Drei Tage vor Weihnachten öffnet Ulf Klein aus München, freiberuflicher systemisch-psychodramatischer Coach, Supervisor und Organisationsberater das Türchen für die Leserinnen und Leser mit seiner eigenen Geschichte, die ihren Ausgangspunkt nicht in der Begegnung mit berühmten Therapeuten, sondern mit Perry Rhodan nahm:
Ich war jung, pubertierend und ein großer Fan von Science-Fiction, hatte Perry Rhodan abonniert, las klar – Clarke, Asimov, Heinlein. Noch mehr faszinierten mich aber Lem, Stapeldon, Laßwitz, bei denen es um erkenntnistheoretische und philosophische Fragestellungen ging. Von meiner Familie als Macke geduldet, solange die Schulnoten gut blieben, fand ich wenig erwachsene Resonanz (Unter Schulfreunden war das anders).
Dann sprach mich eines Tages unser Nachbar auf meine Zukunftsromane an, was dazu führte, dass wir über Jahre hinweg regelmäßig abendelang über Science Fiction diskutierten. Mit einem respektablen Erwachsenen über all diese Was wäre wenn?-Themen diskutieren zu können, also hypothetisch zu denken, war eine große Freude. Die Dinge aus verfremdeter Perspektive zu betrachten (Olaf Stapeldons »Sirius«, quasi die Autobiographie eines intelligent gemachten Hundes mit daher ungewohntem Blick auf die Menschheit), oder aus der großen allumfassenden kosmologischen Metaperspektive (Stapeldons »Der Sternenmacher« oder H.G. Wells »Zeitmaschine«).
Es blieb dann nicht aus, dass ich mich dann auch mit den großen Theorien der (Natur-)wissenschaften eindringlich befasste: Relativitätstheorie, Quantenphysik, Kosmologie, und auch Kybernetik. Was mich immer weiter Fuß fassen ließ im hypothetischen Denken. Leider fand ich für diese Interessen nur wenige Gesprächspartner. 1979, ich schrieb gerade meine Diplom-Arbeit (»Schwangerschafts- und Geburtserleben werdender Väter«), entdeckte ich durch eine Rezension in »Psychologie heute« Erich Jantschs frisch erschienenes Buch »Die Selbstorganisation des Universums Vom Urknall zum menschlichen Geist«. Ich las und las und las und fand alles, aber auch alles, was ich mir so zusammengelesen und philosophiert hatte, in einem konsistenten universellen Theoriegebäude integriert. Fast kostete das Buch mich das Diplom, weil ich durch die intensive Lektüre den Abgabetermin nur mit Mühe einhalten konnte (und weil ich im Lichte der Selbstorganisationstheorie die Schlussfolgerungen in meiner Pilotstudie immer wieder meinte umformulieren zu müssen). Es folgte dann noch eine wunderbare Reise durch Italien, bei der ich ständig sich selbst organisierende Strukturen erlebte: Die Siedlungsstrukturen in der Toskana und in Kalabrien, der Fischschwarm, in den ich beim Schnorcheln eintauchte, die dissipativen Strukturen, die sich beim Kochen der Tomatensauce im Topf bildeten: sich selbstorganisierende Systeme allüberall.
Naja, und als ich dann entdeckte, dass es einen Weiterbildungsgang »Systemische Therapie« gab, hab ich mich natürlich angemeldet. Zunächst aus Neugier, denn mit einer guten Gesprächstherapie-Weiterbildung und – vor allem einer exzellenten Psychodrama-Weiterbildung war ich der Berufspraxis schon bestens gewachsen. Inzwischen ist dies alles zu einer guten szenisch-systemischen Praxis zusammengewachsen.
Also: Dank meinem Nachbarn, Herrn Pfeiffer! Dank Perry Rhodan! Vor allem aber: Danke, Erich Jantsch!