie Kurt Ludewig und ich (für die SG) in einem Dachzimmer am Institut für medizinische Psychologie der Universität Heidelberg am Rande der ersten Tagung zur Systemischen Forschung zusammensaßen. Zu dem Treffen hatten DFS und DAF mit dem Vorschlag einer Fusion aller drei Verbände eingeladen. Wir lehnten damals wie erwähnt einen Beitritt der SG ab (was auf der Mitgliederversammlung der SG mit einem einstimmigen Votum bestätigt wurde), weil wir die Sorge hatten, dass ein Aufgehen im Großverband mühselig erarbeitete systemische Positionen und damit verbundene Anforderungen an die – institutionelle – Mitgliedschaft womöglich wieder aufgeweicht worden wären. Immerhin war die SG zum damaligen Zeitpunkt ein reines Mitgliedsinstitut.
Unabhängig davon bin ich auch heute noch davon überzeugt, dass diese Entscheidung richtig war. Profile lassen sich leichter schärfen, wenn Unterschiede bestehen oder hergestellt werden können. Aus meiner Sicht war es für beide Verbände von Vorteil, keinen Alleinvertretungsanspruch geltend machen zu können.
Beide Verbände haben früh eine erfolgreiche Strategie gefunden, in den berufspolitischen Auseinandersetzungen um die wissenschaftliche Anerkennung der Systemischen Therapie sowie in der Vertretung der systemischen Sache im In- und Ausland gemeinsame Sache zu machen und dennoch ihre eigene Entwicklung voranzutreiben. Gemeinsam haben wir 2004 im Berliner ICC den wohl größten Psychotherapie-Kongress einer spezifischen therapeutischen Grundorientierung ausgerichtet, was die gemeinsamen Beziehungen nicht nur auf Vorstandsebene vertieft hat.
Die gemeinsamen Bemühungen um die Anerkennung durch den Wissenschaftlichen Beirat hat enorme Ressourcen in inhaltlicher und personeller Hinsicht verbraucht und waren schließlich von Erfolg gekrönt. Mit dem Ergebnis, das aus meiner Sicht sowohl zu wünschen wie auch zu fürchten war, bin ich nicht wirklich glücklich. Die Konzentration der Energie auf dieses Ziel hat m.E. dazu geführt, dass die ohnehin nicht sonderlich ausgeprägte Debattenkultur in unserem Feld weitgehend zum Erliegen gekommen ist (vielleicht auch aus der Sorge heraus, damit den Erfolg der Bemühungen um die Anerkennung der wissenschaftlichen Fundiertheit zu gefährden).
Die Aufgabe der Zukunft für die Systemische Therapie (und die beiden Verbände) scheint mir darin zu bestehen, das Charakteristische des Systemischen Ansatzes gegen Tendenzen zu verteidigen, Systemische Therapie zum Bestandteil einer am medizinischen Modell orientierten, störungsspezifischen Mainstream-Psychotherapie zu machen.
Dazu braucht es einen lebendigen Diskurs und Debatten über Theorien, Ideen, Konzepte ebenso wie über politische Entwicklungen und Strategien. Wesentlich ist darüber hinaus die Erhaltung von Multiprofessionalität und Interdisziplinarität der Systemischen Therapie, die aus meiner Sicht ein Kernaspekt systemischen Denkens und Handelns darstellen. Die DGSF ist aus meiner Sicht mit ihren Fachtagen, den Regional- und Fachgruppen sowie ihren vielfältigen politischen Stellungnahmen und Aktivitäten gut für eine solche Entwicklung gerüstet und in mancher Hinsicht der Systemischen Gesellschaft voraus.
Nach den Jahren der Konsolidierung und der Strategie des „getrennt marschieren und vereint schlagen“ scheint mir allerdings die Zeit gekommen, gründlicher über die Möglichkeiten einer gemeinsamen Zukunft in einem einzigen Fachverband nachzudenken. Inhaltlich wirklich Trennendes vermag ich immer weniger auszumachen. Der Verbrauch an personellen, organisatorischen und finanziellen Ressourcen durch eine Doppelstruktur ist immer weniger zu rechtfertigen. Kulturelle Unterschiede mögen immer noch gewichtig sein, nehmen aber an Bedeutung allmählich ab. Die Gründe für die Existenz zweier Verbände werden also immer schwächer.
Was bleibt, ist vielleicht die Angst vor der Arbeit, dem Misstrauen und den Vorbehalten, die mit einer Fusion einherge
hen (s.o.). Sicher kann ein solches Zusammengehen sich nicht in der Arbeit von Funktionsträgern erschöpfen, die Richtlinien und Satzungen ineinander überführen. Es braucht eine gemeinsame Anstrengung zu Entwicklung von gemeinsamen Visionen, die von einer breiten Gruppe aktiver Mitglieder initiiert und vorangetrieben wird. Es wäre eine Sache, die sich meiner Überzeugung nach lohnt und an der ich mich gerne beteilige.

Tom Levold

24. August 2010
von Tom Levold
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Zum Verhältnis von Mensch und Medium

Auf der website von Siegfried J. Schmid findet sich ein Beitrag von Oliver Jahraus, Professor für Neuere deutsche Literatur und Medien an der Ludwig-Maximilian-Universität in München (Foto: oliverjahraus.de), über„Die Verfügbarkeit und die Unverfügbarkeit des Mediums. Zum Verhältnis von Mensch und Medium“. Darin heißt es:„Die folgenden Überlegungen stehen in einem Spannungsfeld von zwei entgegengesetzten Positionen, die das Verhältnis von Mensch und Medium zueinander jeweils in einem konträr hierarchisierten Verhältnis modellieren. (I) Die erste Position lässt sich beispielhaft mit einem Satz benennen, der lautet: Es sind Menschen, die die Medien benutzen, in und mit Mediensystemen leben und auch durch Medien manipulierbar sind.(II) Die andere Position bringt dagegen zum Ausdruck, dass die Rede von Menschen die Komplexitätsebene des Mediums verfehlt und dass der Mensch, sofern man überhaupt noch vom Menschen sprechen will, eher als Epiphänomen oder als Effekt von Medien zu verstehen ist. Fragt man sich nun nach der entscheidenden Differenz zwischen diesen beiden Positionen, so darf man das Verhältnis nicht vorschnell auf eine Hierarchie zurückführen. Hierarchie würde in diesem Fall und in der ersten Position Verfügbarkeit ausdrücken. Und die entsprechende Frage würde sich darauf konzentrieren, ob Menschen grundsätzlich über Medien verfügen können oder ob das Medium eine Verfügbarkeit über – also eine konstitutive Funktion für – den Menschen in seinem Selbstverständnis und Selbstbewusstsein besitzt: Wer verfügt über wen? Insofern muss man differenzieren: Verfügbarkeit bedeutet nicht ein Herrschaftsverhältnis über und durch Medien, denn auch im Rahmen dieses Modells, das von der Verfügbarkeit der Medien für Menschen ausgeht, kann sehr wohl auch erfasst werden, wie Menschen selbst medialer Manipulation oder Herrschaft unterliegen. Aber das Medium ist grundsätzlich vom Menschen zu differenzieren und kann daher in eine objektive Relation zum Menschen gebracht werden. Demgegenüber wird in der anderen Position die Differenzierung zwischen Mensch und Medium unterlaufen und somit auf einer objektivistischen Basis hinfällig. Vorderhand möchte ich diese beiden Positionen mit der Differenz von Verfügbarkeit bzw. Unverfügbarkeit des Mediums auf den Begriff bringen. Doch die Differenz der Positionen reicht weiter und umfasst verschiedene Faktoren, die ich im folgenden mit einer Reihe von Einzelbeobachtungen eher essayistisch umreißen möchte“
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22. August 2010
von Tom Levold
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Welche Theorie braucht die Systemische Therapie?

Elisabeth Wagner (Foto: Lehranstalt) ist Psychiaterin und Psychotherapeutin in Wien mit forensischen und suchttherapeutischen Schwerpunkten, zudem Lehrtherapeutin an der Lehranstalt für Systemische Familientherapie in Wien. In der aktuellen Ausgabe des von der Lehranstalt herausgegebenen Periodikums„Systemische Notizen“ ist unter dem Titel„Welche Theorie braucht die Systemische Therapie?“ ein Artikel von ihr erschienen, der mit freundlicher Genehmigung der Lehranstalt auch in der Systemischen Bibliothek des systemagazins zu lesen ist. Wagner schreibt:„Seit Jahren plagt mich in meiner Identität als systemische Lehrtherapeutin ein „theoretisches Unbehagen“, d.h. das Gefühl, dass die Theorien, die wir Systemischer Therapie zugrundelegen, zu der Art von Systemischer Therapie, die wir mittlerweile anbieten (und lehren) in der bislang vollzogenen Ausschließlichkeit nicht mehr passt. Dieses Unbehagen führte zunächst dazu, dass ich psychologische Konzepte gesucht habe, die sich als Grundlage für die Interventionsplanung eignen und diese auch bei einem Jour fixe vorgestellt habe. Das wohlwollende Interesse der Teil- nehmerInnen hat mich – ebenso wie die kritischen Fragen – zum Schreiben dieses Beitrages veranlasst, in dem ich den Stand meiner Überlegungen (kritisch könnte man sagen – den aktuellen Stand meines Zweifels) zu einer grundlegenden Frage der Systemischen Therapie darstelle: Welche Theorie braucht die Systemische Therapie?
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22. Juli 2010
von Tom Levold
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Ferien

Ab heute ist systemagazin in den Ferien. Ich wünsche allen LeserInnen eine gute Zeit und gute Erholung, wo auch immer. Ab Mitte August geht es an dieser Stelle weiter, Sie werden mit einem Newsletter rechtzeitig erinnert.
Beste Grüße
Tom Levold
Herausgeber