systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

20. Mai 2013
von Tom Levold
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A Warning Sign on the Road to DSM-5: Beware of its Unintended Consequences

Die aktuelle Kritik am neuen DSM-V kommt nicht nur von denen, die ohnehin den Nutzen der standardisierten Diagnostik-Systeme bezweifeln, sondern direkt aus den eigenen Reihen. Allen Frances, 71, ist US-amerikanischer Psychiater und war Leiter der Task Force, die die Version IV des Diagnostic and Statistical Manual zu verantworten hatte. Nun ist er einer der bekanntesten Kritiker des DSM-V aus den Reihen der Psychiatrie geworden – siehe auch hier. Im Dumont-Verlag ist gerade sein Buch„NORMAL: Gegen die Inflation psychiatrischer Diagnosen: Der Kampf um die Definition geistiger Gesundheit“ erschienen. Auch im Internet ist einiges von ihm zum Thema zu lesen,
unter anderem hier…

19. Mai 2013
von Tom Levold
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Ernst Klee (15.3.1942 – 18.5.2013)

Gestern starb der Theologe, Journalist und Schriftsteller Ernst Klee im Alter von 71 Jahren. Wie kein anderer hat er die Geschichte der Tötung von Psychisch Kranken und Behinderten im Dritten Reich recherchiert und veröffentlicht, einem nationalsozialistischen Massenmord, der am längsten verleugnet und nicht beachtet worden ist. Seine Bücher sind im Fischer-Verlag erschienen. Klee hat nicht nur durch sein investigatives Ein-Mann-Unternehmen aufgedeckt, was im Nationalsozialismus mit kranken und behinderten Erwachsenen und Kindern passiert ist, sondern auch aufgezeigt, dass die Täter nach dem Kriegsende ihre Karriere nicht bestraft wurden, sondern in der Regel ihre Karriere weiter fortsetzen konnten. Das Manuskript einer Radiosendung über Ernst Klee von 2010 ist
hier zu lesen… 

16. Mai 2013
von Tom Levold
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Die neuronale Selbstorganisation des Selbst

Im Berliner Parodos-Verlag, einem jungen philosophischen Verlag mit den Fachgebieten Philosophie, Psychiatrie, Psychoanalyse, Sozialwissenschaften, Politische Wissenschaften sowie Kultur- und Medienwissenschaften erschien 2007 ein Band zum Thema„Subjektivität und Gehirn“, herausgegeben von Thomas Fuchs, Kai Vogeley und Martin Heinze. Ein Rezensent attestierte den Herausgebern, dass es ihnen„in hervorragender Weise gelungen (sei), das Subjektive wieder in sein Recht zu setzen: Das Jahrzehnt des isolierten Gehirns ist vorbei“ Auch Günter Schiepek (Foto) hat für diesen Band einen Beitrag verfasst, der auch online zu lesen ist, in dem er sich mit dem Verhältnis von neuronalen und mentalen Prozessen aus Sicht der Synergetik auseinandersetzt. Im abstract heißt es:„Der Beitrag thematisiert die Möglichkeit, Bewusstsein und die Erfahrung des Selbst mit Hilfe neuronaler Selbstorganisation zu erklären. Dabei wird deutlich, dass die Synergetik als Wissenschaft der Selbstorganisation grundlegende Prinzipien der Funktionsweise des Gehirns beschreibt, die unter anderem auch in der Erfahrung des Bewusstseins und des Selbst münden. Die Frage ist dabei, wie transiente Kohärenzen, Synchronisationsmuster und Ordnungsübergänge neuronaler Netze und ihres Funktionierens entstehen. Der Beitrag beschreibt, welche Hirnstrukturen die Voraussetzungen für die Selbstorganisation von Bewusstsein und Selbst bereitstellen. Damit ist allerdings der qualitative Sprung in die subjektive Erfahrung, in die Qualia-Qualität und in die Erste-Person-Perspektive nicht aufgelöst; es bleibt bei Theorien der Ermöglichung und bei Korrelaten – wenngleich diese der Komplexität des Geschehens durchaus gerecht werden mögen. Somit werden schließlich auch die Grenzen der Möglichkeit deutlich, Bewusstsein und Selbst über (Varianten der) Emergenz zu erklären“
Zum vollständigen Text geht es hier …

15. Mai 2013
von Tom Levold
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Qualitative Forscher/innen an der Universität

Was leistet der Begriff „qualitative Forschung“ für die Entwicklung junger Psychotherapie-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern noch, fragt Gastherausgeberin Kathrin Mörtl in ihrem Editorial für die letzte Ausgabe von Psychotherapie & Sozialwissenschaft (2/2012) und bezieht sich damit auf den alten Streit zwischen qualitativer und quantitativer Forschung.Eine wichtige Perspektive dabei ist die Frage nach dem Zugang, den gerade junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zum Feld der qualitativen Forschung in einem System bekommen können, in welchem quantitative Ansätze vorherrschen. Es geht hier also um die„Beobachtung der Beobachter“, um die Einbeziehung der Person des Forschers, ihrer akademischen Sozialisation, ihrer Interessen und Karrierewünsche ebenso wie ihrer emotionalen Involvierung in den Forschungsprozess in die Betrachtung ihrer Forschungsvorhaben. Kathrin Mörtl (Foto: SFU Wien), die in der Einleitung auch von ihren eigenen Ambivalenzen und Erfahrungen berichtet, ist es gelungen, ein außerordentlich interessantes Heft zusammenzustellen, dessen Beiträge das Spannungsfeld von professioneller und persönlicher Perspektive ausloten uns sowohl den wissenschaftspolitischen und grundlagentheoretischen Kontext thematisieren als auch z.B. der Frage nachgehen, was es mit Verleugnungen und Löschungen im Prozess qualitativer Forschung auf sich hat: was bleibt„off the record“ (Gedanken, die zwar im Prozess auftauchen, aber den Weg in die Forschungsberichte nicht schaffen), was bleibt„off the books“, wird also niemals veröffentlicht und was bleibt„off the charts“, also unbewusste oder auch einfach nicht erwünschte persönliche Aspekte der Forschung. Ein tolles Heft, das Forschungsinteressierte zur Kenntnis nehmen sollten!
Zu den vollständigen abstracts geht es hier…

13. Mai 2013
von Tom Levold
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The Communicative Construction of Reality

In einem sehr interessanten Text, der auf einen Vortrag zurückgeht, wirft Altmeister Thomas Luckmann, der gemeinsam mit Peter Berger den Klassiker„Die gesellschaftliche Klonstruktion der Wirklichkeit“ verfasst hat, einen Blick zurück auf die„Kommunikative Wende“ in den Sozialwissenschaften und die damit verbundene Hinwendung zur qualitativen Erforschung sozialer Prozesse. Er ist soeben in der Open-Access-Zeitschrift Qualitative Sociology Review erschienen. Im abstracts heißt es:„This paper presents a historical view of the emergence of what is known as the communicative paradigm. Through a personal reminiscence of his long career, Thomas Luckmann entangles the main sources of what was a radical shift of the role of language and communication in the humanities and social sciences. In doing so, Luckmann shows that the epistemological and ontological assumptions on which the contemporary study of social interaction and communicative processes rely were practically non-existent half a century ago. While sociology and linguistics seemed to exist in separate universes during Luckmann’s student days, a dialogical approach to language and social life eventually appeared – for example, in ethnomethodology, conversational analysis and French structuralism – and laid the foundation to the (today taken for granted) idea that social realities are the result of human activities. Human social reality and the worldview that motivates and guides interaction are mainly constructed in communicative processes. If social reality is constructed in communicative interaction our most reliable knowledge of that reality comes from reconstructions of these processes. Such reconstructions have been greatly facilitated by technological innovation, such as tape- and video-recorder, which, alongside theoretical advancements, may explain the timing of the communicative turn. Finally, this paper marks the benefits of sequential analysis in enabling us to trace step-by-step the processes by which social reality is constructed and reconstructed.
Zum vollständigen Text geht es hier…

11. Mai 2013
von Tom Levold
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Mythos Kultur

„Wenn sich Deutsche und Spanier streiten, muss es nicht immer an den interkulturellen Unterschieden liegen. Transnationale Projekte bieten eine ganze Palette an möglichen Konfliktlinien. Braucht es hier Kulturexperten? Oder erfahrene Mediatoren? Können wir als systemische Berater nur noch mit einem ausländischen Counterpart erfolgreich sein?“ Diesen Fragen gehen Ute Clement (Foto: Carl Auer Verlag) und Bettina Nemeczek in einem lesenswerten Aufsatz mit dem Titel„Mythos Kultur Erfahrungen in einer transnationalen Projektberatung“ nach, der in der Ausgabe 4/2000 in der Zeitschrift Organisationsentwicklung erschienen ist. Beide Autorinnen arbeiten als systemische Beraterinnen von internationalen und transnationalen Projekten.
Den Volltext ihres Beitrages kann man hier lesen…

9. Mai 2013
von Tom Levold
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Psychiatrische Diagnostik als „McGuffin“

Im psychiatriekritischen Internetforum„Mad in America. Science, Psychiatry and Community“ haben Eugene Epstein (Foto), Manfred Wiesner und Lothar Duda anlässlich der aktuellen Veröffentlichung des DSM-V einen kritischen Beitrag über psychiatrische Diagnostik im Zuge der Globalisierung westlicher Psychiatrie und Psychotherapie verfasst, dessen deutsche Übersetzung heute in der Systemischen Bibliothek im systemagazin erscheint. Im Abstract heißt es:„Die Autoren gehen von der These aus, dass der psychiatrische und der psychotherapeutische Diskurs (in der westlichen Welt) inzwischen die gesamte Gesellschaft infiltriert haben. Mit dem DSM-5  dehnen sich diese Diskurse weiter aus. Das Denken und Sprechen über psychisches Empfinden und Leiden wird damit  zunehmend global uniformiert. Im Resonanzraum dieses Vokabulars sind wir alle potentielle PatientInnen. Hierdurch bietet sich das DSM-5 im Sinne eines „MacGuffins” auch als Vehikel an, den Wirtschaftsfaktor psychiatrisch/psychotherapeutische Versorgung weiter am Laufen zu halten. Die Pathologisierung des Individuums und die Trübung des Blicks für gesellschaftliche Veränderungsnotwendigkeiten sind hierbei zwei Seiten einer Medaille. Der globalen Homogenisierung des Blicks auf psychisches Befinden stellen die Autoren die Kultivierung von Diversität bei der Beschreibung und Einordnung psychischen Empfindens und Leidens gegenüber. Sie proklamieren die Überwindung der Hegemonie des traditionellen psychiatrischen und psychotherapeutischen Diskurses und rufen dazu auf,  mit der Entwicklung einer „posttherapeutischen Welt” zu beginnen.  In einer ersten Annäherung hieran gehen sie darauf ein, wie die Ausbildung von „Helfern” im Lichte eines solchen veränderten Denkens gestaltet werden sollte“
Zum vollständigen Text geht es hier…

4. Mai 2013
von Tom Levold
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„Systemisch ist mir nicht jetzt ein richtiger Begriff“

Der Supervisionsdiskurs ist in den letzten Jahren recht still geworden, sein Platz in den einschlägigen Medien ist zunehmend von„arbeitsbezogener Beratung“, Coaching oder Organisationsentwicklung eingenommen worden. Das gilt erst recht für die Beforschung von  Supervision. Aus diesem Grund sei hier noch einmal auf die schöne Arbeit von Petra Bauer aus dem Kontext (dessen Mitherausgeberin sie zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht war) verwiesen, in der sie Systemische Supervision aus der Sicht der SupervisandInnen rekonstruiert hat. Petra Bauer ist Professorin für Erziehungswissenschaft mir dem Schwerpunkt Sozialpädagogik an der Universität Tübingen. Anhand einiger Supervisionsbeispiele in psychiatrischen Teams zeigt sie,„wie vielfältig diese Konstruktionsprozesse verlaufen können, mit denen Supervisandinnen die Interventionen von Supervisorinnen mit ihrem eigenen professionellen Handlungsverständnis zu vermitteln suchen“ Im abstract heißt es:„Systemische Supervision bietet ein vielfältiges Spektrum an Konzepten und Methoden, die sich oft nur schwer unter einem gemeinsamen Dach vereinen lassen. Vor diesem Hintergrund fragt der Beitrag danach, was Supervisandinnen als das spezifisch Systemische in der von ihnen in Anspruch genommenen Supervision betrachten. Im Rekurs auf Ergebnisse einer empirischen Studie zu systemischer Supervision in psychiatrischen Teams wird aufgezeigt, wie die fachlichen Handlungsorientierungen der Supervisanden und die Anforderungen der jeweiligen Teamorganisation die Erwartungen an die Supervision und damit auch die Wahrnehmung der methodischen Ausrichtung des/der Supervisor/in prägen. Damit verbinden sich weiterführende methodologische Überlegungen zur Erforschung der Wirksamkeit von systemischer Supervision“ Der Artikel ist im Wissensportal der DGSF nachzulesen,
und zwar hier…

3. Mai 2013
von Tom Levold
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Kultur und Migration

Nachdem in den vergangenen Jahrzehnten Fragen interkultureller Therapie und Beratung im systemischen Feld eher eine kleinere Rolle gespielt haben, stehen sie interessanterweise in den letzten Monaten stark im Vordergrund. So stand die letzte Jahrestagung der DGSF in Freiburg unter dem Motto „Kulturen im Dialog“ und sind in der letzten Zeit auch einige Ausgaben von systemischen Zeitschriften diesem Thema gewidmet. Das aktuelle Heft der „Zeitschrift für systemische Therapie und Beratung“ erörtert unter dem Titel „Kultur und Migration – Gedanken zu einem Thema zwischen Alltag und Besonderheit“ verschiedene Aspekte von Migration und der Arbeit mit Migrantinnen. Die Herausgeberin Cornelia Tsirigotis steuert darüber hinaus eine Reihe von Rezensionen aktueller Büchern zum Thema bei. Darüber hinaus wird die von Ludger Kühling und Johannes Herwig-Lempp angestoßene Debatte, ob Sozialarbeit anspruchsvoller als Therapie sei (die hier dokumentiert ist), in diesem Heft mit einem Leserbrief von Stefan Baerwolff und einem Abschlusskommentar der Autoren weitergeführt.
Zu den vollständigen Abstract