so lautet das letzte Heft des Familiendynamik-Jahrgangs und die Herausgeber Hans Rudi Fischer und Arist von Schlippe (gemeinsam mit Torsten Groth) steuern zu diesem philosophischen Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe auch Beiträge bei, ergänzt durch Christoph Schmidt-Lellek, der sich die Paradoxie von Therapeutenmacht und Patientenautonomie zum Thema gemacht hat. Darüberhinaus finden sich zwei Beiträge aus dem Heidelberger Kongress„Wie kommt Neues in die Welt“ vom Mai 2012 im aktuellen Heft. Gottlieb Guntern, der sich auf dem Kongress noch darüber beschwert hatte, dass sein Vortrag aus den 70er Jahren über die„kopernikanische Revolution in der Psychotherapie“ aufgrund des Widerstands der Herausgeber erst 1980 in der Familiendynamik erschienen ist, wird nun Genugtuung zuteil, weil sein Vortrag (mit ein bisschen viel Ich-Ich-Ich) nun ganz schnell veröffentlicht worden ist. Der zweite veröffentlichte Vortrag stammt von Oskar Negt und bringt eine im systemischen Feld zu selten vorfindbare politische Perspektive ein:„Der politische Mensch – Demokratie als Lebensform“. Ansonsten noch ein Interview mit Rudi Wimmer von Arist von Schlippe und die üblichen Rubriken. Zu den vollständigen abstracts
Pünktlich zur Jahrestagung der DGSF in Freiburg mit dem Thema„Dialog der Kulturen – Kultur des Dialogs“ erscheint auch Heft 3/2012 des„Kontext“ mit einem Themenheft zum Tagungsthema. Geplant sind zwei Hefte, ein zweites mit Beiträgen von der Tagung wird im Frühjahr erscheinen. Zu den abstracts und dem vollständigen Inhaltsverzeichnis geht es hier
Ein interessanter Vortrag des Sprachwissenschaftlers Anatol Stefanowitsch auf der Open Mind 2012. In seinem Abstract heißt es: "Sprache ist gleichzeitig das Ergebnis kultureller und gesellschaftlicher Prozesse und die Plattform, auf der diese Prozesse ausgeführt werden. Diese Plattform ist nicht neutral: Die Sprache, die wir heute sprechen wurde über Jahrhunderte von den Machtstrukturen einer Gesellschaft geformt, in der heterosexuelle, christliche, weiße Männer nicht nur der selbstverständliche Normalfall, sondern der einzig gedachte Fall waren. Wie ich in meinem Vortrag zeigen werde, sind diese Machtstrukturen tief und schwer erkennbar im Wortschatz und in der Grammatik des Deutschen (und anderer Sprachen) verankert und sie behindern eine Verwendung von Sprache, die gerecht, transparent und auf die Beteiligung aller Menschen abzielt. Wer sich dieser Sprache kritiklos ausliefert, arbeitet damit aktiv an der eigenen Unmündigkeit mit. Obwohl es nicht leicht ist, die Entwicklung von Sprache aktiv in bestimmte Richtungen zu lenken, gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die bereits von vielen Menschen und Organisationen ergriffen wurden, um die Veränderungen zu bewirken, die kurzfristig möglich sind oder um wenigstens ein Bewusstsein für die strukturelle Problematik unserer Sprache zu schaffen. Diese Maßnahmen werden wir gemeinsam diskutieren.
Am kommenden Freitag, dem 5.10.2012, von 13 h bis 13.30 h wird im Rahmen der Jahrestagung der DGSF in Freiburg unser Lehrbuch„Systemische Therapie und Beratung“ erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Buch, an dem 75 Autorinnen und Autoren mitgewirkt haben, wird in 2013 erscheinen, es gibt aber schon jetzt eine attraktive Möglichkeit der Subskription. Der Ort der Veranstaltung wird auf der Tagung bekannt gegeben. Wir freuen uns schon jetzt auf interessierte Besucher. Genauere Informationen zum Buch
Im von Jan V. Wirth und Heiko Kleve herausgegebenen„Lexikon des systemischen Arbeitens“, das im Frühjahr im Carl-Auer-Verlag erschienen ist, ist ein kurzer Text von Martin Hafen über den Problembegriff enthalten, der auch online gelesen werden kann:„Im Kontext des Bemühens um wenig Defizit- und mehr Lösungs- und Ressourcenorientierung hat sich in einigen professionellen Kontexten (gerade auch der Sozialen Arbeit) eine Tendenz zur Problematisierung des Problembegriffs ergeben, die aus methodischen Gründen bisweilen sinnvoll, funktional gesehen jedoch oft ungünstig ist. ( ). Auch die lösungs- und kompetenzorientierte Soziale Arbeit kann nicht darauf verzichten, die Ausgangsprobleme zu bezeichnen, die den Anlass für ihre Aktivitäten bilden. Dass es in der Folge anzeigt sein kann und oft angezeigt ist, nicht bei diesen Problemen und ihrer Geschichte zu verharren, sondern den Blick in die Zukunft und damit auf mögliche Problemlösungen zu lenken, versteht sich von selbst“ Zum vollständigen Text
In einem lesenswerten Artikel im„Australian & New Zealand Journal of Family Therapy“ hat Benjamin Hansen vom Mackay District Child & Youth Mental Health Service sich 2005 mit dem Konzept unspezifischer Wirkfaktoren in der Psychotherapie auseinandergesetzt.Die Psychotherapieforschung kann bislang keine Hinweise auf die Überlegenheit bestimmter Verfahren liefern, dementsprechend gibt es zahlreiche gleichermaßen valide Verfahren, mit dem Menschen in belastenden Situationen geholfen werden kann. Im Zusammenhang damit kann aber auch festgestellt werden, dass ein positivistisches Paradigma in der Psychotherapie unter dem Segel der Evidence-Based-Medicine bislang keine profunden Einsichten hervorbringen konnte. Hansen schlägt daher einen pragmatischen Ansatz zur Praxis und Erforschung von Therapie vor:„In this article I review the psychotherapy outcomes literature as it pertains to the Dodo hypothesis. This is the proposition that the effects of psychotherapy are due to common factors rather than specific techniques. A variety of sources provide substantial empirical support for the Dodo hypothesis. I conclude that CBT and medication do not appear to be any better than other methodologies for the treatment of psychological distress. I look at some of the criticisms of the Dodo hypothesis. I suggest that the major themes that emerge from the literature as it stands are conclusions that would be immediately obvious to most clinicians. Further, the utility of specific techniques has not been ruled out, due to some serious conceptual flaws in efficacy trials. I suggest that there are a number of ways for family therapists to survive in an evidence-based world. One is to point out to champions of evidence-based practice just how flimsy their claims are. Another would be to advocate for pluralism and to practise and conduct research under the aegis of a contextual philosophy“ Zum vollen Text geht es hier
Das aktuelle Heft von„Organisationsberatung, Supervision, Coaching“ (3/2012) befasst sich mit dem Thema des organisationsinternen Coachings. Astrid Schreyögg stellt in ihrem Editorial fest:„In einigen Organisationen nimmt Coaching bereits einen Stellenwert in der strategischen Personalentwicklung ein. Hier soll dann Coaching in Verbindung mit anderen Maßnahmen der Personalentwicklung zur Etablierung einer möglichst qualifizierten Führungskultur mit dem Ziel einer exzellenten Performance der Gesamtorganisation beitragen. in vielen anderen Systemen finden sich dagegen nur„Gelegenheitscoaches“. das sind z. B. Mitarbeiter, die auf eigene Faust eine Coachingausbildung absolviert haben und nun ihre Dienste bei Bedarf in ihrer Organisation nur selektiv anbieten. So ist insgesamt zu beobachten, dass internes Coaching heute auf einer Skala von hoch- bis schwach-professionalisiert angesiedelt ist“ Die Beiträge im Heft gehen auf unterschiedliche Aspekte organisationsinternen Coachings ein. Zu den vollständigen abstracts
1983 erschien in der„Familiendynamik“ ein Aufsatz von V.E. Cronen, K.M. Johnson und J.W. Lannaman mit dem Titel„Paradox, Doppelbindung und Rückkoppelungsschleifen: Eine alternative theoretische Perspektive“, in dem sie das Konzept des„Coordinated Management of Meaning“ (CMM) vorstellten, das beschreibt, wie soziale Ereignisse in Kommunikationsprozessen hergestellt und aufrechterhalten werden. Im Laufe der Jahre ist das Konzept immer wieder auch empirisch eingesetzt worden. In der Zeitschrift„Human Systems“ haben Nalla Sundarajan und Shawn Spano vom Department of Communication Studies an der San José State University 2004 einen Artikel publiziert, der das CMM zur Beschreibung von Partnergewalt als ko-konstruierte Kommunikationspraxis einsetzt und Interventionsvorschläge entwickelt. Im Resüme am Ende heißt es:„One of the woman participants interviewed for this study used the following analogy to describe her state of fear in the relationship with her husband: When an elephant is young, they train it with a chain; by the time hes old they can just put a string around it. Even though the string is not strong enough to hold it, the elephant is trained. Patterns of communication that are constructed in abusive relationships ensnare the participants in horrible and dehumanizing forms of life. The understanding of this complex phenomenon from the perspective of CMM offers a description of how relational abuse emerges and is maintained, and a set of practical techniques for changing, altering, and transforming the patterns in which relational abuse is made. Thus, CMM provides a theoretical vocabulary and mode of inquiry for both describing (i.e. mapping) and resolving (i.e. reframing) domestic abuse. Our highest aspiration is to use CMM as a means of providing hope to those who suffer the pain and degradation of domestic violence. Women who are abused do not have to be bound up in patterns of communication that enable relational abuse to thrive. Through CMM descriptions and interventions, they can come to see how they can break free of the patterns that bind them to domestic violence because unlike the elephant, women in abusive relationships can act on the knowledge that they are bound by strings, not chains“ Zum vollständigen Text
Eines der in der systemischen Szene am weitesten verbreiteten Sätze ist sicherlich der, dass„die Karte nicht das Territorium“ sei. Durch Bateson und Heinz von Foerster bekannt geworden, dürften dennoch die wenigsten seinen Urheber kennen, nämlich Alfred Korzybski (Foto: Wikipedia). In einem interessanten Essay des Philosophen und (u.a.) Bateson-Übersetzers Hans-Günter Holl, der auf seiner website (im .doc-Format) heruntergeladen werden kann, setzt sich dieser 2007 mit dem Verhältnis von Bateson und Korzybski auseinander:„Dieser Essay dient offenkundig nicht der seit langem um Bateson und Korzybski betriebenen Hagiographie, sondern will andere, gewiss etwas befremdliche und unorthodoxe Perspektiven eröffnen. Kurz gefasst handelt er von einem Phänomen, das wir aus der Kybernetik zweiter Ordnung kennen: dem Kontext eines Kontextes, namentlich dessen der kulturellen Assimilation. Der Begriff kulturell leitet sich dabei in der Tat von Kult her, denn in ihrer Sonderstellung als Hellseher und Propheten zogen Bateson und Korzybski eine gleichsam kultische Verehrung auf sich, die eine kritische Auseinandersetzung mit ihren Grundannahmen verhindert. Korzybski verurteilte zwar die aristotelische Denkgewohnheit der simplen Identifikation, doch zunächst einmal identifizierte er selbst ein krudes Vorurteil über Aristoteles mit dem, was er angreifen wollte etwa so, wie man ein Phantom jagt. In seiner Nachfolge übernahm Bateson das Konzept der Karte-Territorium-Relation, das sich nahtlos in seine Theorie des Geistes einfügte und der einzige Punkt blieb, den er je aus Korzybskis Schriften zitierte. Als dessen Hauptwerk allerdings 1933 erschien, war die Bedeutung der doppelt akzentuierten Warnung, dass eine Karte nicht das Territorium ist zumal wenn man Korzybskis eigenen militärischen Hintergrund berücksichtigt , erheblich dadurch mitgeprägt, dass geisteskranke Diktatoren längst planten, ihre Karten mit Waffengewalt auf Territorien zu übertragen. Nach dem Krieg repazifizierte Bateson die Karte-Territorium-Relation und nutzte sie, um komplexe Verhaltensmuster (wie Spiel oder schizophrene Kommunikation) zu erklären. Die in solchen Sequenzen sich abzeichnende endlose Skala von logischen Ebenen veranlasste ihn schließlich dazu, die Sphäre der streng kontextuell definierten und begrenzten Erkenntnis zu überschreiten und den Geist mit Gott gleichzusetzen. Der fast eine Generation jüngere Gourmet Paul Watzlawick wechselte nicht das Paradigma, sondern die diesem zugrunde liegende Metaphorik. Statt vor der Identifikation von Karten mit Territorien zu warnen, empfahl er uns dringend, nicht die Speisekarte anstelle des Menüs zu essen. Wenn aber Feinschmeckern eine Speisekarte das Menü verheißt, so wie Kennern eine Partitur die Musik oder Invasoren eine Karte das Territorium, wäre Korzybskis Vorbehalt zu revidieren: Eine Karte ist noch nicht das Territorium“ Zum vollständigen Text
Nachdem im letzten Heft der„Psychotherapie im Dialog“ mit dem Titelthema„Suizid“ alle Quellenangaben der Beiträge auch am Ende derselben zu lesen waren (wahrscheinlich um die Leserschaft vom Suizid abzuhalten), müssen wir in der aktuellen Ausgabe wieder die Lektüre im Park, der U-Bahn oder im Wartezimmer abbrechen, nachhause fahren, den Rechner hochfahren, um auf die komplizierte Internetseite des Thieme-Verlags zu gehen, um dort die zitierte Literatur in einer eigenen PDF-Datei mit wunderbaren aussagekräftigen Namen wie z.B.„literatur859.pdf“ herunterzuladen, um dann das vollständige Rezeptionserlebnis der betreffenden Artikel genießen zu können, übrigens diesmal zum Thema Kurzzeittherapie. Wenn’s den Herausgebern recht ist Zu den vollständigen abstracts
Andreas Taffertshofer (Foto: TU-chemnitz.de) arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Innovationsforschung und nachhaltiges Ressourcenmanagement der TU Chemnitz. 2006 hat einer eine Untersuchung über die Funktionen von Coaching in Organisationen verfasst, die auch online zu lesen ist:„Wenn man die verfügbare Literatur zum Coaching und ergänzend zur Management-Beratung sichtet, fällt auf, dass die Forschungsinteressen kaum einen systematischen Blick für Organisationen bereithalten. Während in der positiv unterstützenden Reflexion das Hauptaugenmerk auf die Gestaltung und Verbesserung der Berater-Klient-Beziehung liegt, konzentrieren sich erste kritische Forschungen auf die Entwicklung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen. Als üblicher Verdächtiger wird gerne„die“ Globalisierung genannt, die Organisationen bzw. individuelle Manager soweit verunsichere, dass sie eine zumindest prekäre Sicherheit in den Ratschlägen von Beratern suchen und finden (z.B. Ernst/Kieser 2002). Man konzentriert sich entweder auf die Mikrosituation der Beratungsinteraktion oder man erklärt aus der Makrobedingung Globalisierung, die kaum bestritten für fast alle gegenwärtigen sozialen Phänomene mitverantwortlich gemacht werden kann. Auffällig ist, dass für die beauftragende, ermöglichende und bezahlende Institution Organisation vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit entwickelt wurde. Management- Beratung wie Coaching findet aber nur statt, weil es Organisationen gibt. Inwieweit es dann zum Beispiel um„ganze Personen“ oder nur Teile von Personen bzw. Rollen geht, ist dagegen eine sekundäre Frage. Teilweise greift die inzwischen einsetzende Evaluationsliteratur die Organisationsperspektive auf, versteht aber die Bedeutung von Coaching in Organisationen nicht hinreichend, wenn sie sich auf den Nachweis von Kosteneffekten in Unternehmen beschränkt“ Zum vollständigen Text
Die Zahl der im Jahr 2011 neu begonnenen erzieherischen Hilfen ist nach gestern vom statistischen Bundesamt veröffentlichten Zahlen im Vergleich zum Vorjahr fast gleich geblieben. Leicht zugenommen hat allerdings die Zahl der familienorientierten Hilfen. Die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) begrüßt diese Entwicklung und hält eine weitere Ausweitung familienorientierter Hilfen auch angesichts knapper finanzieller Mittel für sinnvoll und geboten. Wir begrüßen, dass die familienorientierten Hilfen innerhalb des Gesamtvolumens der Hilfen zur Erziehung eine Steigerung erfahren. Und wir sind davon überzeugt, dass es sich lohnt, Familien auch weiter stärker in den Blick zu nehmen, kommentiert Björn Enno Hermans, Geschäftsführer eines großen Jugendhilfeträgers und Vorstandsmitglied der DGSF die jetzt veröffentlichten Zahlen. Danach haben rund 53.200 Familien im Jahr 2011 eine familienorientierte Hilfe (Flexible Hilfe zur Erziehung nach § 27 SGB VIII und Sozialpädagogische Familienhilfe) neu erhalten. Das ist eine Steigerung um rund vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Fachverband DGSF sind viele beraterisch-therapeutisch qualifizierte Fachkräfte der Sozialen Arbeit organisiert, die zu einem hohen Anteil in der Kinder- und Jugendhilfe tätig sind. Systemische Fachkräfte seien gewohnt, unterstützende Systeme als Ressource zu aktivieren und Kinder und Jugendliche mit ihren Familien in ihren Kompetenzen und ihrer Verantwortung zu stärken, so Hermans: Familienorientierte und familienunterstützende Hilfen sind in der Kinder- und Jugendhilfe erfolgreich und langfristig Kosten sparend ebenso wie im Gesundheitswesen. Die jüngst begonnene Diskussion um die Kostenexplosion in der Jugendhilfe, zielend auf die Abschaffung des individuellen Anspruchs auf Erziehungshilfe führe hingegen kaum weiter. Große Jugendhilfestudien, etwa JES oder JuLe, zeigten, dass Jugendhilfe wirksam sei und dass es immer um eine gelingende Zusammenarbeit aller Beteiligten gehe. Und in der Kooperation mit unterschiedlichen Systemen seien systemisch ausgebildete Fachleute besonders erfahren“ (Quelle: DGSF Presseinformation v. 13.9.2012)