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Online-Journal für systemische Entwicklungen

Zitat des Tages: Oliver König

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„Notwendiger Bestandteil eines Professionalisierungsprozesses ist die Gründung von Berufsverbänden. (…) Das oberste Ziel eines solchen Professionalisierungsprozesses ist ein hoher Grad an Autonomie in der Bestimmung der eigenen fachlichen und ethischen Standards. Ist dieses Ziel erreicht, kann die Grenze zwischen beruflichem Ethos und Berufsideologie ohne große Mühe überschritten werden, denn es nimmt die Möglichkeit zu, dem Eigeninteresse gegenüber der Dienstgesinnung größeres Gewicht zu verleihen bzw. die Rede vom„Wohl des Klienten“ für die Verfolgung von Eigeninteressen einzuspannen. Vielfältige Beispiele für eine solche Vorgehensweise lieferten diversen Fach- und Berufsverbände bei den Auseinandersetzungen um das Psychotherapeutengesetz. In der Regel wird in solchen Auseinandersetzungen die Problematik psychotherapeutischer Versorgung auf die Frage der ‚richtigen‘ Kompetenz reduziert, während der Kampf um berufliche Felder, das sozialpolitische Problem der Organisation psychotherapeutischer Versorgung und die gesellschaftliche Funktion von Psychotherapie kaum thematisiert werden. Zentrales rhetorisches Kampfmittel in dieser standespolitischen Auseinandersetzung ist die Rede vom„Wohl der Klienten und Patienten“. Dieses ans Vorbild der Mediziner angelehnte Denken durchzieht einen großen Teil der Selbstrepräsentation der Beziehungsprofessionen, sobald sie ein gewisses Maß an Legitimität erreicht haben. Die Kritiker kommen in der Regel aus den noch nicht so arrivierten Sparten, ihre Kritik ist Teil ihrer Legitimitätssuche. Alle Beteiligten folgen in diesem Spiel der klassischen bürgerlichen Kampfstrategie: ‚Die Tore nach unten sollen verschlossen bleiben, die Tore nach oben sollen sich öffnen‘ (N. Elias)“. (In: Gruppendynamik und die Professionalisierung psychosozialer Berufe. Heidelberg, Carl-Auer-Verlag 2007, S. 36f.)

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