„Eine sehr alte, frühgriechische Tradition schweißt den Komplex Gefühl zusammen mit der Beobachtung von Körperzuständen. An Körpern zeigen sich Gefühle, nur so kann man sie an anderen Leuten sehen, und Gefühle überfallen und unterwerfen den Menschen, der im Grunde nur zuschauen, nur erleben kann, wie er überwältigt wird. Diese Sichtweise, die phänomenologisch überzeugen könnte, wird in der ersten griechischen Aufklärung aus Gründen, die sich hier nicht erörtern lassen, massiv verändert. Das Gefühl wird dem Seeleninnenraum zugeschlagen in mehr und mehr scharf ausgeprägter Differenz zum Körper. Es ist unkörperlich, fluidal und in Fortführung dieser Seelensemantik energetisch als dasjenige, was der Seele entspringt oder worin die Seele sich regt. Es ist in interiore hominis, im Innern des Menschen angesiedelt, eine Binnenvitalität, die das Pneumatische der Kognitionen an das Leben anschließt. Diese Vorstellung hält sich Jahrtausende durch und erstreckt sich in raffinierten, wenn auch zunehmend ausdünnenden Verästelungen bis in die Gegenwart hinein als eine Körperverdeckungsstrategie, die die Annahme, Gefühl sei etwa (nur!) die sozial konditionierte Registratur von Körperzuständen, als Absurdität erscheinen läßt
“ So beginnt ein spannender Aufsatz von Peter Fuchs aus dem Heft 1/2004 von„Soziale Systeme“, das dem Thema Systemtheorie und Gefühle gewidmet ist. Die Einleitung zu diesem Heft von Dirk Baecker„Wozu Gefühle?“ ist übrigens ebenfalls online zu lesen.
Zum vollständigen Text von Peter Fuchs
Wer hat wozu und wieso überhaupt Gefühle?
2. Juli 2008 | Keine Kommentare