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Online-Journal für systemische Entwicklungen

Zitat des Tages: Harald Wasser

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„Als Basisoperation der Psyche nannte Luhmann das Bewusstsein. Das war nur konsequent aus seiner Sicht. Sich da an Husserl anzulehnen, lag nahe, auch weil auf diese Weise andere Theoreme Husserls eingewoben werden konnten, also etwa Husserls Sinnbegriff, sein Zeitbegriff und natürlich seine phänomenlogische Herangehensweise als solche. Wie also müsste ein alternativer Kandidat beschaffen sein, den man als Operationsmodus des psychischen Systems und damit als Ersatz für Bewusstsein einsetzen könnte? Nun, eins steht fest, »das Unbewusste« kann dieser Kandidat nicht sein, denn das hieße, nun umgekehrt auf Bewusstsein verzichten zu müssen und also das Kind mit dem Bade auszuschütten. Der Kandidat muss sich also dadurch auszeichnen, Bewusstes wie Unbewusstes miteinander verbinden bzw. übergreifen zu können. Im Deutschen gibt es einen Begriff, der eigentlich jede Art geistiger Zustände und Prozesse meint, wenn auch zugegebner Maßen in den meisten Fällen auf Bewusstsein zielt. Dieser Begriff ist der des Erlebens. Schließlich sagen wir nicht, »ich habe das und das bewusstet«. Wir sagen: »Ich habe das und das erlebt.« Der Begriff schließt also Bewusstsein ein und nicht aus. Aber er legt sich nicht auf Bewusstsein fest. Wenn wir zu jemanden sagen: »Offensichtlich habe ich das als sehr unangenehm erlebt, sonst hätte ich nicht so brüsk reagiert«, dann heißt das, dass wir uns selbst manchmal klar darüber werden können, dass uns nicht immer alle Aspekte unseres Erlebens auch unmittelbar bewusst sind. Das ist kein sehr strenger Begriff des Unbewussten, aber uns reicht hier ja ein »door opener«“ (In:„Das Unbewusste − ein psychologisches Unding? Ein blinder Fleck Luhmanns und wie man ihn aufhellt“. Vortrag gehalten in Hamburg am 4.9.2006 im Institut für systemische Studien)

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