systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

27. Februar 2011
von Tom Levold
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Zagora

Heute geht für mich eine unglaubliche schöne und intensive Tagungswoche in Zagora/Marokko zu Ende. Aus diesem Grund fand in dieser Woche auch nicht soviel im systemagazin statt. Die geneigte Leserschaft kann sich aber auf einen Tagungsbericht freuen…

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26. Februar 2011
von Tom Levold
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Noch mal Guttenberg

Zur verräterischen Art des Auftretens des Lügenbarons hier ein Interview mit Ulrich Sollmann aus Focus Online. Jürgen Hargens hat einen Kommentar verfasst:

„Wertkonservativ waren wir schon immer“

Das halten sich Konservative zu gute, die an ihre Werte zu glauben und zu ihnen zu stehen, komme, was da wolle. Das ist auch einer der Gründe, weshalb Kreise der CDU/CSU und Angela Merkel nach wie vor am Verteidigungsminister festhalten. Denn in der Nachkriegszeit hat schon der erste Kanzler der Bundesrepublik, Konrad Adenauer, CDU, klar und deutlich erklärt, was schert mich mein Geschwätz von gestern. In dieser Tradition hat auch zu Guttenberg gehandelt – in der Kundus-Affäre, bei der Abschaffung (oder Aussetzung?) der Wehrpflicht und konsequenterweise auch bei der Verteidigung seiner Dissertation. Insofern handelt es sich um einen wertkonservativen Verteidigungsminister.
Versuche der SPD, sich auch in dieser Hinsicht zu profilieren, sind spätestens seit der Äußerung von Müntefering, „Wir werden als Koalition an dem gemessen, was in Wahlkämpfen gesagt worden ist. Das ist unfair!“, als gescheitert anzusehen.
Seit die FDP regierungstauglich geworden ist, ist auch sie auf gutem Wege zum Wertkonservatismus, wenn sie nun überlegt, die Steuerbefreiung für Hoteliers vielleicht doch wieder rückgängig zu machen und zu dem bewährten Alten zurückzukehren.
Nur Kleingeister folgern daraus, dass man Politkern gar nichts mehr glauben darf. Andere meinen, dass Demokratie sich von Demo oder Demonstration ableitet. Man darf gespannt sein, wie wertkonservative Kreise darauf reagieren.

jh

22. Februar 2011
von Tom Levold
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Guttenberg: Neuer Doktortitel?

Der Bundesverband des Deutschen Hochadels BDH hat auf die Ankündigung von Verteidigungsminister zu Guttenbergs, seinen Doktortitel nicht mehr zu führen, mit Enttäuschung reagiert. Der Adlige sei ihrer Meinung nach durch die Hetzkampagne der letzten Tage bestraft genug. Die Bevölkerung stehe mit überwältiger Mehrheit hinter ihrem Fürsten, was deutlich mache, dass die Frage der Wissenschaftlichkeit der Arbeit für das Volk völlig bedeutungslos sei und ausnahmslos bestimmte linksintellektuelle Kreise interessiere. Der BDH setzt sich für die Schaffung eines Dr. non hc. ein, der leichter zu erwerben sein soll als ein normaler Doktortitel, keine Prüfung von Autorenschaft und Textherkunft erfordert und vor allem für Politiker und andere Prominente eine gute Möglichkeit darstellen soll, ohnehin schon vorhandene Reputation besser zum Ausdruck bringen zu können. Der Verteidigungsminister begrüßte diesen Vorschlag und bedauerte, dass diese Möglichkeit ihm nicht zur Verfügung gestanden habe. Gerne sei er bereit, unter diesen Bedingungen seine beanstandete Arbeit erneut einzureichen. Wie zu hören war, ist trotz diverser Bemühungen seitens des BDH und der Bundesministerin für Bildung und Forschung noch nicht geklärt, welche Universität in Deutschland bereit ist, ihre Promotionsordnung entsprechend zu reformieren.

21. Februar 2011
von Tom Levold
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Zitat des Tages: Andreas Reckwitz

„Soziale Systeme einerseits, psychische Systeme andererseits, schließlich auch organische Systeme und mechanische Systeme werden von Luhmann bekanntlich nicht nur kategorial, sondern operational voneinander unterschieden, als grundsätzlich differente Operationssequenzen identifiziert, die füreinander Umwelt darstellen und sich jeweils ‚autopoietisch‘ und ’selbstreferentiell‘ reproduzieren. Daß sich der Mensch damit in der Umwelt des Sozialen situiert findet, sollen manche humanistischen Gemüter als Skandalon empfunden haben. Die humanistische Kränkung stellt sich letztlich als Konsequenz eines der Tradition der klassischen Soziologie immanenten Geniestreichs dar. Gesucht wird nach einer emergenten Ebene des Sozialen über das Individuelle hinaus: Luhmann findet sie, indem er die symbolischen Ordnungen des Sozialen auf die Akte der Kommunikation zurechnet und diese als extramentale, extrakorporale Sequenzen definiert. Die begriffliche Logik der Luhmannschen Systemtheorie artikuliert eine Logik der Separierung, der Trennung von gegeneinander abgrenzbaren Sphären, der Grenzerhaltung zwischen diesen Sphären, die ‚boundary maintaining systems‘ im Sinnevon Parsons darstellen. Man kann gar nicht genug betonen, wie radikal und ungewöhnlich diese Logik der Separierung, der eindeutigen Grenzziehungen zwischen dem Sozialen/Kulturellen, dem Psychischen und dem Körperlich-Organischen ist. Diese auf den ersten Blick verstörende Perspektive hat Luhmann bekanntlich immer dem auf den ‚Menschen‘ zentrierten Individualismus und Intersubjektivismus der klassischen Handlungstheorien gegenübergestellt.
Die Ungewöhnlichkeit und Begrenztheit einer solchen sozialtheoretischen Logik der Trennungen wird jedoch sichtbar, sobald man sie mit den alternativen Kulturtheorien, den ‚eigentlichen‘ Kulturtheorien konfrontiert. Statt der Luhmannschen Logik der Trennungen des Sozialen vom Psychischen, vom Körperlichen und vom Materialen zeigt sich dort eine Logik der Expansion des Sozialen, des Kulturell-Symbolischen bis in die Strukturen des Psychischen, des Körperlichen und letztlich sogar des Mechanischen hinein, eine Logik der Grenzüberschreitung zwischen diesen Sphären. Diese begriffliche Expansion des Kulturellen zielt auf eine die Eindeutigkeit der Grenzen überschreitende ‚Verschränkung‘ des Psychischen, Körperlichen und Mechanischen mit dem Kulturellen. In Anlehnung an einen Begriff Pierre Bourdieus können sich solche Kulturtheorien als verschiedene Versionen einer ‚Theorie der Praxis‘ etikettieren lassen, als Theorien einer ‚Logik der Praxis‘ menschlicher Aktivitäten, jenseits der intellektualistischen ‚Logik der Logik’“ (In: Andreas Reckwitz: Die Logik der Grenzerhaltung und die Logik der Grenzüberschreitungen: Niklas Luhmann und die Kulturtheorien. In: Günter Burkart & Gunter Runkel (Hrsg): Luhmann und die Kulturtheorie. Frankfurt am Main 2004, Suhrkamp. S. 213-140, S. 218f.; Foto: Europa-Universität Viadrina Frankfurt – Oder).

18. Februar 2011
von Tom Levold
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Guttenberg: Kompetenz-Team hat versagt

Auf einer Pressekonferenz, die kurzfristig auf dem Bundeswehr-Stützpunkt in Kundus einberufen worden ist, hat Verteidigungsminister von und zu Guttenberg auf überzeugende Weise alle Vorwürfe ausräumen können, er habe eigenhändig in seiner Dissertation fremde Textpassagen als eigene ausgegeben und sich damit eines Plagiates schuldig gemacht. Er distanzierte sich scharf von Textmanipulationen aller Art.„Ich habe mit diesen bedauerlichen und dummen Vorgehensweisen nicht nur nicht das Geringste zu tun, sondern missbillige sie aufs Äußerste“, versicherte der Minister vor den Journalisten. Verletzungen der Regeln wissenschaftlichen Zitierens seien unentschuldbar. Dies habe er auch seinem fünfköpfigen Kompetenz-Team, das die Doktorarbeit für ihn verfasst habe, immer wieder nachdrücklich klargemacht. Auch wenn der Fall noch genauer untersucht werden müsse, sei für ihn nach einem Anruf der Bild-Zeitung jetzt schon klar, dass der Kapitän des Kompetenz-Teams versagt habe. Er habe ihn daraufhin mit sofortiger Wirkung aus seinem Amt entlassen. Auf die Frage, warum er überhaupt die Dissertation von anderen habe schreiben lassen, antwortete Guttenberg, ihm habe natürlich an einer hohen Qualität seiner wissenschaftlichen Arbeit gelegen, da habe es know how und qualifizierte Fachkräfte gebraucht:„Meine Reden und Vorträge vor dem Parlament und in der Öffentlichkeit schreibe ich ja auch nicht selbst, sondern dafür ausgebildete Fachkräfte. Das ist bei einer Doktorarbeit ja nicht anders. Da muss man auf die Mitarbeiter vertrauen können. Und wenn ich überhaupt jemanden zitiere, dann sind das die Fachkräfte – zum Rapport“

17. Februar 2011
von Tom Levold
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Soziale Konstruktion und pädagogische Praxis

Auf der website von Kenneth Gergen findet sich das Manuskript eines Beitrages, der im von Rolf Balgo herausgegebenen Sammelband„Lernen und Lernprobleme im systemischen Diskurs“ erschienen ist (verlag modernes lernen, Dortmund 2003), in dem es um Erziehung aus sozialkonstruktionistischer Perspektive geht:„Erziehungspraktiken sind üblicherweise mit einem Netzwerk von Annahmen verbunden, das heisst, mit einem Satz von vorläufigen Überzeugungen hinsichtlich der Natur der Menschen, ihrer Fähigkeiten, und ihrer Beziehung zur Welt und zueinander. Im Fall von Erziehung ist der Begriff, um den sich alles dreht, vielleicht der des Wissens. Wie gelangen wir also zu einer Definition bzw. einer begrifflichen Erfassung des Wissens in einer Weise, die erzieherische Prozesse wünschenswert oder erforderlich erscheinen läßt; was ist spezifisch für Wissen, um bestimmten erzieherische Praktiken gegenüber anderen den Vorzug zu geben? Natürlich werden miteinander unvereinbare Begriffe von Wissen zu unterschiedlichen Ansichten über den Erziehungsprozess führen. Wenn wir – wie gewisse Romantiker der Meinung wären – ,„das Herz hat Verstand“, könnten wir Bücher und Vorlesungen durch intensive Begegnungen sowohl der individuellen wie auch der spirituellen Art ersetzen. Sollten wir uns der Auffassung von Ilongot von Nord-Luzon anschliessen, dass nämlich Wissen gewonnen wird, wenn man von Zorn überwältigt wird oder sich auf die Jagd nach Köpfen macht, dann könnte das formale Unterrichten in der Schule durch Erfahrungen in der Schlacht ersetzt werden. Überzeugungen über das Wissen beeinflussen, rechtfertigen und unterstützen also unsere Erziehungsmethoden.
Ausgehend von dieser Bedeutung der grundlegenden Annahmen möchten wir zunächst zwei Kernbegriffe des Wissens skizzieren, die der westlichen Tradition lieb und teuer sind, Begriffe, die auch heute noch einen großen Teil der Erziehungspraktiken beeinflussen, an denen wir teilhaben. Wie wir im Anschluss daran behaupten werden, sind diese eng miteinander verwandten Glaubenssysteme zutiefst problematisch hinsichtlich der Epistemologie wie auch der Ideologie, der sie sich verpflichtet fühlen. Sodann werden wir eine Alternative zu diesen Sichtweisen umreißen, und zwar eine Alternative, die sich aus dem Standpunkt des sozialen Konstruktionismus ergibt. Der soziale Konstruktionismus versucht nicht, die traditionellen Sichtweisen zu zerstören, bietet aber eine bedeutende Alternative an. Hierbei eröffnet er zudem eine neue Möglichkeit, die bestehenden Erziehungspraktiken zu verstehen und auch Perspektiven für neue Gebiete von Möglichkeiten“
Zum vollständigen Text…

16. Februar 2011
von Tom Levold
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Berlusconi: Lösung des Flüchtlingsproblems

Mit einem Eil-Gesetz hat der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi auf den Flüchtlingsnotstand in Italien reagiert. Am gestrigen Dienstag setzte er mit Hilfe seiner Parlamentsmehrheit den Veränderung der Volljährigkeitsgrenze für ausländische Mädchen von bisher 18 Jahren auf nunmehr 14 Jahre durch. Das Gesetz, demzufolge Kinder ab 14 Jahren legal der Prostitution nachgehen dürfen, gilt rückwirkend ab dem 1.1.2000 und erfasst auch den Fall der bislang als Minderjährige eingestuften Prostituierten„Ruby“ aus Marokko. Berlusconi wurde zur Last gelegt, sie und andere Minderjährige für Sex bezahlt zu haben. Er zeigte sich auf einer Pressekonferenz mit dem neuen Gesetz zufrieden:„Wir haben einen guten Beitrag zur Integration der Mädchen aus Nordafrika geleistet, die nun einer sinnvollen Arbeit legal nachgehen, ihre Familien ordentlich ernähren und den Staat von Sozialaufgaben entlasten können. Außerdem wird es der italienischen Justiz endlich nicht mehr möglich sein, mich und andere italienische Männer vor Gericht zu bringen, nur weil wir etwas tun, was richtige Männer tun“.

15. Februar 2011
von Tom Levold
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Embracing change in clinical practice

Unter dieser Überschrift versammelt die aktuelle Ausgabe des„Journal of Family Therapy“ eine Reihe von Aufsätzen, die ganz der empirischen Therapieforschung gewidmet sind. Unter anderem geht es  um „family-focused intervention for children and families affected by maternal depression“,„Multidimensional treatment foster care“,„Therapeutic alliance and progress in couple therapy“,„Predictors of treatment attendance among adolescent substance abusing runaways“ und„effects of meeting a family therapy supervision team on client satisfaction in an initial session“.
Zu den vollständigen abstracts…

14. Februar 2011
von Tom Levold
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ZUR BEDEUTUNG VON RITUALEN IN TIEFGREIFENDEN VERÄNDERUNGSPROZESSEN VON UNTERNEHMUNGEN

Niemals sind Organisationen so intensiven Veränderungsprozessen ausgesetzt gewesen wie in der heutigen Zeit. Eine beträchtliche Rolle bei der Frage, wie die Mitglieder den Wandel in Organisationen meistern können, spielen die Frage, welche Rolle Rituale zur Ausbalancierung von Veränderung und Stabilität sowie zur Bewältigung von Ungewissheit spielen (können). Johannes Rüegg-Stürm (Foto: Universität St. Gallen) und Lukas Gritsch vom Institut für Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen sind dieser Frage 2001 in einem Diskussionspapier nachgegangen, das die Handhabung von Ungewissheit als eine zentrale Herausforderung des Management von Wandel versteht. Symbole und Rituale haben für sie die Funktion, den an Veränderungsprozessen Beteiligten emotional und kognitiv erfahrbar zu machen,„was im Vollzug des Alltags und des Lebens insgesamt über alle Bruchstellen hinweg von entscheidender Bedeutung ist bzw. immer wieder neu von Bedeutung sein soll“. Dennoch lässt sich nicht daraus folgern, dass im Change Management der Einsatz von Ritualen eine Management-Strategie sein könnte:„Einem „Management von Ritualen“ wird dabei eine klare Absage erteilt, einerseits aus ethischen Überlegungen und andererseits im klaren Bewusstsein für die Grenzen der Machbarkeit beim Management sozialer Prozesse. Es wäre geradezu blanker Zynismus und die Spitze eines sozialtechnokratischen Managementverständnisses (vgl. hierzu Ulrich 1984), wenn auf diese Weise vorgetäuscht würde, auch die weichen Faktoren liessen sich beliebig „in den Griff zu bekommen“. Nicht eine weitere Steigerung von Herrschaftswissen von Menschen über Menschen ist das Kernanliegen dieses Beitrags, sondern eine Sensibilisierung für Rituale und deren Bedeutung und Wirkung in tiefgreifenden Veränderungsprozessen von Unternehmungen“
Zum vollständigen Text…

13. Februar 2011
von Tom Levold
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