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Massive Kritik am Gutachten zur Humanistischen Psychotherapie

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Köln, 27. Februar 2018: Über 40 Professoren deutscher Universitäten und Hochschulen kritisieren in einem offenen Brief scharf das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie (WBP) zur Humanistischen Psychotherapie. Sie werfen dem WBP vor, „zentrale Regeln wissenschaftlichen Arbeitens missachtet und verletzt“ zu haben und fordern den WBP auf, sein Gutachten zu revidieren.

Am 19. Januar 2018 hatte der WBP nach über sechsjährigen Beratungen seine Bewertung zur „wissenschaftlichen Anerkennung“ der Humanistischen Psychotherapie veröffentlicht. Er war zu dem Ergebnis gekommen, dass die Humanistische Psychotherapie nicht als wissenschaftliches Psychotherapieverfahren anzuerkennen und entsprechend auch nicht zur vertieften Ausbildung für Psychologische Psychotherapeuten zu empfehlen sei. Eine Stellungnahme des WBP ist im Psychotherapeutengesetz zwar nicht vorgeschrieben, in der Praxis heutiger Zulassung eines Psychotherapieverfahrens in Deutschland aber unumgänglich. Daher hatte die Arbeitsgemeinschaft Humanistische Psychotherapie (AGHPT) 2011 einen Vorantrag und 2012 den Hauptantrag an den WBP gestellt, diese „wissenschaftliche Anerkennung“ festzustellen. Die GwG und zahlreiche weitere Institutionen und Gremien kritisieren seit vielen Jahren die einseitige Besetzung des WBP: Im WBP sitzen ausschließlich Mitglieder, deren Verfahren in Konkurrenz zur Humanistischen Psychotherapie stehen. Bei einem positiven Votum des WBP zur Frage der wissenschaftlichen Anerkennung der Humanistischen Psychotherapie hätten Humanistische Psychotherapeuten künftig an den Einnahmen im Sektor der Psychotherapie partizipiert. Denn die Gesamtanzahl der Psychotherapeuten ist gedeckelt.

Allein im Bereich der Aus- und Weiterbildung geht es hier um jährlich zweistellige Millionenbeträge. Die AGHPT hatte bereits im Oktober 2017 mehr als 20 Studienbewertungen des WBP beanstandet und weitere problematische Punkte des Bewertungsverfahrens durch den WBP vorgetragen. Entgegen dem in der Wissenschaft üblichen Vorgehen, sich mit Kritik, anderen Positionen und vorgetragenen Fakten auseinanderzusetzen, hat der WBP alles verworfen, ohne eine Begründung dafür zu geben. Daher wendet sich der zwölfköpfige Wissenschaftliche Beirat der GwG – dem größten Verband in der AGHPT – in einem offenen Brief an die „Kollegen und Kolleginnen“ des WBP mit der Forderung, „das Gutachten des WBP zu revidieren.“ Dieser Kritik und der Forderung nach Revision des WBP-Gutachtens haben sich viele Professoren und Professorinnen deutscher Universitäten und Hochschulen angeschlossen. Die insgesamt über 40 Wissenschaftler im Bereich Psychotherapie/Medizin schreiben in ihrem Brief an den WBP, es sei „völlig unangemessen, auf diese Art und Weise die Bestätigung der wissenschaftlichen Anerkennung eines Verfahrens scheitern zu lassen. Schließlich geht es um ein Verfahren, das jenseits der deutschen Staatsgrenzen international sehr vielen Patienten zur Verfügung steht, von diesen nachgefragt wird und, wie der WBP selbst einräumt, in mehreren Indikationsbereichen seine Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen hat.“ (Pressemitteilung der Gesellschaft für Personenzentrierte Psychotherapie und Beratung e.V.)

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