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Jürgen Hargens wird 65! eine herzliche Gratulation und eine Besprechung seines neusten Buches

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Normalerweise erscheinen Buchbesprechungen im systemagazin ja in einer eigenen Sektion. Aber dieses Mal hat Cornelia Tsirigotis ihre Besprechung als Gratulation zu Jürgen Hargens 65. Geburtstag ausgestaltet, der ich mich nur von Herzen anschließen kann. Als mich Jügen Hargens im Januar 1983 – also vor ziemlich genau 30 Jahren – fragte, ob ich Lust hätte, an der projektierten„Zeitschrift für Systemische Therapie“ mitzuwirken, war ich 29, er 35 – wie geht die Zeit dahin 🙂 Was Jürgen Hargens in den 80er Jahren mit der Zeitschrift geschaffen hat, hat wie kaum ein anderes Projekt die Systemischen Therapie in Deutschland konzeptuell nach vorne gebracht, dafür gebührt ihm Dank und allerhöchste Anerkennung. Da trotz Eintritt in das Rentenalter kein Zweifel daran besteht, dass er auch zukünftig als kundiger Wegbegleiter aktiv sein wird, können wir beruhigt sein und alles Gute wünschen!

und nun zum Text von Cornelia Tsirigotis über sein Buch Kundige Menschen sind HeldInnen. Lösungs- und ressourcenorientierte Arbeit. Einblicke – Orientierungen – Möglichkeiten. Dortmund 2012 (Borgmann):

Zeitlich passend zum „Übergang in das Rentenalter“ hat Jürgen Hargens ein Buch geschrieben, in dem er auf den Kern kommt, was systemisches oder lösungs- und ressourcenorientiertes Arbeiten ausmacht, sozusagen den in vielen Jahren zur (Komplexitäts)Reduktion eingekochten „Saft“ seines professionellen Tuns: „einzuladen, zur Beobachterin eines Geschehens zu werden, aus unterschiedlichen Perspektiven und darüber zu sprechen.“ (S. 38). Auf dem Boden (radikal)konstruktivistischer Ideen – „es ,gibt’ nicht nur das eine, sondern auch das andere und möglicherweise noch mehr“ (S. 104) – wird die Rolle der TherapeutIn im therapeutischen Geschehen bescheiden.
Er erzählt uns von seiner professionellen Entwicklung und ihren Phasen, von Sprüngen und Umwälzungen durch das Studium systemischer Literatur Ende der 70iger Jahre2. In einfachen Sätzen wird deutlich, wie sich große komplexe Ideen in kleinen therapeutischen Anstößen und Handlungsschritten in der Arbeit mit kundigen Menschen breit machten – in der konsequenten Bezeichnung seines Gegenübers in der therapeutischen Arbeit als „kundigen Menschen“ kommt der Kern, die grundsätzliche professionelle Haltung – wertschätzen und respektieren – zum Ausdruck: „Ich habe die Erfahrung gemacht – meine Konstruktion -, dass es sich bewährt, etwas zu tun und bei diesem Tun zugleich die Unterschiedlichkeit der Menschen zu respektieren und zu würdigen.“ (S. 29). Kundige Menschen als HeldInnen – das erinnert mich an Hero Client3 und daran, dass meine Gegenüber in der therapeutischen Arbeit die HeldInnen des Geschehens sind und auch HeldInnen in ihrer Lebensbewältigung.
Mich hat an Jürgen Hargens Texten immer schon beeindruckt, wie es ihm gelingt, die respektvolle und wertschätzende Haltung für mich als Leserin spürbar werden zu lassen. Er macht das, indem er beschreibt, wie er Haltung ganz kleinschrittig in konkrete Handlungen übersetzt. Das macht diese Buch aus, die Erzählungen, wie fast unmerklich „große“ theoretische Grundlagen und Ideen in seine Fragen münden und wie die kundigen Menschen dann antworten, wie er eine andere Rahmung anbietet, Möglichkeitensprache im Konjunktiv, ein vor den kundigen Menschen geführter Meta-Dialog…die Selbstreflexion, die für Professionalität unabdingbar sei, die „verständnisvolle Zurückhaltung“ (S. 83) des nicht zu schnell Verstehens. Jürgen Hargens bleibt dabei bescheiden, als Therapeut in Bezug auf die Wirksamkeit seines Tuns, als Autor, indem er erzählt, was beim einfachen und nicht leichten (im Sinne Steve de Shazers) Arbeiten mit kundigen Menschen geholfen hat.
Es ist ein kleines „großes“ Buch geworden. Wenngleich nicht das erste Hargens-Buch, das ich gelesen habe, ich habe mir diesen zum Jus verdickten Hargens-Saft angeregt und mit Gewinn für meine eigene professionelle Haltung zu Gemüte geführt und ich vermute, dass die Beschäftigung nachhaltige Auswirkungen auf mich haben könnte – welche, wird sich noch zeigen. Ein Buch also für alle Phasen der professionellen Entwicklung (S. 15ff), von der Laienhelfer-Phase (S. 16) bis zur „senior professional phase“ (S.17)

Lieber Jürgen, alles Gute und ein gutes Beginnen Deiner persönlichen „senior professional phase“!

Cornelia Tsirigotis (Frankfurt am Main)

PS: PS: Als Zugabe gibt es noch eine kurze Besprechung des spannenden Sammelbandes zum Reflektierenden Team, das Jürgen Hargens gemeinsam mit Arist von Schlippe 1998 herausgebracht hat – von Johannes Herwig-Lempp.

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