Unter dieser Überschrift hat Astrid Riehl-Emde, Paartherapeutin und stellvertretende Leiterin am Institut für Psychosomatische Kooperationsforschung und Familientherapie in Heidelberg, 2003 einen Vortrag bei den Lindauer Therapiewochen gehalten, der auch online zu lesen ist:„Sexualität kann zu einem prototypischen Weg persönlichen Wachstums offenbar dann werden, wenn Paare das Risiko eingehen, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu verlassen. Dabei geht es ganz wesentlich um das Spannungsfeld von ungelebter Phantasie und gelebtem Verhalten, wie ein neuer sexualtherapeutischer Ansatz zeigt (Schnarch; Clemen). Inhaltlich und emotional stehen Paare dabei vor der angstmachenden Herausforderung, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede ihrer beiden sexuellen Spektren neu auszubalancieren. Es geht um die Nutzung eines Entwicklungspotentials, das in der sexuellen Differenz liegt, also genau in dem Segment des erotischen Potentials, das bisher nicht miteinander geteilt bzw. gelebt wurde. Lebendige sexuelle Lust und Leidenschaft haben also – bei aller Unberechenbarkeit – auch etwas mit individueller Differenzierung zu tun. Es ist dabei keineswegs das Ziel, die beiden Spektren deckungsgleich zu machen, allenfalls den gemeinsamen Bereich etwas zu vergrößern. Es geht v.a. darum, wieder ein Bewußtsein dafür zu schaffen, daß das sexuelle Spektrum jeder Person noch mehr umfaßt als das, was geteilt wird. Es wird also etwas gezündelt mit der Fremdheit beider Partner. Die Paradoxie der gemeinsamen erotischen Entwicklung gleichsam eine Schwellensituation und ein zentrales Element von Beziehungswandel, nicht nur von erotischer Entwicklung besteht darin, daß die bisherige Gemeinsamkeit (der Kompromiß) erst einmal aufgekündigt werden muß, damit sie auf einer anderen Ebene neu entwickelt werden kann. Dieser Entwicklungsschritt geht mit Risiken einher, ist faszinierend und ängstigend zugleich, und oftmals überwiegt die Angst vor dem Verlassen der sicheren Basis. Deswegen wird ein solcher Schritt meist nicht freiwillig gemacht, sondern ausgelöst durch äußere Ereignisse/Krisen, denen man nicht mehr ausweichen kann. Es gilt zu Recht als Risiko, daß das Trennende die Gemeinsamkeit überwiegen kann“
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Liebe und Lust
27. Juni 2007 | Keine Kommentare