Am 4. und 5.10.2012 fand das 6. deutschsprachige Netzwerktreffen zu Familienrat/Familien-Netzwerk-Konferenz/Family Group Conference (FGC) im Kulturrathaus der Stadt Dresden statt. Andreas Hampe-Grosser aus Berlin hat für systemagazin einen Tagungsbericht verfasst:„Die praktischen Erfahrungen, seit nun bereits sechs Jahren im deutschsprachigen Raum zeigen, dass Familienrat einen wertvollen und notwendigen Beitrag zur gelingenden Zusammenarbeit zwischen Familie, Lebenswelt und staatlichen/professionellen Hilfen bietet. Dabei wird aus den Berichten aller Praktiker/innen deutlich, dass nicht nur vollständig durchgeführte Familienräte mit tollen Plänen einen Gewinn für das jeweilige Kind darstellen, sondern bereits das Angebot eines Familienrates die Zusammenarbeit zwischen Familie und professionellen Helfen günstig beeinflusst. Die Frage im siebten Jahr lautet: Wie kann Familienrat einen Platz im Arbeitsalltag der sozialen Dienste erobern? Wie kann seine strukturelle Verankerung gelingen?“ Zum vollständigen Tagungsbericht
In den vergangenen Jahren ist der Adventskalender im systemagazin zu einer guten Tradition geworden, die ihre feste Leserschaft gewonnen hat. Auch in diesem Jahr wird es wieder einen Adventskalender geben. Ich möchte Sie herzlich einladen, einen Beitrag dazu zu leisten. In Anlehnung an das Tagungsthema der DGSF-Jahrestagung 2012, die Anfang Oktober in Freiburg zum Thema„Dialog der Kulturen“ stattgefunden hat, sollen im Kalender dieses Mal Ihre Geschichten von Erlebnissen Platz finden, die Sie im Kontext interkultureller Begegnungen als Beraterinnen, Therapeuten, Supervisorinnen oder Coaches gehabt haben. Vielleicht arbeiten Sie mit Klienten, die aus unterschiedlichen Kulturen kommen? Vielleicht haben Sie eine Zeit selbst in einem anderen kulturellen Kontext gearbeitet oder dort eine Beratung oder Supervision in Anspruch genommen? Haben Sie auf Ihren Reisen Erfahrungen gemacht, die Sie als systemische Therapeutin oder Berater besonders berührt haben? Können Sie von Lehr- und Lernerfahrungen berichten, die Sie mit Lehrern oder Klienten aus anderen Kulturen gemacht haben? Alle Geschichten, die sich an diesem Thema orientieren, werden im systemagazin veröffentlicht werden (und wenn es mehr als 24 Geschichten sind, läuft der Kalender einfach weiter ). Einzige Bedingung: Es sollten persönliche Geschichten sein, keine theoretischen Abhandlungen, keine Reklame für die eigene Tätigkeit Ihre Erlebnisse können kurz oder lang (aber mehr als 10 Zeilen :-), lustig oder traurig, lehrreich und unterhaltsam sein.
Es wäre schön, wenn Sie Ihren Beitrag bis zum 27.11. an tom.levold@systemagazin.de schicken könnten, das erleichtert die Planung.
Ich bin gespannt und freue mich auf Ihre Beiträge!
Die Deutsche Gesellschaft für systemische Pädagogik führt vom 26.10.-28.10.12 in Siedelsbrunn im sysTelios-Gesundheitszentrum (bei Heidelberg) ihre Jahrestagung durch mit dem Motto„Keiner hat das Recht, zu gehorchen (Hannah Arendt) – Beiträge zu einer Kybern-Ethik systemisch-pädagogischen Handelns“ mit vielen renommierten und sehr interessanten ReferentInnen, z.B. Rolf Arnold, Winfried Palmowski, Walter Spieß, Mechthild Reinhard, Gunther Schmidt, Tobias Voss, Inge Sommer, Tobias Häberlein, Kersten Reich u.a. Einen Überblick über die Workshops gibt es hier und hier, den Tagungsflyer mit Informationen zur Anmeldung kann man hier lesen
Eckard König ist emeritierter Professor der Erziehungswissenschaften und Vertreter der„Personalen Systemtheorie“, die sich auf Gregory Bateson und Paul Watzlawick beruft. In der Ausgabe 3/2012 des Coaching-Magazins, die seit dieser Woche online zu lesen ist, gibt es ein ausführliches Interview mit König über seine Arbeit als Organisationsentwickler, sein Verständnis von Coaching und seine Vorstellung über den Nutzen von Systemtheorie:„“Die ursprünglich biologisch gefärbte Systemtheorie eines Bertalanffy spaltet sich in den 60er-Jahren auf. Ein Ansatz ist der soziologische von Luhmann. Personen werden in seinem Ansatz der Systemumwelt zugerechnet. Das macht im Coaching oder Beratungskontext Probleme. Man verändert nicht Personen, sondern nur Kommunikationen. Das empfinde ich als zu eingeschränkt. Dann gibt es den Ansatz der Bateson-Gruppe. Hier sind Personen Elemente sozialer Systeme. ( ) Die Versuche, das zu verknüpfen, misslingen eigentlich immer. Ich brauchte einen Ansatz, mit dem ich praktisch arbeiten konnte. Wie konstruiert der Einzelne sein Bild der Wirklichkeit? Was heißt Perspektivenwechsel? Das alles findet man nicht bei Luhmann, daher war es für mich eine ganz bewusste Entscheidung zu sagen, Luhmann gibt an bestimmten Stellen Stichwort beispielsweise: Reduktion von Komplexität ausgesprochen hilfreiche Anregungen. Aber unter dem praktischen Primat, wenn es darum geht zu beraten, bei Veränderungen zu unterstützen, braucht es einen anderen wissenschaftstheoretischen Rahmen“ Zum vollständigen Heft
Jeff Chang ist Assistant Professor am Graduate Centre for Applied Psychology der Athabasca University in Calgary (Kanada) und Clinical Director am dortigen Family Psychology Centre. Im„The Family Journal“ ist 2010 ein Aufsatz von ihm erschienen, in dem er sich mit der Technik des reflektierenden Teams in der Ausbildung von Familienberatern auseinandersetzt:„The reflecting team (RT) is an innovative method used in the training and supervision of family counselors. In this article, I trace the history, development, and current uses of RTs and review current findings on RTs. In my opinion, many users of RTs have diverged from their original theoretical principles and have adopted RTs mainly as a technique. Although some aspects of the RT technique (spatial separation and the generation of multiple perspectives) are novel, the potency of RTs is derived from the strength of the working alliance. Finally, I make specific recommendations on how to use RTs in the education and supervision of family counselors“ Der Artikel ist auch online zu lesen, und zwar hier
In seinem Buch„Bausteine einer systemischen Nachrichtentheorie: Konstruktives Chaos und chaotische Konstruktionen“ (2000 im Westdeutschen Verlag) hat der Journalist Stefan Frerichs (Foto: www.stefre.de) eine sehr lesbare und auch für Laien verständliche Einführung in die Grundlagen der Chaostheorie gegeben, die auch auf seiner website zu lesen ist. In der Zusammenfassung heißt es:„In diesem Text wurden die Grundzüge der Chaostheorie mit ihren natur- und geisteswissenschaftlichen Ansätzen vorgestellt. Darüber hinaus wurden die wichtigsten Vorbehalte gegen eine geistes- und sozialwissenschaftliche Chaosforschung geschildert und ausgeräumt. Es wurde dargelegt, dass sich nichtlineare chaotische Systeme durch die Iteration ihrer Systemvorgänge im Rahmen einer dynamischen Ordnungsbildung selbst organisieren können. Dabei bilden sie verblüffende Ordnungsmuster, wie Attraktoren, Bifurkationen, Intermittenzen, Fraktale oder Solitonen. Derartige Ausnahmen der Ordnung bestätigen aber lediglich die allgemeine Regellosigkeit im Chaos. Obwohl sich das Verhalten von chaotischen Systemen nicht als zufällig bezeichnen lässt, bleiben sie aber gleichzeitig unvorhersagbar und unberechenbar. Ungeachtet dieser Unschärfe folgen chaotische Systeme aber selbstverständlich den Naturgesetzen, und man spricht daher in der Chaosforschung von einem gesetzmäßigen beziehungsweise deterministischen Chaos. Die widersprüchlichen, gebrochenen Eigenschaften von chaotischen Systemen werden vor allem durch Fraktale und Intermittenzen deutlich. Diese weisen sogar in verschiedenen Größenmaßstäben eine verblüffende Selbstähnlichkeit auf, denn sie haben überall eine ähnliche Struktur und somit auch eine ähnliche fraktale Dimension. Selbstähnlichkeit ist eine universale Erscheinung der Natur und auch ein wichtiges Merkmal von nichtlinearen chaotischen Systemen. Bei einem„chaotischen System“ handelt es sich um ein autonomes Gefüge von Teilen, die sich insgesamt unvorhersagbar und unberechenbar verhalten, sich aber mitunter nach eigenen Regeln selbst ordnen können. Die Chaostheorie eröffnet die Möglichkeit, das Verhalten von solchen chaotischen Systemen besser zu verstehen und an alte wissenschaftliche Fragen neu heranzugehen“ Zum vollständigen Text
so lautet das letzte Heft des Familiendynamik-Jahrgangs und die Herausgeber Hans Rudi Fischer und Arist von Schlippe (gemeinsam mit Torsten Groth) steuern zu diesem philosophischen Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe auch Beiträge bei, ergänzt durch Christoph Schmidt-Lellek, der sich die Paradoxie von Therapeutenmacht und Patientenautonomie zum Thema gemacht hat. Darüberhinaus finden sich zwei Beiträge aus dem Heidelberger Kongress„Wie kommt Neues in die Welt“ vom Mai 2012 im aktuellen Heft. Gottlieb Guntern, der sich auf dem Kongress noch darüber beschwert hatte, dass sein Vortrag aus den 70er Jahren über die„kopernikanische Revolution in der Psychotherapie“ aufgrund des Widerstands der Herausgeber erst 1980 in der Familiendynamik erschienen ist, wird nun Genugtuung zuteil, weil sein Vortrag (mit ein bisschen viel Ich-Ich-Ich) nun ganz schnell veröffentlicht worden ist. Der zweite veröffentlichte Vortrag stammt von Oskar Negt und bringt eine im systemischen Feld zu selten vorfindbare politische Perspektive ein:„Der politische Mensch – Demokratie als Lebensform“. Ansonsten noch ein Interview mit Rudi Wimmer von Arist von Schlippe und die üblichen Rubriken. Zu den vollständigen abstracts
Pünktlich zur Jahrestagung der DGSF in Freiburg mit dem Thema„Dialog der Kulturen – Kultur des Dialogs“ erscheint auch Heft 3/2012 des„Kontext“ mit einem Themenheft zum Tagungsthema. Geplant sind zwei Hefte, ein zweites mit Beiträgen von der Tagung wird im Frühjahr erscheinen. Zu den abstracts und dem vollständigen Inhaltsverzeichnis geht es hier
Ein interessanter Vortrag des Sprachwissenschaftlers Anatol Stefanowitsch auf der Open Mind 2012. In seinem Abstract heißt es: "Sprache ist gleichzeitig das Ergebnis kultureller und gesellschaftlicher Prozesse und die Plattform, auf der diese Prozesse ausgeführt werden. Diese Plattform ist nicht neutral: Die Sprache, die wir heute sprechen wurde über Jahrhunderte von den Machtstrukturen einer Gesellschaft geformt, in der heterosexuelle, christliche, weiße Männer nicht nur der selbstverständliche Normalfall, sondern der einzig gedachte Fall waren. Wie ich in meinem Vortrag zeigen werde, sind diese Machtstrukturen tief und schwer erkennbar im Wortschatz und in der Grammatik des Deutschen (und anderer Sprachen) verankert und sie behindern eine Verwendung von Sprache, die gerecht, transparent und auf die Beteiligung aller Menschen abzielt. Wer sich dieser Sprache kritiklos ausliefert, arbeitet damit aktiv an der eigenen Unmündigkeit mit. Obwohl es nicht leicht ist, die Entwicklung von Sprache aktiv in bestimmte Richtungen zu lenken, gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die bereits von vielen Menschen und Organisationen ergriffen wurden, um die Veränderungen zu bewirken, die kurzfristig möglich sind oder um wenigstens ein Bewusstsein für die strukturelle Problematik unserer Sprache zu schaffen. Diese Maßnahmen werden wir gemeinsam diskutieren.
Am kommenden Freitag, dem 5.10.2012, von 13 h bis 13.30 h wird im Rahmen der Jahrestagung der DGSF in Freiburg unser Lehrbuch„Systemische Therapie und Beratung“ erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Buch, an dem 75 Autorinnen und Autoren mitgewirkt haben, wird in 2013 erscheinen, es gibt aber schon jetzt eine attraktive Möglichkeit der Subskription. Der Ort der Veranstaltung wird auf der Tagung bekannt gegeben. Wir freuen uns schon jetzt auf interessierte Besucher. Genauere Informationen zum Buch
Im von Jan V. Wirth und Heiko Kleve herausgegebenen„Lexikon des systemischen Arbeitens“, das im Frühjahr im Carl-Auer-Verlag erschienen ist, ist ein kurzer Text von Martin Hafen über den Problembegriff enthalten, der auch online gelesen werden kann:„Im Kontext des Bemühens um wenig Defizit- und mehr Lösungs- und Ressourcenorientierung hat sich in einigen professionellen Kontexten (gerade auch der Sozialen Arbeit) eine Tendenz zur Problematisierung des Problembegriffs ergeben, die aus methodischen Gründen bisweilen sinnvoll, funktional gesehen jedoch oft ungünstig ist. ( ). Auch die lösungs- und kompetenzorientierte Soziale Arbeit kann nicht darauf verzichten, die Ausgangsprobleme zu bezeichnen, die den Anlass für ihre Aktivitäten bilden. Dass es in der Folge anzeigt sein kann und oft angezeigt ist, nicht bei diesen Problemen und ihrer Geschichte zu verharren, sondern den Blick in die Zukunft und damit auf mögliche Problemlösungen zu lenken, versteht sich von selbst“ Zum vollständigen Text
In einem lesenswerten Artikel im„Australian & New Zealand Journal of Family Therapy“ hat Benjamin Hansen vom Mackay District Child & Youth Mental Health Service sich 2005 mit dem Konzept unspezifischer Wirkfaktoren in der Psychotherapie auseinandergesetzt.Die Psychotherapieforschung kann bislang keine Hinweise auf die Überlegenheit bestimmter Verfahren liefern, dementsprechend gibt es zahlreiche gleichermaßen valide Verfahren, mit dem Menschen in belastenden Situationen geholfen werden kann. Im Zusammenhang damit kann aber auch festgestellt werden, dass ein positivistisches Paradigma in der Psychotherapie unter dem Segel der Evidence-Based-Medicine bislang keine profunden Einsichten hervorbringen konnte. Hansen schlägt daher einen pragmatischen Ansatz zur Praxis und Erforschung von Therapie vor:„In this article I review the psychotherapy outcomes literature as it pertains to the Dodo hypothesis. This is the proposition that the effects of psychotherapy are due to common factors rather than specific techniques. A variety of sources provide substantial empirical support for the Dodo hypothesis. I conclude that CBT and medication do not appear to be any better than other methodologies for the treatment of psychological distress. I look at some of the criticisms of the Dodo hypothesis. I suggest that the major themes that emerge from the literature as it stands are conclusions that would be immediately obvious to most clinicians. Further, the utility of specific techniques has not been ruled out, due to some serious conceptual flaws in efficacy trials. I suggest that there are a number of ways for family therapists to survive in an evidence-based world. One is to point out to champions of evidence-based practice just how flimsy their claims are. Another would be to advocate for pluralism and to practise and conduct research under the aegis of a contextual philosophy“ Zum vollen Text geht es hier