Familienpolitik ist derzeit in aller Munde. Ein Grund für die Herausgeber der Familiendynamik, sich mit den unterschiedlichen (oder ähnlichen) familienpolitischen Konzepten zu beschäftigen. Das neue Heft versammelt einen Überblick der familienpolitischen Programme aller im Bundestag vertretenen Parteien mit dem Ziel, einen„kritischen, auch kontroversen Dialog zwischen Familienpolitik und Familienexperten anzustoßen“ (104). Das wäre nun für sich genommen keine besonders hinreißende Lektüre, da die Programme genau das liefern, was man von Politikerprogrammen erwarten kann. Interessant ist aber die Rahmung der Texte, die sich die Herausgeber haben einfallen lassen. In einem ersten Beitrag macht der Familiensoziologe Hans Bertram, der Vorsitzende der Sachverständigenkommission zum 7. Familienbericht der Bundesregierung, darauf aufmerksam, dass junge Erwachsene heute im Gegensatz zu ihren Eltern angesichts der gegenwärtigen Anforderungen an Ausbildung, Beruf und Karriere nur halb so viel Zeit für die familiäre Zukunftsgestaltung bis zum 35. Lebensjahr haben, sich sozusagen in einer Rushhour des Lebens befinden. Die Zukunft der Familie hängt Bertram zufolge auch und vor allem von einem gelingendem gesellschaftlichen Umgang mit (Entwicklungs-)Zeit ab. Kurt Ludewig macht in einem engagierten Beitrag deutlich, dass die wirklich Benachteiligten von den gegenwärtigen Initiativen zur Förderung der Familie wahrscheinlich wenig profitieren werden:„Das Kindeswohl als Grundprämisse familienpolitischen Planens und Handelns anzusetzen ist nur dann sinnvoll, wenn dieser abstrakte Wert, der nur im jeweiligen Kontext verbindlichen Normcharakter gewinnen kann, nicht auf das reduziert wird, was die gebildete deutsche Mittelklasse dafür hält“ (122). Als dritter rahmender Beitrag fungiert ein in Anlehnung an einen Begriff von Bateson„Metalog“ genanntes Gespräch zwischen Oliver und Tomke König. Tomke König ist Soziologin und habilitiert derzeit zum Thema häusliche Arbeitsteilung an der Universität Basel, ihr Mann ist ebenfalls Soziologe und arbeitet in freier Praxis als Gruppentherapeut und Supervisor. Beide versuchen in ihrem Gespräch, den Politiker-Texten textimmanent auf den Zahn zu fühlen und zu erschließen, welche impliziten Problemdefinitionen den vorgestellten Lösungsangeboten zugrunde liegen. Darüber hinaus reflektieren sie aber auch ihre persönliche Situation als„junges Paar“ und vergleichsweise„alte Eltern“, die gerade ein anspruchsvolles Zeitmanagement mit einem Neugeborenen zu bewältigen haben. Ein interessantes Heft!
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Familienpolitik als hot topic
13. April 2007 | Keine Kommentare