systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

5. Februar 2013
von Tom Levold
Keine Kommentare

Die Befehle des Alltags. Glosse von Hartwig Hansen

„Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl!“
Nein, das ist keine ermutigende Aufforderungsformulierung, die ich in der letzten Beratung verwendet habe, sondern steht mit großen Lettern auf einer Plakatwand, an der ich gestern auf dem Weg zur Arbeit vorbeifuhr.
Ach, wieder so ein Imperativ, was wir zu tun und zu lassen haben.
Diesmal also „Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl!“ Und darunter „Vertrauen Sie uns! Schauinsland Reisen“.
Mein Bauchgefühl sagt: Das ist dreist! Ich kenne die doch gar nicht … Wieso befehlen sie mir, dass ich ihnen vertrauen soll?
Vor Weihnachten waren mir die Plakate der „Hamburger Tafel“ aufgefallen. Darauf das Motiv eines strengen Nikolaus und der Slogan: „Schauen Sie nicht weg!“
Übersetzt: Anderen geht es nicht so gut wie Ihnen – Schauen Sie nicht weg, spenden Sie für die Tafel! Boah, fehlte nur noch die Rute des Nikolaus’ auf den Plakaten und die Mahnung: „Warst du denn auch immer artig?“
Besonders auf die Nerven gehen mir diese permanenten „Jetzt wechseln!“-Aufrufe, die einen geradezu anschreien im Alltag. Wechseln Sie jetzt Ihren Mobilfunktarif, Ihren Pay-TV-Anbieter, Ihre Haarfarbe usw. Eine große Hamburger Bank wirbt mit dem Slogan: „Mit dem offiziellen HSV-Konto ist der HSV immer an Ihrer Seite. Jetzt wechseln!“
Will ich den HSV immer an meiner Seite? Nicht dass ich wüsste.
Was soll ich bitte schön noch alles ändern in meinem Leben? Und zwar sofort!
„Hier aussteigen für die Karriere!“, schlägt eine Zeitarbeitsfirma in der S-Bahn vor.
Den Sicherheitshinweis: Aber bitte nicht während der Fahrt … suche ich allerdings vergebens.
Dafür fehlt in den Waggons nicht das Warnschild über den Türen: „Kommen Sie nicht auf die schiefe Bahn!“ Das meint nun allerdings die schiefe Bahn des Schwarzfahrens.
Im Grunde werden wir jeden Tag angeschrien und gemaßregelt: Befehle, Imperative, Ausrufezeichen im öffentlichen Raum, wo man hinschaut. Von der leidigen Werbung im Fernsehen ganz zu schweigen.
Mir gefällt das nicht, genauso wenig wie im privaten Telefongespräch, wenn ich dann mal wieder höre: „Mach’s gut!“ oder „Werd schnell wieder gesund!“ – Das ist anstrengend.
„Erfüllen Sie sich Ihre Träume!“ Raten Sie mal, wer mir das entgegenschleudert.
Das kann alles sein, da haben Sie recht. Diesmal ist es ein Synonym für: Notleidende Banken bitten um Ihre Hilfe bei ihrer Rettung. Nehmen Sie jetzt Ihren persönlichen Privatkredit auf! Sonst verdienen wir nichts mehr. „Erfüllen Sie sich Ihre Träume!“ Logisch.
Das beste Imperativ-Plakat fand ich allerdings vor ein paar Wochen in einem Einkaufszentrum. Das Schild im Schaufenster war schlicht, aber deutlich: „Jetzt stricken lernen!“
Ich schaute durchs Fenster in den Verkaufsraum: Die Wandregale voll von Wollknäueln und Strickzeitschriften. Ich fühlte mich nicht wirklich angesprochen, musste aber kurz überlegen, was passieren würde, wenn ich nicht sofort diesen Laden betreten und kundtun würde: „Sie haben recht. Ja, ich muss heute noch stricken lernen!“
Wahrscheinlich würde ich sofort den Weltuntergang auslösen.
Dann vielleicht doch lieber sofort stricken lernen!
Wie war das noch? Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl!
Meins sagt: Lasst mich doch alle in Ruhe!!!

Hartwig Hansen

3. Februar 2013
von Tom Levold
Keine Kommentare

Systemische Therapie. Grundlagen klinischer Theorie und Praxis

Das Buch„Systemische Therapie. Grundlagen klinischer Theorie und Praxis“ von Kurt Ludewig ist 1992 erschienen und gehört zu den mit Abstand am meisten zitierten Werken der Systemischen Therapie hierzulande. Der Verlag, Klett-Cotta, hat sich entschieden, keine Neuauflagen mehr aufzulegen, so dass das Buch nur noch antiquarisch erhältlich ist. Kurt Ludewig, der das Copyright damit zurückerhalten hat, stellt freundlicherweise das Manuskript seines Buches als PDF für die systemische Bibliothek des systemagazin für alle Leserinnen und Leser zur Verfügung (für evtl. Zitationen ist darauf zu achten, dass es sich zwar um die veröffentlichte Fassung handelt, die Seitenzahlen aber nicht identisch mit dem Buchlayout des Verlages sind). Auf diese Weise bleibt dieses wichtige Buch für alle Interessierten weiterhin zugänglich. Dafür sei ihm an dieser Stelle ganz herzlich gedankt!
Zum vollständigen Text geht es hier…

31. Januar 2013
von Tom Levold
Keine Kommentare

Murray Bowen (31.1.1913-9.10.1990)

Heute wäre Murray Bowen 100 Jahre alt geworden, ein Altmeister der Familientherapie und einer der ersten, der versucht hat, systemtheoretische Konzepte auf das Verständnis der Familiendynamik anzuwenden. In der Systemischen Therapie heutiger Prägung spielte er keine besonders große Rolle mehr, obwohl es bis heute eine lebendige Tradition in der Vermittlung und Anwendung seiner Konzepte gibt. Zuletzt gab es im Kontext 1/2012 einen Artikel von Anke Groß über ihn zu lesen. In einem Text von Jenny Brown„Bowen Family Systems Theory and Practice: Illustration and Critique“ für das Australian and New Zealand Journal of Family Therapy 1999 wird der Ansatz von Bowen ebenfalls dargestellt:„This paper will give an overview of Murray Bowen’s theory of family systems. It will describe the model’s development and outline its core clinical components. The practice of therapy will be described as well as recent developments within the model. Some key criticisms will be raised, followed by a case example which highlights the therapeutic focus of Bowen’s approach“
Zum vollständigen Text…

29. Januar 2013
von Tom Levold
Keine Kommentare

Psychiatrie im Nationalsozialismus

Heute vor 80 Jahren fand die Machtergreifung der Nationalsozialisten In Deutschland statt. Ein Anlass, den zahllosen Opfern des nationalsozialistischen Terrors zu gedenken. In großer Zahl gehörten neben den Juden und Widerstandskämpfern, den Homosexuellen und den Sinti und Roma auch psychiatrisch Erkrankte und geistig Behinderte dazu. Die eugenisch begründete Vernichtung„lebensunwerten Lebens“ und zahllose Zwangssterilisierungen wären ohne die aktive Beteiligung der deutschen Ärzteschaft, vornehmlich der Psychiater, nicht möglich gewesen. Doch ähnlich wie in der Justiz ist nach dem Ende des Terrors niemand der Beteiligten zur Rechenschaft gezogen worden, ja schlimmer noch, viele agierten in der Nachkriegszeit als psychiatrische Gutachter und lehnten Schadensersatzansprüche von Betroffenen und Hinterbliebenen ab. Die psychiatrische Fachgesellschaft nahm diese Verbrechen und ihre eigene Beteiligung daran bis zum Ende des letzten Jahrhunderts offiziell nicht zur Kenntnis, von einer Entschuldigung ganz zu schweigen. Es dauerte bis zu einer Gedenkveranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde im November 2010, auf der der damalige Präsident der Gesellschaft, Frank Schneider, die passenden Worte fand und die Verantwortung der Psychiater für ihre Teilnahme am Massenmord an Unschuldigen eingestand.
Seine Rede kann hier im Wortlaut nachgelesen werden…

29. Januar 2013
von Tom Levold
Keine Kommentare

Langsame Paartherapie

Langsame Paartherapie? Haben wir nicht gelernt, zielstrebig nach Lösungen zu suchen? In Paartherapien geht es häufig um etwas anderes. Wenn die Beziehungsreserven aufgebraucht sind, die Liebe verdampft ist und die Beteiligten nur noch wenig Hoffnung hegen, ihre Beziehung wieder in einen Bereich positiver Erfahrungen zu bringen, so schreibt Ilse Gschwend in ihrem Vorwort zu Konrad Peter Grossmanns jüngstem Buch, fügt eine schnelle Gangart zum Beziehungsstress auch noch Lösungsstress hinzu: „Kooperative Therapie – so verdeutlicht es uns der Autor anschaulich – benötigt dauernde Passungsschritte, die wir als Paartherapeuten in verlangsamte Atmosphäre anbieten können.“ Um einen Einblick in das Buch zu bekommen, gibt es heute im systemagazin das siebte Kapitel über„Problem-Lösungs-Übergänge“ als Vorabdruck zu lesen. Eigentlich handelt es sich um einen nach Abdruck, da das Erscheinungsdatum des Buches schon ein paar Wochen zurückliegt, der Text hat sich aber nicht geändert :-).
Zum Vorabdruck…

27. Januar 2013
von Tom Levold
Keine Kommentare

Essays on sorrow and loss

In der letzten Ausgabe von„Family Process“ sind überwiegend Forschungsarbeiten zu finden (zum Thema Paarbeziehungen, Familien mit jungen Kindern und Familie und Gesundheit). Darüber hinaus finden wir aber zwei interessante Aufsätze von Kaethe Weingarten über anhaltende Traurigkeit bei Menschen, die eine„schmerzhafte Diskrepanz zwischen dem, was sie einmal waren und was sie jetzt sind“, erleben und von Pauline Boss und Donna Carnes über den„Myth of Closeness“, der besagt, dass es bei Trauerfällen darauf ankommt, zu einem Abschluss des Trauerprozesses zu kommen. Zumindest in Fällen von uneindeutigen Verlusten geht es den Autorinnen zufolge um etwas anderes:„Instead of closure, the therapeutic goal is to help people find meaning despite the lack of definitive information and finality. Hope lies in increasing a family’s tolerance for ambiguity, but first, professionals must increase their own comfort with unanswered questions“. Diese beiden Aufsätze sind auch kostenfrei online zu lesen, wahrscheinlich nur für kurze Zeit. Ein Download empfiehlt sich daher.
Zu den vollständigen abstracts…

26. Januar 2013
von Tom Levold
Keine Kommentare

Die Effektivität des Menschlichen – Argumente aus einer systemischen Perspektive

In einem schönen Vortrag, dessen nachträgliche Schriftfassung in systhema 3/98 erschienen ist, spricht sich Jürgen Kriz, im Rückgriff auf die Gestalttheorie Wolfgang Metzgers wie die Systemtheorie, gegen die landläufige Gegenüberstellung von Effektivität auf der einen, Menschlichkeit auf der anderen Seite aus.„Mit dem Ruf nach„Effektivität“ wird im gegenwärtigen Zeitgeist versucht, Menschlichkeit und humanistisch-therapeutische Werte zugunsten einer technokratisch und ökonomistisch verstandenen„Wissenschaft“ auszuhebeln. Es wird aber gezeigt, dass Wolfgang Metzgers zusammengefasste Postulate der„Arbeit am Lebendigen“ nicht als Relikte einer überkommenen Bewegung der Gestaltpsychologie oder als belächelte Schwärmereien einer humanistischen Bewegung zu verstehen sind, sondern inzwischen innerhalb moderner Naturwissenschaft als wesentliche Kriterien für einen effektiven Umgang mit Systemen gesehen werden. Das Menschliche ist somit durchaus effektiv“.
Zum vollständigen Text…

23. Januar 2013
von Tom Levold
Keine Kommentare

Ermutigungen

Unter diesem Titel sind im Paranus-Verlag„Ausgewählte Schriften“ von Dorothea Buck erschienen. Dorothea Buck ist eine ganz außergewöhnliche Persönlichkeit. Geboren 1917, erlebte sie zwischen 1936 und 1959 fünf schizophrene Schübe. Während ihrer ersten schizophrenen Episode wurde sie im Rahmen der nationalsozialistischen Eugenik-Programme in den von Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel zwangssterilisiert. Sie lebte lange als freie Bildhauerin und arbeitete von 1969 bis 1982 auch als Lehrerin für Kunst und Werken in Hamburg. Bekannt geworden ist sie maßgeblich durch ihre Tätigkeit als Mitbegründerin des Bundesverbandes der Psychiatrie-Erfahrenen, dessen Ehrenvorsitzende sie 1992 wurde. Sie trug durch viele Psychose-Seminare zum Trialog zwischen Betroffenen, Angehörigen und in der Psychiatrie Tätigen bei. Andreas Manteufel, selbst in der Psychiatrie tätig, hat das Buch für systemagazin gelesen und besprochen:„Die Bücher, und speziell das hier besprochene, von Dorothea Buck sind also in ihrer kritischen Ausrichtung ganz aktuell. Ihre Sprache ist klar und eindringlich, sie ist mahnend, aber nicht pathetisch oder polemisierend. Ihr Ziel ist es, eine Psychiatrie im Dialog und unter Mitbestimmung derer, die von psychischer Erkrankung betroffen sind, auf zu stellen. Ihrem Mut und ihrer Beharrlichkeit, mit der sie immer wieder ihre eigenen Erfahrungen weitergibt, gebührt mein Respekt“
Zur vollständigen Rezension…

22. Januar 2013
von Tom Levold
Keine Kommentare

Marokko 2014

Wer genug von Schnee, Kälte und Matsch hat, kann jetzt schon vorplanen. Vom 8.-15. Februar 2014 findet eine ganz besondere Tagung in Zagora (Marokko) statt, veranstaltet von Liane Stephan, Mohammed El Hachimi und Tom Levold. Eine Woche lang können Professionelle aus Therapie, Beratung, Supervision und Coaching an einem wunderbaren Ort am Rande der Wüste unter dem Thema„re-source“ einen kreativen Zugang zu ihren eigenen verborgenen oder ungenutzten, vergessenen oder verschütteten Ressourcen finden. Dafür steht ein Angebot an kreativ-expressiven Methoden wie Gestaltung, Malerei, Tanz, Theater, Musik usw. ebenso zur Verfügung wie ein Rahmen zur Reflexion und des Transfers der gemachten Erfahrungen in die eigene Praxis. Die 5-tägigen Workshops werden von Maria Amon (Malerei), Steve Clorfeine (Theater), Thomas Hecking (Musik), Matthias Ohler (Denken und Schreiben) und Ulrich Schlingensiepen (Fotografie) geleitet. Anke Böttcher (Rhythm) sorgt für verbindende Rhythmen und Jürgen Kriz beobachtet das Geschehen aus systemischer Perspektive. Ort ist das Riad Lamane in Zagora, die Kosten betragen für Tagungsgebühren inkl. Unterkunft und Vollpension 989,00 €. Da die Anzahl der Plätze begrenzt ist, empfiehlt sich eine baldige Buchung.
Alle Informationen zur Tagung gibt es hier…

21. Januar 2013
von Tom Levold
Keine Kommentare

Konflikte in beruflichen Partnerschaften

Mit einem besonders spannenden Thema geht die Zeitschrift „Konfliktdynamik“ in ihrem zweiten Jahrgang. Diesmal geht es um Konflikte zwischen Partnern von Gesellschaften, z.B. Gemeinschaftspraxen, Kanzleien, Instituten oder Beratungsunternehmen. Jeder, der solche Gesellschaften aus eigener Erfahrung kennt, sei es als Partner, sei es als Berater, weiß um das Konfliktpotenzial, das neben allen Vorzügen mit diesem Konstruktionen verbunden ist. Konfliktthemen sind Kommunikation, Gewinnverteilung, Einsatz von Arbeit und Energie, Aufnahme von neuen und Trennung von alten Partnern usw. Wie Markus Troja in seinem Editorial bemerkt, müssen Partner „das Verhältnis zwischen Gemeinschaft und Unabhängigkeit, Solidarität und wirtschaftlichen Kalkül immer wieder aus balancieren“. Erfahrungen aus der Paarberatung und Familienmediation sind hierbei von großem Nutzen.
Zu den vollständigen abstracts der aktuellen Ausgabe…

17. Januar 2013
von Tom Levold
Keine Kommentare

Psychiatrische Soziologie als Klinische Soziologie. Ein Beitrag zur Professionalisierung in psychiatrischen Handlungsfeldern

Unter diesem Titel gibt es in Heft 2/2009 von„Psychotherapie & Sozialwissenschaft“, das sich mit dem Thema„Klinische Soziologie“ beschäftigt und von Bruno Hildenbrand als Gastherausgeber besorgt wurde, einen lesenswerten Aufsatz von Anja Elstner und Bruno Hildenbrand aus Jena über den Stellenwert der nur vordergründig verschwundenen Soziologie in der Psychiatrie: „Es gibt »gute organisatorische Gründe für schlechte Klinikakten« (Harold Garfinkel), und es gibt gute fachliche Gründe für gute Klinikakten. Einer davon wird in diesem Beitrag behandelt. Es wird ein Konzept vorgestellt, das dazu dient, das Erstellen von Klinikakten zum einen systematisch für Professionalisierungsprozesse in Kliniken oder allgemein in stationären Einrichtungen der Behandlung von Identität einzusetzen. Zum anderen soll es dazu dienen, in Einrichtungen, die nach dem Prinzip der therapeutischen Gemeinschaft arbeiten, die Verknüpfung von professionalisierungsbedürftigen Bereichen mit nicht professionalisierungsbedürftigen Bereichen zu leisten. Dieses Konzept dient uns als Exempel für die Tätigkeit Klinischer Soziologen“
Zum vollständigen Text…

16. Januar 2013
von Tom Levold
Keine Kommentare

Das Realitätsproblem der Sozialwissenschaften: Anmerkungen zur Beobachtung des Außersozialen

Einen spannenden Aufsatz über„Das Realitätsproblem der Sozialwissenschaften“ hat David Kaldewey (Foto: fiw.uni-bonn.de) in der aktuellen Ausgabe der„Soziale Systeme“ veröffentlicht (die demnächst auch an dieser Stelle vorgestellt wird). Kaldewey ist Mitarbeiter von Rudolf Stichweh in Bonn, der an der dortigen Universität Direktor des im November 2012 gegründete„Forums Internationale Wissenschaft“ ist. Der Aufsatz von Kaldewey beschäftigt sich mit der Abgrenzung einer genuin sozialen von einer außersozialen Realität in unterschiedlichen Spielarten zwischen Realismus und Konstruktivismus bzw. einem Changieren zwischen beiden. Im abstract heißt es: Die aus einer lebensweltlichen Perspektive selbstverständliche Einbettung der Gesellschaft in eine natürliche und räumliche Umwelt hat in den Sozialwissenschaften immer wieder zu Debatten über den jeweiligen epistemischen Status der sozialen und der außersozialen Realität geführt. Die Rahmung dieser Kontroversen durch den Gegensatz von »Realismus« und »Konstruktivismus« hat sich jedoch als unbefriedigend erwiesen. Der vorliegende Beitrag schlägt vor, das Thema begrifflich neu zu umreißen. In einem ersten Schritt wird gezeigt, dass das Realitätsproblem der Sozialwissenschaften nicht mit dem Realitätsproblem der Philosophie gleichgesetzt werden darf. Daraufhin wird schrittweise versucht, die Frage nach dem Verhältnis von sozialer und außersozialer Realität mit dem Vokabular der soziologischen Theorie zu präzisieren. Dazu werden verschiedene sozialwissenschaftliche Problemkontexte unterschieden und miteinander in Beziehung gesetzt: Das Emergenzproblem, das Mikro/Makro-Problem und die wissenssoziologische Unterscheidung von »harten« und »weichen« Strukturen. Im Verlauf der Darstellung werden außerdem handlungstheoretische und systemtheoretische Konzeptionen von sozialer Realität verglichen“
Zum vollständigen Text geht es hier…

14. Januar 2013
von Tom Levold
Keine Kommentare

Was aber ist systemisches Forschen?

Mit dieser etwas zaghaften Frage ist das Editorial des neuen Heftes der Familiendynamik übertitelt, das den 38. Jahrgang 2013 eröffnet und fast gänzlich Forschungsfragen gewidmet ist. Eine Frage, die nicht ohne weiteres beantwortet werden kann und selbst schon auf der Seite systemisch-forschen.de Gegenstand unterschiedlicher Definitionsversuche gewesen ist. Sicher ist, dass der Begriff der systemischen Forschung nur im Plural angewandt werden kann, denn die konzeptuellen und methodischen Ansätze lassen sich nicht ohne weiteres auf einen Nenner bringen. In ihrem Editorial weisen Matthias Ochs, unermüdlicher Betreiber der systemisch-forschen-website und Mitherausgeber des Handbuches Systemische Forschung bei Vandenhoeck Ruprecht 2012, sowie Ulrike Borst, Mitherausgeberin der Familiendynamik, darauf hin, dass die Lage für Systemische Forschung an den deutschen Universitäten alles andere als rosig aussieht. Forschung braucht aber einen akademischen institutionellen Background schon aus Ressourcengründen, und aus diesem Grund ist die Decke in Deutschland recht dünn. Hoffen wir, dass sich das irgendwann einmal ändert! Mit Matthias Ochs, Jürgen Kriz, Wolfgang Tschacher und Jochen Schweitzer sind auch hier wieder einige der üblichen Verdächtigen dabei, Christiane Schiersmann und Werner Vogd gehören zu den in diesem Kontext noch nicht so bekannten, aber nichts desto weniger lesenswerten AutorInnen dieses Heftes.
Die vollständigen abstracts des neues Heftes lesen Sie hier