Liebes systemagazin-Publikum,
in knapp drei Wochen ist es Dezember und wie in den vergangenen Jahren möchte ich Sie auch dieses Mal wieder einladen, sich mit einem kleinen Beitrag am diesjährigen Adventskalender im systemagazin zu beteiligen, der nun schon eine langjährige Tradition hat.
Dieses Jahr möchte ich den Kalender dem Thema „Unterschiede“ widmen, einem Thema, das ja im systemischen Feld eine bedeutsame Rolle spielt.
Gregory Bateson, einer der wichtigsten Pioniere systemischen Denkens, definierte eine Information bzw. eine Idee als einen „Unterschied, der einen Unterschied macht“. Darunter verstand er ein rein geistiges Phänomen, denn für ihn existierten die Unterschiede nicht in der physikalischen Welt: „Die Erklärungswelt der Substanz kann keine Unterschiede und keine Ideen anführen, sondern nur Kräfte und Einflüsse. Und umgekehrt führt die Welt der Form und der Kommunikation keine Dinge, Kräfte oder Einflüsse an, sondern nur Unterschiede und Ideen. Ein Unterschied, der einen Unterschied macht, ist eine Idee“ (Ökologie des Geistes, Suhrkamp 1981, stw 571, S. 353).
Unsere sozialen und gesellschaftlichen Beziehungen und Diskurse sind von Unterschieden geprägt, die sich in vielen gesellschaftlichen und politischen Felden in den vergangenen Jahren zunehmend polarisiert haben. An die Stelle von Argumenten treten immer mehr ideologische und propagandistische Geltungsansprüche – die gesellschaftliche Kommunikation wird in atemberaubendem Tempo emotionalisiert und moralisch aufgeladen. Diese Unterschiede verlieren aber ihren Informationsgehalt, weil sie keinen Raum für neue Ideen anbieten, sondern nur die Wiederholung und Bestärkung der jeweiligen Positionen markieren.
Systemische Veränderungspraxis läuft im Gegensatz dazu auf die Generierung von Unterschieden hinaus, die in der Lage sind, konstruktive Veränderungen anzustoßen. Unterschiedsbildung im Sinne von Gregory Bateson hieße hier nicht Polarisierung, sondern Differenzierung und Kontextualisierung. Unterschiede, die nicht nur trennen, sondern auch verbinden können. Sind die Unterschiede zu klein, lösen sie keine Veränderungsimpulse aus, sind sie zu groß, können sie von den betreffenden Systemen nicht verarbeitet und integriert werden.
Ich möchte Sie einladen, Ihre eigenen Reflexionen zu diesem Thema für ein Kalendertürchen zur Verfügung zu stellen. Mich interessiert, welche guten Erfahrungen Sie mit Unterschieden, die einen Unterschied machten, in ganz konkreten Situationen gemacht haben bzw. welche Sie sich für die gegenwärtigen dominanten Konfliktfelder wünschen oder vorstellen könnten. Das können Geschichten und Anekdoten aus Ihrer beruflichen oder privaten Lebenspraxis sein, inhaltliche Reflexionen zum Thema oder Beispiele, die Ihnen aus der Geschichte oder der Kunst und Literatur dazu einfallen. Sie können aber auch einfach ein Bild einsenden, dass Ihre Vorstellungen vom Thema symbolisieren kann, oder ein lesens- und erinnerungswertes Zitat zum Thema beisteuern.
Wie immer bleibt die Form also Ihnen ganz überlassen. Analysen, Pamphlete, zirkuläres Hypothetisieren, reflektierende Dialoge, Horoskope, Briefe aus der Zukunft in die Vergangenheit, Geschichten, Weissagungen, Satire, persönliche Bekenntnisse – alles hat seinen Platz, und der ist im Internet nicht begrenzt. Kleine Bedingung: Ihr Text sollte etwas mit der gestellten Frage zu tun haben 🙂
Ich hoffe, dass ich Ihnen Lust gemacht habe, ein Türchen zu gestalten und freue mich schon jetzt auf Ihre Zusendungen an:
levold@systemagazin.com.
Ich hoffe, dass wir wie in den vergangenen Jahren den Kalender füllen können. Jedenfalls wird für alle Platz im Kalender sein (auch wenn es mehr als 24 Beiträge werden sollten).
Herzliche Grüße
Tom Levold
Herausgeber systemagazin