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Tom Andersen gestorben

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Tom Andersen, der norwegische Psychiater und Psychotherapeut, ist am vergangenen Dienstag – offenbar nach längerer Krankheit – im Alter von 70 Jahren plötzlich verstorben. Er wäre am 2. Juni 71 Jahre alt geworden. Andersen ist in der systemischen Szene mit seiner Entwicklung des„reflecting Teams“ berühmt geworden, eines Praxiskonzeptes, dass die Vielzahl möglicher Stimmen in einen Beratungsprozess hineinzuholen erlaubt und weithin angewendet wird.
Ferdinand Wolf schreibt über Andersen im Personenlexikon der Psychotherapie: Er„absolvierte nach einer Gymnasialausbildung das Studium der Allgemeinmedizin, das er 1961 abschloss. In weiterer Folge spezialisierte er sich auf den Bereich der Psychiatrie und erhielt schließlich eine Professur für Sozialpsychiatrie an der Universität von Tromsö in Nordnorwegen… In seiner Eigenschaft als Sozialpsychiater und Supervisor beschäftigte sich Tom Andersen von je her mit der praktischen Arbeit von Sozialarbeitern, Kinderschwestern, Physiotherapeuten und Ärzten in Gebieten mit unterentwickelter Infrastruktur. Gleichzeitig bemühte er sich, sein theoretisches und methodisches Repertoire zu erweitern. Dabei stieß er einerseits auf die Physiotherapeutin Aadel Bülow-Hansen, eine Mitarbeiterin des in Norwegen populären Psychiaters Trygve Braatoey. Bülow-Hansen beeindruckte Andersen mit ihren Beobachtungen über Spannungszustände bei physisch oder emotional belasteten Personen und deren Behandlung. Daneben begann er sich mit Gregory Batesons öko-systemischen Ansätzen, den biologischen Theorien Humberto Maturanas, von Foersters und von Glasersfelds kybernetisch-konstruktivistischen Gedanken und den Arbeiten der Mailänder Gruppe um Mara Selvini-Palazzoli auseinanderzusetzen. Ein wesentlicher Impuls ging jedoch von seinen in den 1980er und frühen 1990er Jahren erfolgten Begegnungen mit Harold A. Goolishian vom Galveston Family Institute in Texas aus. Besonders der Ansatz des„Problemdeterminierten Systems“ half ihm im Rahmen seiner praktischen und supervisorischen Tätigkeit beim Verständnis des Umgangs mit sogenannten„still stehenden“ Systemen. D.h., Goolishians Hypothese, das ein Problem ein System konstituiert und nicht umgekehrt, führte bei Anderson zu weitreichenden Schlussfolgerungen. Er ging … dazu über, den Therapeuten und dessen Sicht-, Kommunikations- und Interventionsweisen bezüglich der Klienten … zu hinterfragen und ihm ein„beobachtendes System“ als paradigmatische Alternative anzubieten. Dieses„beobachtende System“ sollte sein Hauptaugenmerk auf die im Hier-und-Jetzt stattfindenden positiven Bemühungen richten. Weiters sollten diagnostische Bewertungen vermieden und positive Zukunftsszenarien und Ideen generiert werden. Da es sich dabei um Konversation in Form von Reflexion handeln sollte, wurde von Andersen dafür der Begriff des„Reflektierenden Teams“ eingeführt, der von da an untrennbar mit seinem Namen verbunden ist. In der Folge seiner Publikationen verbreitete sich dieser Ansatz sowohl in Europa als auch in Amerika und zählt mittlerweile zum Standard systemischer Methodik“
In einer älteren Ausgabe der Zeitschrift„New Therapist“ ist ein Bericht von John Soderlund zu finden, der Andersen auf einer Workshopreise in Südafrika begleitet und interviewt hat.
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