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Online-Journal für systemische Entwicklungen

Zitat des Tages: Luise Reddemann

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„Evidenzbasierte Medizin erkennt das Recht auf Individualität und Verschiedenheit nicht ausreichend an. Sie erweckt den Anschein, als bedeute eine Diagnose bereits ein Wissen um den einzig richtigen Umgang mit dem, was da diagnostiziert wurde. Damit wird dem Einzelnen seine Würde als einmaliges Wesen genommen. In Anlehnung an eine buddhistische Erkenntnis, wonach Konzepte Finger sind, die auf den Mond weisen, aber eben nicht der Mond selbst, scheinen mir Diagnosen ebenfalls Finger, die auf etwas hinweisen, aber sicher nicht auf den ganzen Menschen als unverwechselbares Individuum. Wie ist es möglich, dass wir Menschen behandeln sollen, als wären sie alle gleich? Warum lässt es unser Respekt vor der Würde des Einzelnen kaum mehr zu, dass wir Therapieempfehlungen als Hilfswerkzeuge bezeichnen, die eine Richtung vorgeben können, aber nicht den Weg. Moderne Navigationsgeräte passen sich an, wenn man einen anderen Weg nehmen will. Moderne Therapieempfehlungen lassen das kaum mehr zu“ (In: Würde – Annäherung an einen vergessenen Wert in der Psychotherapie. Klett-Cotta, Stuttgart 2008, S.113f.)

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