Rechtzeitig zu Weihnachten ist Heft 4 des Kontext-Jahrganges erschienen, diesmal kein Themenheft, sondern unterschiedliche Aufsätze, deren gemeinsamer Bezugspunkt in der Praxis der AutorInnen liegt: als Familien-, Paar- oder Kindertherapeuten wie auch als Anbieter von Selbsterfahrung in der therapeutischen Weiterbildung. Thomas Wild-Wey aus der Schweiz plädiert nachdrücklich dafür, die paartherapeutischen Auftragsklärung nicht zu sehr am formulierten Anliegen des Paares alleine auszurichten, sondern als möglichst offenen Prozess zu sehen. Dahinter steht die Einsicht, dass nicht die primär eingeklagten, sondern die tabuisierten Themen in einer Beziehung jene Bereiche der ernsthaften und ernst zu nehmenden Differenzen bilden, die den therapeutischen Fokus bestimmen. Wild-Wey entwickelt mit dem Vierkreis-Modell eine thematische Matrix, die als Orientierung für die Paartherapeuten gedacht ist und zwischen Herkunft (Vergangenheit) und Paarzyklus (Gegenwart) einerseits, Partnerschaftsthemen (Gerechtigkeit und Macht) und Liebesmythos (Sinn- und Glaubenssysteme) andererseits oszilliert. Bernd Reiners stellt das in Schweden von Soltvedt entwickelte Modell der kinderorientierten Familientherapie vor, das davon ausgeht, dass Kinder nur durch das Spiel therapeutisch erreichbar sind. Konsequenterweise wird in diesem Ansatz das gemeinsame (Sandkasten-)Spiel mit der Familie angeregt, videodokumentiert und mit der Familie ausgewertet. Jürgen Beushausen und Freya Könemann untersuchen die Rolle von Haustieren als Familienmitglieder. Sie stützen sich dabei auf interessante Interviews mit Tierhaltern, die F. Könemann für ihre Diplomarbeit gemacht hat, und entwickeln einige Hypothesen über die Bedeutung der affektiven Kommunikation mit Tieren und deren familiendynamische Einbindung als Ansprechpartner, emotionale Versorger u.ä. Ludger Kühling stellt ein Konzept systemisch-konstruktivistischer Selbsterfahrung vor, das sich in einem Weiterbildungsprogramm in der Jugend- und Erziehungshilfe bewährt hat. Er beschreibt, wie Selbsterfahrung als selbstverständlicher Teil des Weiterbildungsalltags eingesetzt werden kann und präsentiert darüber hinaus einige Übungen, die von erfahrenen PraktikerInnen auch in ihrem eigenen Arbeitskontext eingesetzt werden können. Darüber hinaus gibt es noch einen Diskussionsbeitrag zum Thema Therapeutisierung der Sozialarbeit von Dagmar Wiegel sowie ein wunderschönes Stich-Wort„Grenzüberschreitung“ von Dörte Foertsch, in dem sie dafür plädiert, Grenzüberschreitungen mal wieder öfter als Einladungen zu verstehen, anstatt sie nur als Übergriffe zu brandmarken.
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Kontext 4/06
23. Dezember 2006 | Keine Kommentare