systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

29. Oktober 2012
von Wolfgang Loth
Keine Kommentare

„Aus allen Seiten wurde eine Unterscheidung gemacht“

Als im Mai 1981 Mehmet Ali Ağca das Attentat auf Papst Johannes Paul II. verübt hatte, sagte der Vater von Oktay Saydam: „Wir Türken werden jetzt darunter leiden!“. Oktay Saydam lebte mit seiner Familie, einer „Arbeitsmigrationsfamilie“, in Tübingen. Gegen die generalisierende Betrachtung der Nachbarn wehrte sich der Junge: Türke ja, aber den Papst habe er doch nicht umgebracht! Oktay Saydam lehrt jetzt an der Trakya Universität in Edirne in der Türkei (Foto: trakya.edu.tr) und hat im Jahr 2009 im Rahmen des XI. Türkischen Internationalen Germanistik-Kongresses in Izmir einen Vortrag über die „Orientrezeptionen Ernst Blochs und Bertolt Brechts“ gehalten, mit dem Untertitel: „Ein Beitrag zur Rekontextualisierung oder Kontexterweiterung des globalen Humanismus versus Terrorismus“. In diesem Zusammenhang erweist sich der „11. September 2001“ als ein weiteres wirkungsmächtiges Kürzel für eine in der Folge ansteigende „Islamophobie“ in der sog. Westlichen Welt. Ein Aspekt der Globalisierung, der unter (nicht seltenen) Umständen mit einer „erheblichen Strapazierung menschlicher Alltagsbeziehungen“ im lokalen Nahraum korrespondiert. Saydam stellt viele Fragen und eröffnet fragend einen Gedankenraum, in dem sowohl zeittypische wie auch zeitraumübergreifende Dynamiken im Umgang mit dem Fremden aufscheinen. Er geht u.a. auf die Versuche Ernst Blochs und Bertold Brechts ein, in der Auseinandersetzung mit orientalischen Philosophen den interkulturellen Blick zu weiten – und verhehlt nicht, „dass die von Bloch rezipierten Philosophen in der islamischen Welt durchgehend als „Häretiker“ eingestuft wurden. Sie wurden verfolgt, ihre Bücher wurden verbrannt“. Dies könnte dafür sprechen, dass die kulturübergreifende Homogenität der allgemeinen Praktiken von Machtausübung der Heterogenität weltbildnerischer Alltagsbezüge und deren Stiftung kultureller Identität vorausgeht. Dem könnte ein erkenntnistheoretisches, schriftstellerisches und/oder philosophisches Interesse an einer „Globalisierung einer humanen Werteauffassung“ entgegengesetzt werden. Oktay Saydam fasst seinen Aufsatz so zusammen, er beschränke sich, „weitgehend auf die offene, vorurteilsferne, wache und diesseitige Forscher- und Betrachter-Haltung Blochs und Brechts sowie auf die diesseitig orientierten Vertreter des auch türkisch geprägten heterodoxen Islam gegenüber anderen Kulturen“ und wolle zeigen, „dass diese urteils- oder vorurteilsferne Forscher- und Betrachterhaltung eine existenzielle philosophische sowie literarisch/poetische Notwendigkeit ist, um aus anderen Kulturen, Philosophien, Erkenntnisse zu ziehen. Eine solche Betrachtungsweise oder Forscher-Haltung hegen jedoch diejenigen – ungeachtet ihrer Herkunft – die sich m.E. grundsätzlich als „humanistisch“ bezeichnen, bezeichnet werden“ (S.142). Der Aufsatz kann hier im Volltext heruntergeladen werden. [Bibliographische Angaben: Der Aufsatz erschien in: Yadigar Eğit (Hg.) (2010) XI. Türkischer Internationaler Germanistik Kongress, 20.-22. Mai 2009. İzmir: Ege Üniversitesi Matbaası (S.140-155)].

26. Oktober 2012
von Tom Levold
Keine Kommentare

Hypnotherapeutische Raucherentwöhnung

Wilhelm Gerl ist ein bekannter Hypnotherapeut, der ein Programm zur hypnotherapeutischen Raucherentwöhnung entwickelt hat,  das u.a. auch den Einsatz spezifischer Selbsthypnose-Techniken beinhaltet. Gemeinsam mit Björn Riegel  hat er nun im Klett Cotta Verlag das Buch „Nachhaltige Raucherentwöhnung mit Hypnose. Therapie-Manual für Einzelne und für Gruppen“ veröffentlicht. In diesem Buch wird sein manualisiertes Programm für vier Einzelsitzungen oder aber sechs Gruppensitzungen vorgestellt. Auf einer beigefügten CD sind auch die dabei eingesetzten Arbeitsblätter und Materialien verfügbar. Peter Stimpfle aus Eichstätt hat das Buch gelesen und empfiehlt die Lektüre. Er hebt besonders hervor, dass es dabei nicht einfach um ein „Weghypnotisieren“ des Rauchzwanges geht, sondern durchaus um einen komplexen und differenzierten Ansatz:„Wer nun angesichts des Titels „Raucherentwöhnung mit Hypnose“ erwartet, die Zigarette bzw. der Rauchzwang würden weghypnotisiert, wird auf angenehme Weise „enttäuscht“. Denn die Autoren legen ein rationales,  sehr differenziertes und praxisorientiertes Konzept vor. Es werden verschiedene Aspekte der Abhängigkeitsentwicklung berücksichtigt: sozialpsychologische, psychodynamische, verhaltenstheoretische, systemische und schließlich die individuelle Perspektive des Rauchers selbst“
zur vollständigen Rezension…

25. Oktober 2012
von Tom Levold
Keine Kommentare

Aus Schule und ihrem Umfeld

Das aktuelle Heft der„Zeitschrift für Systemische Therapie und Beratung“ kreist ganz um das Thema der Schule und ihrem Umfeld, ein Thema, mit dem sich Herausgeberin Cornelia Tsirigotis bestens auskennt und zu dem sie selbst sechs Rezensionen beisteuert. Peter Herrmann stellt in seinem Beitrag Eckpunkte einer systemisch-lösungsorientierten Pädagogik vor, Frank Arens berichtet über „kollegiale Beratung und Supervision im Beratungs-und Unterstützungssystem zum Arbeitsschutz und Gesundheitsmanagement in Schulen und Studienseminaren“. Ein weiterer Artikel stellt ein an systemischen Prinzipien orientiertes Schülerprojekt vor, in dem Schüler Schüler beraten und schließlich gibt es noch einen Beitrag, der sich mit pragmatischen Interventionen bei Mobbing beschäftigt (Manfred Vogt et al.).
Die Provokation von Johannes Herwig Lempp und Ludger Kühling aus dem letzten Heft, dass „Sozialarbeit anspruchsvoller als Therapie“ sei, hat eingeschlagen. Lothar Eder antwortet in einer klugen und differenzierten Replik auf die Thesen der beiden, Ulrich Gehrmann kritisiert den Text auf einer ähnlichen Richtung.
Zu den vollständigen abstracts geht es hier…

24. Oktober 2012
von Tom Levold
Keine Kommentare

Sepp Duss-von Werdt wird 80!

Heute wird Joseph Duss-von Werdt (Foto: Fernuniversität Hagen) 80 Jahre alt und wir gratulieren von Herzen. Sepp Duss ist Urgestein der Familientherapie und wurde dem deutschsprachigen Publikum schon 1976 durch seine Gründungs-Mitherausgeberschaft der„Familiendynamik“ (gemeinsam mit Helm Stierlin) bekannt, die er bis 1987 innehatte. Sein Studium der Philosophie und Psychologie an der Universität in Löwen (Belgien), wo das Husserl-Archiv untergebracht war, schloss er als Dr. phil. mit einer Arbeit über die »Phänomenologie Alexander Pfänders« ab. Anschließend absolvierte er ein Theologiestudium an der Universität München (u.a. mit dem gegenwärtigen Papst als Kommilitone) und wurde dort 1964 zum Dr. theol. promoviert. 1967 übernahm er die Leitung des von ihm mitgegründeten Institutes für Ehe und Familie in Zürich, die er bis 1987 innehatte. In den 80er und 90er Jahren wandte er sich zunehmend dem Feld der systemischen Mediation zu, die er nicht nur praktizierte, sondern auch an den Universitäten Bern, Genf und Hagen sowie am Frankfurter Institut für Mediation IKOM unterrichtete. Bis heute hat er sich seine Schaffenskraft und Ausdauer erhalten, was sich nicht nur dadurch zum Ausdruck bringt, dass er Jahr für Jahr hunderte von Kilometern in Europa zurücklegt, nicht etwa mit einem GPS-System ausgerüstet, sondern nur mit einer normalen Straßenkarte, auf der die Hochspannungsleitungen eingezeichnet sind, was ihm zur Orientierung ausreicht – einer Herausforderung, der sich die meisten 20jährigen nicht gewachsen fühlen dürften. Zum Geburtstag bringt systemagazin mit freundlicher Erlaubnis des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht ein wunderbares Gespräch, das Wolf Ritscher mit Sepp Duss für den„Kontext“ 2010 geführt hat und das in der Systemischen Bibliothek zu finden ist.

systemagazin wünscht Dir, Sepp, zum Geburtstag alles Gute, Gesundheit und Glück, viele weitere Wanderungen und dem Systemischen Feld mehr von Deinen klugen und wohltemperierten Einsichten und Gedanken!

23. Oktober 2012
von Tom Levold
Keine Kommentare

Fokussierendes vs. Reflektierendes Team

Günter Rothbauer, (Foto: www.rothbauer.at), Volkswirt und Psychologe mit einer Ausbildung in systemischer Therapie bei der ÖAS in Wien, hat im Rahmen einer Diplomarbeit an der Wiener Universität eine konversationsanalytische Studien angefertigt, die die Methode des Reflecting Team mit der von Ludwig Reiter entwickelten Variante des„Fokussierenden Teams“ verglich und Ähnlichkeiten wie Unterschiede herausarbeitete. In seiner Zusammenfassung stellt er fest, dass„die Ergebnisse (darauf schließen) lassen, dass – bei sauberer Durchführung – zwischen den beiden Methoden ein beträchtlicher Unterschied hinsichtlich Lösungsorientertheit und der Stringenz in der Themenbearbeitung besteht“
Zum vollständigen Text…

21. Oktober 2012
von Tom Levold
Keine Kommentare

Über Deutungen in Alltagsgesprächen

Ein nicht unwesentlicher Aspekt der systemisch-konstruktivistischen Kritik an psychoanalytischen Ansätzen galt schon immer der Deutung im therapeutischen Gespräch. Mit einer Deutung wird das Handeln einer anderen Person in dem Sinne deutet, dass dieser Gründe und Motive für ihr Handeln zugerechnet werden, die die gemeinte Person selbst nicht geltend gemacht hat – oder sogar abstreitet. Wird die Deutung in der Psychoanalyse mit einem Wahrheitsanspruch oder mit überlegenem Experten-Zugriff auf die„eigentliche“ Wirklichkeit ausgestattet, wie es durchaus bei einigen psychoanalytischen Autorinnen und Autoren den Anschein hat, liegt es auf der Hand, damit nicht übereinstimmende andere Wahrnehmungen, Selbsterleben der Klienten etc. als Widerstand gegen die Aufdeckung der eigenen wahren Motive zu verstehen. Mit einer solchen Perspektive kann sich dann der Therapeut gegen die interaktive Zumutung unterschiedlicher Wahrnehmungen immunisieren.„Einer Person Beweggründe zuzuschreiben, die von ihr nicht geteilt werden, bedeutet aber nicht nur, die ›Ebene der Intersubjektivität‹ zu verlassen und die Person als Objekt zu behandeln, sondern heißt darüber hinaus, in Anspruch zu nehmen, die Beweggründe der Person besser zu kennen als diese selbst“. Nun sind Deutungen aber ja nicht nur eine therapeutische Technik, sondern ein Alltagsphänomen, das immer dann zu finden ist, wenn Verhalten von Menschen von anderen Menschen erklärt bzw. diesen Motive zugeschrieben werden, die sie selbst nicht in Anschlag bringen. In einem sehr lesenswerten Artikel hat Ulrich Streeck (Foto: www.streeck.net), Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie und für psychosomatische Medizin und Psychoanalytiker in Göttingen, der von 1985 bis 2011 Ärztlicher Direktor der Klinik Tiefenbrunn war, sich dem Thema Deutungen im sozialen Alltag und in Psychotherapie auseinandergesetzt:„Dass Deutungen im Sinne der Fremdzuschreibung von nicht geteilten Beweggründen im sozialen Alltag häufig als Angriffe und Übergriffe behandelt werden, kann auch Deutungen, die in therapeutischen Kontexten eingesetzt werden, in einem neuen Licht erscheinen lassen. Mutmaßungen über und Zuschreibungen von Motiven, die von der Person, an die sie adressiert sind, nicht ohne Weiteres geteilt werden, sind keine Erfindungen der Psychoanalyse; sie gehören zur Alltagskommunikation. Wie jeder kommunikative Austausch gründet auch das ›Gespräch, in dem die psychoanalytische Behandlung besteht‹ (…), in alltagssprachlicher Verständigung. Weil wir uns im Alltag wechselseitig Zurechnungsfähigkeit zubilligen müssen, wenn wir uns verständigen wollen, geraten Deutungen hier so leicht zu Attacken: der gemeinten Person wird ihre Zurechnungsfähigkeit momentan bestritten. Das macht verständlich, warum es besonderer Vorkehrungen bedarf, damit Psychoanalytiker in Behandlungen von Deutungen Gebrauch machen können, ohne Gefahr zu laufen, dass der Patient die therapeutischen Interventionen als illegitime Übergriffe von sich weist oder – nicht weniger bedenklich – sich ihnen als autoritativen Sinnzuschreibungen des Analytikers schweigend unterwirft“ Nun sind Deutungen als Interaktionsangebote nicht nur in der Form von Behauptungen o.ä. vorfindbar, sondern stecken natürlich auch implizit in vielen Fragen oder indirekten Formulierungen. Auch systemische Therapeuten sind vor Deutungen nicht gefeit, da ihre Wirklichkeitskonstruktionen und Annahmen über das Beschaffensein von Problemen und Lösungen in ihre Fragen, Kommentare etc. eingehen. Der Umgang mit Deutungen als kommunikativem Format erfordert in dieser Hinsicht immer ein Einverständnis darüber, wie in der Therapie über eigene Annahmen, Vorstellungen, Phantasien etc. kommuniziert werden kann, ohne dass das als Übergriff erlebt wird:„Manchmal stellen unerfahrene Therapeuten Mutmaßungen über vermeintlich unbewusstes Erleben eines Patienten an, noch ehe sie mit dem Patienten eine Übereinkunft darüber erzielt haben, wie der therapeutische Dialog geführt werden soll, wie der Psychoanalytiker am therapeutischen Gespräch teilzunehmen beabsichtigt und welche Rolle dabei Äußerungen spielen sollen, die dem Patienten selbst vermeintlich nicht zugängliche Gründe seines Handelns benennen. Noch in einer der ersten Stunden des Zusammentreffens und noch bevor der Patient ausreichend darauf vorbereitet ist, wie das therapeutische Gespräch abgewickelt werden soll, deuten sie dessen Verhalten auf dem Patienten vermeintlich nicht zugängliche Beweggründe hin, und an dem Umgang mit dieser Deutung soll sich dann erweisen, ob und wie der Patient in der Lage ist, von Deutungen Gebrauch zu machen. Reagiert der Patient aversiv, wird das unter Umständen statt als Beleg für die Unangemessenheit und Aggressivität der interpretierenden Äußerung des Therapeuten zu diesem Zeitpunkt als Hinweis auf die vermeintlich eingeschränkten selbstreflexiven Fähigkeiten des Patienten behandelt“
Der Aufsatz von Ulrich Streeck ist in der Zeitschrift„Psychotherapie & Sozialwissenschaft“ 1/2011 erschienen und in der Systemischen Bibliothek des systemagazin mit freundlicher Erlaubnis des Autors und des Psychosozial-Verlages, in dem die Zeitschrift erscheint, nachzulesen.
Hier geht es zum vollen Text…

20. Oktober 2012
von Tom Levold
Keine Kommentare

Family Process 1/2012

Für kurze Zeit können alle Beiträge aus der„Family Process“ 1/2012 im Online-Store von Wiley kostenfrei heruntergeladen werden. Das Heft liefert Beiträge zu vier unterschiedlichen Themenbereichen: 1. Narrative and Post-Structural Perspectives, 2. Parenting, 3. The Predictive Power of Family Variables, und 4. Collaborative Family Oriented Services. Autorinnen und Autoren sind u.a. Jay L. Lebow, Harlene Anderson, Laurie L. Charlés, Amy R. Tuttle, Eli Lebowitz, Haim Omer und Yoel Elizur.
Zum Heft geht es hier… 

19. Oktober 2012
von Tom Levold
Keine Kommentare

Tagungsbericht: Dialog der Kulturen

Die Tagung„Dialog der Kulturen – Kultur des Dialogs“ vom 3.-6. Oktober in Freiburg war mit über 800 Teilnehmern eine ausgesprochen erfolgreiche Veranstaltung, die auch inhaltlich bot, was von den Veranstaltern versprochen wurde. Tanja Kuhnert hat einen ersten Tagungsbericht verfasst, der im systemagazin zu lesen ist,
und zwar hier…

17. Oktober 2012
von Tom Levold
Keine Kommentare

Paare – Liebe – Zuversicht

Die SCRIPT CORPORATE+PUBLIC COMMUNICATION GmbH, eine Frankfurter Agentur für Unternehmenskommunikation, feiert ihr 10jähriges Jubiläum mit einem interessanten Internet-Projekt: www.wir-sind-zuversichtlich.de. Das Programm ist einfach:„Wo sind und wer kennt die Geheimnisse der Zuversicht? Wie kann man Zuversicht verbreiten, wie es die gängige Formel nahelegt? Auf dieser Website sammeln wir unsystematisch Expertenwissen, Meinungen und Fundstücke. Wir wünschen uns viele Leser und Feed-Back und freuen uns auf Hinweise, Fundstücke und Stellungnahmen“ Die Umsetzung ist inhaltlich und ästhetisch gleichermaßen anspruchsvoll. Interviews mit Experten aus unterschiedlichen Bereichen (u.a. auch Gerald Hüther) sollen eine Annäherung an den Zuversichtsbegriff ermöglichen. Kurze Videos sind ebenso wie die Audio-Langfassungen der Interviews und eine prägnante Kurzverschriftung zu finden. Ulrich Clement hat im Gespräch mit Christoph Potting von SCRIPT seine Gedanken zum Thema Zuversicht und Paartherapie formuliert:„’Verhandlungsbeziehungen‘ brauchen die Zuversicht auf besondere Weise. Ohne Grundvertrauen lassen sich keine Abmachungen treffen. Wenn Paare verhandeln, die Kinder gemeinsam zu erziehen, dann kommt hier kein juristischer Vertrag zustande. Eheverträge regeln den Umgang mit Geld und Besitz. Die Lebensplanung und den Umgang miteinander, können jedoch die Beteiligten gar nicht vertraglich sichern. Da braucht es Zuversicht. Sie ist das, was den justiziablen Kontrakt ersetzt. Weil Beziehungen nicht im Detail durchorganisierbar sind, braucht es diese Ressource der Zuversicht, diese Grundgewissheit: Wir sind uns im Prinzip einig. Paarbeziehungen, die mehr auf Gefühle gründen als auf Konventionen, brauchen mehr Zuversicht. Gefühle sind etwas Wankelmütigeres als soziale Konventionen. Gesellschaften haben soziale Rollen entwickelt, um die Illusion von Berechenbarkeit und Kontinuität in die Welt zu setzen. Gefühle, erst recht Liebesgefühle sind jedoch etwas unendlich Launisches. Und Zuversicht ist der emotionale Versuch, dieser Laune Kontinuität zu geben. So gesehen ist das Eheversprechen, in guten wie in schlechten Tagen zusammen zu bleiben, eigentlich eine Zuversichtsverabredung. Wenn aber die Bindung über Gefühle im Vordergrund steht, dann kommt auf besondere Weise die Zuversicht ins Spiel. Die Zuversicht ist der Kontinuitätsgarant für die Liebe“
Zum vollständigen Text…

16. Oktober 2012
von Tom Levold
Keine Kommentare

Microanalysis of Communication in Psychotherapy

Psychotherapie ist ein komplexes Geschäft. Das wird spätestens dann deutlich, wenn man sich therapeutische Kommunikation unter einer mikroanalytischen Perspektive betrachtet. Janet Beavin Bavelas (Foto: web.uvic.ca), die bereits in den 60er Jahren gemeinsam mit Paul Watzlawick und Don D. Jackson den Klassiker„Menschliche Kommunikation“ verfasst hat, ist seit dieser Zeit als Forscherin mit der Mikroanalyse therapeutischer Prozesse beschäftigt. Gemeinsam mit Dan McGee, Bruce Phillips und Robin Routledge hat sie 2000 im Journal„Human Systems: The Journal of Systemic Consultation & Management“ einen wunderbaren Aufsatz über ihre Arbeit verfasst. Im abstracts heißt es:„Microanalysis, which is the close examination of actual communication sequences, can be a useful way to understand how therapeutic communication works. This is a preliminary report on our research group’s applications of microanalysis to communication in psychotherapy. We first describe the historical origins in the Natural History of an Interview Project of the 1950’s and then the subsequent evolution of an alternative paradigm for psychotherapy, which has two key tenets: communication as co-constructive (vs. merely information transmission) and a more positive (vs. pathological) view of clients. Next, we use microanalysis to illustrate how communication in therapy, examined closely, cannot be nondirective. Finally, we describe the functions of three specific discursive tools available to therapists: Questions both embed the therapist’s presuppositions and invite the client to co-construct a particular version of events. Formulations (such as paraphrasing or reflection) inevitably transform, to some degree, what the client has said. Lexical choice, or the decision to use particular words or phrases, can create new perspectives. Each of these tools is illustrated by contrasting their use in traditional and alternative therapeutic approaches. We propose that the effects of each of these tools are inevitable; the only choice is how to use them“
Den vollständigen Text kann man hier herunterladen…

14. Oktober 2012
von Tom Levold
Keine Kommentare

Konflikte in Familienunternehmen

Das letzte Heft des ersten Jahrgangs der KonfliktDynamik ist dem Thema Konflikte in Familienunternehmen gewidmet. Herausgeber Markus Troja fasst in seinem Editorial zusammen:„Arist von Schlippe, Thorsten Groth und Tom Rüsen beschreiben die Unternehmensnachfolge als Prozess, der schon mit der Geburt und Erziehung beginnt und mit der Übergabe von Verantwortung an den Nachfolger nicht endet. Sie erklären unterschiedliche Paradoxien, mit denen Übergeber und Nachfolger in den einzelnen Lebensphasen lernen müssen umzugehen. Rainer Kirchdörfer und Olivia Sarholz zeigen für die zehn häufigsten Probleme beim Generationswechsel, welche juristisch-vertraglichen Elemente Konflikte in Familienunternehmen vermeiden oder zumindest in ihren Auswirkungen abmildern. Gute Erfahrungen haben Familienunternehmen mit der freiwilligen Einrichtung eines Beirates als Aufsichts- und Beratungsgremiums gemacht. Till Freysoldt erläutert, wie der Beirat in Krisensituationen zum entscheidenden Konfliktmanager werden kann. Alexander Koeberle-Schmid und Karsten Schween gehen auf Familienverfassungen ein, die oft schon im Prozess ihrer Erarbeitung einen Beitrag zur Konfliktprävention leisten“ Darüber hinaus gibt es noch – neben den üblichen Rubriken – Beiträge von Joseph Rieforth, Nahi Alon & Haim Omer, Helmuth Grimm, Joachim Bauer und Lars Schmitt zu lesen.
Zu den vollständigen abstracts…

13. Oktober 2012
von Tom Levold
Keine Kommentare

Tagungsbericht: Familien-Netzwerk-Konferenz in Dresden

Am 4. und 5.10.2012 fand das 6. deutschsprachige Netzwerktreffen zu Familienrat/Familien-Netzwerk-Konferenz/Family Group Conference (FGC) im Kulturrathaus der Stadt Dresden statt. Andreas Hampe-Grosser aus Berlin hat für systemagazin einen Tagungsbericht verfasst:„Die praktischen Erfahrungen, seit nun bereits sechs Jahren im deutschsprachigen Raum zeigen, dass Familienrat einen wertvollen und notwendigen Beitrag zur gelingenden Zusammenarbeit zwischen Familie, Lebenswelt und staatlichen/professionellen Hilfen bietet. Dabei wird aus den Berichten aller Praktiker/innen deutlich, dass nicht nur vollständig durchgeführte Familienräte mit tollen Plänen einen Gewinn für das jeweilige Kind darstellen, sondern bereits das Angebot eines Familienrates die Zusammenarbeit zwischen Familie und professionellen Helfen günstig beeinflusst. Die Frage im siebten Jahr lautet: Wie kann Familienrat einen Platz im Arbeitsalltag der sozialen Dienste erobern? Wie kann seine strukturelle Verankerung gelingen?“
Zum vollständigen Tagungsbericht