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Online-Journal für systemische Entwicklungen

Zitat des Tages: Rolf Arnold

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„Der emotionale Konstruktivismus geht davon aus, dass wir uns die Welt mit unseren Deutungen und unseren emotionalen Bewertungen so konstruieren, wie wir sie auszuhalten vermögen (…). Und wirklich dauerhaft auszuhalten ist zumeist nur das, was wir bereits kennen oder zu kennen glauben – ein Sachverhalt, der gerade für innovative Kontexte einen erheblichen Kompetenzentwicklungsaufwand mit sich bringt. Es spricht viel dafür, dass der Mensch nur das erkennen kann, was er bereits kennt, weshalb ihm in seinem Leben auch stets Ähnliches widerfährt – zumindest verarbeitet er Neues zumeist im Kontext seiner vertrauten Gewissheiten. Die Wirkungen dieser Festlegungen im Denken, Wahrnehmen und Kommunizieren zu verstehen, ist Thema eines Emotionalen Konstruktivismus. Diesem geht es um eine ganzheitliche Sicht des menschlichen Handelns und er löst sich von der Illusion, dass es vornehmlich Gedanken, Argumente und Konzepte – kurz: „Sinn“ – seien, welchen wir durch unser Verhalten Ausdruck verleihen. Der klärenden Feststellung von Max Weber, der zufolge Menschen stets „sinnhaft motiviert“ handeln, wenn sie handeln, stellt der Emotionale Konstruktivismus die These von der Gewissheit als einer Art Basisemotion ergänzend zur Seite. Diese besagt, dass „Gewissheit“ eine emotionale Balance des Subjekts bezeichnet. Man fühlt sich im Recht (man „hat“ es nicht), man spürt, ob etwas stimmt oder „richtig“ ist, d.h. zur eigenen Richtung passt. Und schließlich bezeichnen wir als „Gewissen“ eine innere Instanz, welche uns deutlich und mit einer emotionalen Entschiedenheit sagt, was wir dürfen und auszuhalten vermögen und was nicht, wollen wir kein „schlechtes Gewissen“ bekommen. Gewissen steht auch für eine unter ethisch-moralischen Gesichtspunkten unser Verhalten bestimmende Festgelegtheit, über die wir nicht diskutieren wollen. Unser Gewissen steht nicht zur Disposition, wir können es lediglich – und damit uns selbst – strapazieren. Was wirklich gut und böse ist, können wir nicht wissen, wir können es bloß „gewissen“ – ein Wortspiel, welches uns nochmals eindrücklich die Begrenzheiten einer kognitiven Verengung in vielen Versuchen, das Handeln und das interaktive Verhalten der Menschen angemessen zu verstehen, vor Augen zu führen vermag“ (In:„Seit wann haben Sie das? Carl Auer Verlag, Heidelberg 2009, S. 39″)

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