Cornelia Hennecke, Berlin; IF Weinheim: Nachruf auf Gisela Osterhold
Am 1.3.2017 ist Gisela Osterhold im Alter von 67 Jahren verstorben.
Sie war eine Frau, die mit großer Leidenschaft Ideen vertrat und weiter entwickelte. Man „kam an ihr nicht vorbei“, so wurde häufig von ihr gesprochen. Aus dieser Leidenschaft immer wieder neu zu schöpfen, gab ihr wohl auch die Energie, den beruflichen Weg von einer engagierten und erfindungsreichen Therapeutin zur sehr erfolgreichen Coach und Organisationsberaterin im „eurosysteam“ zu gestalten.
Gisela war von 1988 – 96 Mitglied im Team des IF Weinheim. Viele, die sie in diesen Jahren als Lehrende oder Therapeutin erlebt haben, werden sich vielleicht bis heute an Geschichten um das legendäre „rote Sofa“ aus der Heidelberger Gemeinschaftspraxis (Osterhold – Ellebracht – Lenz) erinnern – eine sichtbare Markierung für das Spiel mit unterschiedlichen Beobachtungsebenen in therapeutischen Prozessen (gleichermaßen die Zeit des Paradigmenwechsels systemischen Denkens). Zu Giselas Gabe gehörte es, sich in ihrer lebendigen, lebensnahen, humorvollen wie auch streitbaren Art auf die Begegnung mit ihrem Gegenüber einzulassen. So lebte sie ihre tiefe Überzeugung, dass gewünschte Veränderungsprozesse allenfalls über die Steuerung von Rahmenbedingungen, kräftiges eigenes Engagement und die Anregung von nützlichen Selbstorganisationsprozessen, geschehen.
Mit der Gründung von eurosysteam 1991 verschrieben Gisela Osterhold, Heiner Ellebracht und Gerhard Lenz sich dann als bisher engagierte Therapeuten der Anwendung systemischen Denkens und Handelns im Kontext von Führungs- und Changeprozessen in Unternehmen und Organisationen. Gisela entwickelte dabei maßgeblich das Profil von eurosysteam mit. Sich dabei als Frau, als Coach und Prozessbegleiterin Eingang in die Chefetagen führender Unternehmen zu verschaffen, schien für sie willkommene Herausforderung und Abenteuer zugleich – was sie mit Klarheit, Ehrgeiz und einer unglaublichen Energie verfolgte. In ihrem Buch „Veränderungsmanagement“ schreibt sie von einem „Kompass, der uns in unbekanntem Gelände mögliche Wege weist, ohne dass wir uns verirren oder das gesuchte Ziel oder die Mannschaft aus dem Auge verlieren.“ Diesen inneren Kompass hat sie meist gehabt, gepflegt, weiter gegeben, sich vermutlich auch das ein oder andere Mal verirrt, um sich dann wieder neu auszurichten.
„Erstarrte Beziehung – heilendes Chaos – Einführung in systemische Paartherapie und -beratung“ sowie „Vom Chef zum Coach: der Weg zu einer neuen Führungskultur“ und „Veränderungsmanagement – Visionen und Wege zu einer neuen Unternehmenskultur“ sind Spuren ihrer fachlichen Entwicklung und liefern bis heute nützliche Anregungen für praxisorientiertes systemisches Denken und Handeln.
Ich selbst habe 1995 ein 10-tägiges Selbsterfahrungsseminar im Rahmen meiner Therapieausbildung, später auch eine Weiterbildung beim eurosysteam in systemischer Organisationsberatung gemacht. Fachliche und persönliche Konturen zu zeigen, eigene Ideen als Reibungsfläche anderen zur Verfügung zu stellen und ihr unverwechselbarer Humor haben mich bei Gisela oft beeindruckt und sehr ermutigt, meinen eigenen Weg zu suchen und zu gehen. Mit Grasellenbach – wohl einige Zeit auch Lieblingsseminarort von Gisela – verbinden sich für mich bis heute sehr viele Erinnerungen an gute Begegnungen mit ihr.
„Niemals geht man so ganz …“ – wir werden Gisela Osterhold als engagierte Kollegin und unverwechselbare Frau in Erinnerung und ihre Spuren im Gedenken halten.
(Dieser Nachruf ist ein Vorabdruck aus Systhema Heft 1, 2017)
Liebe Gisela
Als Schüler, später Freund und Kollege, habe ich Dir viel zu verdanken. Unvergesslich wird mir Dein klarer Optimismus bleiben. Immer das Körnchen Positive heraus zu finden, egal wie düster die Situation auch war. Zusätzlich dieses enorme Wissen um die systemischen Zusammenhänge, der Mut, ungewöhnliche Schritte zu gehen.
Unsere gemeinsame Liebe zum Skifahren, Reisen und überhaupt zu Menschen, Kindern und Enkeln hat uns verbunden. „Niemals geht man so ganz….“ Im Gemüt stimme ich zu. Aber ich fürchte, Du bist für mich und viele andere nicht mehr erreichbar
Clemens Lücke