WIESBADEN – Im Jahr 2018 haben die Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland mehr erzieherische Hilfen für Menschen unter 27 Jahren gewährt als jemals zuvor: Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, wurden erzieherische Hilfen in rund 1 003 000 Fällen in Anspruch genommen. Das waren knapp 17 500 mehr als 2017 (+1,8 %).
Hilfen zur Erziehung sind professionelle Beratungs-, Betreuungs- oder Hilfeangebote, auf die Eltern minderjähriger Kinder einen Anspruch nach dem Kinder- und Jugendhilferecht haben.
Voraussetzung ist, dass eine dem Kindeswohl entsprechende Erziehung nicht gewährleistet werden kann, die Hilfe für die kindliche Entwicklung aber geeignet und notwendig ist. Grundsätzlich ist die Inanspruchnahme freiwillig. Bei drohenden Kindeswohlgefährdungen kann sie jedoch auch vom Familiengericht angeordnet werden. Junge Volljährige haben unter bestimmten Voraussetzungen bis höchstens zum 27. Lebensjahr ebenfalls Anspruch auf erzieherische Hilfen. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre stieg die Zahl erzieherischer Hilfen um gut 205 000 beziehungsweise 26 % auf nun über 1 Million Fälle an. Im Mittel entsprach das einem Plus von jährlich 2,0 %.
46 % aller Fälle sind Erziehungsberatungen
Erzieherische Hilfen sind nach dem Kinder- und Jugendhilferecht (SGB VIII) in zehn verschiedene Hilfearten gegliedert. Den größten Anteil im Jahr 2018 hatten dabei mit knapp der Hälfte aller Fälle Erziehungsberatungen (46 %). Mit deutlichem Abstand folgten Heimerziehungen (14 %) und sozialpädagogische Familienhilfen (13 %). Dahinter schlossen Vollzeitpflege in Pflegefamilien (9 %) und Einzelbetreuungen an (7 %). Gut ein Drittel aller Hilfen haben die Jugendämter und rund zwei Drittel Kirchen, Wohlfahrtsverbände oder andere Träger der freien Jugendhilfe durchgeführt. In 71 % der Fälle richtete sich die Hilfe an minderjährige Kinder oder Jugendliche, in 13 % der Fälle an junge Volljährige und 16 % der erzieherischen Hilfen kamen den gesamten Familien zugute.
Hohe Inanspruchnahme bei Alleinerziehenden und bei Transferleistungsbezug
Rund 422 000 (42 %) aller erzieherischen Hilfen wurden 2018 von Alleinerziehenden in Anspruch genommen. Das waren deutlich mehr als die Hilfen, die von zusammenlebenden Elternpaaren (334 000 bzw. 33 %) oder Elternteilen, die in einer neuen Partnerschaft lebten (163 000 Hilfen bzw. 16 %), in Anspruch genommen wurden.
Hoch war die Inanspruchnahme auch bei Transferleistungsbezug: In 39 % aller Fälle gewährter Hilfen lebte die Herkunftsfamilie oder der junge Mensch ganz oder teilweise von Transferleistungen – also von Arbeitslosengeld II (SGB II), bedarfsorientierter Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder Sozialhilfe (SGB XII). Während der Anteil mit Transferleistungsbezug bei Elternpaaren (25 %) weit unter dem Durchschnitt (39 %) lag, war er bei Alleinerziehenden mit 52 % nicht nur überdurchschnittlich, sondern auch mehr als doppelt so hoch wie bei den Elternpaaren.
Rund 26 200 Hilfen schlossen an Inobhutnahmen nach unbegleiteten Einreisen an
Einer neuen Abfrage zufolge waren rund 26 200 erzieherische Hilfen im Anschluss an eine vorläufige Schutzmaßnahme (Inobhutnahme) aufgrund unbegleiteter Einreise nach Deutschland gewährt worden. Das entspricht einem Anteil von 2,6 % an allen erzieherischen Hilfen des Jahres 2018. Besonders häufig war mit der Anschlusshilfe nach unbegleiteter Einreise eine neue Unterbringung in Heimen oder Pflegefamilien verbunden: So wurden in 65 % der Fälle nach unbegleiteter Einreise Heimerziehungen und in 13 % Vollzeitpflege in einer Pflegefamilie gewährt. Zum Vergleich: Im Durchschnitt aller erzieherischen Hilfen lagen die vergleichbaren Anteile für Heimerziehungen bei 14 % und für Vollzeitpflege bei 9 %.
Quelle: Statistisches Bundesamt, Presseerklärung vom 31.10.2019