
Heute feiert Corina Ahlers ihren 65. Geburtstag und systemagazin gratuliert von Herzen. Gebürtig in Tenerife, studierte, lebt und arbeitet sie seit 1976 in Wien. Als Lehrende für systemische Familientherapie war sie MItbegründerin der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für systemische Therapie und Studien (ÖAS), die sie auch im europäischen Familientherapieverband (EFTA) und im österreichischen Psychotherapiebeirat vertreten hat. Von 1986 – 2005 war sie als Systemische Familientherapeutin am Institut für Ehe- und Familientherapie tätig, von 2003 – 2006 als 1. Vorsitzende der ÖAS. So vielfältig wie ihre berufliche Laufbahn sind ihre inhaltlichen Interessen und ihre zahlreichen Veröffentlichungen zu Themen der systemischen Theorie und Praxis, mit denen sie das systemische Feld nachhaltig erweitert hat. Sie könnten hier nicht erschöpfend vorgestellt werden. Besonders erwähnen möchte ich daher ihre Beiträge zur Didaktik der Ausbildung von TherapeutInnen, die allzu oft unterreflektiert bleibt. So hat sie über den Einsatz des Rollenspiels in Ausbildungskontext ein sehr lesenswertes Buch geschrieben.
Ein aktueller Text von ihr befasst sich mit der Nutzbarmachung von Transkripten psychotherapeutischer Sitzungen für die Ausbildung von TherapeutInnen, der an dieser Stelle sehr empfohlen werden kann. Im Einleitungstext heißt es: “Die Analyse von vollständigen Transkripten psychotherapeutischer Sitzungen durch auszubildende und angehende systemische Psychotherapeut*innen erfolgt selten und ist wenig erprobt. Ausbildner*innen arbeiten heute vor allem mit Videos oder Audios oder in der Anwesenheit von Klient*innen, Studierende und Lehrende verfolgen im Nebenraum über Einwegspiegel oder an Monitoren den Verlauf der Sitzungen. Bücher und Fachartikel bringen Fallvignetten, um die psychotherapeutische Methode am Fall zu explizieren oder theoretische Sichtweisen (Paradigmen) fallempirisch zu unterstützen. Unbeachtet bleiben in den Fallvignetten hingegen Sequenzen, die als unbedeutend oder besonders schwierig gelten. Dies ist insofern nicht einfach hinzunehmen, als es bei den Studierenden den Eindruck erwecken kann, dass psychotherapeutische Sitzungen immer ereignisreich verlaufen und stets kathartische Höhepunkte oder heilende Momente oder Konklusionen hervorbringen, was der langjährigen psychotherapeutischen Erfahrung nicht entspricht. Therapiesitzungen können zuweilen auch scheinbar „ereignislos“ bisweilen sogar als „unangenehm“ empfunden werden. Dass „Ereignisse“ und „Prozesse“ zwar präsent, aber oft verborgen sind und dies mittels einer von Zeitdruck befreiten tiefenhermeneutischen Textanalyse an exemplarischen Fällen gelernt werden kann, ist ein Lehr- und Lernziel der Arbeit an Transkripten. Ein didaktischer Schritt in diesem Lernprozess ist es, „Schlüsselszenen“ an ihrem metaphorischen Reichtum oder an der Verbalisierung einer signifikanten Veränderung in Wahrnehmung und Erleben von Klientinnen bzw. Therapeutinnen zu erkennen. Dies ist in der von Handlungs- und Zeitdruck befreiten Arbeit am Transkript eher möglich als in der Beobachtung der laufenden psychotherapeutischen Sitzung“. Der vollständige Text ist als open-source-Artikel hier frei zu lesen.
Liebe Corina, auf dass wir auch in Zukunft von deine vielen klugen Ideen profitieren und lernen können. Ad multos Annos!