systemagazin

Online-Journal für systemische Entwicklungen

28. Mai 2014
von Tom Levold
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Neurasthenie und Burnout: Der neue Zauberberg?

Burnout ist heute in aller Munde: als spätmoderne „Erschöpfungskrankheit“, die einerseits das Ausmaß der Belastung zum Ausdruck bringt, der heute viele Menschen in ihrer Arbeits- und Lebenswelt ausgesetzt sind, gleichzeitig aber auch – im Unterschied zur Depression – von dem Übermaß an Engagement und Einsatz derselben kündet. Vor dem ersten Weltkrieg hatte der Begriff der Neurasthenie eine ähnliche Ausstrahlungskraft, die Sanatorien und „Heilstätten“ waren das, was heute die Burnout-Kliniken sind. Auf jeden Fall haben wir es hier mit gesellschaftlichen Phänomenen zu tun, die über die klinische Beurteilung des Einzelfalls hinausreichen. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe sehr lesenswerter Arbeiten zu diesem Themenkomplex, z.B. die des Historikers Joachim Radkaus („Das Zeitalter der Nervosität“), die u.a. mithilfe der Analyse von Krankenakten aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg eine eindrucksvolle Zeitdiagnose erstellt, oder aktuell die Arbeiten von Bröckling und Ehrenberg zum„Unternehmerischen Selbst“ bzw. zum„Erschöpften Selbst“. Es bietet sich also an, einen genaueren begriffsgeschichtlichen Blick auf die mit diesen Themen verbundene Semantik zu werfen. Das Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin gibt eine online-Zeitschrift heraus, das„Forum Interdisziplinäre Begriffsgeschichte“, in dem Sarah Bernhardt einen Aufsatz über„Neurasthenie und Burnout – Zwei Erscheinungsformen moderner Erschöpfung“ veröffentlicht hat, eine Vorstudie zu ihrer Dissertation, wie sie zum Ende ihres Artikels bemerkt. Sie schreibt:„Die offensichtlichen Ähnlichkeiten zwischen Neurasthenie und Burnout dürfen den wissenschaftlichen Blick jedoch nicht dazu verleiten, vorschnell von einer substantiellen Identität auszugehen. Es ist keineswegs gleichgültig, unter welchem Namen ein Leiden amtiert. Vielmehr gehe ich davon aus, dass die Etablierung eines neuen Begriffs ein Ereignis ist, dass genauer in den Blick genommen zu werden verdient, weil es auf eine veränderte Problemlage hinweist. Die Frage lautet also, wie genau sich das Verhältnis zwischen Neurasthenie und Burnout darstellt, was diese beiden Begriffe trennt und verbindet, welche semantischen Bedeutungsebenen sich in ihnen jeweils abgelagert haben und welche Rückschlüsse sich aus der Untersuchung dieser Bedeutungsschichten für das Verständnis unserer Gegenwart möglicherweise ziehen lassen. Der erste Schritt einer solchen Fragestellung muss immer darin bestehen, die Phänomene gegeneinander zu legen und sie auf ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede hin zu untersuchen, um auf dieser Grundlage eine schärfere Kontur ihrer Besonderheiten zu erlangen – was im Folgenden geschehen soll“
Den gesamten Text lesen Sie hier…

27. Mai 2014
von Tom Levold
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Kinder der Kriegskinder

Die Generation der Kriegsteilnehmer, die noch aus eigenem Erleben den nachfolgenden Generationen berichten können, wird kleiner. Umso größer ist in den letzten Jahren die Frage geworden, wie die Vergangenheit im Gedächtnis der Bevölkerung bleibt. Vor allem die Traumaforschung zeigt deutlich, dass Gedächtnis keine Frage individueller, bewusster Erinnerungen und damit an die Erinnerungsfähigkeit von Individuen gebunden ist, sondern dass Erfahrungen, Themen, Verhaltensmuster auch auf ganz andere Weise weitergereicht und transformiert werden können. Gerade diejenigen, die als Kinder im Nationalsozialismus und im Krieg aufgewachsen sind und aufgrund der Vergangenheitsverleugnung der Elterngeneration Schwierigkeiten hatten, ihrer eigenen Geschichte offen auf den Grund zu gehen, haben viele dieser Erfahrungen mehr oder weniger erfolgreich versucht hinter sich zu lassen, aber oft auf eine Weise, deren Folgen sich in der nunmehr dritten Generation bemerkbar machen, den „Kindern der Kriegskinder“. Dieser Generation hat die Journalistin Anne-Ev Ustorf, selbst Jahrgang 1974, ein Buch gewidmet, das bereits 2008 im Herder-Verlag erschienen ist und mittlerweile in der 5. Auflage (2013) vorliegt – ein Beweis für das breite Interesse, das dieses Thema findet. Peter Stimpfle hat das Buch für systemagazin gelesen, seine Rezension
lesen Sie hier…   

22. Mai 2014
von Tom Levold
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Co-Parenting

Und heute noch einmal„Family Process“. Das aktuelle Heft befasst sich u.a. mit der Frage, welche Rolle Co-Parenting, also die Unterstützung von alleinerziehenden Eltern durch nicht-verheiratete und nicht mit den Kindern verwandte Partner, durch Angehörige der erweiterten Familie, Nachbarschaft usw. für das Heranwachsen von Kindern und Jugendlichen hat. Wer schnell ist, kann das gesamte Heft z.Zt. auch kostenlos herunterladen, und zwar hier. Zu den vollständigen bibliografischen Angaben und abstracts
geht es hier…

21. Mai 2014
von Tom Levold
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Young Iranians Arrested for Being Too ‘Happy in Tehran’

Die jungen Leute aus Teheran, die diesen Clip gedreht und auf youtube eingestellt haben, sind verhaften worden. Sie zeigen eine andere Seite des Iran, die den Herrschenden nicht genehm ist.Mehr Einzelheiten hier…

خبار ۲۰:۳۰ سیما گزارشی از بازداشت دختر و پسرهایی که با آهنگ فارل ویلیامز در پشت بام رقصیده بودند را پخش کرد.
به گزارش سیمای جمهوری اسلامی، این جوانان ادعا کردند که کسی با پیشنهاد بازیگری به سراغ آنها آمده و قرار نبوده این فیلم در

شبکه‌های اجتماعی پخش شود. یکی از پسرهایی که پشت به دوربین با خبرنگار سیما صحبت می‌کرد گفت: به ما گفتند این برای تست بازیگری است و ما شما را جهانی می‌کنیم.
یکی دیگر از بازیگران این فیلم نیز گفت که سازنده ادعا کرده که مجوزی برای ساخت فیلم بلند گرفته است.
سرتیپ سیدی‌نیا، فرمانده انتظامی تهران بزرگ به خبرنگار سیما گفت که این افراد ظرف ۲ ساعت شناسایی و ظرف ۶ ساعت، همه‌گی دستگیر شده‌اند. این فرمانده پلیس عوامل سازنده سرعت عمل پلیس در برخورد با سازندگان چنین فیلم‌هایی را بالا عنوان کرد.
اسامی بازداشت شدگان اعلام نشده است.
ممکن است این دستگیری برای ایجاد فضای رعب و وحشت در میان کسانی باشد که در شبکه‌های اجتماعی فعالیتی مخالف قوانین جمهوری اسلامی کرده‌اند. گزارش‌های معتددی در باره ساخته شدن این فیلم در رسانه‌های خارج از کشور منتشر شده بود.

20. Mai 2014
von Tom Levold
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An Updated Feminist View of Intimate Partner Violence

„Family Process“ bietet seit kurzem wie viele andere Zeitschriften auch die Möglichkeit, Artikel als„Early View“ schon vor ihrer Publikation in der Print-Ausgabe zu lesen. Aktuell ist auch ein interessanter Artikel dabei, der kostenfrei gelesen werden kann (wahrscheinlich nur vorübergehend, daher lohnt ein baldiger Besuch auf dieser Seite). Jayashree George und Sandra M. Stith, ihrem Selbstverständnis nach Feministinnen der dritten Generation, befassen sich mit der Gewalt in Partnerbeziehungen und grenzen sich dabei von früheren feministischen Positionen ab, die als Ursache der IPV (intimate partner violence) ausschließlich patriarchalische Strukturen und Einstellungen akzeptiert haben. Eine„intersektionale“ Sichtweise zieht auch andere Faktoren in Betracht, vor allem eingedenk der Tatsache, dass ein durchaus erheblicher Teil von Gewalt in Paarbeziehungen auch von Frauen ausgeht. In ihrem abstract heißt es: „In this article, we explore intimate partner violence (IPV) from an intersectional, feminist perspective. We describe how an updated feminist view guides us to a perspective on IPV that is more strongly grounded in an antioppressive, nonviolent, socially just feminist stance than a second-wave gender-essential feminist stance that suggests that patriarchy is the cause of IPV. At the time we began to work together it seemed that a researcher had to be identified as a “family violence” researcher or a “feminist” researcher of violence against women, and that it wasn’t possible to be a feminist researcher who looked beyond patriar- chy as the cause of IPV. We advocate critically thinking about essentialist practices in clin- ical work so that we can maintain an antioppressive, socially just, nonviolent approach to working with clients who experience IPV.“
Der Artikel kann auf dieser Seite als PDF oder HTML-Datei gelesen werden…

15. Mai 2014
von Wolfgang Loth
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Ressourcenaktivierung als Wirkfaktor

Einerseits hat sich mittlerweile eine Art von Ressourcenrhetorik etabliert, die sich wie ein roter Faden durch Konzepte professioneller psychosozialer und therapeutischer Hilfen zieht. Andererseits zeigen sich im Kontext von Anerkennungsdebatten und –bemühungen solche Argumente als besonders robust, die auf störungsspezifische Power bestimmter Verfahren und Methoden abheben. Das kann unter Umständen Glaubenskämpfe nähren, kann jedoch auch Anlass zu neugierig-differenziertem Nachspüren sein. Zu letzterem dürfte die Dissertation von Lisa Johanna Groß gehören, die sie im Jahr 2013 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vorlegte. Der Titel ihrer Arbeit: „Ressourcenaktivierung als Wirkfaktor in der stationären und teilstationären psychosomatischen Behandlung“. In dieser empirischen Arbeit setzt Groß einen ressourcenorientierten Akzent im Unterschied zum aktuellen Mainstream in der Forschungslandschaft, der auf Materialgewinnung zu Gunsten „evidenzbasierter störungsspezifischer Behandlungsmethoden und daran orientierte Manuale“ zielt. Groß stellt dem empirischen Teil eine sehr gut lesbare, sehr informative Zusammenstellung der neueren und neuesten Befunde zur Wirksamkeitsforschung voraus, mit den Arbeiten von und nach Grawe, Lambert, Duncan und Miller, sowie Wampold als tragenden Säulen. Wer sich über den Stand der Dinge zur Diskussion um allgemeine Wirkfaktoren und um kontextuelle Wirksamkeitsmodelle, sowie um „Effektstärken und Varianzaufklärung verschiedener therapeutischer Aspekte“ kundig machen möchte, ist hier sehr gut bedient. In ihrer empirischen Untersuchung konzentriert sich Groß auf „die Bedeutung von Ressourcenrealisierung und Ressourcenaktivierung für den Therapieerfolg in der stationären und teilstationären psychosomatischen Behandlung“. Die Autorin skizziert das Anliegen ihrer Arbeit: „Dabei werden die Konzepte Ressourcenrealisierung und Ressourcenaktivierung im Hinblick auf ihre Relevanz für die psychosomatische Behandlung untersucht und mit verschiedenen Maßen des Wohlbefindens und der psychischen Belastung sowie mit dem Therapieerfolg in Zusammenhang gebracht. Zusätzlich werden Zusammenhänge zwischen wertschätzendem Therapeutenverhalten und dem Ausmaß der Ressourcenaktivierung sowie dem Therapieerfolg betrachtet. Darüber hinaus wird die Rolle von Bewältigungserfahrungen als potentieller Mediator des Einflusses der Ressourcenaktivierung auf den Therapieerfolg untersucht“ (S.3). Die Materialien, die Groß für ihre Untersuchung verwendet (z.B. Fragebögen) illustrieren die theoretisch erörterten Positionen umfänglich und differenziert. Wer sich weniger für die typischen und spezifischen Details der Untersuchung selbst interessiert, kann sich gegen Ende der Arbeit wieder in die „Abschließende Diskussion“ einklinken. Die Ergebnisse werden übersichtlich gebündelt und plausibel dargestellt. Hier heißt es u.a.: „Insgesamt sprechen die Ergebnisse deshalb in hohem Maße dafür, Klienten als aktive Mitgestalter des psychotherapeutischen Prozesses zu konzeptionalisieren (…) und ihre Fähigkeiten und Stärken verstärkt in den psychotherapeutischen Prozess mit einzubeziehen. Aktuell sind ein derartiger Ressourcenfokus und eine derartige Haltung in der Psychosomatik noch nicht selbstverständlich.  (…) Eine weitere Entwicklung in Richtung eines verstärkten Fokus auf Klientenressourcen sowie eines verstärkten Respekts vor Beiträgen der Klienten zum Gelingen der Therapie stellt eine wünschenswerte Entwicklung in der stationären und teilstationären psychosomatischen Therapie
dar“ (S.155).
Als Zugabe gibt es am Ende noch einen im Jahr 2012 publizierten Text von L. J. Groß, M. Stemmler und M. de Zwaan über „Ressourcenaktivierung in der klinischen Psychologie und Psychotherapie: Überblick über theoretische Hintergründe und aktuelle Forschungsansätze“ (S.228ff.).
Zum Volltext von Dissertation und publiziertem Artikel geht es hier…

14. Mai 2014
von Tom Levold
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Alle Achtung