systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

4. Juli 2011
von Tom Levold
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Organisationsinternes Coaching

Immer beliebter in Unternehmen wird das hausinterne Coaching als Personalentwicklungsmaßnahme. Das hat Vorteile hinsichtlich der Kenntnis der Organisationskultur, der strategischen Einbindung von Coaching-Prozessen in die Unternehmensphilosophie und in Bezug auf langfristige Personalentwicklung und Karriereplanungen, birgt jedoch notwendigerweise auch Konfliktpotentiale. Es ist oft schwierig, eine echte Vertrauensbeziehung aufzubauen, nicht immer ist wirkliche„Augenhöhe“ zu erreichen, interne Coaches haben mit Loyalitätskonflikten zu kämpfen. Mit diesen und anderen Fragen beschäftigt sich das aktuelle Heft von OSC.
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3. Juli 2011
von Tom Levold
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Ein Paar in Bahntrance

Die Freude einer langen Paarbeziehung besteht auch darin, dass die Partner ähnliche Vorlieben haben. Wir zum Beispiel teilen uns die Lust am Bahnfahren. Wir hängen gerne in einem Abteil der ersten Klasse, du mit einem Bier, ich mit einem Fläschchen Weisswein. Leise tauschen wir Eindrücke aus – im privaten Code eines langen gemeinsamen Lebens. Dazwischen zärtliches Schweigen. Wunderbare Trance, in die uns die Monotonie des Fahrens einlullt, entspannendes Wissen, dass andere verantwortlich sind für uns. Eine solche Fahrt im Ruhewagen erlebten wir kürzlich auf dem Weg zur Expo. Glühend heisser Samstag, die Bahn klimatisiert, freundliche Stimmung unter den Mitreisenden. Ab und zu einvernehmliche Blickkontakte. Keiner muss ins Handy schreien und uns sein Privates mitteilen. Dann vor drei Tagen das Gegenprogramm. Tyrannei der öffentlichen Intimität im Zug nach München, am Ende eines Arbeitstages.
Schon in Zürich beginnt der Ärger; es gibt weder Ruhe- noch Speisewagen. Im Nebenabteil erledigt ein etwa Vierzigjähriger alle aufgestauten geschäftlichen und privaten Telefonate. Mit stolzem Gesichtsausdruck posaunt er Befehle ins Telefon. Für die Mitfahrenden unüberhörbar, was für Produkte Herr Lautsprecher verkauft. An seinem Tonfall erkennen wir, welche Position der von ihm Angerufene in der Unternehmenshierarchie hat. Aber wollen wir das wirklich hören? Du und ich schauen uns kopfschüttelnd an, suchen vergeblich nach Ohropax und halten uns schliesslich die Ohren zu. Eine das Gegenteil bewirkende Anstrengung!
Unsere Lage ist hoffnungslos. Freie Plätze gibt es keine. In St. Gallen steigt der Dauerredner aus. Dafür steigt eine Dame mit ihrem Teenager-Sohn ins Abteil. Und so geht die Tyrannei des Handy- Geschwätzes gleich weiter. Diesmal als Duett von Sopran und Stimmbruch. Als ein Mitreisender sich beschwert, muss der Stimmbruch-Jugendliche mit seinem Gerät in den Gang; der mütterliche Sopran aber singt ungestört weiter. Bis München haben wir sicher ein Dutzend Mal gehört, dass unser Zug dort um 22 Uhr eintreffen wird. Auf der Rückreise lächelt uns das Glück. Ein Geistlicher setzt sich neben uns. Wir lächeln uns zu und fallen bald in die übliche Bahntrance. Bis unser Nachbar ein Handy aus der Tasche zieht. Jetzt redet er mit dem lieben Gott, flüsterst du. Aber der Geistliche redet nicht, er hält ein Ohr an den Hörer, richtet den Blick nach oben, sicher eine Viertelstunde lang. Papst oder lieber Gott? Egal. Wir schauen uns an, und unsere Welt ist bis Zürich in Ordnung.

Im Jahre 2002 hat die im vergangenen Jahr verstorbene systemische Paartherapeutin Rosmarie Welter-Enderlin allwöchentlich Sonntags in der Neuen Zürcher Zeitung eine Kolummne mit dem schönen Titel„Paarlauf“ veröffentlicht, in der sie kleine Beobachtungen und Geschichten aus ihrer paartherapeutischen Praxis für ein größeres Publikum zugänglich machte. Rudolf Welter hat aus diesen Beiträgen eine kleine Broschüre zum Andenken an Rosmarie Welter-Enderlin gestaltet. Mit seiner freundlichen Erlaubnis können die LeserInnen des systemagazin an diesen Sonntagen die Texte auch online lesen.

2. Juli 2011
von Tom Levold
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III. internationale systemische Konferenz 9.-11.6.2011 in Prag


Vom 9.-11. Juni fand in Prag die III. Internationale Systemische Konferenz zum Thema„Glaubenssysteme und Systemisches Handeln – Systemische Denkmodelle und ihre Praxis“ statt, eine kleine, aber spannende Tagung mit Referenten aus den USA, Mexiko und Europa – bei schönstem Wetter und in entspannter Atmosphäre, veranstaltet vom ISZ-Institut in Prag. Keinen eigentlichen Tagungsbericht, aber eine sehr persönliche Geschichte ihres Tagungsbesuches hat systemagazin-Leserin Sabine Schlotter aus Dresden aufgeschrieben, den Sie heute im systemagazin lesen können:„In Prag habe ich nun von anerkannten Fachleuten etwas über die Kunst der Improvisation in der Psychotherapie gelernt und erfahren, dass es vieler Kompetenzen bedarf, um sich durch den Alltag zu wursteln – „to solve one damn thing after another“ habe das Steve de Shazer einmal genannt. (…) Ich nehme aus Prag die große Ermutigung mit, dass ich nicht die Einzige bin, die sich jeden Tag aufs neue irgendwie mit den ihr gegebenen Talenten durch die verdammten Einzelheiten kämpft. Und die Enttäuschung, dass sich das nicht irgendwann geben wird. Das beinhaltet aber ja auch die Aussicht auf eine stetige Lebendigkeit des Alltags – langweilig wird es so wohl auch nicht!“
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29. Juni 2011
von Tom Levold
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Kontext 2012: call for papers der Herausgeber

Liebe Leserinnen und Leser,
im Zusammenhang mit der DGSF-Jahrestagung 2012 in Freiburg (3. bis 6. Ok- tober), Titel: »Dialog der Kulturen – Kultur des Dialogs«, planen wir für das nächste Jahr eine Ausgabe des „Kontext“ zum Thema interkulturelle Kommunikation, Beratung und Therapie. Wir möchten deshalb auf diesem Wege alle Leser(innen) um Geschichten bitten, in denen über ganz konkrete eigene Begegnungen und Erfahrungen im interkulturellen Raum berichtet wird, bei denen Selbstverständlichkeiten unserer Kultur durch den Kontakt mit Menschen anderer Kulturen und Milieus in Frage gestellt oder bestätigt wurden bzw. sich als wenig bedeutsam erwiesen haben. Diese würden wir gern in dem geplanten Themenheft veröffentlichen – im Sinne eines praktischen interkulturellen Dialogs.
Wir möchten in diesem Zusammenhang auf der Freiburger Tagung eine Workshop anbieten, in dem diese Geschichten von ihren Autor(inn)en erzählt und dialogisch ausgetauscht werden. Vielleicht ergeben sich hier kommunikative Prozesse, deren Ergebnisse das Themenheft ebenfalls bereichern können.
Noch einige Worte zu dem von uns vertretenen Kulturbegriff, den wir sehr breit anlegen: Kulturen sind nicht unbedingt durch nationale Zugehörigkeiten definiert, auch unterschiedliche Milieus einer Gesellschaft können unterschiedliche Kulturen bzw. Subkulturen entwickeln. Interessant sind außerdem Erlebnisse, die Ähnlichkeiten oder Gleichheiten über unterschiedliche Kulturen hinweg zum Thema haben, denn warum sollen unterschiedliche Kulturen immer nur durch Differenzen bestimmbar sein ? Gibt es vielleicht auch Gemeinsamkeiten, die sich überall auf der Welt finden lassen, wie etwa die von C. G. Jung beschriebenen Archetypen, oder ein universelles Verständnis für Gerechtigkeit und Respekt?
Alles ist willkommen: Erfahrungsberichte, Geschichten, Anekdoten aus Freundschafts- und Liebesbeziehungen, Vereinen, Schulen, Beratungen/Therapien, religiösen Gemeinschaften oder kulturellen Veranstaltungen, die einen erfahrungsorientierten und reflexiven Blick auf unterschiedliche und gemeinsam geteilte Wirklichkeiten ermöglichen.
Wir freuen uns auf eure/Ihre Beiträge!
Wolf Ritscher, Petra Bauer, Dörte Foertsch, Tom Levold

Kontakt: Prof.Dr.WolfRitscher@t-online.de

28. Juni 2011
von Tom Levold
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Systemische Therapie 2020?

Im aktuellen Heft des„Kontext“ beantworten 13 Autorinnen und Autoren„quick and dirty“ die Frage, wie sie sich die Systemische Therapie 2020 vorstellen. Im Editorial schreiben die Herausgeber:„Wir erinnerten uns an die Zeit – lange ist’s her –, in der die neuesten Ausgaben der systemischen Zeitschriften mit Spannung erwartet wurden, weil immer wieder mit theoretischen oder methodischen Neuheiten gerechnet werden konnte, die man nicht verpassen wollte, um mitreden zu können. Das hat sich unserem Eindruck nach schon lange gelegt. Der systemische Ansatz, so könnte es den Anschein haben, ist in seine kanonische Phase eingetreten. Auch wenn immer wieder Details neu ausgeleuchtet werden, sind seine Grundzüge doch im Wesentlichen ausbuchstabiert, mit Innovation oder gar Kontroversen ist nicht mehr zu rechnen. Die Zeitschriftenbände füllen das Bücherregal – mehr nicht. Oder? Auf die Frage, ob es denn wirklich nichts mehr zu debattieren gäbe, konnten wir uns relativ schnell auf ein »Nein« einigen. Es mag sicherlich eine Reihe von Gründen für die Diskussionsmüdigkeit im systemischen Feld geben, der Energieverbrauch im Zusammenhang mit den Bemühungen um die Anerkennung durch den Wissenschaftlichen Beirat mag einer davon gewesen sein, dass es nunmehr an theoretischen, praxeologischen oder politischen Herausforderungen mangelt, wollen wir nicht glauben. Unserer Ansicht nach soll der »Kontext« nicht nur das spiegeln, was in der systemischen Szene vorfindbar ist, sondern selbst auch Impulse setzen, die eine Debattenkultur bestärken und einen Beitrag zur Verlebendigung des systemischen Diskurses leisten können. Aus diesem Grund wollen wir in Zukunft verstärkt das Potenzial an Unterschieden und Kontroversen ausloten, das sich unter dem scheinbaren Einklang der Systemiker versteckt hält. Das wird Zeit brauchen, auf die wir schon gespannt sind. Den Anfang machen wir mit dem aktuellen Heft, in dem wir eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen sowohl aus der DGSF als auch der SG unter dem Stichwort »Systemische Therapie 2020?« danach befragt haben, welche Aufgaben und Herausforderungen sie auf das Feld der Systemischen Therapie zukommen sehen – nachdem nun das Etappenziel einer Anerkennung durch den Wissenschaftlichen Beirat erreicht worden ist. Auf die Einladung zur Diskussion von Tom Levold haben Jürgen Kriz, Jürgen Hargens, Rüdiger Retzlaff, Wolfgang Loth, Kurt Ludewig, Wilhelm Rotthaus, Cornelia Oestereich, Reinert Hanswille, Michaela Herchenhan, Thomas Keller sowie Eugene Epstein und Manfred Wiesner geantwortet. Ihnen sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt, weil die Idee und Umsetzung des Heftes äußerst kurzfristig erfolgte und alle Autoren nur wenig Zeit für ihre Antwort hatten. Weil ausdrücklich auch »quick & dirty answers« erlaubt waren, muss man das Ergebnis als eine aktuelle Bestandsaufnahme und nicht als Katalog zeitloser Positionen lesen – gerade das macht es spannend. Wie wir erwartet haben, sind die Antworten alles andere als einheitlich, die Spannweite der Einschätzungen ist immens“ Außer den genannten Beiträgen und den üblichen Rubriken gibt es im neuen Heft noch das Transkriptes eines älteren (2008), aber immer noch höchst aktuellen Streitgespräches zwischen Tom Levold, Wolfgang Loth, Arist von Schlippe und Jochen Schweitzer zum„Störungsspezifischen Wissen“.
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27. Juni 2011
von Tom Levold
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The Illusions of Psychiatry

Am 7.6. habe ich an dieser Stelle auf eine ausgezeichnete Buchbesprechung von Marcia Angell in der New York Book Review hingewiesen, in der sie der Frage nach den Ursachen der Epidemie„psychischer Krankheiten“ nachging. Seit heute ist der nicht minder spannende zweite Teil ihres Artikels online zu lesen, der vor allem dem problematischen Einsatz von Psychopharmaka durch Psychiater und dem Einfluss der Pharma-Industrie auf die Amerikanische Psychiatrische Gesellschaft, die die nächste Ausgabe des DSM (nämlich DSM-V) vorbereitet, gewidmet ist. Sie beschreibt u.a. eindrucksvoll, wie die Pharmazeutisierung und„Re-Medikalisierung“ der Psychiatrie als eine Strategie der APA auf die zunehmende gesellschaftliche Kritik an der Psychiatrie in den 60er und 70er Jahren vorangetrieben wurde:„In the late 1970s, the psychiatric profession struck back—hard. As Robert Whitaker tells it in Anatomy of an Epidemic, the medical director of the American Psychiatric Association (APA), Melvin Sabshin, declared in 1977 that “a vigorous effort to remedicalize psychiatry should be strongly supported,” and he launched an all-out media and public relations campaign to do exactly that. Psychiatry had a powerful weapon that its competitors lacked. Since psychiatrists must qualify as MDs, they have the legal authority to write prescriptions. By fully embracing the biological model of mental illness and the use of psychoactive drugs to treat it, psychiatry was able to relegate other mental health care providers to ancillary positions and also to identify itself as a scientific discipline along with the rest of the medical profession. Most important, by emphasizing drug treatment, psychiatry became the darling of the pharmaceutical industry, which soon made its gratitude tangible“
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26. Juni 2011
von Tom Levold
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Die gute Stube

Im Haus eines befreundeten Bauernpaares wirkt eine Schmutzschleuse als Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Lebensbereichen. Sie lädt den Bauern und seine Mitarbeiter ein, auf dem Weg von Acker, Wiese oder Stall die Stiefel abzustellen, zu duschen und die Arbeitskleider an den Nagel zu hängen. Der Übergang in die häusliche Sphäre wird durch dieses kleine Ritual markiert. In den traditionellen Familienverhältnissen bleibt die Hausarbeit zwar Frauensache, aber durch die symbolische Reinigung, bei der auch die grösseren Kinder mitmachen, bekommt die Bäuerin Anerkennung für ihre Arbeit. Die Schmutzschleuse stiftet Ordnung und Entlastung im Alltag, und sie dient der Aufrechterhaltung weiblicher und männlicher Bereiche, ohne dass darüber noch «kommuniziert» werden muss.
Eine ähnliche Funktion hatte im Haus meiner Kindheit die gute Stube. Im Geschäftshaushalt war es selbstverständlich, dass während der Woche die Angestellten mit am Tisch aßen. Es wurde am Werktag für zwölf oder mehr Leute gekocht, und wir Kinder waren froh, wenn unsere Stimmen am Tisch überhaupt gehört wurden. Anders am Sonntag, wenn nur die «Kernfamilie», die Eltern und wir fünf Kinder, in der guten Stube assen – mit Porzellan und Silberbesteck. Auch wenn heute die Einrichtung der guten Stube als bürgerliche Spießigkeit abgetan wird, denke ich mit einem Lächeln an sie zurück. Für uns markierte sie wichtige Grenzen zwischen Arbeit, Familie, Öffentlichkeit und Privatheit.
Wenn ich mit modernen Paaren zusammen bin, kommt mir oft die Weisheit von Schmutzschleuse und guter Stube in den Sinn, die den Übergang von außen nach innen kennzeichnen. Klagen über das Fehlen solcher ritualisierter Übergänge klingen ähnlich. Eine Frau: Mein Mann kommt müde nach Hause, vielleicht von einer Reise – und was tut er? Er läuft durch die Wohnung und schimpft über herumliegende Spielsachen oder meine Arbeitspapiere auf dem Esstisch, oder er rennt zum Handy, bevor er uns begrüßt hat. Ein Mann: Ich gönne doch meiner Frau den Erfolg im Beruf. Aber wenn sie heimkommt und atemlos die Kinder nach ihren Hausaufgaben fragt oder den Geschirrspüler auszuräumen beginnt, ist der Abend im Eimer.
Übergänge ritualisieren: eine halbe Stunde aufs Bett liegen, bevor die Frau sich der Familienarbeit zuwendet; ein vereinbarter Rückzug an den Computer, bevor der Mann als Partner und Vater präsent wird. Oder ein gemeinsames Glas auf dem Balkon. Den Seelen erlauben, den Alltag hinter sich zu lassen und anzukommen.

Im Jahre 2002 hat die im vergangenen Jahr verstorbene systemische Paartherapeutin Rosmarie Welter-Enderlin allwöchentlich Sonntags in der Neuen Zürcher Zeitung eine Kolummne mit dem schönen Titel„Paarlauf“ veröffentlicht, in der sie kleine Beobachtungen und Geschichten aus ihrer paartherapeutischen Praxis für ein größeres Publikum zugänglich machte. Rudolf Welter hat aus diesen Beiträgen eine kleine Broschüre zum Andenken an Rosmarie Welter-Enderlin gestaltet. Mit seiner freundlichen Erlaubnis können die LeserInnen des systemagazin an diesen Sonntagen die Texte auch online lesen.

25. Juni 2011
von Tom Levold
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Runder Tisch Heimerziehung

Der Runde Tisch Heimerziehung, der die Aufklärung der Zustände in den deutschen Heimen in den 50er und 60er Jahren zur Aufgabe hatte, hat seine Arbeit im Januar 2011 mit der Übergabe seines Abschlussberichtes an den Deutschen Bundestag beendet. Ab März 2011 nahm die Anlaufstelle„Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren“, die auf Vorschlag des Runden Tisches von Bund und Ländern eingerichtet wurde, ihre Arbeit auf. Sie soll bis zur Umsetzung der Lösungsvorschläge des Runden Tisches als Anlaufstelle zur Verfügung stehen. Der Abschlussbericht steht als PDF zum Download zur Verfügung!
Zum Download geht es hier…

24. Juni 2011
von Tom Levold
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WAS SCHÖNS “REFLECTIVE PRACTITIONER” DURCH DIE KOMMUNIKATION MIT LAIEN LERNEN KÖNNTE

Riklef Rambow, Diplom-Psychologe mit einer Lehrstuhlvertretung für Theorie der Architektur an der TH Cottbus und Rainer Bromme, Professor für Pädagogische Psychologie an der Universität Münster, haben in einem sehr anregenden Text Gedanken zur Erweiterung des Konzeptes des„Reflective Practitioners“ von Donald Schön um die Kommunikation von Experten mit Laien entwickelt und und damit einen spannenden Beitrag zur Frage professioneller Kommunikation geleistet, der in dem 2000 von H. G. Neuweg im Studienverlag Innsbruck herausgegebenen Sammelband„Wissen – Können – Reflexion. Ausgewählte Verhältnisbestimmungen“ erschienen ist:„In vielen Tätigkeitsfeldern, die spezialisiertes Wissen und Können erfordern und in denen daher Experten gefragt sind, gehört auch die Kommunikation mit Laien zu den beruflichen Anforderungen. Diese Verständigung zwischen Fachleuten und Klienten, Kunden, Mandanten, oder – allgemeiner – der Öffentlichkeit wird allerdings von den Beteiligten häufig als subjektiv schwierig erlebt, und sie misslingt auch tatsächlich häufig. Der hierfür bedeutsame Teil beruflicher Expertise bleibt im Rahmen der kognitionswissenschaftlichen Forschung zu Experten meist ausgeblendet und er fehlt auch in vielen wissenschaftssoziologischen Studien über Experten und Expertise. In dem vorliegenden Beitrag werden wir darlegen, weshalb die empirische und theoretische Analyse der Kommunikation zwischen Experten und Laien dazu beitragen kann, die kognitiven Grundlagen des Expertenhandelns insgesamt besser zu verstehen“
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23. Juni 2011
von Tom Levold
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„Gut, dass wir drüber gesprochen haben“?

Mit dem gesellschaftlichen Siegeszug der Psychotherapie geht auch etwas einher, das man die Therapeutisierung der Alltagssprache nennen könnte. Das sehr lesenswerte neue Heft der„Psychotherapie & Sozialwissenschaft“ unter der Herausgeberschaft von Heiko Hausendorf, Sprachwissenschaftler am Deutschen Seminar der Universität Zürich, beschäftigt sich mit diesem Thema. In seinem Editorial schreibt Hausendorf:„Therapeutisierung ist ein spätestens seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts viel besprochenes und vor allem ein viel beklagtes Phänomen, das in diesem Sinne seit Längerem im Gespräch ist. Das Stichwort » Therapeutisierung« steht dabei zumeist dafür, dass sich Erscheinungsformen des Sprechens und Zuhörens, von denen man annimmt, dass sie für den institutionellen Rahmen einer (Psycho)Therapie charakteristisch sind (…), über diesen Rahmen hinaus auf andere und immer weitere Lebensbereiche ausdehnen: auf andere Institutionen, auf den Alltag nicht institutionell gerahmter Begegnungen und Gespräche, auf Sendungen im Fernsehen, auf Internetforen und auf die Spalten der Tageszeitungen und Magazine. In diesem Sinn kann man etwa – ein willkürlich herausgegriffener Beleg – polemisch von einer »Therapeutisierung der Sozialarbeit« sprechen und aus berufspolitischen Erwägungen den Unterschied zwischen »Beratungs-« und »Therapiegesprächen« betonen (…). Therapeutisierung, was immer man dann genau darunter verstehen mag, ist grundsätzlich ein kommunikatives Phänomen bzw. ein kommunikativer Effekt und dabei – fast immer – auf sprachliche Erscheinungsformen angewiesen. Als Phänomen und Effekt von vorrangig sprachlicher Kommunikation jedenfalls wird Therapeutisierung im vorliegenden Heft behandelt. Ob Therapeutisierung etwas Beklagens- oder Begrüßenswertes ist, tritt dabei hinter die Frage zurück, worin sich Erscheinungsformen therapeutischer
Kommunikation kommunikativ manifestieren und wo und wie solche Erscheinungsformen auch außerhalb des Rahmens einer (psycho)therapeutischen
Behandlungssituation auftreten“
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22. Juni 2011
von Tom Levold
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„The Reflective Practitioner“ – Wolfgang Loth zum 60.

Das neue Heft der „systhema“ ist dem Thema „Auf den Spuren hilfreicher Veränderungen – die Suche nach dem Sinn“ gewidmet – und wer den Titel aufmerksam betrachtet, findet sogleich die Spur zu Wolfgang Loth darin, der heute 60 Jahre alt wird. „Auf den Spuren hilfreicher Veränderungen…“ ist der Name seines Buches, das 1998 im verlag modernes lernen in Dortmund erschienen ist.
Eine Vielzahl von hilfreichen Spuren gelegt und hinterlassen hat Wolfgang Loth selbst schon zuvor und seitdem immer wieder. Auch wenn er persönlich die Scheinwerfer der Öffentlichkeit nicht unbedingt sucht, ist er in der systemischen Publikationsöffentlichkeit, sei es in Büchern, Zeitschriften oder im Internet immer präsent und auf der Höhe der Diskurse. Von Anfang an hat er zum Gelingen des systemagazin mit seinen Texten beigetragen.

„Die Suche nach dem Sinn“ trifft in besonderer Weise das Programm, das Wolfgang Loth immer schon umgetrieben hat und für fortwährende Anregungen aus seiner Feder bürgt. Seine Rezensionen sind Legion und bezeugen die unglaubliche Reichweite seines intellektuellen Wahrnehmungshorizontes. In der „splendid isolation“, in der sich unser deutschsprachiger systemischer Diskurs leider – mittlerweile – befindet, gehört er zu den wenigen, die ausländische Bücher nicht nur lesen, sondern auch darüber schreiben. Seine umfangreiche Bibliothek scheint er immer irgendwie im Kopf zu haben und kann daher jederzeit mit überraschenden Literaturempfehlungen aufwarten. Er ist ein großartiger Lektor, dem ich mich jederzeit blind anvertrauen kann, weil er nicht nur über ein außerordentlich kritisch-präzises Auge verfügt, sondern mit seinen Empfehlungen dazu beiträgt, dass aus guten noch bessere Texte werden (und ein Max-Frisch-Motto, über das man an jeder Ecke stolpert, das aber nicht belegt werden kann, fliegt dann eben raus…).
In den wichtigen Debatten des eigentlich viel zu debattenarmen systemischen Diskurses ist seine Stimme unverzichtbar, in seiner Verteidigung des Bewahrenswerten am systemischen Ansatz geht es dabei gerade nicht um die Kanonisierung vermeintlich gesicherter Wissensbestände, sondern um den unermüdlichen Versuch, systemisch-konstruktivistische Denken als eine spezifische Form der Beobachtungs- und Reflexionspraxis lebendig zu halten und zu kultivieren, ohne sie von vorneherein spezifischen (ökonomischen, berufspolitischen, rechtlichen) Verwertungsinteressen zu unterwerfen oder gar zu opfern. Diese Denkpraxis versorgt sich mit Stoff eben nicht nur aus dem – immer häufiger anämischen und oberflächlichen – Fundus aktueller systemischer Neuerscheinungen, sondern greift grenzüberschreitend in jede Richtung aus, in der mit Ideen zu rechnen ist – und landet beispielsweise bei Jaspers.
Wolfgang Loths Beobachtungs- und Reflexionsarbeit gilt dabei aber nicht nur der Theorie, sondern auch einer therapeutischen und beraterischen Praxis (u.a. als Leiter einer Beratungsstelle für Eltern, Jugendliche und Kinder), die Hilfe als einen kooperativen Entdeckungs- und Entwicklungszusammenhang und gemeinsame Sinn-Konstruktion von Hilfesuchendem und Helfendem begreift und sich der Vereinnahmung durch ein evidenzbasiertes medizinisches Paradigma widersetzt. Das Beisteuern hilfreicher Perspektiven – mit Wärme und Empathie – im Beratungsprozess und seine Tätigkeit als Ideenbroker im systemischen Diskurs sind nicht zu trennen, weil sie der gleichen Wurzel entspringen, nämlich dem Konzept eines „Reflective Practitioners“ (Donald Schön), der keine wissensbasierten Standardsituationen abarbeitet vulgo „behandelt“, sondern der aufmerksamen Bearbeitung jeweils spezifischer und einzigartiger Problemlagen reflexive Einsichten abgewinnt, die er jederzeit und kostenlos allen zur Verfügung stellt, die es hören und lesen wollen – und das immer „straight from the heart“! Was für ein Gewinn.
Lieber Wolfgang, alter Rock‘n Roller, mögen uns Deine Wanderungen durch Theorie, Literatur und Praxis noch lange erhalten bleiben. Zum Geburtstag alles Gute!
Zum aktuellen Heft für Wolfgang Loth haben unter anderem Kurt Ludewig, Jürgen Hargens, Peter Kaimer, Andreas Manteufel, Jürgen Kriz, Renate Jegodtka, Peter Luitjens, Cornelia Tsirigotis und Haja Molter beigetragen.
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