Michael Hagner und Erich Hörl haben in ihrem Sammelband über die Kulturgeschichte der Kybernetik 14 Beiträge zusammengetragen, die die Bedeutung der Kybernetik als Kriegs- und Nachkriegsprojekt für unterschiedlichste Wissenschaftsdisziplinen beleuchten. Herausgekommen sind ausgesprochen interessante und lesenswerte Studien, die spannende ideengeschichtliche Details ans Tageslicht befördern. Immerhin banden sich an die Rezeption der Kybernetik viele Phantasien eines neuen Menschen bzw. einer neuen, durchregulierten und gesteuerten Gesellschaft, was die Debatte zuweilen auch hochpolitisch machte (davon ist heute ja nicht mehr viel zu spüren). Das Fazit der Herausgeber ist jedenfalls, dass die Kybernetik in Toto der Vergangenheit angehört, ein überraschender Befund, der sich nur damit erklären lässt, dass über die sogenannte„Kybernetik 2. Ordnung“ im gesamten Band kein Hinweis zu finden ist. Kybernetik-Experte Wolfram Lutterer hat das Buch für systemagazin rezensiert und empfiehlt die Lektüre mit allerdings starkem kritischen Vorbehalt:„Es kann allerdings nicht verschwiegen bleiben, dass das Vergnügen beim Lesen der Aufsätze zuweilen eingeschränkt wird. Einige der Autoren erachten es als von besonderer Bedeutung, nicht nur das Ende der Kybernetik (oder doch wohl eher des aufgeregten Diskurses über sie? Wir leben im Zeitalter der Selbststeuerung!) zu beschwören, sondern es klingt zuweilen eine gewisse Voreingenommenheit gegen sie als technizistische Neuinterpretation der Welt durch. Hier leidet das Buch unter seiner eng gewählten Perspektive. (
) Neben der bereits benannten reflexiven Wendung der Kybernetik in Gestalt der Kybernetik zweiter Ordnung (was nicht wirklich eine Tochter darstellt) wären hier eine ganze Reihe von Theorie- und Praxisformen noch weiter zu erkunden: Chaostheorie, Robotik und moderne Kommunikationstheorie, weite Teile der Systemtheorie mitsamt den verschiedenen daraus abgeleiteten Therapieformen sowie die genetische Entwicklungspsychologie, aber auch Ökologie und Netzwerktheorie all dies in bewusst ungeordneter Reihung und ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit. Mit diesem Vorbehalt sei die Lektüre der Transformation des Humanen nachdrücklich empfohlen“
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Die Transformation des Humanen
3. Juni 2008 | Keine Kommentare