Wie ein Beitrag des französisch-amerikanischen Soziologen Loïc Wacquant im online-Magazin Telepolis auf eindrucksvoll-bedrückende Weise deutlich macht, vollzieht sich in den USA eine Hyperinflation der Gefängnisse mit einer Vervierfachung der Gefängnispopulation im Laufe von 25 Jahren. Mit 740 Häftlingen pro 100.000 Einwohner und sechs- bis zwölfmal so viel wie in allen anderen Industrieländern nehmen die USA den unangefochtenen Spitzenplatz bei Inhaftierungen ein.
Insgesamt sind heute 6,5 Millionen (meist schwarze) Amerikaner unter Aufsicht der Strafjustiz. Während im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich systematisch gekürzt wird, ist der Strafvollzug zum drittgrößten Arbeitgeber der Nation avanciert, die Justiz wird zur entscheidenden Größe bei der Bekämpfung der Armutsproblematik. Davon profitiert eine immer stärker werdende private Gefängnisindustrie, die nun auch international aggressiv expandiert.
Da das System teuer ist, wird zunehmend versucht, die finanziellen Lasten des Strafvollzuges auf die Häftlinge und ihre Familien abzuwälzen, einschließlich der gerichtlichen Eintreibung der Schulden, die die Häftlinge bei ihrem unfreiwilligen Aufenthalt hinter Gittern angehäuft haben. Der Beitrag ist ein Kapitel aus dem Buch von Loïc Wacquant: Das Janusgesicht des Ghettos und andere Essays, das als Band 134 der Reihe Bauwelt Fundamente im Birkhäuser Verlag erschienen ist. Loïc Wacquant ist Professor für Soziologie am Institute for Legal Research der University of California at Berkeley.
USA: Massenhaft
5. August 2006 | Keine Kommentare