systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

20. Februar 2013
von Tom Levold
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Nachruf auf Frank Farrelly (1931-2013)

Noni Höfner, eine bekannte Vertreterin der provokativen Therapie in Deutschland, hat auf Frank Farrelly (Foto: www.provokativ.com), den Begründer dieser Therapierichtung, der im Alter von 81 Jahren gestorben ist, einen Nachruf verfasst, der im letzten Coaching-Newsletter von Christopher Rauen erschienen ist. systemagazin veröffentlicht ihn an dieser Stelle mit herzlichem Dank für die Erlaubnis von Noni Höfner und Christopher Rauen:

Frank Farrelly ist tot. Er starb am 10. Februar 2013 nach längerer Krankheit. Er war einer der großen, weltweit bekannten Therapiegründer und ein außergewöhnlicher Mensch, der die Psychotherapie der letzten fünfzig Jahre entscheidend geprägt hat, direkt und indirekt. Viele wissen z.B. nicht, welchen hohen Anteil Franks Arbeit bei der Entwicklung des NLP hatte, zumal er für Grinder und Bandler neben Virgina Satir, Fritz Perls und Milton Erickson eines der zentralen„models“ war. Farrelly ist es zu verdanken, dass das Lachen in der Psychotherapie„gesellschaftsfähig“ wurde und nicht mehr als Kunstfehler betrachtet werden musste. Deshalb nannte man ihn auch den„Vater des Humors in der Psychotherapie“. Es war ihm aber immer ein zentrales Anliegen, nicht in den„Guru-Status“ erhoben zu werden –  so konnte er fuchsteufelswild werden, wenn jemand zu ihm sagte:„Du bist mein Guru“.
Frank Farrelly entwickelte die Provokative Therapie bereits Anfang der Sechzigerjahre. Das heißt, er sagte stets, dass das keine langsame Entwicklung war, sondern dass die Provokative Therapie plötzlich auftauchte. Monatelang hatte er mit einem äußerst therapieresistenten schizophrenen Patienten streng klientenzentriert gearbeitet, ihm aufmerksam zugehört und versucht, jede noch so winzige positive Regung kräftig zu unterstützen. Leider ohne jeglichen Erfolg. Eines Tages verlor Farrelly die Geduld und stimmte dem Patienten zu, dass dieser wertlos, hoffnungslos und zu nichts nütze sei. Zu seiner großen Überraschung verzweifelte der Patient nicht, sondern richtete sich auf und begann energiegeladen zu protestieren und seine guten Seiten aufzuzählen. Es war die Geburtsstunde der Provokativen Therapie, die erst später diesen Namen bekam.
Als ich Frank Farrelly 1985 auf einem seiner ersten Workshops in Deutschland kennen lernte, eilte ihm der Ruf voraus, er sei ein wildgewordener Kliniker aus den USA, der eine total durchgeknallte neue Therapieform erfunden habe, in der der Humor eine zentrale Rolle spiele.
Mein erster Eindruck war entsprechend: Ich beobachtete fasziniert, wie Farrelly fröhlich und hemmungslos alle Regeln der Psychotherapie verletzte, die mir in den letzten 15 Jahren nach Abschluss meines Psychologiestudiums als unantastbar beigebracht worden waren. Es war ein Hochgenuss und ich verfiel der Provokativen Therapie sofort mit Haut und Haaren! Wenn das Therapie war, wollte ich unbedingt mehr darüber wissen. Ich sagte zu Frank:„Ich bin verwirrt. Sie beleidigen die Klienten und alle amüsieren sich königlich und sagen hinterher, sie hätten sich noch nie so akzeptiert und verstanden gefühlt. There must be something more!“ -„Yes, there is something more!“, sagte er mit einem Lächeln, und bot mir an, am nächsten Tag ein so genanntes„Module“ (eine 25-minütige Live-Arbeit im Workshop) mit ihm zu machen. Es war ein unvergessliches Erlebnis.
Farrelly ging es zunächst wie allen genialen Erfindern, die ihrer Zeit um Jahrzehnte voraus sind: Er wurde wegen seiner neuen Vorgehensweise in der Luft zerrissen. Farrelly arbeitete damals in einer psychiatrischen Klinik mit schwer gestörten Patienten und es wurde ihm bescheinigt, dass seine Ergebnisse beeindruckend, aber seine Methode untragbar sei. Nur wenige erkannten das Potential, das in dieser Methode liegt, unter anderen der damals bereits betagte Carl Rogers, der gesagt haben soll:„Wenn ich jung wäre, würde ich Farrellys neuen Therapieansatz probieren“.
Farrelly und die Provokative Therapie polarisieren bis heute, sie lassen niemanden kalt. Frank wurde daher von vielen geliebt aber auch immer wieder angegriffen, speziell von denen, die ihn und die Provokative Therapie nur vom Hörensagen kannten:„Sowas kann man doch nicht machen!“, sagten sie entrüstet, getreu dem Motto:„Je prägnanter die Urteile eines Menschen umso weniger von Sachkenntnis getrübt!“ An den auch heute noch auftauchenden empörten Reaktionen mancher Außenstehender kann man ablesen, dass die Provokative Therapie selbst nach fünfzig Jahren noch nicht zum therapeutischen Allgemeingut gehört und unserer Zeit immer noch weit voraus ist.
Was an der Provokativen Therapie entzweit die Geister so heftig? Es ist eine sehr komplexe Vorgehensweise und in Kurzform könnte man sagen: Der Kontrast zwischen der Oberfläche, also dem nackten Inhalt des gesprochenen Wortes, und der dahinter stehenden wertschätzenden Grundhaltung des Anwenders wird nicht für jeden sofort sichtbar. Das hinter der Provokativen Therapie stehende sehr positive, wohlwollende und unterstützende Menschenbild, das sich auf die Fähigkeiten des einzelnen und seine Selbstverantwortung konzentriert, hat der Therapeut im Hinterkopf, aber was er ausspricht, klingt ganz anders. Frank selbst sprach immer vom„open heart chacra“, das für die provokative Arbeit unerlässlich sei. Für ihn war das so selbstverständlich wie atmen. Eine von Franks Klientinnen beschrieb ihn einmal folgendermaßen:„He is the kindest, most understanding man I have ever met in my whole life, wrapped up in the biggest son-of-a-bitch I have ever met!“.
Es ist deshalb ein Riesenunterschied, ob man diese Therapieform als Beobachter oder als direkt betroffener Klient erlebt. Die Klienten spüren die liebevolle Akzeptanz, während die Beobachter oft nur die unverfrorene„Unverschämtheit“ sehen und hören. Sowohl in Franks Workshops als auch in meinen provokativen Fortbildungen waren und sind die Beobachter der Live-Arbeiten häufig überzeugt, sie würden sich so niemals behandeln lassen. Es überrascht sie dann sehr, dass die Klienten sich stets angenommen und verstanden fühlen und sogar oft sagen,„das war doch gar nicht so provokativ“. Sobald sie dann selbst als Klienten fungiert haben, schließen sie sich dieser Meinung an.
Frank hat uns stets in der Auffassung unterstützt, dass Provokative Therapie nicht nur eine Therapieform, sondern eine geistige, fast philosophische innere Haltung ist. Wer diese Grundhaltung verstanden und verinnerlicht hat, muss keine starren Regeln einhalten, sondern kann den provokativen Ansatz passend zur eigenen Persönlichkeit umsetzen. Das gilt auch für Anwender, die gar nicht explizit oder nur noch provokativ arbeiten wollen. Provokative Vorgehensweisen lassen sich in praktisch jedes Umfeld einbauen: in Therapie und Beratung, Coaching, Training, Mediation und Management. Auch in der privaten Kommunikation verhelfen sie zu reibungsloserem, positiverem Umgang miteinander. Frank hat daher weltweit unzähligen Menschen zu mehr Effizienz und Freude bei der Arbeit und im Privatleben verholfen. Dafür sind wir ihm sehr dankbar!
Da die Provokative Therapie so ungewöhnlich und komplex ist, gab es immer wieder Stimmen, die behaupteten: Nur Frank Farrelly kann Provokative Therapie machen! Frank meinte dazu grinsend, er wisse nicht nur von vielen, weltweit provokativ arbeitenden männlichen Kollegen, er kenne sogar blonde Frauen, die das auch könnten, selbst wenn sie aus dem für seine Humorlosigkeit weltbekannten Deutschland stammten. Das ist ein typisches Frank-Kompliment.
Ich verdanke Frank unendlich viel. Ich kenne ihn seit fast 30 Jahren und er hat nicht nur meine Berufslaufbahn entscheidend geprägt, denn ohne ihn gäbe es kein D.I.P. (das Deutsche Institut für Provokative Therapie) mit seiner großen Gemeinde professioneller Kommunikatoren, denen durch provokative Arbeit das Leben erleichtert wurde. Fr
ank wurde auch zu einem sehr engen, loyalen, geliebten und geschätzten Freund. Für unsere ganze Familie – mich, meinen Mann und unsere Kinder – war er jahrzehntelang eine feste Größe, da er auf seinen Workshop-Reisen teilweise wochenlang bei uns wohnte, wobei uns allen die humorvoll-provokative Kommunikation ganz nebenbei in Fleisch und Blut überging.
Wir haben noch nicht ganz begriffen, dass Frank nun endgültig gegangen ist, aber nach seiner Definition ist er das auch nicht. Für mich ist Franks feste Überzeugung eines Lebens nach dem Tode und eines Wiedersehens mit geliebten Menschen nur eine mögliche, sehr schöne Idee. Für Frank aber war es eine Tatsache, kein Glaubenssatz. Er nannte mich daher„my Munich sceptic“ und erläuterte mir nachdrücklich, dass bei meinem Tod eine wunderbare Überraschung auf mich warte. Er versprach, mich zu kontaktieren, wenn er zuerst hinüber wechsle („crossing over“, wie er das nannte) und zwar nicht als Geist im weißen Nachthemd um Mitternacht, sondern so, dass ich keinen Herzinfarkt bekomme. Ich warte und freue mich darauf!
Aber auch wenn er mir nicht erscheint, sehe ich ihn vor mir, spüre sein Wohlwollen und höre seine Stimme und sein Lachen. Damit bin ich nicht alleine, denn Frank hat das Leben unzähliger Menschen auf der ganzen Welt grundlegend beeinflusst. Er wird in seinem Werk weiterleben. 

16. Februar 2013
von Tom Levold
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Metaphern-Schatzkiste

Bei Vandenhoeck & Ruprecht ist im vergangenen Jahr„Die Metaphern-Schatzkiste. Systemisch arbeiten mit Sprachbildern“ von Holger Lindemann & Christiane Rosenbohm erschienen, das laut Klappentext ein Grundverständnis für den Aufbau und die Funktion von Metaphern, Methoden zur Arbeit mit Metaphern sowie einen großen Metaphern-Wortschatz vermittelt. Auf einer beiliegenden DVD ist eine umfangreiche Metaphern-Datenbank beigefüht. Klaus Schenck aus Hirschberg hat das Buch gelesen und empfiehlt es der Leserschaft von systemagazin:„Das Buch hält, was der Titel – selbst schon metaphorisch – verspricht: Es liefert eine randvolle Kiste zum Wühlen in Sprachbildern, in der man immer wieder auf funkelnde Schätze für die eigene Beratungspraxis stoßen kann. Es liefert zugleich Hintergründe, Anleitungen, Sortierhilfen, Kopiervorlagen und gute Illustrationen, zahlreiche Verweise auf weiterführendes Material, eine Datenbank auch zum selbst weiter Befüllen sowie zwei Videodokumentationen von Beratungsprozessen, die Metaphern nutzen. Kurzum: Für mich, der gerne berät und dabei gerne versiert und sensibel mit Sprache umgeht, war das Buch ein Gewinn!“
Zur vollständigen Rezension… 

15. Februar 2013
von Tom Levold
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Das Selbst und die systemische Therapie

In einem Artikel für die„systeme“ (Heft 2/94) von Corina Ahlers„werden Konzepte zum Begriff ‚Selbst‘ in ihrer speziellen Bedeutung für ein systemisches Therapieverständnis gegenübergestellt“, wie es im abstract heißt. Verschiedene Positionen, z.B. von William James, Gregory Bateson, Gergen, Goolishian oder Hildenbrand, werden in bezug auf ihre Relevanz im Rahmen einer systemischen Betrachtung der Person miteinander verglichen. Daraus folgende Unterschiede in Wahrnehmung und Haltung der Therapeuten und Therapeutinnen bzw. der Klienten und Klientinnen werden anschliessend diskutiert“. Zum vollständigen Text: C. Ahlers: Das Selbst und die systemische Therapie

13. Februar 2013
von Tom Levold
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Beziehung als systemtheoretischer Begriff

Heute ist Aschermittwoch, da ist (zumindest in Köln) alles vorbei! Systemtheoretisch gesehen eine gute Gelegenheit, von der Fleischeslust wieder auf Theorielust umzustellen :-). Johannes F.K. Schmidt hat 2007 in„Soziale Systeme“ einen interessanten Aufsatz über die„Beziehung als systemtheoretischer Begriff“ verfasst, der in der Zeitschrift„Soziale Systeme“ erschienen ist. Im abstract heißt es:„Den Begriff der sozialen Beziehung kann man sozialtheoretisch, aber auch differenzierungstheoretisch verstehen. Hinsichtlich der erstgenannten Lesart – Sozialität als Beziehung zwischen Menschen – findet man bei Luhmann eine polemische Ablehnung, während er die zweite Lesart – Beziehung als eine spezifische soziale Form – in einer theoretisch weitgehend unkontrollierten Art verwendet und eine Abstimmung mit dem Theorem der sozialen Differenzierung (Interaktion, Organisation, Gesellschaft) nicht vorgenommen hat. Es ist aber gerade die Luhmannsche Lesart des Interaktionsbegriffs in der Nachfolge Goffmans, die die Systemtheorie gegenüber Phänomenen wiederholter Interaktion seltsam sprachlos erscheinen lässt. Deshalb wird hier vorgeschlagen, den Beziehungsbegriff als eine Selbstbeschreibung eines spezifischen sozialen Systems in Form der Interdependenz von Interaktionen zu verstehen“. Wer schon wieder nüchtern ist, oder Karneval gänzlich unbeschadet überstanden hat, findet
den vollständigen Text hier …

12. Februar 2013
von Tom Levold
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Wird Berlusconi neuer Papst?

Nachdem am Rosenmontag Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt zum Ende des Monats angekündigt hat, hat der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi (Foto: wikipedia) am Veilchendienstag in einem Schreiben an die Kurie seine Ambitionen auf die Nachfolge im Papstamt bekundet. Für ihn würde sich damit ein alter Traum erfüllen. „Die Kirche braucht in diesen schwierigen Zeiten einen wirklich fähigen Führer, der nicht nur moralisch, sondern auch wirtschaftlich wieder Schwung in die Kirche bringen kann“, heißt es in einem Brief, den Berlusconi in Verbindung mit einer kleinen finanziellen Zuwendung allen Kardinälen der katholischen Kirche zukommen ließ. „Als wichtigster Unternehmer und Politiker Italiens habe ich hinreichend bewiesen, wie man so etwas macht“, heißt es weiter in diesem Schreiben, „in einem joint venture mit dem lieben Gott werde ich auch die katholische Kirche wieder auf den Weg zu einer Spitzenmarke bringen“. Dafür sei allerdings in erster Linie eine Rückbesinnung auf bewährte Traditionen notwendig, ohne die die Abwanderung der Gläubigen in den westlichen Ländern nicht gestoppt werden könne. „Kirche ist in den vergangenen Jahrhunderten immer langweiliger geworden und gegenwärtig einfach nicht mehr sexy genug“, schreibt Berlusconi. Zu den Sofortmaßnahmen, die er nach seiner Wahl einzuführen beabsichtigt, gehöre die Abschaffung des Zölibates: „Es gibt so viele wunderhübsche junge Frauen auf der Welt, es wäre eine Schande, wenn die nur für die anderen da sein sollten. Der Schoß der Kirche darf nicht nur eine Metapher sein“, ist in dem Brief an die Kardinäle zu lesen. Berlusconi geht zwar nicht soweit, das Priesteramt in die Hände von Frauen legen zu wollen, es gebe aber „zahllose sinnvolle Tätigkeiten für hübsche junge Damen ab 16 auch in der katholischen Kirche“.
Vor allem müsse in der Frage, was eine Sünde sei und wie man damit umgehen solle, wieder Anschluss an die Zeit der größten kirchlichen Blüte gefunden werden. Diese sei zu Unrecht in Verruf geraten. Über Jahrhunderte sei es dem Klerus vergönnt gewesen, Gelder einzutreiben, Ländereien zu besitzen und rauschende Feste mit den besten Freunden (in Italien als Bunga-Bunga bekannt) zu feiern. Das habe immerhin für einen stetigen Personalzufluss im Klerus gesorgt, von dem heute keine Rede mehr sein könne. Man dürfe sich nicht wundern, wenn die fähigsten Männer heutzutage in die Finanzwirtschaft statt in die Kirche gingen. Es gehe ihm nicht darum, die Sünde abzuschaffen, so Berlusconi, „denn darin liegt natürlich auch ein gewisser Reiz“. Allerdings werde er als Papst so schnell wie möglich wieder ein System von Ablasszahlungen einführen, das er als „klassisches Win-Win-System“ bezeichnet: „Ablasszahlungen sind zu hundert Prozent marktkompatibel: sie ermöglichen nicht nur Genuss ohne Reue vom einfachen Gläubigen bis hin zur Kirchenspitze, sondern bringen auch mit einem System abgestufter Gebühren für arm und reich wieder die nötigen Einnahmen in die Kasse“. Zur Vermarktung dieser Geschäftsidee plane er die Errichtung eines neuen Fernsehsenders „Ablass-TV“, der den Zusammenhang von Sünde und Vergebung auch für ein breites Publikum attraktiv aufbereiten könne.
Dass er selbst bislang weder Kardinal noch Priester ist, sieht Berlusconi nicht als Hinderungsgrund an. „Auch früher konnte man durch entsprechende Zuwendungen in ein solches Amt gelangen, womit immerhin sichergestellt werden konnte, dass auch in der Kirche die gesellschaftlichen Elite eine Rolle spielte. Dafür müssen wir auch heute wieder Sorge tragen“. Berlusconi versichert, dass es am nötigen Geld seinerseits nicht fehlen soll. In ersten Reaktionen aus dem Kreis der Kardinäle ist von interessanten, vielversprechenden Gedanken die Rede, die einer sorgfältigen Prüfung bedürften. 

9. Februar 2013
von Tom Levold
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30. Jahre ZSTB

Die„Zeitschrift für systemische Therapie und Beratung“ hat nun 30 Jahre auf dem Buckel und geht mit dem aktuellen Heft in den 31. Jahrgang – eine tolle Leistung, Gratulation! Herausgeberin Cornelia Tsirigotis hat ihr Editorial unter das Thema„Kooperation unter erschwerten Bedingungen“ gestellt:„ZSTB Beginnt im ersten Heft des Jahres 2013 mit unterschiedlichen Herausforderungen, denen Beraterinnen und Therapeutinnen im systemischen Feld in der Praxis entgegensehen. Das Herstellen kooperativer Arbeitsbeziehungen scheint auch im Umgang mit erschwerten Bedingungen eine entscheidende Klammer darzustellen. In den 30 Jahren ihres Bestehens(…) hat sich ZSTB im Diskurs mit therapeutischen Ansätzen, Schulen oder Ideen bewegt, die für ihre gemeinsame Arbeit mit – kundigen – Menschen Beschreibungen wie kollaborative, dialogisch oder partizipativ gefunden haben. Das Herstellen von Kooperation – für eine gemeinsame Zeit der therapeutischen oder beraterischen Zusammenarbeit – erweist sich als Herausforderung an die Kunst der Profession auch mit denjenigen, denen das Attribut „schwierig“ zugeschrieben wird, in Kontexten, die gerne als „belastet“, „hoch strittig“ oder gar „therapieresistent“ bezeichnet werden“. Die Aufsätze des aktuellen Heftes kreisen um Themen wie grenzüberschreitendes Verhalten von Männern, Arbeit mit sexuell übergriffigen Kindern und Jugendlichen, Netzwerkproblemen bei Familienkonflikten u.a., das alles garniert mit Tagungsberichten und Rezensionen.
Zum vollständigen Inhaltsverzeichnis mit allen abstracts…

6. Februar 2013
von Tom Levold
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Wird die Bundesregierung durch Drohnen ersetzt?

Berlin – In Zuge der aktuellen Entwicklungen um die Ministerin für Wissenschaft und Forschung ist ein internes Strategie-Papier aus dem Bundeskanzleramt (Foto: Wikimedia.org) bekannt geworden, das den Einsatz von unbemannten Drohnen anstelle der gegenwärtigen Regierungsmitglieder mindestens bis zur Bundestagswahl vorschlägt. Die zunehmenden Skandale um Mitglieder der Bundesregierung erschütterten das Vertrauen in die Politik und minderten die Chancen einer Wiederwahl im September 2013. Was sich in der Verteidigungspolitik in Afghanistan und anderswo bewährt habe, dürfe in der Verteidigung der Koalitionspolitik zuhause kein Tabu sein, heißt es in dem Papier.„Drohnen sind das ideale Mittel, unsere Politik sachlich und frei von persönlichen Schwächen durchzuführen und zu präsentieren. Sie reagieren nicht emotional, lassen sich nicht unter Druck setzen und halten sich mit inhaltlichen Aussagen zurück“, schildert das Dokument die Vorzüge der Roboter. Vor allem könne man davon ausgehen,„dass Drohnen keine Plagiate als Promotionsarbeiten einreichen, niemanden sexuell belästigen, keine Teppiche ins Land schmuggeln, keine Schwarzgelder waschen, Kollegen nicht beleidigen, weniger ausländerfeindliche Sprüche machen, besseres Englisch sprechen und nur dann lügen, wenn es sinnvoll ist“, heißt es weiter. Außerdem könne sich Deutschland diesem technologischen Fortschritt nicht verschließen:„Wir können nicht sagen: Wir bleiben bei der Postkutsche, während alle anderen die Eisenbahn entwickeln“. Der Einsatz von Drohnen könne noch am ehesten einen Wahlerfolg für die Regierungskoalition sicherstellen. Die Fortschritte in der Produktion erlauben mittlerweile die Herstellung von Drohnen, die den zu ersetzenden Regierungsmitgliedern zum Verwechseln ähnlich sehen, so dass die Bevölkerung den Wechsel nicht bemerken würde. Ethische Bedenken könnten dem Papier zufolge daher nicht geltend gemacht werden, da die betroffenen Ministerinnen und Minister in Ehren und bei vollen Bezügen beurlaubt werden sollen. Weitere Rücktritte erübrigten sich daher. Die Kontrolle über den Einsatz der Drohnen liegt alleine bei Angela Merkel. Von seiten unabhängiger Experten ist seit einiger Zeit der Verdacht zu hören, dass es sich bei der Bundeskanzlerin selbst um den Prototyp einer unbemannten Drohne handeln könne, da sie keine Angriffsflächen wie ihre Minister biete und gleichzeitig alle geschilderten Vorzüge von Drohnen aufweise. Eine Überprüfung dieser These hat sich bislang allerdings als schwer durchführbar erwiesen.

5. Februar 2013
von Tom Levold
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Die Befehle des Alltags. Glosse von Hartwig Hansen

„Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl!“
Nein, das ist keine ermutigende Aufforderungsformulierung, die ich in der letzten Beratung verwendet habe, sondern steht mit großen Lettern auf einer Plakatwand, an der ich gestern auf dem Weg zur Arbeit vorbeifuhr.
Ach, wieder so ein Imperativ, was wir zu tun und zu lassen haben.
Diesmal also „Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl!“ Und darunter „Vertrauen Sie uns! Schauinsland Reisen“.
Mein Bauchgefühl sagt: Das ist dreist! Ich kenne die doch gar nicht … Wieso befehlen sie mir, dass ich ihnen vertrauen soll?
Vor Weihnachten waren mir die Plakate der „Hamburger Tafel“ aufgefallen. Darauf das Motiv eines strengen Nikolaus und der Slogan: „Schauen Sie nicht weg!“
Übersetzt: Anderen geht es nicht so gut wie Ihnen – Schauen Sie nicht weg, spenden Sie für die Tafel! Boah, fehlte nur noch die Rute des Nikolaus’ auf den Plakaten und die Mahnung: „Warst du denn auch immer artig?“
Besonders auf die Nerven gehen mir diese permanenten „Jetzt wechseln!“-Aufrufe, die einen geradezu anschreien im Alltag. Wechseln Sie jetzt Ihren Mobilfunktarif, Ihren Pay-TV-Anbieter, Ihre Haarfarbe usw. Eine große Hamburger Bank wirbt mit dem Slogan: „Mit dem offiziellen HSV-Konto ist der HSV immer an Ihrer Seite. Jetzt wechseln!“
Will ich den HSV immer an meiner Seite? Nicht dass ich wüsste.
Was soll ich bitte schön noch alles ändern in meinem Leben? Und zwar sofort!
„Hier aussteigen für die Karriere!“, schlägt eine Zeitarbeitsfirma in der S-Bahn vor.
Den Sicherheitshinweis: Aber bitte nicht während der Fahrt … suche ich allerdings vergebens.
Dafür fehlt in den Waggons nicht das Warnschild über den Türen: „Kommen Sie nicht auf die schiefe Bahn!“ Das meint nun allerdings die schiefe Bahn des Schwarzfahrens.
Im Grunde werden wir jeden Tag angeschrien und gemaßregelt: Befehle, Imperative, Ausrufezeichen im öffentlichen Raum, wo man hinschaut. Von der leidigen Werbung im Fernsehen ganz zu schweigen.
Mir gefällt das nicht, genauso wenig wie im privaten Telefongespräch, wenn ich dann mal wieder höre: „Mach’s gut!“ oder „Werd schnell wieder gesund!“ – Das ist anstrengend.
„Erfüllen Sie sich Ihre Träume!“ Raten Sie mal, wer mir das entgegenschleudert.
Das kann alles sein, da haben Sie recht. Diesmal ist es ein Synonym für: Notleidende Banken bitten um Ihre Hilfe bei ihrer Rettung. Nehmen Sie jetzt Ihren persönlichen Privatkredit auf! Sonst verdienen wir nichts mehr. „Erfüllen Sie sich Ihre Träume!“ Logisch.
Das beste Imperativ-Plakat fand ich allerdings vor ein paar Wochen in einem Einkaufszentrum. Das Schild im Schaufenster war schlicht, aber deutlich: „Jetzt stricken lernen!“
Ich schaute durchs Fenster in den Verkaufsraum: Die Wandregale voll von Wollknäueln und Strickzeitschriften. Ich fühlte mich nicht wirklich angesprochen, musste aber kurz überlegen, was passieren würde, wenn ich nicht sofort diesen Laden betreten und kundtun würde: „Sie haben recht. Ja, ich muss heute noch stricken lernen!“
Wahrscheinlich würde ich sofort den Weltuntergang auslösen.
Dann vielleicht doch lieber sofort stricken lernen!
Wie war das noch? Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl!
Meins sagt: Lasst mich doch alle in Ruhe!!!

Hartwig Hansen

3. Februar 2013
von Tom Levold
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Systemische Therapie. Grundlagen klinischer Theorie und Praxis

Das Buch„Systemische Therapie. Grundlagen klinischer Theorie und Praxis“ von Kurt Ludewig ist 1992 erschienen und gehört zu den mit Abstand am meisten zitierten Werken der Systemischen Therapie hierzulande. Der Verlag, Klett-Cotta, hat sich entschieden, keine Neuauflagen mehr aufzulegen, so dass das Buch nur noch antiquarisch erhältlich ist. Kurt Ludewig, der das Copyright damit zurückerhalten hat, stellt freundlicherweise das Manuskript seines Buches als PDF für die systemische Bibliothek des systemagazin für alle Leserinnen und Leser zur Verfügung (für evtl. Zitationen ist darauf zu achten, dass es sich zwar um die veröffentlichte Fassung handelt, die Seitenzahlen aber nicht identisch mit dem Buchlayout des Verlages sind). Auf diese Weise bleibt dieses wichtige Buch für alle Interessierten weiterhin zugänglich. Dafür sei ihm an dieser Stelle ganz herzlich gedankt!
Zum vollständigen Text geht es hier…

31. Januar 2013
von Tom Levold
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Murray Bowen (31.1.1913-9.10.1990)

Heute wäre Murray Bowen 100 Jahre alt geworden, ein Altmeister der Familientherapie und einer der ersten, der versucht hat, systemtheoretische Konzepte auf das Verständnis der Familiendynamik anzuwenden. In der Systemischen Therapie heutiger Prägung spielte er keine besonders große Rolle mehr, obwohl es bis heute eine lebendige Tradition in der Vermittlung und Anwendung seiner Konzepte gibt. Zuletzt gab es im Kontext 1/2012 einen Artikel von Anke Groß über ihn zu lesen. In einem Text von Jenny Brown„Bowen Family Systems Theory and Practice: Illustration and Critique“ für das Australian and New Zealand Journal of Family Therapy 1999 wird der Ansatz von Bowen ebenfalls dargestellt:„This paper will give an overview of Murray Bowen’s theory of family systems. It will describe the model’s development and outline its core clinical components. The practice of therapy will be described as well as recent developments within the model. Some key criticisms will be raised, followed by a case example which highlights the therapeutic focus of Bowen’s approach“
Zum vollständigen Text…

29. Januar 2013
von Tom Levold
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Psychiatrie im Nationalsozialismus

Heute vor 80 Jahren fand die Machtergreifung der Nationalsozialisten In Deutschland statt. Ein Anlass, den zahllosen Opfern des nationalsozialistischen Terrors zu gedenken. In großer Zahl gehörten neben den Juden und Widerstandskämpfern, den Homosexuellen und den Sinti und Roma auch psychiatrisch Erkrankte und geistig Behinderte dazu. Die eugenisch begründete Vernichtung„lebensunwerten Lebens“ und zahllose Zwangssterilisierungen wären ohne die aktive Beteiligung der deutschen Ärzteschaft, vornehmlich der Psychiater, nicht möglich gewesen. Doch ähnlich wie in der Justiz ist nach dem Ende des Terrors niemand der Beteiligten zur Rechenschaft gezogen worden, ja schlimmer noch, viele agierten in der Nachkriegszeit als psychiatrische Gutachter und lehnten Schadensersatzansprüche von Betroffenen und Hinterbliebenen ab. Die psychiatrische Fachgesellschaft nahm diese Verbrechen und ihre eigene Beteiligung daran bis zum Ende des letzten Jahrhunderts offiziell nicht zur Kenntnis, von einer Entschuldigung ganz zu schweigen. Es dauerte bis zu einer Gedenkveranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde im November 2010, auf der der damalige Präsident der Gesellschaft, Frank Schneider, die passenden Worte fand und die Verantwortung der Psychiater für ihre Teilnahme am Massenmord an Unschuldigen eingestand.
Seine Rede kann hier im Wortlaut nachgelesen werden…

29. Januar 2013
von Tom Levold
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Langsame Paartherapie

Langsame Paartherapie? Haben wir nicht gelernt, zielstrebig nach Lösungen zu suchen? In Paartherapien geht es häufig um etwas anderes. Wenn die Beziehungsreserven aufgebraucht sind, die Liebe verdampft ist und die Beteiligten nur noch wenig Hoffnung hegen, ihre Beziehung wieder in einen Bereich positiver Erfahrungen zu bringen, so schreibt Ilse Gschwend in ihrem Vorwort zu Konrad Peter Grossmanns jüngstem Buch, fügt eine schnelle Gangart zum Beziehungsstress auch noch Lösungsstress hinzu: „Kooperative Therapie – so verdeutlicht es uns der Autor anschaulich – benötigt dauernde Passungsschritte, die wir als Paartherapeuten in verlangsamte Atmosphäre anbieten können.“ Um einen Einblick in das Buch zu bekommen, gibt es heute im systemagazin das siebte Kapitel über„Problem-Lösungs-Übergänge“ als Vorabdruck zu lesen. Eigentlich handelt es sich um einen nach Abdruck, da das Erscheinungsdatum des Buches schon ein paar Wochen zurückliegt, der Text hat sich aber nicht geändert :-).
Zum Vorabdruck